Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2832]

Johannes Gast
an Bullinger
[Basel],
1. März 1547

Autograph: Zürich StA, E II 366, 196 (Siegelspur) Ungedruckt [1]Bullinger kann sich freuen, denn Myconius ist wieder gesund, auch wenn er seinen Brief [Nr. 2833]noch vom Bett aus schreibt. [2]Landgraf Philipp von Hessen hat dem Obristen [Johann Hilchen von Lorch] in Frankfurt einen Trompeter [...]geschickt. Weshalb, konnte der Bote [...]. der schnell wieder fortmnusste, nicht erfahren. Vermutlich hat auch Philipp einen Frieden mit Kaiser Karl V. geschlossen, um rehabilitiert zu werden. [3] Über Herzog Christoph von Württemberg kann Gast keine Auskunft geben, außer dass er innerhalb von 14 Tagen wieder nach Mömpelgard ziehen wird. Doch dem Gerücht zufolge soll er tatsächlich sein Territorium an König Franz I. von Frankreich verpfändet haben. [4] Da Graf Georg von Württemberg-Mömpelgard ein Abkommen mit der Basler Obrigkeit hat, wird seinem Land vermutlich nichts passieren, zumal der Graf nun auch versucht, sich mit dem Kaiser zu versöhnen. Er sandte diesem einen Boten [...]. [5]In Freiburg i.Br. sowie im Markgräflerland werden als Ersatz für die vielen Toten (es sterben 30 bis 40 pro Tag!) Landsknechte für den Kaiser angeworben und nach Ulm geschickt. Man sagt, dass sie auf der Donau nach Wien verschifft werden sollen, weil Sultan Suleiman in Siebenbürgen gewütet hat, jetzt Kriegsvolk nach Ofen [Buda] schickt und vorhabe, sich die [ungarischen] Städte zu unterwerfen. Den jungen König Matthias [richtig: Johann Sigismund Zapolya], den Sohn des Woiwoden [Johannes I. Zapolya], will er krönen, wenn dieser sich verpflichtet, die Städte [vom Hause Habsburg]abtrünnig zu machen. [6] Zwei Landsknechte erzählten, dass Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen die kaiserlichen Truppen des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach besiegt hätte. Wenn es nur wahr wäre und die Feinde der Kirche zugrunde gingen! [7]Gruß.
7 Juan de Enzinas und Franciscos Stiefmutter (seit dessen zehntem Lebensjahr), Beatriz de Santa Cruz; s. Manuel Martinez Anibarro y Rives, Intento de un diccionario biografico y bibliografico de autores de la provincia de Burgos, Madrid 1889, S. 143; Jonathan L. Nelson in der Einleitung zu seiner Ausgabe von: Francisco de Enzinas. Breve y compendiosa
institución de la religion cristiana (1542), Cuenca 2008, S. 29. — Enzinas war damals etwa 28 Jahre alt und stammte aus einer Konvertitenfamilie aus Burgos, die Handelshäuser in den Niederlanden und England besaß und mit Erasmianern in Kontakt stand; s. Gilly, Spanien 326; Enzinas BW XVII.


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S. in domino. Gratulare nobiscum! Myconius recuperavit pristinam sautatem, 1 etsi adhuc lecto affixus scribet, ut ex illius literis 2 percipies.

De lantgravio 3 hoc scio: Er hat ein trommeter 4 gon Francfort gschickt an den öbristen 5 . Was er aber begert habe, hat der bott 6 , der ylentz hinweg ist gangen, nit mögen erfaren. Man achtet, er 7 habe ouch ein friden angenomen, domit er dester komlicher 8 möge inß reich den marckt kommen 9 uß verwilligung k[aiserlicher] m[ajestat]10 .

Von hertzog Christophel 11 wegen weiß ich nit, dann 12 ich vernym, era wölle wider gon 13 Mömpeltgart ziehen in 14 tagen. Das geschrey 14 ist wol gsin, er habe sinn landt dem Frantzosen 15 verpfendet; so er das gelt widerlege 16 , so blibt es im.

Graff Jörg 17 hat ein verstandt 18 mit unseren herren, das ich wol acht, es werde dem landt nuit beschehen, dann 19 er hat ouch ein botten 20 by k. m., sich zü vertragen 21 .

Mann nympt zü Friburg 22 knecht ann und im Markgravenlandt 23 dem keyser zü Schickt sy gon Ulm, dann die keyserischen knecht sterben vast alle (uff ein tag 30 und 40) . Mogen die spiß 24 nit mer dulden. Etlich mynen 25 , der keyser werde die frischen knecht uff die Tonoew 26 setzen, sy gon Wien schicken, diewil der Turck 27 Sibenbürg geblünderet, das landtvolck hinweg gefürt. Understatt 28 , die stett ouch zü gwünnen 29 . Schickt darzü vil volcks uff Ofen 30 . Wil den jungen kunig Mathiam 31 , des von der Weiden 32

a In der Vorlage folgt darauf erneut ein er. —
b Klammern ergänzt.
1 Zu Myconius' Erkrankung s. die Verweise in Nr. 2822, Anm. 2; und Nr. 2827,30— 56; Nr. 2831,[6].
2 Brief Nr. 2833 vom gleichen Tag wie vorliegender.
3 Philipp von Hessen.
4 Unbekannter offizieller Bote.
5 Johann Hilchen von Lorch; s. Nr. 2822, Anm. 14.
6 Unbekannter Bote, der vorliegende Nachricht übermittelte.
7 Der Landgraf.
8 bequemer; leichter; s. SI III 285.
9 den marckt kommen: rehabilitiert werden; s. SI IV 410.
10 Karl V.
11 Christoph von Württemberg. — Anfang 1547 hatte er sich mit seiner Familie nach Basel zurückgezogen; s. Nr. 2761, Anm. 9; Nr. 2763,42-47.
12 außer dass.
13 nach.
14 Gerücht.
15 Franz I. —Vgl. Nr. 2753,11-14; Nr. 2817; Nr. 2819,22-24; Nr. 2831,[21.
16 zurückerstattet
17 Georg von Württemberg-Mömpelgard. — Er befand sich seit etwa dem 20. Januar in Basel; s. Nr. 2753, Anm. 1.
18 Abkommen.
19 denn.
20 Unbekannt.
21 sich zh vertragen: (um) sich (mit dem Kaiser) zu versöhnen. — Der geachtete Graf Georg war nämlich aus dem Vertrag des Kaisers mit Georgs Bruder, Ulrich von Württemberg (s. dazu Nr. 2746, Anm. 21), ausgeschlossen. Eine Aussöhnung zwischen Georg und dem Kaiser kam erst im Jahr 1552 auf Betreiben von dessen Neffen Christoph zustande; s. Hevd, Ulrich von Württ. III 598f.
22 Freiburg i.Br. —Vgl. Nr. 2822,12f. 24-29; Nr. 2824,16f.
23 In Baden.
24 Speise(n).
25 meinen.
26 Donau.
27 Sultan Suleiman I.
28 (Er) versucht.
29 einzunehmen.
30 Buda


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son, krönen mit dem last 33 , das dester ehe die anderen ungerischen stett abfallen, das er sy gwin on schwertschleg.

Es sindt zwen lantsknecht dise tag kommen. Die sagen, der c elector Saxonie 14 habe die keyserischen geschlagen, die by hertzog Albrecht 35 sindt gsin 36 . Utinam ita esset et hostes ecclesiae male perirent!

Vale. 1. martii 1547.

Tuus G.

[Adresse auf der Rückseite:] Domino m. Heinrycho Bullingero, ecclesiae Tigurine vigilantissimo pastori. Zürich.