Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2821]

Johannes Haller
an Bullinger
Augsburg,
21. Februar 1547

Autograph: Zürich StA, E II 370a, 569f; E II 370, 52 a (Siegel) Ungedruckt

[1]Nachdem Haller seinen Brief [Nr. 2805] durch den Zürcher Ratsboten [Hans Zingg] an Bullinger abgeschickt hatte, empfing er zwei Briefe von Bullinger [nicht erhalten], die allerdings sehr lange unterwegs waren. Eine Antwort darauf dürfte überflüssig sein, da Haller zur Genüge klar gemacht hat, dass er nie ängstlich war (hoffentlich denkt nun Bullinger auch anders über ihn). Er orientierte sich an den besten Männern in Augsburg und wollte die Stadt nur wegen deren bevorstehenden unwürdigen Lage verlassen. [2] Nun geschieht hier das, was Haller schon lange befürchtete und was sich bereits in anderen [oberdeutschen Städten] abgespielt hat. Heute sollen sechs kaiserliche Fähnlein unter dem Obristen Graf von Schrmberg [richtig: Bernhard von Schaumburg] in die Stadt einmarschieren. Der Obrist war schon vor vier Tagen hier. Er logierte im Fuggerhaus, in der Nähe von Hallers Unterkunft. Das Kriegsvolk will man bei den wohlhabenden Bürgern einquartieren und nicht bei den Armen, um jeglichen Aufruhr zu vermeiden. Der Obrist meinte sowieso, dass es eine Schande wäre, die verdienstvollen Kriegsleute bei den Armen oder in den Klöstern (wo man schon Betten für sie bereitgestellt hatte) so eng beieinander wie in einem Spital unterzubringen! Man gab ihm also nach. Er und seine Leute speisten hier, zahlten aber nicht, und sagten nur, dass Kaiser Karl V. bald kommen und die Rechnung bezahlen werde. Allein schon dies brachte die Bürger auf und es ist kaum zu erwarten, dass die Bürgerschaft mit den Besatzern gut auskommen wird. In der Stadt wimmelt es bereits von roten Schärpen [der Kaiserlichen]. [3] Die Predigten werden noch fleißig besucht. [4]Hans Wilpert Zoller sollte nach Zürich zurückkehren. Vermutlich wird er das auch tun, denn er steht in Gefahr. Haller nimmt zudem an, dass er sich verschuldet, denn trotz seiner Ermahnungen lebt er auf großem Fuße. [5] Lorenz Meyer und Rudolf Schwyzer d.Ä. werden nach Erhalt ihres Reisegeldes nach Zürich zurückkehren. Thoman Ruman würde sie gerne begleiten, doch der Augsburger Rat will, dass er bleibt. Haller schrieb bereits darüber. [6] Vielleicht werden schon bald alle wegziehen müssen, wenn nämlich der Kaiser so weitermacht wie bisher. Denn dann werden die Prädikanten vor einem Problem stehen, zumal man bereits von ihnen verlangt, im Gottesdienst namentlich für Karl V. und König Ferdinand I. zu beten! Das hat schon zu Spannungen unter den Kollegen geführt. Alle sind gewillt, allgemein für die Feinde zu beten; diese aber mit Namen zu nennen (wo man doch zuvor in den Gebeten die Namen des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, der Fürsten und der Reichsstände erwähnt hat), wird in der Kirche Anstoß erregen. Als Pfarrer Johann Heinrich Held von Tiefenau nach der Ergebung der Stadt anordnete, für den gnadenreichsten Kaiser zu beten, sorgte dies bereits für große Irritation (wäre es im interesse der Kirche, würde Haller nicht zögern, den Kaiser namentlich zu erwähnen). Zudem hörte er (auch wenn nur von Privat- und nicht von Amtspersonen), dass man den Predigern vorschreiben will, sich nicht heftig gegen die Messe und die gottlosen Feinde des Evangeliums zu äußern. Sollten sie sich nicht an diese Anweisung halten [und sollte es zu einem Aufruhr kommen], wird man sie dafür verantwortlich machen. Der Kaiser ist nur schon darüber verärgert, dass die Pfarrer die Gemeinden ermahnen, keinen Anstoß am Erfolg der Gottlosen zu nehmen. [7]Zweifellos wird der Teufel sich austoben. Es könnte so wie in Ulm kommen. Der Kaiser hat sich dort eine Kirche ausgesucht, in der er täglich die Messe hört. Vielleicht werden die Kaiserlichen das Gleiche in Augsburg beanspruchen. Es verstößt gegen Hallers Gewissen, dem Antichristen einen Platz einzuräumen! Aber noch sind die Dinge in der Schwebe. Zu gegebener Zeit wird er Bullinger um Rat fragen. [8] Die Bedingungen des

a Papierfalten und Nadellöcher belegen die Zusammengehörigkeit dieser Blätter.


