Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2842]

[Bullinger]
an Ambrosius Blarer
[Zürich],
12. März 1547

Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 232 und 232a (Siegelabdruck) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 605-607, Nr. 1421

[1]Bullinger ist froh, dass Konrad Zwick mit ihm zufrieden ist, und bittet Gott um Gelingen. Von nun an braucht er nicht mehr alles [über den Versuch, Franz I. zu einem Hilfsangebot an Konstanz zu veranlassen]zu erfahren. So Gott will, werden sich die Geheimen Räte von Zürich und Konstanz einigen. Die Konstanzer sollten sich auch dessen bewusst sein, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Zürcher Ratsherren sich in Verhandlungen mit Franz I. eingelassen haben. Niemand außer Konstanz hätte sie dazu bringen können. Daran sieht man, wie wohlgesonnen Zürich den Konstanzern ist, solange diese entsprechend handeln. Zwick sei gegrüßt. [2] Die Geheimen haben sich heute darüber beraten, wie man mit dem soeben eingetroffenen [französischen]Boten [Guillaume Du Plessis, sieur de Lyancourt] verhandeln wolle. Bullinger traf aber seitdem noch keinen der Geheimen an, da er heute, Samstag, gar nicht aus dem Haus kam, weil er [die Sonntagspredigt] vorbereitet. Lediglich ließ der Stadtschreiber [Hans Escher vom Luchs] ihm nach der Sitzung mitteilen, dass er [dem Stadtboten Georg Müller]auch einen Brief für Konstanz mitgeben dürfe, wenn er wolle. [3]Zwick hat völlig Recht mit seiner Auffassung, dass jeglicher Friede mit Kaiser Karl V. nur faul sein könne. Möge Gott die Konstanzer in dieser Einstellung bestätigen, denn der Kaiser wird sich an keinen Frieden halten! [4]Dass die Xiii Orte [an der Badener Tagsatzung]beschlossen, [einen Angriff des Kaisers gegen Konstanz vom eidgenössischen Boden aus nicht zu dulden], ist kein geringes Freundschaftszeichen! Noch vor kurzem, ja auch schon vor 20 Jahren, hätten etliche dieser Orte eher mitgeholfen, die Stadt zu belagern! Erfahren nun die Gegner von Konstanz von dem Beschluss der Xiii Orte, wird dies der Stadt nur von Vorteil sein. Diese möge sich also derzeit bis auf Weiteres damit begnügen. [5]in Zürich hat man nichts über Sultan Suleiman I. gehört. [6]Ein von Basel nach Venedig reisender Franzose [...]berichtete, dass man in Basel von Straßburg erfahren habe, wie die zwei an den Kaiser gesandten Straßburger [Mathis Pfarrer und...]zurückgekehrt seien und nun [durch das Friedensabkommen mit dem Kaiser jegliche Hoffnung auf ein Bündnis zwischen Straßburg und Franz I.] zerstört sei. Landgraf Philipp von Hessen soll zudem Straßburg mitgeteilt haben, dass er sich vergeblich um einen Frieden beim Kaiser bemüht hat, weshalb er einen solchen mit den Waffen suchen wolle und Straßburg ebenfalls dazu ermuntere. [7]Bullinger wird Hans Schöner die Informationen Blarers weiterleiten. [8]Es scheint, [Zürich]werde dem Hauptmann Marcell Dietrich von Schankwitz den Kauf [der Burg Dübeistein] nicht gewähren. Dieser sollte trotzdem beim Verkäufer [Gotthard Richmnut] einen Kaufantrag einreichen, damit er eine klare Antwort erhält. [9] Hans Widenhuber schrieb an Rudolf Gwalther, dass man die Zürcher verdächtige, Konstanz schaden zu wollen. Gwalther antwortete, das Zürich nur das Beste für Konstanz wolle und tue, der Widerstand aber von woanders komme, wie es Blarer ja auch weiß. Gwalther hat also nicht geschrieben, dass das Problem bei Konstanz liege. [10] Die drei [an Blarer zum Lesen übersandten]Briefe hat Bullinger zurückerhalten. Wenn Philipp ii. aus Spanien herausziehen wollte, würde er sogleich wieder hineingescheucht! Die Nachricht ist allerdings falsch. Die Spanier dürfen ihn nicht ziehen lassen, denn Cheireddin Barbarossa würde sich ihrer sofort annehmen! [11]Bullinger hat wieder guten Grund, Besseres vom Landgrafen zu erwarten, als es die [süddeutschen Reichs]städte tun. Die ungerechtfertigte Feindseligkeit zwischen den Städten und dem Landgrafen hat gewiss ihren Drahtzieher, den Teufel, der nun auch das dem Ferdinand I. angehörige Haus Österreich [durch Zwietracht] auseinanderreißt. [12] Die [von Blarer mit Brief Nr. 2841] mitgeteilten Nachrichten hat


