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Autograph: Zürich StA, E II 357, 229 a ; [Beilage:] b E II 357a, 702 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 596-598, Nr. 1415 c
[1] Blarer dankt für das Schreiben Bullingers [nicht erhalten]. Dessen Briefe enthalten stets
einen vom Heiligen Geist ausgehenden Trost. Gott möge Bullinger stärken und auch den
Konstanzern die Kraft verleihen, jegliche Last zu ertragen und zu überwinden! —[2] Soeben
kommt ein völlig glaubwürdiger Brief demzufolge Eriprando Madruzzo in Ulm am 20. [richtig:
17.]Februar starb. Kurz darauf soll auch Johann Naves gestorben sein, dessen Name sich
vom Wort "Schiff" ableitet, und der die rechte Hand von Kaiser Karl V. in Oberdeutschland
war. Würden doch auch die "großen Segel" [d.h. Nicolas Perrenot de Granvelle] sterben,
zumal ja die Schiffe Segel mit sich führen! Auch er wird wohl nicht dem Urteil Gottes entkommen.
Trotzdem bittet Blarer für diese Feinde, damit sie ebenfalls Gottes Barmherzigkeit
erfahren mögen. — [3] Es heißt, es gäbe täglich viele Tote unter den [kaiserlichen] Kriegsknechte,,.
Diese verderben die [von ihnen besetzten] Städte. Der Kaiser zieht mit seinem
gesamten Geschütz nach Frankfurt a.M. und Sachsen. Ihm kommt König Ferdinand entgegen.
Beide wollen Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen vernichten. Wenn dieser nur nicht einen
faulen Frieden eingeht! Dann würde noch alles gut werden. — [4]Hoffentlich erhalten die
Konstanzer erneut einen Zeitaufschub! Wenn Naves noch am Leben wäre, hätte er schon längst
wieder an die Konstanzer geschrieben. — [5] Danke für das Lied. Es ist typisch für seine
Verfasser! Irgendwelche Unruhestifter aus dem [protestantischen]Lager haben ein "Sudatorium"
publiziert, über das man in Konstanz gerne lacht, wobei Blarer diese Heiterkeit als
unangebracht empfindet. —[6]Anbei die zehn Gulden und der Brief [Nr. 2823] von Konrad
Hofherr. Bullinger weiß ja, für wen dieses Geld bestimmt ist. Sollte der Betrag nicht stimmen,
möge Bullinger es melden, damit die gute Witwe [Regula Mayer]ja keinen Schaden davonträgt.
— [7] Alles Weitere wird Konrad Zwick erzählen. Blarer; der wenig Zeit hat, will nun
lieber noch ein besonderes Anliegen vorbringen. —[8][Beilage:]Blarers Freund, Hauptmann
Marcell Dietrich von Schankwitz, der im [Donau]feldzug die Klause Ehrenberg erobert hat,
muss damit rechnen, dass er beim Kaiser und beim König in Ungnade gefallen ist. Im Dienste
Ulms stehend, erhält er jährlich 650 Florin. Als aber Ulm sich dem Kaiser unterwarf verließ
er die Stadt und ließ dort seinen Hausrat wie auch Knechte und Pferde zurück. Zusammen mit
seiner Gattin [Anna Zehntmeier] und seinem Stiefsohn [Philipp Klee], den diese von ihrem
früheren Mann [Georg Klee]hat, ist er schon seit einigen Wochen in Konstanz, wo man sie in
einem Domherrenhaus beherbergt. — [9] Schankwitz möchte nun für den Sohn eine bescheidene
Liegenschaft erwerben. Man wies ihn auf [die Burg] Dübelstein hin, die einem Freimut
[richtig: Gotthard Richmnut] aus Zürich gehört. Daraufhin bat er Blarer, diskret in Erfahrung
zu bringen, ob die Zürcher Obrigkeit einen solchen Kauf genehmigen würde, und ob er und
seine Frau sich dort aufhalten dürften, sooft es nötig wäre. Erfragt deshalb, weil er für seinenBriefe_Vol_19-352 arpa
Lebensunterhalt weiterhin als Kriegsmann im Dienste etlicher Herren (vielleicht aber auch
nur der Ulmer) stehen wird. Natürlich hat er nicht vor, Zürcher Söldner anzuwerben!
