[2842]
Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 232 und 232a (Siegelabdruck) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 605-607, Nr. 1421
[1]Bullinger ist froh, dass Konrad Zwick mit ihm zufrieden ist, und bittet Gott um Gelingen.
Von nun an braucht er nicht mehr alles [über den Versuch, Franz I. zu einem Hilfsangebot an
Konstanz zu veranlassen]zu erfahren. So Gott will, werden sich die Geheimen Räte von Zürich
und Konstanz einigen. Die Konstanzer sollten sich auch dessen bewusst sein, dass es nicht
selbstverständlich ist, dass die Zürcher Ratsherren sich in Verhandlungen mit Franz I. eingelassen
haben. Niemand außer Konstanz hätte sie dazu bringen können. Daran sieht man, wie
wohlgesonnen Zürich den Konstanzern ist, solange diese entsprechend handeln. Zwick sei
gegrüßt. — [2] Die Geheimen haben sich heute darüber beraten, wie man mit dem soeben
eingetroffenen [französischen]Boten [Guillaume Du Plessis, sieur de Lyancourt] verhandeln
wolle. Bullinger traf aber seitdem noch keinen der Geheimen an, da er heute, Samstag, gar
nicht aus dem Haus kam, weil er [die Sonntagspredigt] vorbereitet. Lediglich ließ der Stadtschreiber
[Hans Escher vom Luchs] ihm nach der Sitzung mitteilen, dass er [dem Stadtboten
Georg Müller]auch einen Brief für Konstanz mitgeben dürfe, wenn er wolle. —[3]Zwick hat
völlig Recht mit seiner Auffassung, dass jeglicher Friede mit Kaiser Karl V. nur faul sein
könne. Möge Gott die Konstanzer in dieser Einstellung bestätigen, denn der Kaiser wird sich
an keinen Frieden halten! —[4]Dass die Xiii Orte [an der Badener Tagsatzung]beschlossen,
[einen Angriff des Kaisers gegen Konstanz vom eidgenössischen Boden aus nicht zu dulden],
ist kein geringes Freundschaftszeichen! Noch vor kurzem, ja auch schon vor 20 Jahren, hätten
etliche dieser Orte eher mitgeholfen, die Stadt zu belagern! Erfahren nun die Gegner von
Konstanz von dem Beschluss der Xiii Orte, wird dies der Stadt nur von Vorteil sein. Diese
möge sich also derzeit bis auf Weiteres damit begnügen. —[5]in Zürich hat man nichts über
Sultan Suleiman I. gehört. —[6]Ein von Basel nach Venedig reisender Franzose [...]berichtete,
dass man in Basel von Straßburg erfahren habe, wie die zwei an den Kaiser gesandten
Straßburger [Mathis Pfarrer und...]zurückgekehrt seien und nun [durch das Friedensabkommen
mit dem Kaiser jegliche Hoffnung auf ein Bündnis zwischen Straßburg und Franz I.]
zerstört sei. Landgraf Philipp von Hessen soll zudem Straßburg mitgeteilt haben, dass er sich
vergeblich um einen Frieden beim Kaiser bemüht hat, weshalb er einen solchen mit den Waffen
suchen wolle und Straßburg ebenfalls dazu ermuntere. —[7]Bullinger wird Hans Schöner die
Informationen Blarers weiterleiten. —[8]Es scheint, [Zürich]werde dem Hauptmann Marcell
Dietrich von Schankwitz den Kauf [der Burg Dübeistein] nicht gewähren. Dieser sollte trotzdem
beim Verkäufer [Gotthard Richmnut] einen Kaufantrag einreichen, damit er eine klare
Antwort erhält. —[9] Hans Widenhuber schrieb an Rudolf Gwalther, dass man die Zürcher
verdächtige, Konstanz schaden zu wollen. Gwalther antwortete, das Zürich nur das Beste für
Konstanz wolle und tue, der Widerstand aber von woanders komme, wie es Blarer ja auch
weiß. Gwalther hat also nicht geschrieben, dass das Problem bei Konstanz liege. —[10] Die
drei [an Blarer zum Lesen übersandten]Briefe hat Bullinger zurückerhalten. Wenn Philipp ii.
aus Spanien herausziehen wollte, würde er sogleich wieder hineingescheucht! Die Nachricht
ist allerdings falsch. Die Spanier dürfen ihn nicht ziehen lassen, denn Cheireddin Barbarossa
würde sich ihrer sofort annehmen! —[11]Bullinger hat wieder guten Grund, Besseres vom
Landgrafen zu erwarten, als es die [süddeutschen Reichs]städte tun. Die ungerechtfertigte
Feindseligkeit zwischen den Städten und dem Landgrafen hat gewiss ihren Drahtzieher, den
Teufel, der nun auch das dem Ferdinand I. angehörige Haus Österreich [durch Zwietracht]
auseinanderreißt. — [12] Die [von Blarer mit Brief Nr. 2841] mitgeteilten Nachrichten hatBriefe_Vol_19-406 arpa
Bullinger teilweise mit Freude gelesen. Es ist schon bezeichnend, dass der Kaiser solch einen
den Mächtigen nicht angehörigen mönchischen Dummkopf zur Bestrafung der Städte einsetzen
musste, weil sich kein Graf oder sonstiger Herr für diese Aufgabe am Hof finden ließ! Hier
wird Gottes strafende Hand greifbar! Und wie sehr werden die armen Leute ausgenommen!