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Bullinger teilweise mit Freude gelesen. Es ist schon bezeichnend, dass der Kaiser solch einen den Mächtigen nicht angehörigen mönchischen Dummkopf zur Bestrafung der Städte einsetzen musste, weil sich kein Graf oder sonstiger Herr für diese Aufgabe am Hof finden ließ! Hier wird Gottes strafende Hand greifbar! Und wie sehr werden die armen Leute ausgenommen! Wenn schon [Biberach] 40'000 Florin Strafgeld bezahlen muss, würden Konstanz bestimmt 80'000 Florin auferlegt! Konstanz soll aus dem Schaden der anderen lernen! Hätte man die Mönche strenger bestraft, würde man heute nicht solches von ihnen erdulden. Es sind in der Tat merkwürdige Patres! Der Herr wird sie strafen. [13]Angeblich hat Herzog Ulrich von Württemberg dem Kaiser den Fußfall geleistet, und zwar im Sessel sitzend zum Gespött Gottes und der Menschen. Wenn doch der Herr nur den Kaiser und die Seinen zur Verantwortung zöge, und sie bestraft würden! [14] Die von [den Reitern bei Engen an einem Konstanzer] verübte Freveltat wird viele erzürnen, die noch nicht aufgebracht waren. Gott wird es schon richten! [15] Wenn es doch nur wahr wäre, dass das Heer des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach vernichtet wurde! Bullinger hörte auch davon aus der Tagsatzung von Baden. Sobald Blarer Genaueres darüber erfährt, soll er es mitteilen. [16] Der Kaiser ist zutiefst ein Päpstler und unaufrichtiger Mensch. Was er vorschnell verspricht oder im Gespräch verlauten lässt, tut er eigennützig nach spanischer Art und blendet dafür die Leute. [17] Es ist schon unverschämt, dass [in Ulm] das Singen von Psalmen verboten ist! Auch die Prediger wird man noch strenger überwachen! Den gottlosen [Spaniern] kann man wirklich nicht trauen. [18] Wegen seiner vielen Aufgaben kommt Bullinger nicht mehr dazu, Blarers Fragen über das Zürcher Ehereglement zu beantworten. Zudem ist auch gerade Bürgermeister Johannes Haab gekommen. Er informiert Bullinger darüber, dass Georg Müller morgen Mittag nach Konstanz reiten wird und vorliegenden Brief mitnehmen kann, wie dies bereits der Stadtschreiber anbot. Jetzt trifft auch der Bote [...] Zwicks ein. Beiliegend also der [,, Usszüg der fürnemisten Eesatzungen"]. Darin wird Blarer die Antwort auf seine Fragen finden. Er möge die Schrift Müller wieder zurückgeben, denn Bullinger kann diese nicht lange entbehren. [19]Segenswunsch.

G[nad] und f [rid]. Diewyl j[uncker] Conradt 1 von mir für güt hat 2 , bin ich zefriden und bitten gott, das es wol geradt. Es ist fürohin nitt nodt, das ichs alles wüsse. Die geheymen werdent, ob 3 gott will, wo! einanderen beträtten 4 . Das söllend ir wüssen, das ir es für ein grosses haben söllend, das min herren sicht a von uwern wägen yngelassen, mitt dem Franzosen 5 ze handlen! Niemandts hatte es an inen vermögen! Verstan ouch, das in inen gar ein güter will, so ferr ir ouch gebürlich üch erzeigend, alls ich üch trüw. Grüssend mir j. Conradten.

