[2787]
[Bullinger
an Ambrosius Blarer]
Zürich,
[2. Februar 1547]
Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 41 (VBS XII), 355
(Siegelabdruck)
Zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 585f, Nr. 1407[1]Bullinger dankt für Blarers Brief [Ni. 2790] und für das von Konrad Zwick übermittelte,
[an diesen gerichtete] Schreiben aus Ulm. Vor dem Abendessen las er die Briefe dem Bürgermeister
[Hans Rudolf Lavater?] vor, woraufhin dieser [angesichts der im Ulmer Schreiben
erwähnten eidgenössischen Botschaft in Ulm]ungehalten wurde. Noch während des Abendessens
schickte [Lavater?] nach Bullinger und ließ ihn das Schreiben auch dem zweiten Bürgermeister
[Johannes Haab?]und den Obristmeistern [Georg Müller, Itelhans Thumysen und
Hans Wegmann] vorlesen. —[2] Diese danken Blarer und Zwick herzlich für den ihnen erwiesenen
Freundschaftsdienst und möchten möglichst erfahren, aus welchen Orten diese [sich
in Ulm befindenden]Boten kommen und was ihr Auftrag ist, zumal die Zürcher gar nichts über
solch eine Gesandtschaft wussten. Allfällige Kosten werden die Zürcher übernehmen.
— [3] Haab denkt, dass es sich beim Gesandten um Jost von Meggen aus Luzern handeln
könnte. Dieser soll bei seiner letzten Mission in Rom dem Bischof von Lund [und Konstanz,
Johann von Weeze]den Kardinalshut mitgebracht haben. Diesen roten Hut wird Weeze wohl
durch das Vergießen von christlichem Blut verdienen! Die Zürcher bitten also um baldige
Information zu dieser Gesandtschaft [in Ulm], [damit sie eine Botschaft?]in die Innerschweiz
[abfertigen können?] Kaiser Karl V. ......, was dem Rat
...... vorzulesen ist, sowie die Friedensbedingungen
der Ulmer. —[4]Bullinger schreibt den vorliegenden Brief nachts um 10 Uhr, um
den Boten [...]gleich frühmorgens abfertigen zu können. Diesem gab er 12 Konstanzer Batzen
und übernahm auch dessen Herbergskosten. —[5] Als der Konstanzer Rat seinen [vorigen]
Boten [...]sandte, erzählte dieser, dass bei Güttingen etliche Reiter gesichtet wurden. Daraufhin
kamen einige Räte zu Bullinger und baten ihn, ihm vertrauten Konstanzern zu schreiben,
dass sie sich nicht beeilen sollten, dem Kaiser zu huldigen, da in acht bis vierzehn Tagen wohl
ein anderer Wind wehen würde. Bullinger hofft immer noch, dass fromme Eidgenossen den
Konstanzern in der Not beistehen würden. —[6] Blarer sieht ja selbst, wie es nun den armen
Ulmern ergeht. Gleiches oder Schlimmeres steht auch den Konstanzern bevor, wenn sie das
Teufelsvolk des Kaisers einlassen. Dann würden ihnen auch die vom Kaiser unterstützten
Pfaffen auf dem Kopf herumtanzen, so gewiss die Sterne am Himmel stehen, und würde der
Kaiser seine Versprechen nicht halten. Besser ehrlich sterben als "ulmisch" leben! Jetzt erst
merken die armen [Ulmer], worauf sie sich eingelassen haben. Dies soll alien eine Lehre sein!
— [7] Nachdem der reitende Bote den Zürchern den Brief des Konstanzer Rats [vom 1. Februar]
übermittelt hatte, [sandte der Zürcher Rat diesen?]umgehend an die [drei protestantischen]
Orte [Bullinger hat sein?] Schreiben an Hans Wunderlich an dessen Schwiegervater
Ve[nner Niklaus Wytten]bach geschickt. Die [in die Drei Orte] gesandten Boten
[Andreas Müller und Melchior Schlosser] sind noch nicht zurückgekehrt. — [8] Der Kaiser
wird mit Franz I., Suleiman und mit den Fürsten Johann Friedrich von Sachsen und Philipp
von Hessen genug Kriege zu führen haben, sodass er Konstanz bald vergessen wird. Lassen
sich aber die Konstanzer von ihm täuschen und überlisten, werden sie für immer geistig wie
auch leiblich von ihm geknechtet werden. Gott möge Einsicht und Gnade verleihen!