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Augsburger Friedensschlusses kann Haller hier nur aus dem Gedächtnis wiedergeben, wie er sie hörte, als sie von jemandem [...]verlesen wurden. Haller notierte sie sich zwar sofort, als er nach Hause kam, möglicherweise aber sind sie nicht vollständig. [Darauf folgen neun Punkte des Friedensschlusses zwischen Augsburg und dem Kaiser, die gelegentlich von Haller kommentiert werden.] [9] Die Ulmer sind noch schlimmere Verpflichtungen eingegangen, und dennoch wurde ihr Land in Anwesenheit des Kaisers beinahe völlig zerstört. [10]Herzog Ulrich von Württemberg musste noch ärgere Vorgaben annehmen. Haller hat sie in Abschrift von einem guten Mann [...] erhalten. [Darauf folgen 18 Artikel des Friedens zwischen dem Herzog und dem Kaiser, die Haller stellenweise bewertet.] [11]Die Annahme dieser Verträge wird für Deutschland eine ewige Schande darstellen! [12] Kein Wort in diesen Verträgen über die Religion. Der Kaiser wollte das Thema nicht behandeln, weil er ja angeblich den Krieg nicht der Religion halber begonnen hat! Die Folgen davon wird Bullinger sich ausmalen können. Der Herr befreie seine Kirche aus dieser Tyrannei! [13] Über den Kurfürsten hört man lediglich, dass er ein großes Heer habe und seine Angelegenheit energisch vorantreibe. Der Herr stärke ihn! [14] Viele behaupten, dass Landgraf Philipp von Hessen ein Verräter sei und [vom Vorhaben seines Schwagers Moritz' von Sachsen]gewusst habe. Hoffentlich stimmt das nicht! [15] Der Kaiser wirbt in Nürnberg Truppen für drei Regimenter an, die gegen den Kurfürsten bestimmt sind. König Christian III. von Dänemark hält zum Kaiser. Auch mit den Hansestädten steht es anders, als man es behauptet hat. Polen soll König Ferdinand den Gehorsam aufgekündigt haben. Die Böhmen wollen diesem nicht zu Hilfe kommen, außer dass sie bereit sind, ihr Land zu schirmen. Am 27. Januar starb Anna Jagiello, Ferdinands Gattin. Auch der englische König Heinrich VIII. soll tot sein. Über König Franz I. von Frankreich gibt es so viele Gerüchte, dass sie gar nicht alle wahr sein können und es Haller widerstrebt, davon zu schreiben. Weiß Bullinger etwas darüber? Stimmt es, dass Nicolas Perrenot, Herr von Granvelle, zur Badener Tagsatzung [vom 28. Februar] kommt? [16] So erfüllt sich die Heilige Schrift! Man erhebe das Haupt, denn die Erlösung naht! Gruß und Empfehlung. [17]Haller hat seine Predigtreihe über den zweiten Timotheusbrief bald fertig. Er wollte nun über das Johannesevangelium predigen, auch wenn Wolfgang Musculus (jedoch zu einer anderen Stunde und an einem anderen Ort) ebenfalls darüber spricht. Aber angesichts der unsicheren Lage, in der sich die Kirche befindet, scheint ihm die Apostelgeschichte viel passender! Haller besitzt Bullingers entsprechenden Kommentar. Bullinger möge seine Predigtnotizen zu diesem Buch (wenn er solche hat) von einem armen Studenten abschreiben lassen. Haller wird die Kosten dafür übernehmen. [18]Gruß an die Kollegen, an Anna [geb. Adlischwyler] und an die Kinder. Grüße von Meyer, Ruman, Schwyzer, Musculus, Michael Keller, Georg Frölich, Sebastian Lepusculus und Sixt Birck. [19] [P.S.:] Bullinger soll auch Bernhard von Cham, den Landvogt von Kyburg, über die hier mitgeteilten Friedensverträge informieren. Haller hat keine Zeit, diese ihm auch abzuschreiben. [20] Zoller ist gerade da und lässt grüßen. Während Haller und Zoller den Brief des Landvogtes lasen, kamen die oben erwähnten sechs Fähnlein an. Es sind etwa 1'200 Mann. In den nächsten Tagen sollen noch einmal so viele kommen. [21][Über der Adresse verzeichnete Haller die Zusammenstellung des kurfürstlichen Heeres sowie die Namen dessen Anführer.] Aus dem Land des Kurfürsten ist noch niemand ausgerückt. Der polnische König [Sigismund II. August] und Herzog Albrecht von Preußen haben Ferdinand den Gehorsam aufgekündigt. Dies wurde dem Augsburger Rat geschrieben. Haller erfuhr davon, als er den Brief schloss.