Die geheymen 6 sind by einandren xin 7 von des botten 8 zukunfft 9 wägen. Bin aber noch by iren keinem xin. hunt von einandren gan 10 embüt mir 11 der stattschryber 12 , wölle ich ettwas gen 13 Constantz schryben, möge ichs thün.

a Über der Zeile nachgetragen.
1 Konrad Zwick.
2 von mir für güt hat: mit mir zufrieden ist; s. SI II 542 (hier in Anlehnung an Nr. 2841,7f).
3 so.
4 einanderen beträtten: sich einigen; s. SI XIV 1486.
4 Franz I., durch die Vermittlung von Guillaume Du Plessis, sieur de Lyancourt.
6 Zum Geheimen Rat von Zürich s. Nr. 2800, Anm. 41.
7 gewesen.
8 Vermutlich ist hier der oben in Anm. 5 erwähnte französische Bote gemeint.
9 Ankunft: s. Grimm XXXII 477.
10 1mm von einandren gan: Beim Auseinandergehen (nach der Sitzung).
11 embüt mir: bot mir an.


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Diewyl es dann 14 sampstag und ich uff morn ze thün und mich hütt rüsten 15 , bin ich nitt uußkommen 16 .

Wol, wol, wol sagt üwer vetter 17 : Die friden mitt dem k[eyser]18 müssind fui 19 sin; dorumb selle ich nitt mee schriben vomm fulen friden, sunder von keinem friden! Darinn bestäte 20 üch gott (das ir mitt dem k. kein friden annemmind) b , dann 21 gwüß wird nüt gehallten werden!

Mich bedunckt denocht, nitt nüt sin 22 , das sich die 13 Ort entschlossen, wie ir wüssent, üwern halben. Ist ein güter anfang zü grösserer früntschafft. Es were vor wenig jaren, noch 23 vor 20, dahin geradten, das ettlich geholffen, üch belägern! Wenn man by üwern widerwertigen 24 sölichs der Eydgnossen fürnemmen 25 hort, bringt es üch denocht kein schad, 26 etc. Ich weiß wol, das üch anders baas 27 frowen möchte, aber das jetzund, biß ein anders ouch erhept 28 wirt.

Von dem Türggen 29 ist uns nüt ze wüssen, etc.

||232V. Von Straßburg sagt mir hütt ein Franzos 30 (kumpt von Basel, wil gen Venedig), das ein red zü c Basel von c Straßburg ußgang d : Die 2 botten 31 syend heymkummen und sye alles mitt dem friden zerstört. 32 Es habe ouch lantgraff 33 dar 34 geschriben, er habe umb friden geworben, den nitt bekommen inen mögen; dorumb wölle er lügen mitt der hand 35 , wie er friden mache, und Straßburg uff ein nuws uffgemanet 36 , etc. Ob aber dem gruntlich also sye, weiß ich nitt. Obgedachter hat es also gesagt.

b Hier und unten Klammern ergänzt.
c-c Am Rande nachgetragen.
d Über der Zeile nachgetragen.
12 Hans Escher vom Luchs.
13 nach. — Georg Müller sollte nach Konstanz gesandt werden; s. unten Z. 76f. Allerdings wurde vorliegender Brief nicht Müller, sondern dem unten in Z. 78f erwähnten Boten Zwicks mitgegeben. Vgl. auch Nr. 2845,7-9.
14 nun; s. SI XIII 18 (der 12. März war ein Samstag).
15 vorbereite (für die Predigt).
16 aus dem Haus gekommen.
17 Der oben schon erwähnte Zwick, in Anspielung auf Nr. 2841,13-16.
18 Karl V.
19 faul.
20 bekräftige.
21 denn.
22 nitt nüt sin: (dass es) nicht unbedeutend ist.
23 auch (schon).
24 Gegnern.
25 Vorhaben.
26 Vgl. Nr. 2800,63-65; Nr. 2820,82-84.
27 besser; mehr.
28 erlangt; s. Fischer II 802.
29 Sultan Suleiman I., in Bezug auf Nr. 2841,27-30.
30 Unbekannt.
31 Darunter Mathis Pfarrer, der sich nicht mehr an den Straßburger Verhandlungen mit dem Kaiser beteiligen wollte; s. Nr. 2822, Anm. 16; Nr. 2870,26-29. —Jakob Sturm scheint damals nicht von Ulm nach Straßburg zurückgekehrt zu sein, ehe er sich nach Nördlingen begab. Deshalb kommt hier wohl eher Marx Hag in Frage; vgl. 2822, Anm. 16.
32 Zumal vom Standpunkt eines Franzosen aus alle Hoffnungen auf ein Bündnis zwischen Straßburg und Frankreich (s. dazu PC IV/1 574f. 594. 599. 602. 608f) durch den von Straßburg mit dem Kaiser geschlossenen Frieden zerstört waren.
33 Philipp von Hessen.
34 dorthin.
35 d.h. mit dem Schwert. — Siehe dazu Nr. 2848, Anm. 26.
36 zu den Waffen gerufen (hat).


