Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[896]

Gebhart Hegner an
Bullinger
[Winterthur],
22. September 1536

Autograph a : Zürich StA, E II 355, 72r.-v. (Siegelspur) Ungedruckt

Hat bereits im Frühjahr eine Empfehlung Bullingers an [Oswald] Myconius [Nr. 771] und Bürgermeister [Jakob]Meyer erhalten, als er sich wegen des Anspruchs seiner Mutter [Sibylla] auf ihren Anteil am Erbe des Kartäuserpriors Hieronymus Zscheckenbürlin zusammen mit seinem Bruder [Hans Heinrich]nach Basel begab. Da der Rat damals ausweichend antwortete, will sein Bruder nochmals in Basel vorstellig werden; Hegner bittet um Unterstützung seines Anliegens, da Bullinger einer der Gesandten [zur Basler Tagung vom 24./25. September] sein wird, deren Mithilfe der Zürcher Rat versprochen hat.

Fromer, wolgelerter, insonders günstiger, lieber her und gantz guter fründ, uch sige min früntlich, wilig diennst, ouch was ich liebs und gutz vermöcht, zevor.

14 Vgl. Mt 20, 1-16.
15 Christian Egenolff, 1502-1555, von Hadamar, studierte wahrscheinlich 1516- 1519 in Mainz und war 1528-1530 als Drucker in Straßburg tätig, bevor er nach Frankfurt kam, wo er sich zum führenden Druckerverleger und Großbuchhändler aufschwang. 1538-1543 betrieb er außerdem eine Filiale in Marburg. —Lit.: Benzing,
Buchdrucker 120f. 211. 324. 442 (mit weiterer Lit.); Grimm, Buchführer 1494f. 1680f.
a Erhalten ist auch Hegners Entwurf: Winterthur Stadtarchiv, Missivenbuch B 4/2, 89r. -v. (zitiert: E).


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Günstiger, lieber her, ich acht 1 unnd hoff, üch sige noch unvergäsenn, wie das ich verschine vasten 2 by üch gwäsenn, uch anzöigt hab, wie das her Jeronimus Schäckenpürly 3 , der vatter in der karthus zu Basell gwäsenn und b ein gros gut das er den sinen entfürtt, in jetz ernämpte 4 karthus bracht und zogen hab, tödemlich abgangen c wölichs , gutz min muter, dwill 5 die nun sins bruders tochter sig d6 , rechter, natürlicher erb wäre. Deßwägenn ich mit sampt minem bruder 7 der meinung wärind, ein ersamen ratt zu Basell pitlich anzukeren 8 , unserer mister als e rächtem erben von sölichem grosen gut ein zimlichs gütlich zu reichenn 9 , und ouch üch dozemall umb ein fürgschrifft 10 angesucht, weliche ir mir zwifalt, namlich an min heren g Mikonio eine 11 unnd an min her burgermeister Meyer die ander 12 , gantz gütlich mitgetheiltt haben h umb welichen , trüwen dienst ich uch nochmals danck sag mit erbietens, sölichs umb üch zu beschuldenn 13 .

b E: und über der Zeile nachgetragen.
c E: tödemlich abgangen am Rande nachgetragen.
d E: sig anstelle von gestrichenem ist über der Zeile nachgetragen.
e E: alls anstelle eines gestrichenen, unlesbaren Wortes über der Zeile nachgetragen.
f an über der Zeile nachgetragen.
g E: min heren über der Zeile nachgetragen.
h E: haben anstelle von gestrichenem hand über der Zeile nachgetragen.
1 ich nehme an.
2 in der vergangenen (SI VIII 827f) Fastenzeit.
3 Hieronymus Zscheckenbürlin (Zechenburlin, Schäckenpürlyn, Schenkenpürlin u. a.), geb. 1460/1, gest. am 7. Januar 1536, letzter männlicher Sproß einer reichen Basler Kaufmannsfamilie lombardischer Herkunft, studierte ab 1472 in Basel, wo er 1478 baccalaureus artium wurde, und anschließend in Paris und Orléans, wo er 1482 zum magister artium und zum baccalaureus iuris civilis promovierte. Nach Basel zurückgekehrt. trat er 1487 überraschend in die Kartause ein Hier entfaltete er unter anderem eine aufsehenerregende Bautätigkeit. 1502 wurde er Prior. Als 1529 die Reformation durchgeführt wurde, siedelte er nach Freiburg i. Br. über. Zunächst versuchte er, die ins Kloster eingebrachten Guter zurückzufordern, doch 1532 vereinbarte
er mit dem Basler Rat seine Rückkehr in die Kartause, wo er bis zu seinem Tod lebte. —Lit.: Amerbach, Korr. II 41; Peter G. Bietenhoiz, in: Contemporaries III 479 (mit weiterer Lit.).
4 erwähnte (SI IV 748).
5 da.
6 Hegners Mutter Sibylla war eine Tochter von Zscheckenbürlins Bruder Hans; s. Basler Chroniken, hg. v. der Historischen Gesellschaft in Basel, Erster Bd., hg. v. Wilhelm Vischer und Alfred Stern unter Mitwirkung von Moriz Heyne, Basel 1872, S. 332, Anm. [4].
7 Hans Heinrich Hegner (s. Die Chronik des Laurencius Bosshart von Winterthur, 1185-1532, hg. v. K. Hauser, Basel 1905. —Quellen zur Schweizerischen Reformationsgeschichte III, S. 367). Winterthur stellte den beiden Brüdern am 24. März ein Empfehlungsschreiben an Basel aus, in dem die Erbansprüche naher begründet werden (Entwurf: Winterthur Stadtarchiv, Missivenbuch B 4/2, 90r.; Ausfertigung: Basel StA, Klosterarchive, Kartaus Q 1).
8 zu ersuchen.
9 einen geziemenden Anteil gütlich auszuhändigen. — Das Ersuchen wurde nach mehreren Vorstößen im Juli 1537 abgewiesen, s. EA IV/1c 851 kk. 853 zu kk. 867cc. 869 zu cc.
10 Empfehlungsschreiben.
11 Oben Nr. 771.
12 Bullingers Schreiben an Jakob Meyer zum Hirzen ist nicht erhalten.
13 vergelten (SI VIII 659f).