S. et pax per dominum nostrum lesum Christum. Ex quo postremas 1 ad te dedi per publicum illum Tigurini senatus tabellarium 2 , binas 3 a te accepi, quas tamen diu in itinere retentas esse ex dato comprehendi, ad quas (quia iam dudum animum tibi meum aperui et sufficienter) b satis me a suspicione,

b Dieses Klammerpaar und alle anderen dieses Briefes, mit Ausnahme desjenigen unten in Z. 134, wurden ergänzt.


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qua me suspectum habes et prorsus concidisse animo dicis, purgavi meo iudicio. Spero etiam te meliora tibi posthac de me persuasurum, ideoque ad ilias nunc respondere supervacaneum. Feci, quod vidi optimos quosque facere, et profecto non metu, sed rei indignitate motus discedere cupivi.

Tam evenit nobis, quod diu metuimus, et quod in aiis hactenus spectavimus, nunc sentimus ipsi. Uff hütt datum kommend 6 fennli keiserscher inn dstatt. Der obrist ist graff von Schramberg 4 . Ist vor 4 tagen hie gsin, ins Fuggers hus, nach 5 bi miner herberg, ingfuriert 6 . Die knecht sind allein in die rychsten hüser inglusiert. Den armen und wäberen 7 hatt man verschonet, damitt si nitt ufrürig syend. Si 8 habend auch bi keinem armen wellen liggen, sonder wo es inen gfalt. Man hatt in ettliche klöster vil wellen leggen, damitt die burgerschafft dest minder beschwert wurd. Und habend die burger bett darin gen 9 , aber si wellend nitt darinn liggen. Der obrist hatt gsagt, es wer ein schand, das man die eerlichen lüt, mitt denen man land und lüt gwunnen hatt, also 10 sölt uff einander legen als 11 imm spital! In summa: Si sind herren. Man müß thün, was si wend 12 . Etlich habend hinnen zecht 13 und hingangen 14 . Gsagt, der keiser 15 kamm bald; werde die ürten 16 zalen. Hept sich der mütwill schon an. Gott erbarms! Die burgerschafft ist unwillig und hitzig. Ist eines großen übels zü besorgen, dann 17 si werdend sich nitt mitt einander vertragen können. Die statt laufft schon voll roter binden 18 , das eims hertz brechen möchte.

Predig gat noch starck von statt 19 . Die frommen sind yferig. Gott erhalts!

Zollern 20 welt ich raten, das er hinzug 21 . Glaub auch, er werde es thün, dann er wirt großen ufsatz 22 von inn 23 han 24 . Vereor, ne aere alieno prematur,

1 Brief Nr. 2805 vom 9. Februar.
2 Hans Zingg; s. Nr. 2805. Anm. 1.
3 Nicht erhalten.
4 Richtig ist Bernhard von Schaumburg; vgl. Nr. 2791, Anm. 42; Nr. 2812,22f.
5 nahe.
6 logiert (worden).
7 Weber. die zur ärmsten sozialen Schicht gehörten; s. SI XV 100.
8 Die Kriegsleute.
9 gegeben.
10 derart.
11 wie.
12 wollen.
13 hinnen zecht: hier drinnen (in Augsburg) gegessen und getrunken.
14 fortgegangen.
15 Karl V.
16 den Betrag für ihre Speisung.
17 denn.
18 roter binden: militärische Abzeichen. — Rote Binden (Schärpen) sowie auf den
Harnisch aufgemalte bzw. auf die Kleidung aufgenähte rote Kreuze waren das Kennzeichen der Kaiserlichen; s. Gerhard Quaas, Das Handwerk der Landsknechte. Waffen und Bewaffnung zwischen 1500 und 1600, Osnabrück 1997, S. 68; Max Radlkofer, Der Zug des sächsischen Kurfürsten Moritz und seiner Verbündeten durch Schwaben im Frühjahr 1552, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 17, 1890, 199.
19 gat noch starck von statt: läuft noch gut; vgl. SI XI 1689.
20 Hans Wilpert Zoller. — Er war nicht geneigt, nach Zürich zurückzukehren; s. Nr. 2808,30-36.
21 Nach Zürich.
22 Angriffe.
23 Mit "inn" (ihnen) sind die Kaiserlichen gemeint.
24 haben.


