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Autograph: Zürich StA, E II 366, 38 (Siegelspur) Druck: Boehmer, Dryander 407-409, Nr. 22; Druck und spanische Übersetzung: Enzinas BW 196-200, Nr. 25
[1] Enzinas hat Bullingers Brief [nicht erhalten] sowie die Schrift, die Bullinger ihm versprach,
als er zu Besuch in Zürich war, gut erhalten. Gemäß Bullingers Aufforderung wird er
die Schrift lesen, gut auf sie aufpassen und sie zurücksenden. 1 —[2] Er ließ alle Freunde von
Bullinger grüßen und erkundigte sich auch bei Myconius über die Vermutung, die Bullinger
bezüglich [Ulrich] von Württemberg geäußert hat. Myconius konnte jedoch nichts Genaues
dazu sagen. Enzinas entnahm aber einem Brief Hieronymus Sailers, dass sowohl der alte als
auch der junge Herzog von Württemberg 2 ihr Territorium für eine bestimmte Geldsumme an
König Franz I. von Frankreich übertragen haben. Einige glauben (was übrigens gar nicht
abwegig ist), dass die Eidgenossen das Gebiet besiedeln werden und Herzog [Christoph]
selbst als Präfekt mit königlicher Befugnis 3 regieren wird. Stimmt dies, wird die Macht der
Helvetier wachsen und der Hochmut ihrer Gegner abnehmen. —[3] Was denkt Bullinger über
Straßburg, welches sich sozusagen in beiden Regionen 4 befindet und den Anschein erweckt,
sich beiden Seiten anschließen zu wollen? Doch wären dies nur menschliche Vorkehrungen
(auch wenn sie Gottes Willen wohl kaum widersprechen). Allerdings erwartet der Fromme
sein Heil allein von Gott. Weiß Bullinger Genaueres dazu? — [4] Über die Absetzung des
Kölner Erzbischofs Hermann von Wied und die Einsetzung von Adolf von Schaumburg an
dessen Stelle ist Bullinger wohl schon im Bilde. — [5] Enzinas ist der Meinung, dass die
Friedensverträge der schwäbischen Städte mit dem Kaiser eine echte Gefahr darstellen, wenn
dessen übles Vorhaben nicht durch die vielen Probleme, die diesem besonders vom Ausland
her drohen, vereitelt wird. Sollte Bullinger etwas Neues vernehmen, möge er es mitteilen.
Enzinas wird das gleiche tun. — [6] Dem kranken Myconius geht es inzwischen besser.
—[7] Bernardino Ochino, den Enzinas gern mag, lässt grüßen. Er wohnt noch bei Johannes
Oporin, 5 weil es sehr schwierig ist, in Basel eine Wohnung zu finden. Die Stadt hat ihn zwar
ehrenvoll empfangen, deren Einwohner sind aber rau und unfreundlich. 6 Ochino hätte sich
lieber bei den Zürchern niederlassen sollen, die Enzinas als gelehrter, frommer und zuvorkommender
erlebt hat. Auch Enzinas würde gern in Zürich leben, müsste er nicht seinen
Eltern 7 Rechenschaft ablegen. Bullinger soll doch bei seinen Kollegen und den Zürcher BehördenBriefe_Vol_19-377 arpa
sondieren, ob sie nicht einer Niederlassung Ochinos in Zürich geneigt wären. Dieser
würde dann vielleicht dorthin ziehen. Er ist integer, fromm, unaufdringlich, nett und hilfsbereit.
Auch die Augsburger, unter deren Schutz er in der Eidgenossenschaft steht, haben ihm
geschrieben, dass es ihnen lieber wäre, wenn er in Zürich als anderswo wohnen würde.
Bullinger möge sich doch Enzinas und Ochino zuliebe dieser Sache annehmen und bis zum
Entschluss des Rates und zur Zustimmung Ochinos alles geheim halten. —[8]Gruß, auch an
die Kollegen.