[2841]
[Ambrosius Blarer
an Bullinger]
[Konstanz],
11. März 1547
Autograph: Zürich StA, E II 357a, 735-738; [Beilage:] 740f (ohne Siegel) a
Teildruck und zuammenfassende Übersetzung:
Blarer BW II 602-605, Nr. 1419 (Brief); 597f, Nr. 1415 (Beilage) b[1] Blarer und Konrad Zwick danken für Bullingers Briefe [nicht erhalten], den der Bote
[Hans Zingg zusammen] mit einem Brief des Zürcher Bürgermeisters [Johannes Haab] am
Vortag an Zwick überbracht hat, als Blarer gerade beim Letzteren war. Sie haben die Briefe
gleich gemeinsam gelesen und angesichts ihrer vielen sonstigen Schreibpflichten beschlossen,
dass Zwick an den Bürgermeister und Blarer an Bullinger schreibt. Diese mögen sich gegenseitig
über die jeweiligen Briefinhalte informieren. —[2]Zwick lässt ausrichten, dass ihn in
Bullingers Briefen nur stört, dass dieser die Konstanzer immer dazu ermahnt, keinen faulen
Frieden anzunehmen, während Zwick der Meinung ist, dass gar kein Frieden anzunehmen sei,
weil ein solcher nur faul sein könne. So schreibt jemand [...] aus Ulm, dass kein einziges der
der Stadt gemachten Versprechen gehalten wurde, wie dies Bullinger auch von Haab erfahren
wird. — [3] Bürgermeister [Haab] hat Zwick brieflich informiert, dass die XIII Orte den
Auftrag mitgenommen haben, Konstanz von eidgenössischem Gebiet aus weder belagern noch
angreifen zu lassen. Bullinger weiß wohl, wie wenig das nützt. Doch hoffen die Konstanzer
weiterhin auf göttlichen Beistand. —[4]Die Antwort der Zürcher an den Franzosen [Guillaume
Du Plessis, sieur de Lyancourt]gefällt Blarer und Zwick ganz gut. König Franz I. soll sich
mit Sultan Suleiman verschworen haben, wird aber kaum etwas gegen Kaiser Karl V. unternehmen,
ehe der Sultan (der schon in Rüstung steht) in den Krieg zieht. —[5]Blarer hat das
Geld [von Kaspar Seidensticker]erhalten. Konrad Hof herr wird er wegen dessen ungestümen
Wesens tadeln. —[6]Die Straßburger Gesandten wurden zum Kaiser nach Nürnberg beordert.
Es ist zu befürchten, dass sie sich auch aussöhnen werden, anscheinend aber zu besseren
Bedingungen als die anderen [Städte]; vielleicht aber auch nicht. Bullinger möge dies Hans
Schöner mitteilen, ihn von Blarer grüßen lassen und dessen Schweigen aus Zeitmangel entschuldigen.
Dieser hat Schöners Schreiben erhalten und dessen Briefe nach Augsburg weitergeleitet.
—[7]Grüße. Bullinger möge fur die [deutschen Protestanten]und deren Kirche beten.
Blarer muss abbrechen. —[8][Nachrichten:]Die Hauptleute [Sebastian Schertlin] und Marcell
Dietrich von Schankwitz sind noch in Konstanz. Bullinger soll Schankwitz' Anliegen nicht
a Ohne Schnitt- oder Nadelspuren. Die Zusammengehörigkeit dieser drei Blätter (S. 735f 737f
und 740f) ist noch ganz schwach an einem Faiz zu erkennen. Siehe dazu ferner Anm. b. —
b Dass die Beilage vorliegendem Brief und nicht, wie dies Schieß tat, Blarers vorhergehendem
Brief Nr. 2824 vom 25. Februar zuzuordnen ist, geht aus folgenden Beobachtungen hervor:
Während Blarer unten Z. 49f des vorliegenden Briefs Bullinger dazu anhält, die Angelegenheit
von Marcell Dietrich von Schankwitz nicht zu vergessen, ermahnt er ihn nicht, sich über die
Eheangelegenheiten zu äußern, die in der hier veröffentlichten Beilage angesprochen werden.
