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Autograph: Zürich StA, E II 364, 79-82 (ohne Siegel) Ungedruckt
[1]Auf Bullingers Brief [Nr. 2787] an Ambrosius Blarer hin hat Zwick nach Ulm geschrieben,
um sich [über die eidgenössische Gesandtschaft] zu erkundigen. —[2] Die Konstanzer versuchen
auf jegliche Art und Weise, eine Aussöhnung [mit Kaiser Karl V.] so lange wie möglich
hinauszuschieben. Hans Jakob von Landau möchte sich für sie einsetzen, desgleichen der
Landkomtur Johann Werner von Reischach, Graf Friedrich von Fürstenberg und Wilhelm
Truchsess [von Waldburg-Trauchburg]. Sogar Bischof Johann von Weeze hat über einen Boten
[...] seine Hilfsbereitschaft versichert. Was dies bedeutet, ist ja klar, auch wenn viele diesbezüglich
noch blind sind. — [3] Zwick vermutet, dass Sebastian Schertlin sich nach Zürich
begeben wird. Der Geheime Rat von Konstanz wurde nämlich von einem guten Freund [...]
gewarnt, dass der Kaiser in Bezug auf Schertlin schreiben [und dessen Auslieferung fordern]
wird, was bestimmt unangenehme Folgen für die Stadt hätte. Der Rat hat also daraufhin
Schertlin darüber informiert, weil er ihm wohlgesinnt ist. —[4]Fernando Alvarez de Toledo,
Herzog von Alba, zieht mit 2'000 Soldaten in Richtung Augsburg. Auch sollen sich etwa 1'200
Soldaten nach Memmingen begeben, um sich der Stadt zu bemächtigen und sie zu plündern.
—[5]Es geht das Gerücht um, dass der Kaiser einen Frieden mit König Franz I. geschlossen
habe, weshalb alle Handlungen des Letzteren [die angeblich zugunsten der Schmalkaldener
unternommen werden] nur eine Täuschung seien. —[6]Falls die Zürcher von dem aus Ulm an
Zwick gerichteten Schreiben eine Abschrift anfertigen ließen, sollten sie unbedingt darauf
achten, dass die Stellen, aus denen die Identität des Briefschreibers [Georg Besserer]abgeleitetBriefe_Vol_19-273 arpa
werden könnte, ausgelassen oder geändert werden: So dort, wo vom Aufenthalt des
venezianischen Botschafters [Alvise Mocenigo]im Hause des Briefschreibers, vom Aufbrechen
von dessen Scheune durch die kaiserlichen Soldaten und der darauf erfolgten Unterbringung
von 15 deren Pferden, oder auch vom Landgrafen Philipp von Hessen die Rede ist; das
Gleiche gilt für die Stelle, wo der Briefschreiber bedauert, Kriegsrat gewesen zu sein.
—[7]Zwick denkt, dass es dienlich wäre, wenn der Zürcher Geheime Rat einen Gesandten an
die Geheimen von Konstanz mit folgender Botschaft schickte: Nachdem die Zürcher von dem
unlängst bei ihnen erschienenen Konstanzer Gesandten [Zwick]und aus dem Brief [der Konstanzer
an die vier protestantischen Orte vom 1. Februar]erfahren haben, dass der Rat und
die Bürger von Konstanz befürchten, sich dem Kaiser ergeben zu müssen (woraus den Zürchern
und den Eidgenossen Nachteile entstehen werden, für die sie sich bereits entschuldigen),
und dementsprechend [die vier protestantischen Orte] um Rat und Mittel bitten, damit ein
Friedensvertrag mit dem Kaiser vermieden werden könne, haben die Zürcher Geheimen beschlossen,
einen Gesandten an Konstanz mit folgender Mitteilung abzufertigen: Erstens, dass
die Zürcher den Konstanzern verzeihen, wenn diese zwangsweise Maßnahmen ergreifen müssten,
die für die Eidgenossen ungünstig wären. Zweitens, dass in Bezug auf die von Konstanz
erbetene Hilfe die Zürcher sich mit ihren [drei]anderen eidgenössischen Verbündeten beraten
und das Ergebnis der Absprache mitteilen werden. Drittens, dass die Zürcher die Konstanzer
warnen möchten, dass man von allen Seiten höre, wie der Kaiser in den Städten [die sich ihm
unterworfen haben] ausländische Soldaten stationiert; und dass dies also Konstanz ebenfalls
bevorstehe. Dann aber werden die kaiserlichen Truppen wohl alles daran setzen, die Zürcher
und die anderen Eidgenossen von Konstanz aus zu schmähen und ihnen vielleicht sogar zu
schaden; woraus nicht nur eine schlechte Nachbarschaft, sondern auch schlimme Folgen
resultieren werden. Dies mögen die Konstanzer doch in Erwägung ziehen, damit die gute
Nachbarschaft weiterhin bestehe; wofür sich auch die Zürcher und die anderen Eidgenossen
einsetzen wollen. —[8] Ein solcher Antrag bei den Konstanzern könnte den Zürchern nicht
schaden und die anderen Eidgenossen kaum verärgern. Dies würde ferner den Konstanzer Rat
dazu veranlassen, bedächtiger und vorsichtiger zu handeln, um eine fremde Besatzung in der
Stadt zu vermeiden. Zudem wären die Bürger dazu geneigt, sich von dieser Gesandtschaft
mehr zu versprechen [als es tatsächlich zutrifft], und würden die Bischöflichen um Konstanz
umso mehr zögern, etwas gegen die Stadt zu unternehmen. —[9]Bullinger möge diese Aufforderung
wohlwollend aufnehmen, da Zwick nur Gutes für Zürich und Konstanz möchte.