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quamvis nihil mihi dixerit. Nimium semper (quantumvis fideliter monuerim) voluit esse sumptuosus.

Fratres duo, Laurentius 25 et Rodolphus 26 , expectant angariae imminentis stipendium. 27 Tunc discedent. Romanus 28 libenter cum eis abiret, sed, quonjam senatui gratus, nolunt eum dimittere, ut proximus scripsi. 29

Dabitur fortassis omnibus tandem discedendi occasio, si caesar, ut cepit, pergat. Quantum ||569v. enim iudicare possum, wirt man uns bald ein ingriff thun 30 . Tam volunt, ut nominemus caesarem et regiam maiestatem 31 in suggestu et pro his hortemur ecclesiam orare! Magna hinc inter fratres orta contentio. Pro eo et omnibus hostibus orandum nemo negavit, imo facimus hoc omnes, 32 sed, an debeat iam nominari, tam repentina mutatione facta paucis placuit. Nominavimus hactenus electorem 33 , principes et status imperii. Si iam his omissis alios nominemus, erit offendiculosum ecclesiae. Nam mirum, quantae calumniae sint ortae, quod Heldius 34 , unus ex ministris, statim, ut audivit nostros se caesari dedisse, iussit ecclesiam pro illo clementissimo caesare orare. Liberum itaque nobis permissum vel implicite vel explicite pro eo orare. Si e re ecclesiae viderem esse, non vellem detrectare etiam ipsum nominare, quantum autem intelligo, mox etiam aliquem modum praescribent, ne acrius invehamur contra missam et impios evangelii hostes (quamvis hoc a publicis nondum, a privatis multum audivi personis), et, si non faciamus, iam omnis culpa in nos convertetur. Tam enim quidam dicunt nos nostris concionibus irritare caesarem, cum monemus ecclesiam, ne impii offendatur successu.

Non ergo dubito, das uns deß tüfels vil begegnen werde. Periculum etiam est, ne accidat, quod et Ulmae. Delegit 35 illic sibi templum peculiare, in quo singulis diebus missam audit. 36 Postulabunt 37 forte c etiam hic sibi dan templum. Ego, qui Christi servus sum, antichristo locum dare bona conscientia non possum! Sed, quoniam haec adhuc dubia sunt omnia, tuum in tempore peto consilium.

Conditiones pacis nostrae describere non possum certo omnes. Audivi nuper quendam 38 ex scheda recitare. Quantum ergo memoria comprehendere valui, statim domum reversus, ne exciderent, antequam tibi scriberem, annotavi. Eiusmodi autem percepi:

c Über der Zeile nachgetragen.
25 Lorenz Meyer (Agricola).
26 Rudolf Schwyzer d.Ä.
27 Zu verstehen: Sie warten auf das Reisegeld für ihre bevorstehende (in Kriegszeiten nicht ungefährliche) Rückreise. Zu dieser s. Nr. 2803, Anm. 6.
28 (Haus) Thoman Ruman (Römer).
29 Vgl. Nr. 2805,14f.
30 uns ein ingriff thün: uns eine Regelung aufdrängen.
31 König Ferdinand I.
32 In Anlehnung an Mt 5, 44.
33 Johann Friedrich I. von Sachsen.
34 Johann Heinrich Held von Tiefenau. — Vgl. auch Nr. 2870,5.
35 Subjekt ist der Kaiser.
36 Siehe Nr. 28 12.7-10.
37 Subjekt sind die Kaiserlichen.
38 Unbekannt.


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1. Si söllend sich ergeben uff gnad und ungnad. N[ota] B[ene]!

2. Was er inen für volk in die statt legge, söllend si ufnemmen und versehen.

Ist kein zal gmeldet.

3. Sind usgnon 39 alle ansprach 40 , so küng[liche] m[a]j[esta]t 41 und der cardinal von Augspurg 42 , auch andere, an si 43 und die iren habend. Darumb si sich mitt inen vertragen söllind; darzü er gnedigst mittlen welle.