In der Antwort vom 12. März auf vorliegenden Brief schrieb Bullinger hingegen, dass er nicht
dazu gekommen war, die Eheangelegenheiten zu behandeln; s. Nr. 2842, 74f Zudem sprechen
die in der hier veröffentlichten Beilage enthaltenen Zeitangaben eher für eine Datierung auf
den 11. März als auf den 25. Februar.
vergessen! —[9]Rudolf Gwalther hat kürzlich an Hans Widenhuber in St. Gallen geschrieben,
dass sich Konstanz noch nicht dem Kaiser ergeben habe, an der Sache aber etwas faul sei.
Bullinger möge doch in Erfahrung bringen, was Gwalther damit meinte, ohne dabei (aus guten
Gründen) Blarers Namen zu erwähnen. — [10] Anbei sendet Blarer die drei [an Bullinger
gerichteten]Briefe zurück. — [11]Auch in Konstanz hört man über den in Myconius' Brief
[Nr. 2797]erwähnten Kriegsaufbruch des Kaisersohns Philipp von Spanien. Sollte aber Emanuel
Philibert von Savoyen tatsächlich so viele Soldaten aus Spanien mit sich führen (eine
Anzahl, die dort wohl kaum aufzubringen wäre), stünde es nun wirklich schlecht! Der Herr
verleihe Frieden! —[12]Aus Ulm und Augsburg wird Folgendes berichtet: Landgraf Philipp
von Hessen hat angeblich dem jungen Herzog Karl Viktor von Braunschweig die Hand seiner
Tochter gegeben, was kaum glaubhaft ist! Hoffentlich trifft das nicht zu. —[13] Gottes Strafe
hat König Ferdinand I. ereilt, denn die Böhmen sollen ihm ihre Unterstützung verweigert
haben, während es in Prag zu einem Aufstand gekommen sei. — [14] Der englische König
Heinrich VIII. ist tot, und der Kaiser habe vor, etwas gegen England zu unternehmen. Auch
König Franz I., der polnische König Sigismund wie auch Papst Paul III. sollen gestorben sein.
Der Herzog von Alba, Fernando Alvarez de Toledo, leidet an starkem Fieber. Den Tod von
Johann von Naves und Eriprando Madruzzo hat Blarer ja schon [mit Brief Nr. 2824]gemeldet.
— [15] Die Soldaten, die der Kaiser in Regensburg, Nördlingen, Dinkelsbühl und an
anderen Orten hatte, wurden dem Herzog Moritz von Sachsen zugeschickt. Der Bregenzer
[Hans]Schnabel [von Schönstem]rekrutiert viele Soldaten, die früher im Dienst der [Schmalkaldener]
standen! Er verstärkt damit die kaiserlichen Fähnlein und schickt diese gegen den
Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, dem man den Garaus machen will. Der Herr
verhindere dies! —[16]Am Montag, 28. Februar, sind 900 [kaiserliche]Soldaten in Augsburg
eingetroffen. Zunächst benahmen sie sich unflätig, aber ihr Oberst Bernhard von Schaumburg
ließ sie hart bestrafen und verbot ihnen bei Leib und Gut jeglichen Mutwillen gegenüber den
Augsburgern. Sie sollen sich nun ruhig halten. Die Augsburger und Schaumburg schließen die
vier Hauptstadttore auf und zu. Die anderen Tore, deren Schlüssel nur die Augsburger innehaben,
bleiben geschlossen. —[17]Die bei Biberach stationierten Soldaten sollen am letzten
Freitag [4. März]nach Nürnberg aufgebrochen sein. —[18]Der Abt von Weingarten, Gerwig
Blarer, den man am besten ertränken sollte, erlegt als kaiserlicher Kommissar den süddeutschen
Städten Strafgelder auf Er begann mit Biberach und verlangte von dieser Stadt 40'000
Gulden! Auf das Flehen der Biberacher hin stellte er diesen einen Erlass von 10'000 Gulden
in Aussicht. Die erste Hälfte des Strafgeldes soll in 14 Tagen bezahlt werden, der Rest bald
darauf Was wird man denn von den anderen Städten verlangen, wenn man schon so viel von
einem derart kleinen Ort fordert? All diesen Städten steht wohl der Untergang bevor! Der
Herr nehme sich der Lage an! —[19]Kürzlich hat Herzog [Ulrich] von Württemberg einen
Boten [...]nach Konstanz entsandt, um zu erfahren, wie es unter den Eidgenossen steht, zumal
er gehört habe, dass sie uneinig seien und gegeneinander kämpfen. Der Herzog war am [4.