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Nun ist uns denzemall von einem ersamen rat der stat Basell ein angehenckte 14 , unentliche i15 antwurt (die uch k dan min bruder woll berichten kan) wordenn, deßhalb wir für und für, zu Basell und anderschwo, wie witer zegefaren , biderbenlüthen 17 rat pflegen, und an rat funden, das wir nochmals die von Basell sölind pitlich ansuchen und begären, gütlich mit inen zu bekomen 18 , welichs wir mitt hilff und rat miner herrenn von Zürich zethund willens, und Darzu disen minen brüder verordnet, das er sölichs mit hilff miner heren gsandt 1 poten m19 , dwill unser herren uns n des uff unser pit zu willenn wordenn, namlich das sy iren poten welind befolchenn, uns zorn trüwlichisten beholffen und beratten zesind 20 . Nun, dwil ich bericht 21 , das ir dero botenn ouch einer sin wärden o , so langt an üch als an min insonders woll p vertruwtenn ||72v. herrenn unnd guten q fründ min gantz früntlich hoch pite r , ir vorgenanten minen bruder gütlich welind befolchen haben, im berätlich und hilfflich (welichs ich weiß unns woll erschiesenn 22 ) sin, darmit unns das, so uns s von götlichem rächten zugehör, verlannge 23 . Das wollenn umb uch t ich unnd die minenn, wo wir echt jenen 24 könen u zu dem ich verhoff, uch gott, der her, sölichs vergeltenn -gantz früntlich verdiennen v .

Datum, ilenntz 25 , fritags vor Sant Michels tag anno etc. 1500 unnd 36.

Uwer alzitt gutwilliger

Gebhart Hegner,

s[tattschriber]zu[u]W[interthur].

[Adresse auf f. 71a v.:] Dem fromen, wolgelertenn und wirdigen heren Heinrichen Bulinger, predicant zorn grossenn münster der stat Zürich, minem günstigen, lieben heren und gantz guten fründ.

i E: unentliche am Rande nachgetragen.
k E: die uch anstelle von gestrichenem deren über der Zeile nachgetragen.
I E: gsannt anstelle von gestrichenem rats am Rande nachgetragen.
m E: nach poten gestrichenes volbringen sölle.
n E: uns über der Zeile nachgetragen.
o E: vor sin wärden gestrichenes sind.
p E: woll über der Zeile nachgetragen.
q E: vor guten gestrichenes gantz.
r E: min gantz fruntlich hoch pite am Rande nachgetragen.
s E: so uns anstelle von gestrichenem wir achten über der Zeile nachgetragen.
t E: umb üch über der Zeile nachgetragen.
u E: nach könen gestrichenes gantz früntlich umb uch verdienen.
v E: vor verdienen gestrichenes umb uch.
14 verklausulierte (SI II 1458).
15 vorläufige (vgl. SI I 317f).
16 wie weiter vorzugehen sei (vgl. SI I 882).
17 mit rechtschaffenen, unbescholtenen Leuten (SI XIII 1412-1415).
18 übereinzukommen (SI III 281).
19 Gemeint sind die Gesandten Zürichs zur Basler Tagung vom 24./25. September, Bullinger und Werner Beyel (s. Stumpf, Abendmahlsstreit 92).
20 zu helfen und zu raten (SI VI 1614).
21 unterrichtet bin.
22 nützen wird (SI VIII 1393).
23 zukomme (SI III 1331).
24 nur irgend (SI I 82. 296).
25 in Eile.