Das darf uns wol ein nüwen krieg machen! Man kan nitt mitt inn 44 nahen kan 45 . Si wend onzal vil gält han. Statt 46 man noch in teglicher handlung. 47 Die seckel müßend einmal 48 suber grumpt 49 werden.

4. Alle, so uß der statt sind, 50 one engeltnuß bin 51 alten eeren, one verletzung, ||570r wider hinin laßen ungeacht ir 52 burgerlichen constitution und ordnungen.

Der artickel wirt uns die pfaffen wider inhin bringen! Dann si dorumb uß der statt zogen, das 53 si nitt woltend der ordnungen gleben 54 wie ander burger in stür und umbgält 55 .

5. Die meßigung 56 (also nemmend 57 si das galt, so er 58 vorderet, mitt eim nüwen termino) erlegen nach glegenheit der statt.

N[ota]: Er wil si wol strecken 59 ; meint, si habend es wol.

6. Die justitien deß camergrichts, so ir mjt. ordnen 60 , söllend si halten. Quid hac in causa hactenus actum sit, non ignoras.

7. Die pündtnuß mitt Sachßen, Heßen, auch allen ir mjt. widerwertigen, verlaßen 61 und in keine wider ir mjt. und das hus Österrych niemermeer bewilligen.

Da wirt er güt mitt inn machen han 62 !

8. Den eid 63 wie andere stett uff ein nüws wider thün.

39 entgegengenommen (hier rechtlich); s. SI IV 741f.
40 Ansprüche; Forderungsklagen.
41 Ferdinand I.
42 Otto Truchsess von Waldburg.
43 die Augsburger Ratsherren.
44 ihnen (den Kaiserlichen).
45 nahen kan: verhandeln. — Gemeint ist: Man kann sie rechtlich nicht belangen.
46 Steht.
47 Siehe dazu Nr. 2769, Anm. 7.
48 freilich; sicherlich; s. SI IV 146.
49 geleert.
50 Gemeint sind die Katholiken, die aus der Stadt weichen mussten oder wollten, nachdem 1537 die Messfeiern in Augsburg verboten wurden.
51 bei.
52 Jener der Stadt.
53 weil.
54 der ordnungen gleben: nach den [neuen] Regelungen leben.
55 Abgaben.
56 Hier im Sinne von der Geldbuße, über die man sich geeinigt hat; vgl. FNHDW IX/1 1969.
57 nennen; s. SI IV 747.
58 Der Kaiser.
59 mit Steuern und Abgaben ausbeuten; s. SI XI 2161.
60 anordnen (wird).
61 aufgeben.
62 güt mitt inn machen han: leicht mit ihnen einig werden.
63 Den dem Kaiser zu leistenden Eid.


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N.: D. Naves 64 ist usgritten zü Ulm. Hatt söllen den eid von Augspurg innen 65 . Und als er gen Gintzpurg 66 kommen, ist inn ain wee ankan 67 (etlich sagend der schlag 68 ), das er wider gen Ulm sich hatt müßen füren laßen. 69

9. Allem dem, so ir k[eiserliche] m[ajestat] fürhin imm rych zü friden deßelben und einikeit ordnen werd, gehorchen.

Darin 70 mag der glaub und alles das gschloßen werden, so in anficht. 71

Haec ego memoria retinens annotavi. Pauca puto me intermisisse. Vides, qualis pax! Quid nobis expectandum!

Ulmenses magis turpes recepere 72 conditiones vastato quamvis eorum tantumnon funditus agro ipsisque caesaris praesentia pressis.

Wirtenberg nach 73 schandtlicher! Illas descriptas habeo ex quodam viro bono 74 .

1. Erstlich söllend siner h[ertzoglichen] g[nade]n gesandten den füßfal thun und umb gnadt bitten.

2. Sol in 6 wuchen eigner person den füßfal thun und bekennen, das er wider ir mjt. gehandlet.

3. Sol ir mt. für iren rechten, natürlichen herren erkennen.

4. Den justitien, so ir mt. ordnen werden, soll er die gebürlich underhaltung 75 leisten.

5. Sol hertzog Hanns Fridrichen, etwan 76 hertzogen zü Sachsen, und Philipsen von Heßen kein bistand thün, noch den anderen deß pundts, sonder ir mjt. helffen vermag der acht 77 wider jetzige oder andere 78 .