März], wenige Stunden vor der Abreise des Kaisers, in Ulm. Wegen seiner Krankheit konnte er
sich selbst nicht dem Kaiser zu Füßen werfen und entschuldigte sich, sitzen bleiben zu müssen.
—[20]Graf Friedrich von Fürstenberg hat kürzlich seine Frau [Anna, geb. von Werdenberg]
zuhause [auf Schloss Heiligenberg]besucht und ihr beim Abschied gesagt, dass der Krieg nun
erst richtig losgehe und Schlimmes bevorstehe, sodass sie sich in Sicherheit bringen sollte.
—[21]Am Samstag, 5. März, wurde ein Diener [...]eines Konstanzer Bürgers [...]bei Engen
von vier Reitern aufgehalten, die ihm 100 Gulden und Schuldbriefe im Wert von 400 Gulden
wegnahmen und dabei sagten, er dürfe die Schuldbriefe nicht mehr einlösen, weil nun sie das
tun würden. Seinem Herrn soll er ausrichten, dass dies erst der Anfang sei; Schlimmeres stehe
noch bevor! —[22] In Konstanz erzählte ein Soldat [...] so ausführlich über die Vernichtung
des gesamten Heeres von Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach durch die
sächsischen Truppen, dass es sich laut Schertlin beim Berichterstatter nur um einen Augenzeugen
handeln kann. Der Markgraf führte Herzog Moritz 12 Fähnlein und 1'000 Reiter zu.
Nur 400 bis 500 Soldaten sollen davongekommen sein. —[23]Als [am 4. März] der Kaiser
Ulm verlassen wollte, baten ihn einige Leute, darunter der Augsburger Bischof Otto Truchsess
von Waldburg, eine tägliche Messe für die Katholiken der Stadt anzuordnen. Der Kaiser
erwiderte dem Bischof dass er lieber schweigen sollte, falls er nichts Wichtigeres anzubringen
hätte. Er sagte ferner, dass der Papst ihn bisher benutzt hat, er aber von nun an seine eigenen
Ziele verfolgen wolle. —[24] Die Ulmer Pfarrer sollen sich nicht mehr frei äußern dürfen.
Genaueres dazu weiß Blarer nicht, doch will er mehr darüber in Erfahrung bringen. Jedenfalls
hat man das Singen von Psalmen in den Häusern und Gassen verboten; nicht aber "Hänsle
auf der Scheiterbeige"! — [25] [Beilage:] Was würde das Zürcher Ehegericht in folgenden
Fällen entscheiden? — [26] Wenn ein Ehebrecher auf Wunsch des betrogenen Ehepartners
geschieden wird und Letzterer sich wieder vermählt, oder aber ledig bleibt und sich nicht mit
dem Ehebrecher aussöhnen will, erlauben dann die Zürcher dem Ehebrecher eine neue Ehe?
Es wird nämlich viel darüber diskutiert, zumal Ehebrecher nicht hingerichtet werden, wie es
sich eigentlich gehören würde (womit es auch der Frage nicht mehr bedurfte). — [27] Etliche
meinen, dass es nicht richtig sei, dem Ehebrecher die Wiederheirat zu verbieten, da er
den gleichen Versuchungen wie andere ausgesetzt ist, eine Ehe also die bessere Lösung sei.