Wenn schon [Biberach] 40'000 Florin Strafgeld bezahlen muss, würden Konstanz bestimmt
80'000 Florin auferlegt! Konstanz soll aus dem Schaden der anderen lernen! Hätte man die
Mönche strenger bestraft, würde man heute nicht solches von ihnen erdulden. Es sind in der
Tat merkwürdige Patres! Der Herr wird sie strafen. —[13]Angeblich hat Herzog Ulrich von
Württemberg dem Kaiser den Fußfall geleistet, und zwar im Sessel sitzend zum Gespött Gottes
und der Menschen. Wenn doch der Herr nur den Kaiser und die Seinen zur Verantwortung
zöge, und sie bestraft würden! —[14] Die von [den Reitern bei Engen an einem Konstanzer]
verübte Freveltat wird viele erzürnen, die noch nicht aufgebracht waren. Gott wird es schon
richten! — [15] Wenn es doch nur wahr wäre, dass das Heer des Markgrafen Albrecht Alcibiades
von Brandenburg-Kulmbach vernichtet wurde! Bullinger hörte auch davon aus der
Tagsatzung von Baden. Sobald Blarer Genaueres darüber erfährt, soll er es mitteilen.
— [16] Der Kaiser ist zutiefst ein Päpstler und unaufrichtiger Mensch. Was er vorschnell
verspricht oder im Gespräch verlauten lässt, tut er eigennützig nach spanischer Art und
blendet dafür die Leute. — [17] Es ist schon unverschämt, dass [in Ulm] das Singen von
Psalmen verboten ist! Auch die Prediger wird man noch strenger überwachen! Den gottlosen
[Spaniern] kann man wirklich nicht trauen. — [18] Wegen seiner vielen Aufgaben kommt
Bullinger nicht mehr dazu, Blarers Fragen über das Zürcher Ehereglement zu beantworten.
Zudem ist auch gerade Bürgermeister Johannes Haab gekommen. Er informiert Bullinger
darüber, dass Georg Müller morgen Mittag nach Konstanz reiten wird und vorliegenden Brief
mitnehmen kann, wie dies bereits der Stadtschreiber anbot. Jetzt trifft auch der Bote [...]
Zwicks ein. Beiliegend also der [,, Usszüg der fürnemisten Eesatzungen"]. Darin wird Blarer
die Antwort auf seine Fragen finden. Er möge die Schrift Müller wieder zurückgeben, denn
Bullinger kann diese nicht lange entbehren. —[19]Segenswunsch.
G[nad] und f [rid]. Diewyl j[uncker] Conradt 1 von mir für güt hat 2 , bin ich zefriden und bitten gott, das es wol geradt. Es ist fürohin nitt nodt, das ichs alles wüsse. Die geheymen werdent, ob 3 gott will, wo! einanderen beträtten 4 . Das söllend ir wüssen, das ir es für ein grosses haben söllend, das min herren sicht a von uwern wägen yngelassen, mitt dem Franzosen 5 ze handlen! Niemandts hatte es an inen vermögen! Verstan ouch, das in inen gar ein güter will, so ferr ir ouch gebürlich üch erzeigend, alls ich üch trüw. Grüssend mir j. Conradten.
Die geheymen 6 sind by einandren xin 7 von des botten 8 zukunfft 9 wägen. Bin aber noch by iren keinem xin. hunt von einandren gan 10 embüt mir 11 der stattschryber 12 , wölle ich ettwas gen 13 Constantz schryben, möge ichs thün.
Briefe_Vol_19-407 | arpa |
---|
Diewyl es dann 14 sampstag und ich uff morn ze thün und mich hütt rüsten 15 , bin ich nitt uußkommen 16 .
Wol, wol, wol sagt üwer vetter 17 : Die friden mitt dem k[eyser]18 müssind fui 19 sin; dorumb selle ich nitt mee schriben vomm fulen friden, sunder von keinem friden! Darinn bestäte 20 üch gott (das ir mitt dem k. kein friden annemmind) b , dann 21 gwüß wird nüt gehallten werden!
Mich bedunckt denocht, nitt nüt sin 22 , das sich die 13 Ort entschlossen, wie ir wüssent, üwern halben. Ist ein güter anfang zü grösserer früntschafft. Es were vor wenig jaren, noch 23 vor 20, dahin geradten, das ettlich geholffen, üch belägern! Wenn man by üwern widerwertigen 24 sölichs der Eydgnossen fürnemmen 25 hort, bringt es üch denocht kein schad, 26 etc. Ich weiß wol, das üch anders baas 27 frowen möchte, aber das jetzund, biß ein anders ouch erhept 28 wirt.