—[JO]Falls Zürich und die drei anderen protestantischen Orte melden sollten, dass sie weder
Mittel noch Rat wüssten, wie sie Konstanz helfen könnten, sollen sie unbedingt dafür sorgen,
dass dies geheim bleibt, damit daraus keine schlimme Folgen entstehen. —[11]Falls Bullinger
dem gegenwärtigen Boten [Jörg]Regelin (das Gleiche gilt auch für andere von Zwick abgefertigte
Boten) in Angelegenheiten, die mehr die Zürcher als die Konstanzer betreffen, Geld
gibt, soll dies ihnen nicht als Geschenk [sondern als Botenlohn]übergeben werden, denn sonst
würden die eigennützigen Boten trotzdem noch einen Lohn von Zwick verlangen, was ja
ungerecht wäre! — [12]Bullinger möge für die Konstanzer beten, und ganz besonders für
Zwick, damit er nach Gottes Willen handle.
Min willig dienst voran, lieber herr und güter fründ. Uff ewer schriben 2 m. A[mbrosio]gethün, hab ich min kuntschafft gen Ulm gemacht. Zum anderen wellend wir die versünung 3 3 3 uffziechen 4 4 so lang wir mögent. Wir süchent zu dem alle mittel. 5 5 Herr Hans Jacob von Lando 6 will ouch von
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unsertwegen handlen. Glicher gstalt 7 habent der landtkommenthur 8 , item graf Friderich von Furstenberg 9 und h. Wilhalm Truckseß 10 sich gegen minen hernn angepotten. Der bischoff 11 hatt by uns ain pottschafft 12 gehapt und sich vil guts vernemmen lassen. Waß das alles bedüte, ist güt zü gedencken, aber vil menschen sind jetz mit sehenden ougen blind 13 .
Ich acht, h. Bastion Schertlin werde zü uch kummen. Minen hernn, den gehaimen räten, 14 ist ain warnung von ainem güten frund 15 zükummen, das
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er achte, der kaiser 16 werde uns sinethalb 17 schriben. Das hatt man im 18 in vertruwen anzaigt, dann mine hernn welltent niemandts 19 gern Er were minen hernn vast 20 lieb. Glüb, sy 21 lyttent ain schaden, das sy des schribens sinet halb, wann er hie bub, sicher werent 22 .
Der Duco de Alba 23 zücht mit 2'000 mannen gen Augspurg. So sollend by 1'200 gen Memmingen ouch kummen, damit es alles verderpt und bald geaignet 24 werde.
Es sind ettlich, die mainentt, der kaiser hab ain bestendigen friden mit dem Frantzosen 25 , und waß der Frantzoß jetz handle, 26 das geschech alain zü ainem schyn.
||80 Ferrer 27 ist min früintlich bitt, so ir den brief 28 , der mir von Ulm zükummen, hettent abschriben lassen, ir wellend versehen 29 , das die puncten,
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uß denen man verston und abnemmen 30 möht, wer sollichen brief geschriben, 31 herussen gelassen oder doch 32 geenderet werdint, als do ist, das er schribt: "Ich hab in minem huß die venedisch pottschafft"33 ; item: "Sy habent mir minen stadel 34 uffgestoßen 35 und 15 pferdt darin gestellt"; item, waß vom landtgraven 36 geschriben ist; item do er schribt, er wellt, das er kain kommissarius gewesen, etc. Sind 37 in denen dingen behutsam, damit niemandts gemärt werde.