—[28]Andere wiederum sind der Auffassung, dass es zum Ehebruch einlädt, wenn man dem
Ehebrecher die Wiederheirat gestattet, weil dann mancher seine Ehe brechen würde, damit
sein Ehepartner die Scheidung einreicht und er dann heiraten mag, wen er will. Wie verfährt
man also bei solchen Fällen in Zürich? Durfte sich denn nicht Agathe Studier noch zu Lebzeiten
ihres Mannes [Adam Frey] erneut verheiraten? —[29]In Konstanz hat man vor Jahren
den [Jakob Bagolter]auf seinen Wunsch hin von seiner ehebrüchigen Frau [Wibrat Erdin]
geschieden. Eine neue Ehe wurde dieser verboten. Trotzdem tat sie sich mit dem Fuhrmann
Thomas Dietrich aus Petershausen (der kein Konstanzer Bürger ist) zusammen. Kürzlich [am
21. Februar] ließen sich die beiden in Zürich trauen und hofften, dank dieser Urkunde in
Konstanz leben zu dürfen. Allerdings wurden beide aus der Stadt verwiesen. —[30]in einem
anderen Fall hat ein Mann [Albin Dienstmann]einer ledigen Frau [Margreth Freudreich]die
Ehe versprochen, und es kam zum Beischlaf Nachdem er ihr aber die Heirat verweigerte,
klagte sie ihn [im Juni 1544] an. Das Gerichtsurteil erklärte beide zu Mann und Frau. Darauf
hin verließ er die Stadt und gab sogar sein Bürgerrecht auf nachdem er den wiederholten
Aufforderungen der Konstanzer Behörden, zu seiner Frau zurückzukehren, nicht Folge leistete.
—[31] Unterdessen wurde die Frau Magd bei einem ledigen Mann [...]. Dieser stellte ihr nach
und schwängerte sie. Sobald Dienstmann davon erfuhr, kam er nach zweijähriger Abwesenheit
nach Konstanz zurück, erkaufte erneut Bürger- und Zunftrecht und beantragte [am 24. November
1546]die Scheidung von seiner Frau wegen deren Ehebruchs. —[32]Etliche schlagen
ihm dies ab, weil sie der Meinung sind, dass er die Frau zum Ehebruch veranlasst habe, indem
er sie unerlaubt verlassen hatte. Ansonsten würde manch einer seine Frau verlassen und
abwarten, bis sie sich auf einen anderen Mann einlässt. — [33] Andere wiederum sind der
Auffassung, dass man Dienstmann nicht zwingen dürfe, mit einer Ehebrecherin zu leben, auch
wenn er für seinen Ungehorsam hart bestraft werden müsse. —[34]Bullinger möge sobald wie
möglich kurz berichten, wie man in Zürich in solchen Fällen vorgeht.
Gnad und frid mitt allem güten züvoran, sonders furgeliepter, aller getruwester
brüder. Ewere schreiben 2 sind mir wol zukomen. Sag euch deren
flyssigsten dank. Diser bott 3 hat mich by minem v[etter] C[onrat] Z[wick]
gestert um ain ur gefunden. Habend die brieff mitt ainander verlesen. Und
warlich haid yetzund vyl, sonderlich mitt schreiben, belestiget. Derhalb wirs
allso abgetailt, das min vetter dem h. burgermaister 4 ettlich sachen und ich
euch ettlicher ding berichten sölle. Mein l[ieber] vetter hat kain mangel
nienerumb 5 . Bevilcht mir, euch zum hertzlichesten und früntlichesten ze
dancken. Ist ewerer getrüwen dienst 6 mehr dann wol zefriden. Was er dem h.
burgermaister schribt, sag er, sollind ir inn darum ankommen 7 , das ers euch
auch lesen lasß. Was dann ich euch schrib, das er vorhin nitt wisste, mögt ir
une aller ding eroffnen und anzögen.