6. Soll kein handtierung, irer maj[estat] widerwertig, gestatten.

7. Alle pündtnuß wider ir mjt. und Österrych uffsagen und nimmermeer in keine kommen.

||570v. [9,]d Soll ir mjt. und Ôsterrych, so offt si es begeren, paß durchs landt und öffnung 79 aller irer bevestigung geben.

d Mit dem Seitenwechsel übersprang Haller einen Artikel des Vertrages (Sollen die vom Adell des lands schweren lassen nümmermer wider ir lut, und Österrich zd dienen -Ergänzung nach der in Zürich StA, A 177, Nr. 156, aufbewahrten Abschrift dieses Vertrages) und vergaß zudem, die folgenden Artikel weiter zu nummerieren.
64 Reichsvizekanzler Johann von Naves.
65 entgegennehmen (einnehmen).
66 Günzburg (Bayern, D), etwa 25 km östlich von Ulm und 50 km westlich von Augsburg.
67 ist inn ain wee ankan: wurde er von einem Schmerz überfallen.
68 Schlaganfall. — Vielleicht ist hier auch ein von Gott ausgehender "Schlag" gemeint.
69 Vgl. auch Moritz von Sachsen PK III 247, Nr. 333. — Johann von Naves starb am 20. Februar; s. Nr. 2824, Anm. 5.
70 In den Anordnungen des Kaisers.
71 und alles das gschloßen werden, so in anficht: und all das einbegriffen sein, das ihm einfällt.
72 =receperunt.
73 noch. — Zum württembergischen Frieden s. Nr. 2746, Anm. 21.
74 Unbekannt.
75 Versorgung (Beiträge).
76 einst. — Eine Pointe gegen den Kurfürsten.
77 vermag der acht: aufgrund der [kaiserlichen] Acht.
78 Feinde.
79 Zugang.


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e Hüt dich, Eidtgnoschafft! e

[10.] Alles gschütz und munition, so imm land buben, den feinden gehörig, sol ir mjt. überandtwort werden.

Aiunt maximum esse thesaurum. Omnes enim status aliquot illic reliquerunt tormenta.

[11.] Sol der k[üniglichen]mjt. zalen 300'000 fl rynisch zü 15 batzen 80 (halb 81 in 15 tagen und den rest inn 25 tagen nechst darnach) zü Ulm erlegen.

[12.]Schorndorff, Hohen Asperg und Kirchen an der Egg 82 sollend ir mjt. ingeben 83 werden zü versicherung und volziehung deß Vertrags.

[13.] Ir mjt. behaltend aller deren spruch 84 und vorderung bevor 85 , so v[on] f imm schaden genommen 86 . Sol sich mitt inen vertragen 87 oder irer g m[ajesta]t erkanntnuß geleben 88 .

[14.] Desglichen söllend h sich verzihen beide hertzogen, Ülrich und Christoff, alle[r] gerechtikeit 89 , so si haben möchtend in der graffschafft Burgun[d], es sye 90 wider wen es well. Söllend si anderst nitt dann 'vor dem landrechten recht nemmen, wie ander underthonen. Das hatt h[erzog] Christoff nitt thun wellen und darumb (wie m[an]sagt) Mümpelgart dem küng in Franckrych 91 zkauffen gen, die 92 das lehen vom hus Burgund hatt.

[15.] Für dise güthat, so imm beschehen, sol der k[eiserlichen] und kön[iglichen] mjt. vorbeh[alten] sin alle ir gerechtikeit, so si zü dem fürstenthumb Wirtenberg habend. NB!

[16.] Der cadawisch vertrag 93 soll bi krefften bliben.

[17.] So er 94 das alles, in dem vertrag begriffen, halten, so verzicht ir mjt. imm alles, so er wider si gehandlet.

e-e Am Rande verzeichnet.
f Hier und unten Textverlust beim nachträglichen Einkleben des Blattes in den schon gebundenen Band. Die Ergänzungen erfolgen anhand der in oben Anm. d angeführten Handschrift.
g In der Vorlage ir (umgeschrieben in Anlehnung an A 177, Nr. 156).
h Über der Zeile nachgetragen.
i-i In der Vorlage von de[m] landtrecht (umgeschrieben in Anlehnung an A 177, Nr. 156).
80 Zum Wechselkurs vgl. HBBW XVIII 342, Anm. 15.
81 die Hälfte.
82 Gemeint ist Kirchheim unter Teck.
83 übergeben.
84 Ansprüche.
85 behaltend bevor: vorbehält.
86 so von imm schaden genommen: die von ihm [Ulrich] Schaden erlitten (haben).
87 sich mitt inen vertragen: mit ihnen übereinkommen.
88 erkanntnuß geleben: die Beschlüsse (ihrer Majestät) befolgen.
89 sich verzihen alle[r] gerechtikeit: alle Rechtsansprüche aufgeben.
90 sei.
91 Franz I. — Siehe dazu Nr. 2753,14-16; Nr. 2817.
92 Gemeint ist Frankreich.
93 Der Friedensvertrag von Kaaden (Böhmen), 29. Juni 1534, mit dem der Krieg in Württemberg beendet wurde. — Ein Artikel dieses Vertrages wird den Zürchern besonders Sorgen bereitet haben; s. dazu HBBW IV 233, Anm. 14.
94 Ulrich.