Von dem Türggen 29 ist uns nüt ze wüssen, etc.
||232V. Von Straßburg sagt mir hütt ein Franzos 30 (kumpt von Basel, wil gen Venedig), das ein red zü c Basel von c Straßburg ußgang d : Die 2 botten 31 syend heymkummen und sye alles mitt dem friden zerstört. 32 Es habe ouch lantgraff 33 dar 34 geschriben, er habe umb friden geworben, den nitt bekommen inen mögen; dorumb wölle er lügen mitt der hand 35 , wie er friden mache, und Straßburg uff ein nuws uffgemanet 36 , etc. Ob aber dem gruntlich also sye, weiß ich nitt. Obgedachter hat es also gesagt.
Briefe_Vol_19-408 | arpa |
---|
Schönern 37 wil ich anzeigen 38 , wie ir bägart.
Dietrich Marcellen 39 halb kan ich noch nitt anders vernemmen, dann das es nitt werde nachgelassen 40 . Doch möchte er gägen den 41 , der imm den kouff [...]tete, anwerben, das er ein gruntlichen bescheid uußbrächte, wie man inn in disem artickel halten wölte und wurde.
Widenhüber 43 hat geschriben, Zürych werde verdacht 44 , alls ob es Constantz versumen 45 wölle, etc. Daruff Waltherus 46 geantwort, Zürych thäte gern das best und thüge es; die sach fäle 47 anderschwo und sye ful. Hat nitt geschriben, die sach sye by üch oder under üch ful. Wo 48 es sich gestoossen hab bißhar, wüssend ir wo! selbs.
Die 3 brieff hab ich empfangen. 49 Zücht aber des key[sers] sun 50 uß Hispanien herus, so stoubet 51 man inn des ee 52 wider hynin. Es ist aber nüt. 53 Die Hispanier lassend inn nitt herus; Barbarossa 54 machte inen güt gschirr 55 .
Ich hab wider ein hoffnung vonn lantgrâven empfangen. Acht, man sage vii uff inn uß denen stetten, die imm unbeschuit find 56 sind. Wenn schon der tüfel Ferd[inand]57 hinfurt 58 und das blütig 59 Osterhuß zerryst, 60 ist es nitt sine caussa.
|| 232a,r. Die nüw zytung 61 , mir mittgeteilt, hab ich zum teyl gern geläsen. Lügend, weicher tratz 62 das ist, das ein onmächtiger munchischer Lollfätschen
Briefe_Vol_19-409 | arpa |
---|
63 die eerlichen stett straaffen müß und sunst kein graff noch herr xin amm hoff, der es ouch thun mögen. Manus est et aperta vindicta dei! Und, o wie schapt 64 man die armen lüt! Gwüß wurde üch 80'000 fl uffgelegt, so disem stettli 65 40'000 fl uffgelegt. Lassend üch ander lüten schaden witzig 66 machen! Gedänckend daran. Hatte man den münchen than 67 , was inen zuhört 68 , hatte man das von inen nitt. Es sind frylich merwirdige vatter 69 ! Vigilat contra ipsos domini vindicta.
Es ist hie gesagt, Wirtenberg 70 habe schon den füßfal gethan. So hör ich wol, er ist da uff dem sässel zum gspött gott und den menschen gehockt. 71 Und wölle gott, das dem keyser und den sinen das bad heyß genug über gethan sye 72 ; inen ouch trüwlich 73 werde!
Der mütwill 74 an den üwern begangen wirt vil erzürnen, die noch nitt zornig xin. Gott wirt es wol schicken!
O were das war, das Albrechts 75 margraffs züg 76 nidergelet! Ich hab es glich also ab dem 77 tag von Baden vernommen. Wenn ir gruntlichs habend, lassend michs wüssen.
Der keyser ist imm grund und hertzen ein bäpstler, und nut uffrächts in imm. Was er also sagt, schnellt und fallen last, 78 thut er uff hispanische art, betrüglich 79 zü sinem vorteyl, die lüt ze blenden und sin sach ze schaffen.
Ist das nitt ein bübery 80 , das psalmen verbotten sind? Das piß 81 wirt den predigern baas yngelegt werden! Dann kein warheit ist in denen lüten 82 nitt, die ouch gott in hymlen untrüw und find sind, etc.
||232a,v. Jetzund sollt ich antworten uff üwer eegrichtsvragen. 83 Ist mir warlich nitt muglich, dann die gschäfften mich unentlich belestigend. Kumpt
Briefe_Vol_19-410 | arpa |
---|
ouch grad jetzund der herr burgermeister Hab 84 . Zeygt an, das morn ze 12 in. Jorg85 85 hinus gen Constantz wölle verryten. Sölle dem min schriben mitt dem stattschryber gaben. 86 Grad so kumpt j. Conradts bott 87 darzü. Da, so habend ir meerteyls unser eesatzungen. 88 Werdent ir bescheid finden, darumb ir gevragt. Bitt, ir schickind mir sy by m. Jorgen wider, dann ich iren nitt manglen kan.
Gott mitt üch eewiklich. Martii 12. umb 5 nach mittag 1547.
[Ohne Unterschrift.]
[Adresse darunter:] Sinem lieben herren und brüder, m. Ambrosien Blaureren. 89