Allain sagt min 1. vetter, hab er yetz ettlich mal den mangel in ewern
brieffen, das ir allweg schreibend, wir söllend kamen faulen friden annemen,
dann 8 er maint nun, man müsse gar kainn annemmen; dann sy werdind
alle müssen faul sein, etc. Es schreibt ain güt man von Ulm 9 , es seye deren
ding glatt kains 10 gehalten, das inen zügesagt worden, wie ir dann diß und
anders von dem h. burgermaister 11 vernemen werdt.
Das die 13 Ort sich ainhellig entschlossen und in empfälch gepracht 12 ,
Costentz nitt ze belegeren noch zü beschedigen ze lassen, hat der herr burgermaister
hievor in ainem brieff 13 auch angezögt mitt disem anhang 14 , das
sy Costentz uff irem boden nitt wellind belagert lassen werden; 15 welchs
was es mittbring, wisst ir selbs wol zü ermessen. 16 Aber wir trauwend dem
lieben gott, er werde unsß mitt sonder truwem, gnedigem bystand durch diß
gefarlichait uber alle vermüttung 17 vätterlichen heiffen.
Ewer herren antwurt dem Frantzosen 18 geben, gefellt unß uber die maaß
wol. Der herr mehre und bestäte 19 in euch alles güts! Man will aber sagen,
der Frantzoß 20 laiche 21 mitt dem Turcken 22 , werde auch nichts wider den
kaiser 23 fürnemen, byß der Turck im anzug 24 seye, wie man dann gantz
.
vylfaltig 25 und gloplich anzögungen hat, das er empor 26 seye.
Das gellt hab ich empfangen.
27 Mit dem Curio
28 will ich, wie sich gepurt,
handlen und im sein ungestümikait undersagen. Er ist aines ruschigen
29
kopffs.
||736 Straussburg ist yetz uff Nüremberg beschaiden 30 . Sorgen wol, sy werdind
sich auch aussönen lassen, aber mitt vyl bessern conditionen, dann den
andern widerfaren, wiewol muglich, das sy vyllicht nitt konnend. Das
wellt e dem güten Hans Schöner anzögen und inn von minen wegen freuntlich
und brüderlich grützen mitt entschuldigung meines nitt schreibens, dann
ich warlich weder zeyt noch müsß 31 hab. Sagt im, seine schreiben seyen mir
worden, und das ich seine brieff gen Augspurg verschafft habe.
Sagt den ewern allen mitt wunschung gottes gnad vyl grütz und güts von
mir, und bittend mitt allen trüwen für unß und unser kirchen, das wir in
seinen gnaden durch all diß schwär anfechtungen kommen mögind und der
herr Christus sein reych allenthalb d32 erweytere und bestätige. Damitt wellt
allso für güt haben. 33 Ich kan ye diß mal nitt baß 34 . So vyl ist ze schreiben!
Hapt mich und unser statt allzyt in ewern treuwen und christelicher sorgfeltikait
eingeschlossen. Datum den 11. martii 1547.
Die hoptleut 35 seind noch hie. Haltend sich wol. Dietrich Marcellen sach 36
wellt nitt vergessen!
Es hat min 1. herr und brüder, ewer Gvaltherus, kurtzverruckter tag 37 dem
Hans Widerhüben 38 zü Sanct Gallen under anderm geschriben, er höre, das
Costentz noch uffrecht seye und sich dem kaiser nitt ergeben habe; er höre
aber daneben wol, das die sach sunst mitt Costentz faul seye. Bitt ich euch
gar fruntlich, an im mitt fügen 39 zü erfaren, wie er doch sölichs gemaint
habe, dann es wundert unß sehr ubel. Bitt euch aber, wellt mich darinn nitt
vermären 40 , dann es hat ursach.
Hiemitt schick ich euch auch ewer drey brieff 41 widerum. Sag euch flyssigen,
hochen danck.