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[18.] Graff Georg von Wirtenberg, ir f[ürstlich]gn[aden]brüder, als der 95 so offendt[lich] rebelliert, sol ußgeschlossen sin; auch ander all ir f. gn. und[er]thonen, so jetzund imm dienst wider ir mjt. sind. Die soll er a[ll] für fyend halten. Derselbigen güter söllend ir mjt. confisc[iert] sin und bliben.

[19.] Soll den vertrag in 4 tagen ratificieren, und hertzog Christoff sol den in 6 wuchen ratificieren und auch alles, so darinn begriffen, halten. Sol in 6 wuchen irer landtschafft den vertrag ratificieren laßen.

Selich vertrag anzünemmen, wirt Tütschland ein ewige scha[nd] sin!

||E II 370, 52r. Von der religion statt nüt, dann er 96 hatt nitt wellen, das man si gedenck, diewyl er von der religion wegen den krieg nitt angfangen! 97 Quid secuturum sit, ipse iudicare facile potes. Orandus est dominus, ut ecclesiam suam ab hac tyrannide liberet.

De electore nihil audimus, quam quod magnas habeat copias et strenue rem gerat. Dominus confortet illum! Langrafium 98 multi clamant proditorem esse omnisque huius negotii prius fuisse conscium. 99 Ego meliora spero.

Der keiser richt drü regimennt uf zü Nuremberg wider den churfürsten. Dennmarck 100 halt sich wol an imm 101 . Die Seestett sond 102 auch nüt, wie man sagt. 103 Polen sol Ferdinando abgsagt han. Behem 104 wellend imm nitt helffen, anders dann ir land schirmen. Ferdinandi uxor 105 27. ianuarii obiit. Aiunt etiam regem Angliae defunctum esse. 106 Quid Gallus moliatur, incertum: tam varii sparguntur rumores, ut, quoniam omnes yen esse non possunt, pigeat scribere ullos. Cupio ex te discere aliquid. Granvellam 107 dicunt apud Helvetiorum esse comitia 108 . Cuperem scire.

Sic, sic implentur scripturae! Tempus est, ut levemus capita nostra, quoniam liberatio nostra appropinquat. 109 Vale meque commendatum tibi habeto.

Posteriorem ad Timotheum fere finivi. 110 Statueram bannis evangelium (quod tamen et Musculus 111 , sed alio hora et alio loco» 2 tractat) sumere» 3 Sed ecclesia ita fluctuante videntur commodius tractari et applicari' 4 posse

95 als der: da er.
96 Der Kaiser.
97 Vgl. HBBW XVIII 436,1 201.
98 Philipp von Hessen.
99 Vgl. Nr. 2805,36f.
100 König Christian III. von Dänemark.
101 An den Kaiser.
102 sind.
103 Zu irreführenden Nachrichten über Dänemark und die Hansestädte s. HBBW XVIII 327,15-18; 339; 426,60f; 439,36f; 452,2; Nr. 2736; Nr. 2761,48f. 54-57; Nr. 2774,31f; Nr. 2786.71-73.
104 Böhmen. — Siehe dazu schon Nr. 2797, Anm. 32. Siehe ferner Moritz von Sachsen PK III 261, Nr. 357.
105 Anna Jagiello, Königin von Böhmen und Ungarn. — Zu ihrem Tod s. Nr. 2812, Anm. 9.
106 Heinrich VIII. war am 28. Januar 1547 gestorben.
107 Nicolas Perrenot, Herr von Granvelle. — Vgl. aber Nr. 2812,50-54; Nr. 2822,7f.
108 Gemeint ist die für den 28. Februar geplante Tagsatzung; s. Nr. 2817, Anm. 4.
109 Lk 21, 28.
110 Siehe dazu HBBW XVIII 308, Anm. 67, und die dort angeführten Verweise.
111 Wolfgang Musculus.
112 Musculus predigte im Dom, Haller in der St. Moritz-Kirche.
113 Vgl. nämlich HBBW XVIII 308,98-101.