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Schönern 37 wil ich anzeigen 38 , wie ir bägart.

Dietrich Marcellen 39 halb kan ich noch nitt anders vernemmen, dann das es nitt werde nachgelassen 40 . Doch möchte er gägen den 41 , der imm den kouff [...]tete, anwerben, das er ein gruntlichen bescheid uußbrächte, wie man inn in disem artickel halten wölte und wurde.

Widenhüber 43 hat geschriben, Zürych werde verdacht 44 , alls ob es Constantz versumen 45 wölle, etc. Daruff Waltherus 46 geantwort, Zürych thäte gern das best und thüge es; die sach fäle 47 anderschwo und sye ful. Hat nitt geschriben, die sach sye by üch oder under üch ful. Wo 48 es sich gestoossen hab bißhar, wüssend ir wo! selbs.

Die 3 brieff hab ich empfangen. 49 Zücht aber des key[sers] sun 50 uß Hispanien herus, so stoubet 51 man inn des ee 52 wider hynin. Es ist aber nüt. 53 Die Hispanier lassend inn nitt herus; Barbarossa 54 machte inen güt gschirr 55 .

Ich hab wider ein hoffnung vonn lantgrâven empfangen. Acht, man sage vii uff inn uß denen stetten, die imm unbeschuit find 56 sind. Wenn schon der tüfel Ferd[inand]57 hinfurt 58 und das blütig 59 Osterhuß zerryst, 60 ist es nitt sine caussa.

|| 232a,r. Die nüw zytung 61 , mir mittgeteilt, hab ich zum teyl gern geläsen. Lügend, weicher tratz 62 das ist, das ein onmächtiger munchischer Lollfätschen

e Der erste Teil des Wortes, der sich am Ende einer Zeile und auf einem Falz des Briefes befindet, wurde verschmiert und verblasste mit der Zeit derart, dass er unlesbar ist. Die in Johann Jakob Simlers Abschrift (Zürich ZB, Ms S 63, 152) vorgeschlagene Entzifferung [anlü]tet ist wegen der noch sichtbaren Schriftzeichen kaum möglich. Zu lesen wäre eventuell [embü]tet.
37 Hans Schöner; hier in Bezug auf Nr. 2841,36-40.
38 informieren.
39 Marcell Dietrich von Schankwitz; s. dazu Nr. 2824,38-71.
40 zugelassen; s. SI III 1410.
41 Gemeint ist Gotthard Richmut; s. Nr. 2824, Anm. 41.
42 Zu verstehen ist: Er wolle sich offiziell bei dem Verkäufer des Gutes als Anwerber anbieten. — Es kam nicht zum Kauf; s. Nr. 2847,15f.
45 Hans Widenhuber. — Zur Angelegenheit s. Nr. 2841,51-57.
44 verdächtigt.
45 schädigen; s. SI VII 963.
46 Rudolf Gwalther.
47 mangele.
48 Nämlich an den katholischen Orten der Eidgenossenschaft.
49 Es handelt sich um Briefe. die Bullinger Blarer zum Lesen gesandt hatte; s. Nr. 2841,58f.
50 Philipp II. von Spanien
51 treibt, jagt.
52 des ee: desto eher.
53 Es ist aber nett: Es stimmt aber nicht.
54 Cheireddin Barbarossa, der aber bereits am 4. Juli 1546 gestorben war, was Bullinger offensichtlich noch nicht wusste.
55 machte inen gut gschirr: würde sich ihrer freundlich annehmen; s. SI VIII I 160. — Hier ironisch.
56 unbeschult find: grundlos feindlich (gesinnt).
57 König Ferdinand I.
58 auf die Seite schafft; vgl. SI I 983. — In der christlichen Tradition wird der Teufel mit Hass und Zwietracht in Verbindung gebracht.
- 59 Dieses Wort ist hier emphatisch aufzufassen, etwa im Sinne von "das schlimme Haus Österreich"; vgl. SI V 224.
60 In Anspielung auf Nr. 2841,69-71, wo vom Schwinden der Autorität Ferdinands die Rede ist.
61 Nachrichten.
62 absichtliche Beleidigung; s. SI XIV 1657.