—[9] Bernardino Ochino ist heute auf dem Weg nach Basel durch Zürich geritten und wurde
auf Anordnung des Rats [von Heinrich Gugolz]begleitet. Gleichzeitig traf Calvin aus Genf zu
einer Besprechung ein. Er berichtete von der großen Rüstung Franz' I., dem baldigen Aufbruch
des Kriegszuges und von einer französischen Gesandtschaft nach Konstantinopel.
— [10] Es geht das Gerücht um, dass Sebastian Schertlin mit 30 Gefährten am 31. Januar
[richtig. 2. Februar] in Konstanz eingetroffen sei. Es ist doch eine wundersame Verstärkung,
die Gott den Konstanzern mit derartigen Menschen zukommen lässt! Eine Chance, die man gut
nutzen sollte. —[li] Wo befinden sich Georg Frölich und Johannes Haller? Der Herr behüte
die Konstanzer! Blarer soll berichten, ob -[12]Blarers Brief [wird Bullinger] an Kaspar
Seidensticker [schicken]. —[13] Gott sei mit Blarer, [dessen Bruder Thomas] und mit Zwick.
F[ürgliepter]h[err] und b[rüder], üwer schriben 3 hab ich abermals 4 empfangen
und flyssig geläsen. Danck üch und üwerm lieben vettern 5 trungenlich 6 .
Alls ich aber die minem herren b[urgermeister]7 vorlaß, bewegt er sich
häfftig darab, 8 und wie es grad vor dem nachtässen beschach, schickt er
widerumb nach mir in allem 9 nachtässen. Müst beiden burgermeistern 10 und
den obristen meistern 11 das schryben von Ulmm vorlasen.
Daruff zeigtend sy mir an und begärtend, ich sölte üch gar fruntlich
dancken, dann 12 sy sölichs für ein grosse früntschafft hattend. Bittend ouch,
das ir a sampt üwerm vettern a in sömlichem 13 güten willen verharrind und, so
vil müglich, wyter erfarind, von welchen orten die botten 14 syend oder was
ir werbung, und, so ettwas kostens daruff gienge, woltend sy es abtragen 15 .
Es wurde inen ouch hierinn größlich 16 gedient, dann sy nitt wüssen noch
gedencken könnend, welches ortt doch da 17 botten haben solite.
Min h. Hab vermeint, es were flucht Jost von Meggen von Lucern. Der
sol neißwan 18 , alls er jetzund zu Rom gesin, 19 dem bischoff von Lunden 20
ein roten cardinalshüt gebracht haben. Wirt er mitt vergiessen Christens hißt
trüwlich verdienen! Aber wie dem, so lassend uns wüssen, ob 21 ir gruntlich
wüssen und erfaren möchtend, wer oder [was]b das für ein [bot]schafft
were, und ye ee 22 , y[e liebe]r [.......] wirt man grad ouch [..............]chen
in [die] lander. 23 M[ ....................... ]um, und von [...........
....]nutzlich c [.......] keyser 24 zü [........]f[........], etc., eigentlich 25 vorlasen
einem gesäßnen 26 radt sampt dem wie die von Ulm imm friden gehallten
werdent.
Ich aber schrib jetzund in der nacht umb die 10 disen brieff, das ich den
botten 27 morgens fertigen 28 möge by zyt. Dem hab ich ouch gaben 12 Constantzer
batzen und von der herberg gelöst 29 .dl
Alls dann ouch üwer herren ein eignen botten 30 gesandt, von dem 31 , wie
ettliche rüter da oben ||355v. zü Güttingen 32 gesähen worden, sind ettliche der
Gesandtschaft der Zürcher in die Innerschweiz
die Rede.
räten zü mir kummen (sind gar redlich lüt) e und mich gebätten, vertruwten
gen Constantz ze schryben, das sy nitt ylen mitt dem huldigen dem keyser.