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Actus apostolorum. Habeo tua commentaria 115 . Si haberes memorialia 116 , vellem, ut ex studiosis iuvenibus pauperibus alicui describenda dares. Ego precium persolvam.

Salvos cupio fratres omnes, uxorem 117 et liberos 118 Salutant te fratres nostri 3 119 , Musculus item, Cellarius 120 et d. Laetus 121 , Lepusculus 122 quoque et, qui hoc mihi semper commendat, Xystus 123 . Augustae Vindelicorum, 21. februarii 1547.

Hallerus tuus perpetuo.

Ich bitt, wellind den herren von Kyburg 124 diser vertragen berichten. Hab nitt wyl 125 ghept, es imm als 126 zü schriben.

Zollerus te salvere iubet, qui, dum haec scribo, me convenit. Et dum legimus literas a proconsule Kyburgensi scriptas, ecce adsunt 6 illa vexilla, de quibus superius: 127 Vix 1'200 continent milites! Dicunt totidem adhuc ventura ultra aliquot dies.

||52v. j Deß churfürsten [zü Sachsen]k kriegßvolck, so er diser zyt bi einanderen hatt:

2 regiment ghörend imm zü, 2'000 starck.

1 regiment furt sin brüder hertzog Hans Ernst 128 .

1 regiment hertzog Heinrych von Mechelburg 129 .

i-j Über der Adresse senkrecht angebracht.
k Text im engen Einband verdeckt.
114 Hier im Sinne von anwenden auf die damalige Kirchgemeinde.
115 Gemeint ist eine der Ausgaben von Bullinger, Commentarius in Acta apostolorum, Zürich 1533, 1535 oder 1540 (HBBib I I 43-45).
116 Damit sind Notizen gemeint, anhand der Bullinger über die Apg gepredigt hatte. Dies tat er jeweils sonntags vom 20. Juni 1546 an bis zum 8. Juli 1548; s. HBBW XVII 150, Anm. 19 (wo allerdings die zweite Jahresangabe von 1546 auf 1548 zu korrigieren ist). Von dieser Predigtreihe sind autographe Entwürfe nur für die zwischen dem 4. März und dem 27. Mai 1548 gehaltenen Predigten über Apg 24— 27 in Zürich ZB, Msc Car III 203, f. 89-92, 97, 98, erhalten geblieben.
117 Anna. geb. Adlischwyler.
118 Zu deren Namen s. Nr. 2735, Anm. 10.
119 Meyer, Schwyzer und Ruman.
120 Michael Keller.
121 Georg Frölich.
122 Der von den Baslern an die Augsburger geliehene Sebastian Lepusculus.
123 Sixt Birck.
124 Bernhard von Cham, Landvogt (proconsul; vgl. unten Z. 185) von Kyburg.
125 Zeit (Weile).
126 alles.
127 Nämlich oben in Z. 10f.
128 Herzog Johann Ernst von Sachsen-Coburg, Halbbruder des Kurfürsten.
129 Herzog Heinrich V. [nach anderer Zählung: III.] (der Friedfertige) von Mecklenburg-Schwerin (geb. am 3. Mai 1479, gest. am 6. Februar 1552; s. NDB VIII 372). — Er bekannte sich seit 1533 zur evangelischen Lehre; s. Eike Wolgast, Der lange Weg zur obrigkeitlichen Reformation im Herzogtum Mecklenburg. Herzog Heinrich V. und Herzog Johann Albrecht I., in: ders., Aufsätze zur Reformations-und Reichsgeschichte, Tübingen 2016, S. 293.


Briefe_Vol_19-345arpa

1 regiment hertzog Frantz von Lünenburg 130 .

1 regiment hertzog Philips von Brunschwig' 31 .

1 regiment graff von Altenburg 132 .

1 regiment graff von Biechlingen 133 .

1 regiment herr Jörg von Reckenrott 134 , 10'000 starck.

Und ist ins 135 churfürsten land noch nieman uszogen.

Künig uß Polen 136 und hertzog Albrecht uß Prüßen habend dem künig in Behem 137 sunderlich abgsagt.

Haec senatui nostro scripta esse modo accepi, cum iam clausurus essem literas. J

[Adresse daneben:] Clarissimo viro d. Heinrycho Bullingero, Tigurinae ecclesiae antistiti summo, domino et patri suo venerando. Zürich,

an m. Heinrych Bullinger.