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63 die eerlichen stett straaffen müß und sunst kein graff noch herr xin amm hoff, der es ouch thun mögen. Manus est et aperta vindicta dei! Und, o wie schapt 64 man die armen lüt! Gwüß wurde üch 80'000 fl uffgelegt, so disem stettli 65 40'000 fl uffgelegt. Lassend üch ander lüten schaden witzig 66 machen! Gedänckend daran. Hatte man den münchen than 67 , was inen zuhört 68 , hatte man das von inen nitt. Es sind frylich merwirdige vatter 69 ! Vigilat contra ipsos domini vindicta.

Es ist hie gesagt, Wirtenberg 70 habe schon den füßfal gethan. So hör ich wol, er ist da uff dem sässel zum gspött gott und den menschen gehockt. 71 Und wölle gott, das dem keyser und den sinen das bad heyß genug über gethan sye 72 ; inen ouch trüwlich 73 werde!

Der mütwill 74 an den üwern begangen wirt vil erzürnen, die noch nitt zornig xin. Gott wirt es wol schicken!

O were das war, das Albrechts 75 margraffs züg 76 nidergelet! Ich hab es glich also ab dem 77 tag von Baden vernommen. Wenn ir gruntlichs habend, lassend michs wüssen.

Der keyser ist imm grund und hertzen ein bäpstler, und nut uffrächts in imm. Was er also sagt, schnellt und fallen last, 78 thut er uff hispanische art, betrüglich 79 zü sinem vorteyl, die lüt ze blenden und sin sach ze schaffen.

Ist das nitt ein bübery 80 , das psalmen verbotten sind? Das piß 81 wirt den predigern baas yngelegt werden! Dann kein warheit ist in denen lüten 82 nitt, die ouch gott in hymlen untrüw und find sind, etc.

||232a,v. Jetzund sollt ich antworten uff üwer eegrichtsvragen. 83 Ist mir warlich nitt muglich, dann die gschäfften mich unentlich belestigend. Kumpt

63 Dummkopf: vgl. SI I 1141 (s.v. Fetsch): Grimm XII 1144 (s.v. lollhart, dort auch als Spottname für Mönche belegt). — Gemeint ist Gerwig Blarer, Abt von Weingarten; s. Nr. 2841,91-101.
64 schindet, ausbeutet.
65 Biberach; s. Nr. 2841,93-97.
66 klug.
67 getan.
68 was men zühört: was sie verdient (haben).
69 Ironischer Bezug auf Nr. 2841,91.
70 Herzog Ulrich von Württemberg.
71 Zum Fußfall des Herzogs durch seine Stellvertreter s. Nr. 2782, Anm. 22, und Nr. 2841,105-107.
72 das dem keyser und den sinen das bad heyß genug über gethan sye: dass der Kaiser und die Seinen die Sache genügend schlimm ausbaden müssen; vgl. Wander I 219, Nr. 35. 39.
73 gehörig; gewiss; s. SI XIV 1650.
74 Verwegenheit. — In Anspielung auf Nr. 2841,112-117.
75 Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach.
76 militärischer Zug. — Eine Anspielung auf Nr. 2841,118-124.
77 also ab dem: ebenso vom. — Die Verhandlungen au der am 28. Februar beginnenden Tagsatzung zu Baden waren erst kurz zuvor beendet worden; s. Nr. 2817, Anm. 4; Nr. 2835,4f.
78 schnellt und fallen last: unbedacht spricht (s. SI IX 1223) und verlauten lässt (s. Grimm III 1284).
79 trügerisch; täuschend.
80 Unverschämtheit. — Anspielung auf Nr. 2841, 134-136.
81 Gebiß; Zügel (in Anlehnung an Nr. 2841,1331).
82 den Spaniern.
83 Die in Nr. 2841,137-194, gestellten Fragen.