— [10] Er ist ein anständiger, tapferer und aufrichtiger Mann. Seine Frau ist fromm. Beide
lieben das Evangelium. Als Kriegsmann könnte er noch viel Geld machen, will sich nun aber
damit begnügen, Diener eines Landesherrn von Haus aus zu sein. Er und seine Frau stammen
aus der Grafschaft Tirol. Von dort bezieht seine Gattin noch Einkünfte. Es ist aber fraglich, ob
der König deren Auszahlung noch erlauben wird, zumal Schankwitz in großer Ungnade bei
ihm steht. — [11]Bullinger soll sich bei den Ratsherren erkundigen, ob sie Schankwitz den
Kauf von Dübeistein erlauben wurden, oder ob dies ein Verstoß gegen das Zürcher Gesetz
darstellen würde, was Blarer selbstverständlich nicht möchte. Er würde aber gerne dazu
beitragen, dass Schankwitz nach und nach das Kriegsgeschäft aufgibt. —[12]Der beiliegende
Brief ist zur Weiterleitung an Bernardino Ochino bestimmt, falls Bullinger weiß, wohin jener
sich nach seinem Aufenthalt in St. Gallen begeben hat.
S. Pro tuis 1 , quas possum, gratias ago, praesertim quum semper in illis insit aliquid, quod divini spiritus consolationem egregie spiret. Dominus tibi, mi Bullingere, hosce se dignos animos perpetuos esse velit, nobis quoque taies constanter addat, ut, quantumcumque molem humeris nostris ferendam viderimus, pares tamen adeoque etiam superiores nos IIII 2 fore speremus. Dominus miro consilio omnia moderatur!
Nunc litere 3 adferuntur (sed taies, quibus fidem habere tuto possumus) d illum a Madrutz 4 Ulme 20. februarii vehementissimo dolore correptum, pariter et extinctuum; huncque mox sequutum cancellarium illum cui a navibus nomen 5 est, quo caesar 6 erga Germanos Superiores velut dextra manu est usus - quo cum utinam grandia vela 7 quoque periissent, quandoquidem pulchre convenit, ut naves secum vela trahant. 8 Verum non effugiet hic quoque iudicium domini, etsi precor illis, ut quamprimum resipiscant et una nobiscum domini misericordiam in Christo Iesu omnia nobis gratuito condonantem experiantur.
Es sollend vyl güter leut teglich sterben underm hauffen 9 . Machend ain unflat 10 ouch in die stätt allenthalb 11 . Der kaiser bricht uff mitt aner munition. Zeucht e auff Franckfurt und Sachsen. Der konig 12 zucht auch mitt macht dem kaiser zü. Wellend den frommen churfursten 13 ausmachen 14 .
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Ach, das er sich doch nun 15 nitt ergebe und ain faulen friden anneme! Wurde noch alles güt.
Wir hoffend zü gott, wir werden hie aber 16 ain zytle fristung 17 haben, alls lang es dem herren gefallt. Were der herr von Naves nitt gstorben, wurden meine herren schon yetzund weyter schreiben 18 von im gehabt haben.
Pro cantilena gratias agimus. 19 Habent nunc plane similes labra lactucas. 20 Ediderunt ardeliones 21 quidam in nostris castris nescio quod sudatorium 22 , quod hic iam salse ridetur. Minim in modum displicebat mihi nostrorum intempestivus plausus.
Mitto hic 10 aureos nummos cum literis Curionis. 23 Scis, cui 24 illos debeat. Si quid vel in moneta vel numero erratum est, proximis literis significabis, ut ne quid bona illa vidua defraudetur.