Mich gedunckt, 39 lieber herr, 40 es were viler ursachen halben vast güt wann uwere herren, die gehaimen, 41 fürderlich 42 ain pottschafft 43 her geschickt hettent 44 der nit vor rat, sonder by den haimlichen erschinen were und ain solliche ungeferliche 45 mainung 46 anzaigt hette: Nachdem sine
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hernn 47 durch unser pottschafft 48 , so jüngst by inen gwesen, und demnach 49 uß unser schrifft 50 so vil verstanden, das wir sorg trügent 51 , die rat und gmaind wurden sich nebent anderen mit kay[serlicher] may[estat] ouch inlassen müssen, etc., mit bitt, wo sollichs sinen herren 52 und gemainen Aidgnosen zü beschwernus raichen wurde, das sy uns 53 fruintlich entschuldiget haben, deßglichen, wo sy mittel, rat oder trost wisstent, dardurch wir des vertrags 54 uber sin 55 möchtent, das sy uns dieselben nit verhalten 56 welltent, etc., hettent sy im 57 bevolhen, uns daruff anzuzaigen: Erstlich, ||81 so vil die entschuldigung betreffe, welltent sy uns in allem dem, das wir uß getrungner not oder sunst billichen 58 ursachen thün wurdent, fruintlich entschuldiget haben. Waß dann belange, ob sy mittel oder rat wisstent, etc., davon wellend sy mit den anderen iren Aidgnosen, 59 denen wir ouch geschriben, reden und demnach uns ir gemüt und mainung nit verhalten. Zum letsten vernemment sy uß allen kuntschafften, das der kaiser in alle stett frömbd volck lege. Daher habent sy zü gedencken, wo wir ainen vertrag annemment, das man on zwiffel ouch in unser statt volck leggen wurde. Nun kuindtent 60 wir aber ermessen, das ain sollich volck nit underlassen wurde, ire und anderer Aidgnossen underthonen mit schmachwortten und vilicht ouch mit der that in und usserthalb unser statt zü beschwären; daruß aber gar bald vil unnachpurschafft und wyterung 62 ervolgen möcht. Derhalben were siner hernn bitt, wir welltent sollichs wol bedencken, diser fruintlichen erinnerung nit vergessen und uns in aller handlung des beflisen 63 , das die güt nachpurschafft nit zerrüttet, sonder erhalten wurde, wie dann sy, so vil inen möglich, ouch gern thün welltent, etc.
Dise mainung 64 kuindt uweren herren nit schad sin. Die anderen Aidgnosen möchtents inen nit verargen 66 . So 67 were es ain getruwe warnung. Item mine herren möchtent daher bewegt werden, dester langsamer oder doch gwarsamlicher 68 zü handlen. damit sy mit frömbden volck nit beladen
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wurden. Item unsere burger, wann sy die pottschafft sechent, ||82 wurden sy vermainen, es were ettwas vil bessers. Die vorussen 69 wurdent dester minder 70 ettwas beschwerlichs gegen uns fürnemmen.
Dise anmanung 71 wellend mir zü güt halten. Ich thüns im besten, den uweren und unseren zü gütem. Das waißt gott.
Wann hienach die uweren sampt anderen 72 sich entschliesen 73 wurdent, das sy unserthalb weder mittel noch rat wisstent, so sind daran 74 umb gottes willen, das sy sollichs in gehaim haltent, damit es nit lutprecht 75 werde; dann daran ist uns vil gelegen.
So ir hernach dem Regelin 76 oder anderen unseren potten, die ich zü uch schick, sachen halb uwere hernn mer dann mine hernn betreffen, pottenlon bezaltent, so sagent nit, das ir sy darmit vererent 77 , dann sunst sind sy so aigennützig, wellend den ion nichts dester minder von mir haben und das ander zum vortail behalten; welchs doch nit billich ist!
Bittent gott für uns a on underlass, sonderlich fur mich, das ich handle nach sinem willen. Amen. Datum Costentz, den 7. februarii 47.
Conrat Zwick, üwer williger. |
[Ohne Adresse.]78