Man will sagen, das des kaisers sun 42 herausß ziech, wie in Myconii
literis 43 , etc. Wann der Sophoyer 44 ain solich volck brechte (das ich doch nitt
glouben kan, dann gantz Hyspanien nitt so vyl vermöchte meines erachtens),
wurde mühe und arbait. Der lieb, truw gott verlich zytlich und ewigen 45
friden. ||
737 Es wirt ausß Ulm und Augspurg geschriben:
Landgrauff 46 soll sein tochter dem jungen hertzog von Brunschwyg 47 geben
haben; das mir doch noch gar unglouplich ist. Wa 48 es aber war, were
vyl darausß ze nemmen e49 . Speramus meliora f (hoff, seye nitt war) f .
Den romischen konig e50 soll gottes gwalt troffen haben. Die Behem 51 sollen
im all hilff abgeschlagen 52 und sich zü Prag ain ernstlich empörung 53
zügetragen list ungwysß) g . 54
Engelland soll gewisslich tod sein, 55 und sich der kaisser etwas mitt Engelland
understehn wellen 56 ; dessglichen och Franckreich 57 . Der allt konig
auß Poland soll" auch dahin sein, 58 etc. Dessgleichen sagt man ouch vom
Papst. 59 Duco de Alba 60 hat ain hartes feber. Naves und Madrutz sind dahin,
wie ich nehermal 61 geschriben.
Was der kaiser zü Regenspurg, Nördlingen, Dinckelspychel 62 , etc., für
knecht gehapt, hat er yetz all hertzog Mauritz 63 geschickt. Der Schnabel 64
von Pregetz 65 nympt vyl deren knecht an, die by den unseren gewesen.
und Übersee, hg. von Alfred Kohler, Barbara
Haider und Christine Ottner, Wien
2002, S. 402-405.
Sterckt seine fenlin treffelich, alles uff
66 Sachsen
67 . Dem will man den garuß
machen, aber der lieb gott waist im wol recht zü thain
68 .
Uff mentag letsten februarii 69 sind i die 900 knecht zü Augspurg einzogen.
Habend sich erstlich mutwillig 70 bewisen, aber ir obrester, Bernhart von
Schounburg 71 hat sy hart gestrafft und an lyb und güt verbotten gegen kaim 72
burger ze mütwillen. Allso, schreibt man, haltind sy sich yetzund gantz still.
Die von Augspurg sampt dem obersten schliessend die vier hoptthor auff
und zü Die andern haben sy beschlossen und die von Augspurg allain die
schlüssel darzü, etc.
Die knecht, so zü Bibarach gelegen, sollend auff j yetz freytag verrückt 73
und 74 all hingezogen sein auff Nurnberg.
Der mehrwirdig 75 vatter, abbt von Wyngarten 76 k (dignus qui praeceps
detur in mare) k77 , ist kaiserlicher comissarius an die oberlendischen stett, das
strauffgellt inen uffzelegen. 78 Hat zü Bibarach angefangen. Die sollen zü
strauffgellt geben viertzigtausend guldin. Doch uff ir trungelich bitt, sölichs
ze milteren, dann es nitt in irem vermögen, hat er inen hoffnung uffthon, es
mochten die zechne 79 aberbetten werden, aber nichts von den 30'000fl. 80 Die
mussind in 14 halb 81 ligen, darnach glich das ander halbtail. Wie maint ir,
das man die anderen anlegen 82 werde, diewyl man diß klainfüg commun 83
dermassen beschwärt? Es ist nichts dann das gewisß, grundtlich verderben
aller diser stett vor ougen. Der truw gott welle doch gnedigs einsechen
haben 84 .
||738 Item, der hertzog von Wirtemperg 85 hat kurtzverruckter tag ain aignen
botten 86 hie gehapt und begert ze wissen, wie es under den Aidgnossen
stunde, dann inn anlange, das sy gar unainig und wider ainander uszogen
seyen. 1 Er
87 ist hütt acht tag
88 zü Ulm gewesen ettlich stund, eh der kaisser
verrückt
89 . Hat im aber nitt konnen zü füssen fallen kranckhait halben. Hat
in ain sessel sytzen mussen, sich entschuldigen lassen.'