Commenda nos domino diligenter cum tuis omnibus. Caetera Zviccius noster 25 , etc. Haind allso in yl für güt. 26 Ich hab nitt mehr zyt. Müß euch sonst ouch noch von aim handel schriben. 27 Der lieb, truw gott ewig mitt euch. 25. februarii 1547.
[Ohne Unterschrift.]
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||E II 357a. 702r. [Beilage:]
Fürgeliepter herr und brüder, mein lieber freund unnd schwager 28 Marcell Dietrich 29 , hoptman, so dann die Clauß 30 in vergangnem krieg erobert, hat sich grosser ungnad by kaiser und könig zü befaren 31 . Ist deren von Ulm diener (geben im jerlich 650 fl.) f und aber ausß Ulm gewichen 32 , als sy die reconciliation 33 mitt dem kaiser angenommen. Hat des kaisers nitt erwarten wellen, wiewol er noch sein haußhab allda hat mitt ettlichen knechten und pferdten. Ist aber sampt seiner l[ieben]hausfrauwen 34 und stieffsun 35 , ainem knaben, den sein hausfrauw by vorigem mann 36 gehapt, yetzund ettlich wochen hie gewesst. Habend in ainem thainherrenhoff 37 aigen hauß.
Der ist nun willens, seinem yetz gemeldten sun etwan ain klainfügen sytz 38 ze kofen. Und im 39 ainer am Gryfensee mitt nammen Diepoltstain 40 anzögt worden. Gehört ainem Freymüt 41 by euch. Da bitt er mich nun gar freuntlich, an 42 euch in still 43 zü erfaren, ob ewere herren von Zürich sölichs beschechen liesßind, das er dem sun disen sytz koffte, und aber er sampt der mütter auch by dem sun werend, alls offt ir gelegenhait erfordert 44 . Das fragt er nun darum, diewyl er von ettlichen herren dienstgellt hat g (er wurde vyllicht nun von denen von Ulm dienstgellt haben)8 , des er dann nitt wol gerathen 45 mag zü seiner ehrlichen underhaltung 46 . Wollt aber kainswegs knecht by euch uffwiglen, etc.
Er ist gewiss ain redlicher, dapferer, uffrechter mann und hat ain gottselige, christliche hausfrauwen. Habend gottes wort lieb. Er möcht wol grosß
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güt erkoberen 47 , so 48 er begerte für und für 49 ain kriegsmann ze sein; des er aber nit gesinnet, sonder allain etwan aim herren von hauß auß 50 ze dienen. Sy sind baide usß der grauffschafft Tyroll. Da hat die frauw noch ire gulten 51 . Waist doch 52 nitt, ob irs der könig 53 fürohin 54 wirt verfolgen 55 lassen oder nitt. Dann 56 er ist im yetzund sehr ungnedig worden.
So sind 57 nun gebetten und erfaren mir 58 , ob es by ewern herren zü erhalten were oder nitt. Was wider ir satzung und güt ordnung were, weilte ich gar ungern, das es von minen oder der meinen wegen verbrochen 59 wurde. Was aber bruchig 60 oder bittlich 61 were, will ich euch am fruntlichesten ersucht haben. Wellt euch im sölichen, wie ir biß anher gethon, ain güten getruwen frund und brüder erzögen. Steht mir umb euch gantz freuntlich zü beschulden 62 . Ich wellt inn gaim 63 gern zü sölichem furderen, nun das er doch von dem eilenden kriegen vornenzü 64 abgezogen wurde.
So ir wissen, wa 65 der fromm Bernhardinus Ochinus were, wellt im bygelegten brieff züschaffen. Ich mag gar nitt wissen, wahin er von Sant Gallen gezogen. 66
[Adresse auf der Rückseite:] Eximio valde viro domino Heinricho Bullingero, venerando suo longeque charissimo fratri. Tiguri. 67