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ouch grad jetzund der herr burgermeister Hab 84 . Zeygt an, das morn ze 12 in. Jorg85 85 hinus gen Constantz wölle verryten. Sölle dem min schriben mitt dem stattschryber gaben. 86 Grad so kumpt j. Conradts bott 87 darzü. Da, so habend ir meerteyls unser eesatzungen. 88 Werdent ir bescheid finden, darumb ir gevragt. Bitt, ir schickind mir sy by m. Jorgen wider, dann ich iren nitt manglen kan.

Gott mitt üch eewiklich. Martii 12. umb 5 nach mittag 1547.

[Ohne Unterschrift.]

[Adresse darunter:] Sinem lieben herren und brüder, m. Ambrosien Blaureren. 89

84 Johannes Haab.
85 Georg Müller; s. dazu auch Nr. 2845, Anm. 10.
86 Siehe schon oben Z. 10f.
87 Unbekannt. — Er übermittelte den in Nr. 2843, Anm. 4, erwähnten Brief Zwicks.
88 Im April 1530 wurde in Zürich von Christoph Froschauer die "Ordnung, Ansehen und Erkanntnus eines ersamen Radts der Statt Zürich, wie hinfür über eelich Sachenn gericht, dessglychenn Eebruch, Huory, Kupplery unnd uneeliche Bywonung gestraafft sol werden"gedruckt (BZD C182; VD16 Z603; Egli, Analecta 712-714, Nr. 1664). Danach kam es zu einer etwas ergänzten Fassung (die vielleicht ebenfalls gedruckt wurde, heute aber nur handschriftlich bekannt ist), nämlich zu "Erlüterung und Verbesserung der Eesatzungen, die vornacher gesetzt und im Trugk ussgangen sind mit Rat der vier Steten Bern, Basel, Schaffhusen und Sanct Gallen von Rath und Burgern uf Sanct Margaretentag [15. Juni] Anno 1533 ussgangen und zu halten angenommen" (Zürich StA, B III 6, f. 217r.—222v. — s. dazu Zeitschrift für schweizerisches Recht ff12, 1854, 68, Nr. 10; 100f, Nr. 316; IV/2, 1855, 108ff).
Da aber Bullinger in diesem Zusammenhang das Wort "meerteyls" braucht, das wohl auf einen Auszug aus diesen Satzungen verweist, wird hier eher folgender Nachdruck gemeint sein: Usszüg der fürnemisten Eesatzungen so man vier malen imm jar dem gmeinen Mann sich wüssen mögen deren zehalten und vor Schand unnd Schaden zd verhielten in der Statt unnd Landschafft Zürich offentlich an der Cantzel verkünden unnd ussrüffen soll, [Zürich, Christoph Froschauer] Juli 1539 (BZD C285; VD]6 ZV16608), von dem Bullinger ein Exemplar besaß, in dem er Notizen eintrug (heute in Zürich ZB, Ms B 27, Nr. 45; s. HBBib1 III 172, Nr. 213). — Zu den damaligen Zürcher Ehesatzungen s. Küngolt Kilchenmann, Die Organisation des zürcherischen Ehegerichts zur Zeit Zwinglis, Zürich 1946, S. 42-44; Evelyne Ingold, Staatsbildung, Ehemoral und 'weibliche Zucht'. Heinrich Bullingers 'Christlicher Ehestand' im Spannungsfeld zwischen ständischen Eheschließungsinteressen und frühneuzeitlicher Staatsbildung, in: HBLife I 299-302.
89 Zur Übermittlung des Briefes s. oben Anm. 13.