Item, grauff Friderich von Furstenberg 90 ist kurtzverruckter tag anhaim 91
gewesen und aber gleich widerum verritten. Hat gar ernstlich seiner 1. hausfrauwen
92 gnadet 93 , gesagt, es werd der krieg erst recht angehn, und seye
inen ain haiß bad ubergethon 94 , allso das sy 95 sich ouch etwas besorgen 96 .
Item auff verschinen sampstag 97 ist by Engen 98 durch vier reuter unsrem
burger ainem 99 sein knecht 100 nidergeworfen 101 und ime hundert guldin, ouch
ettlich schuldbrieff (war für 400 fl.) tm genommen und zü im gesagt worden,
er dorffe die schulden nitt mehr inziechen; sy wellinds inziechen! Und selle
seinen herren sagen: Diß seye der anfang; bald müssind sy deren sachen
noch vyl und böser erfaren.
Item, es ist ain kriegsknecht 102 hie by herrn Sebastian Schertle gewesen
und im anzögt, wie die Sachsischen dem marggrauff Albrechten, alls er mitt
12 fendlin knechten und 1'000 reutern dem h[ertzog] Mauritzen 103 zuziechen
wellen, alles volck erlegt haben und nitt uber vier oder funfthundert
davon kommen seyen. Hat ime all sachen so gloubwirdig anzögt (dann er
nach seiner sag selbs auch dabey gewesen), dann 104 im der herr Schertlin
aller ding glouben gibt. 105
Der kaiser ist yetz in seinem abschid zü Ulm' 106 von ettlichen, ouch von
dem bischoff zü Augspurg 107 , angesücht worden, er welle verschaffen, damitt
man doch den allten christen zü Ulm all tag nun ain mess halte. 108
Daruff er dem bischoff geantwurt: Wann er nichts notwendigers dann diß
anzepringen habe, söll er nun rüwig sein "(ist war)"! Es hat ouch kaiser
(die deutschen Protestanten) werden die
Sache schlimm ausbaden müssen; vgl.
Wander I 219, Nr.
35. 39.
under anderm gesagt: Papst hab bysanher seines gefallens gehandelt mitt
ime, aber yetzund welle er ouch seines raths pflegen, wie allem ze thain
seye! 109
Man hat den predigern zü Ulm etwas bysß 110 ingelegt. Kan noch nitt
wissen, was es ist. Wills wol erfaren. Die psalmen sind verbotten, das man
sy in heusern und uff der gassen nitt singen soll; aber den "Hensle auff der
scheyterbeyg"111 darff man wol syngen!
||740f. [Beilage:] Wellt mich berichten, was in ewerm ehegericht bruchig 112
seye.
Im fall, so ain ehbruchigs geschaiden wirt von seinem gemachel 113 , so
er 114 des begert und darnach sich mitt ainem anderen gmachel versicht, oder
blybt onvermechlet, will sich aber mitt dem bruchigen 115 weyter nitt versünen
lassen, ob man in sölichem fall dem ehbruchigen ouch erlobe, das es
sich mitt ainr andern person verhüre 116 . Dann es wirt vyl davon disputiert,
diewyl man ehbrecher und ehbrecherinen nitt abweg thüt 117 , als man billich
sollt (dann damitt bedörfft es diser frag nitt).