Sy truwind
33 , in 8 und 14 tagen werde vil ein anderer wynd gan. Ich truwte
noch
34 , fromme lüt in Eydgnoschafft wurdint üch nitt trostlos lassen, so üch
wytere nodt anstieß
35 .
Aber ir sähend selbs vor üwern ougen, was mitt den armen Ulmern geüpt
wirt. 36 Glychs und bösers sind ir ouch wartend, lassend ir sin 37 tüfelsvolck
yn. Darzu müssend ir die pfaffen so gwüß uff den köppffen sitzen haben 38 ,
so gwüß die sternen am hymel stand. Die pfaffen vermögend es alles by
dem keyser. Hernach wirt er nut hallten, was er züsagt. Weger 39 ist es,
eerlich gestorben, dann ulmisch geläpt! Jetzund findent 40 die armen lüt, was
sy gehandlet. Eerend gott und sähend iren exempel an! Sind 41 dappffer!
Min herren habend uff üwers rytenden bot[ten]42 gebrachten brieff 43
ylends in die or[t........] und [......]stlich f darzü [...]schrib[ ..................
.v]or 44 nitt g eng h [..................... schr]yben [a]n h. Wund[erlich ............]
sinen schwäher 45 ve i [..........Wytten]bach 46 zügeschickt.
Die botten 47 sind noch nitt wider kummen.
Gedenckend mm: Der keyser wirt an dem Franzosen 48 , Türggen 49 und den
fürsten 50 so gnüg krieges finden, das er Constantz vergißt. Lassend ir üch
aber ouch blanden und in den sack stoossen 51 , kumpt üch sattel ab ruggen
e Klammern ergänzt. —
f Vermutlich liegt hier das Ende des Wortes christlich vor. — g Die
Lesung mitt wäre auch möglich. —
h Die Lesung erg ist nicht auszuschließen. —
i Vermutlich
liegt hier der Beginn des Wortes venner vor; vgl. Nr. 2774, 15.
an den Konstanzer Rat vom 2. Februar
bekundet (Zürich StA, B IV 16, f. 134).
niemer mee
52 , geistlich und liblich! ||[355a]r Lassend uns in disem allem gott
umb verstand und gnad, bestand
53 und stercke bitten, dann one inn ist all
unser ding nut.
D. Bernhardin 54 ist hütt 55 hie durch geritten uff Basel. Min herren habend
inn beleitet. 56 In dem kumpt ouch Calvinus 57 von Genff, mitt uns sich ze
ersprachen 58 . Sagt von träffllcher 59 des königs rüstung, 60 und das der zug
bald angan werde. Dixit praeterea de legatione quadam regis missa Constantinopolim,
etc. 61
Die sag ist hie, houptman Schertlin sye by üch montags 62 ankummen wol
mitt 30 siner geferten. Ist es, so acht ichs für ein wunder und stercke 63 , das
üch gott so reddlich lüt 64 zuschickt. Gebruchents rächt!
Wo ist dann Laetus 65 ? Wo ist Ha[ll]erus? Der herr behüt und bew[ar üch]!
Lassend mich wüssen, habend ir [.........].
Üwer brieff schick [............]j verwart und eigentlich 66 u[............]k Casparn
Sidenstickern 67 u[............ ]dlen.
Gott mitt üch, üwer[n .............]l und vettern 68 . Datum Zürych, [............
....], nacht umb die 10 69 gen 70 . [.............]
stanz eingetroffen zu sein; s. Nr.
2769,
Anm. 18.
[Adresse auf der Rückseite:] Sinem f[ürgeliep]ten, frü[ntlichen lie]ben
[brüder und h.], m. [Ambrosio Blaureren]•m