Mainen etlich, diewyl man sy 118 leben lasst und sy glich so wol angefochten
werdind als ander leut, das es unbillich were, inen die eh abzestricken 119
und sy in die gewissen fahr 120 anderer unluterkait 112 ' setzen; und es müsse
irenhalb ouch allweg' 22 war blyben: Melius est nubere quam uri. 123
Die anderen mainen, sollte man sollichs gestatten, wurde man dem
ehbruch ain groß weyt thor uffthain, dann mancher wurde sin eh brechen,
damitt er sinem gmachel ursach gebe, der schidung zü begeren, und er
darnach ouch ain andere, die ime darzü gefellig, nemmen dörffte. Das ist
nun gewisslich war. Darum wellt mir zü wissen fügen, wie es by euch
Liedes scheint verschollen zu sein,
zumindest konnte er nicht ausfindig gemacht
werden. — Wir danken Dr. This
Fetzer vom "Schweizerischen Idiotikon"
für freundliche Auskunft.
gehalten werde. o Der Studieren 124 hat mans (wän 125 ich) uch by leben jres
mans erloupt p . o
Dann man hat vor jaren hie ain weyb 126 von jres ehbruchs wegen von dem
mann' 27 uff sein beger geschaiden. Die hett gern ain andern mann gehapt,
aber sölichs nitt erlangen mögen. Allso hat sy nichts dest weniger ainen hie
genommen. Ist nitt burger, aber doch ain karrknecht' 28 hie, mitt nammen
Thoma Dieterich von Bätershusen 129 , und mitt im zü euch gen Zürich zogen,
allda zü kirchen gangen kurtzverruckter tag» 30 Bringt jres kirchgangs
schrifftliche urkund. Hat vermaint 131 , allso hie zü belyben, aber myne herren
habend sy baide usß der statt ziechen haissen.
Item yetz tragt sich ain fall zü das ainer 132 am tochter 133 hindergangen 134 ,
ir die eh versprochen und darnach ouch mitt ir die werck geübt 135 , darnach
aber ir nitt gewellt hat; derhalb sy inn vor meinen herren fürnemmen 136
müssen. Hat man so vyl in der sach erlernet, das man sy züsamen gesprochen'
137 , daruff aber er sich von stund an von der statt hinweg gethon und der
urtail nitt hat geleben 138 wellen. Habend in mine herren ettlich mal, als irem
burger, züempotten 193 und verkünden lassen, das er sich . zü seinem weyb
thüe, mitt ir zü kirchen gange und alles anders 140 thüe, das aim biderman
gepure; aber er hat nie gehorsam sein wellen und das burggrecht uffgeben,
etc.
||741 Nun mittler zeyt seines ausplybens ist sein weyb an ainem dienst
gewesen 141 . Hat allso 142 von ainem ledigen gsellen 143 ain nachstrengen gehapt'
Verzeichnisse im Stadtarchiv
Zürich, Zürich 1995, S. 15.
144 , das sy von im geschwengert worden. Sobald ir mann sölichs gewar
worden, der doch wol in zway jaren nitt hie gewesen, ist er kommen, hat des
burggrechts widerum begert (hats von newem alles, zunfft und burgrecht,
kouffen müssen)9 , und glich darnach 145 hat er begert, das man inn von seinem
146
nein wyb, die im vor zügsprochen worden, schaiden welle, diewyl sy
bruchig 147 an im worden seye.
Da mainend ettlich, diewyl er ungehorsam gewesen, ouch nitt by ir belyben'
148 seye, und ir allso zü sölichem 149 ursach geben, söll er des nitt
geniessen, und im selbs die schuld geben, und das weyb behalten. Sonst
wurd im 150 mancher mehr allso thain, 151 vom weyb louffen, und sechen, ob
sy sich vyllicht vergienge.
Ander mainend, es were unbillich, das er ain wissentliche ehbrecherin
behalten und mitt ir busen müsste. Man mog in wol hart darum strauffen,
aber das wyb im nitt uffbinden 152 .
Was nun by euch in sölichem fal gesprochen werden mochte, wellt mich
berichten. Dann es sind argumenta uff haid seyten. Aber ewer iudicium
wellt mir paucis 53 ze wissen thain. r So bald ir köndt, wellt mir davon anzögung
thain. r154
[Ohne Adresse.]
belästigt.