Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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BULLINGER AN
HULDRYCH ZWINGLI
[Kappel,
Herbst 1526?]2

Autograph: Zürich StA, E II 349, 275 1/2 S. 8°, sehr gut erhalten, mit Siegelabdruck Gedruckt: S VIII 235; Z IX 597

Bittet um Zwingli: Meinung über die Höllenfahrt Christi.

Gratia et pax a domino.

Rogo te plurimum, Zuingli mi, ut paucis mihi mentem tuam adaperias atque edoceas, quid rei sit, quod Christum ad inferna descendisse confitemur 3 . Sunt enim ex doctis hodie non pauci, qui mira hic comminiscuntur, interim ut nihilo minus ipsi sese torqueant et lectores avidos a se dimittant.

Vale.

Heilrych Bullingerus tuus.

[Adresse auf der Rückseite:]Hulderycho Zuinglio, fratri in domino charissimo.

1 Siehe oben S. 67, Anm. 6.
2 Der Brief wurde im Zwinglibriefwechsel auf «etwa 8. November 1528» datiert (Z IX 597), in der Annahme, er sei durch den Streit zwischen den beiden Schaffhauser Pfarrern Benedikt Burgauer und Erasmus Ritter über die Höllenfahrt Christi veranlaßt worden, s. Oekolampad an Zwingli, 8. November 1528 (Z IX 595f). Eine Beziehung Bullingers zu diesem Streit ist jedoch nicht nachweisbar, s. Staedtke 283. Anlaß zu diesem Brief wird vielmehr eine Anfrage des Zuger Pfarrers Rudolf Weingartner (s. oben S. 47 f, Anm. 1) gewesen sein. Bullingers undatierte Antwort an ihn: «De articulo fidei, descendit ad inferna ...» (s. unten Anhang II, Nr. 8) dürfte, nach der Ordnung des Kopialbuches, gegen Ende 1526 entstanden sein. Offenbar wollte sich Bullinger vorher bei Zwingli über die Frage informieren; demnach wäre dieser Brief auf etwa Herbst 1526 zu datieren, s. Staedtke 283. — Bullinger lieferte Weingartner vom Sommer 1526 an über ein Jahr lang theologisch-exegetische Informationen (s. oben S. 47, Anm. 1), was sich mit unserer Datierung gut vereinbaren läßt. November 1528 käme dagegen als Datum dieses Briefes schon darum nicht in Frage, weil Weingartner damals bereits fest auf der katholischen Seite stand: sein Verhältnis zu Bullinger war gespannt, und im September 1528 hieß es sogar, daß er die Zürcher «ketzere» (ebenda).
3 Zur Vorstellung von der Höllenfahrt Christi in der Reformationszeit s. Erich Vogelsang, Weltbild und Kreuzestheologie in den Höllenfahrtsstreitigkeiten der Reformationszeit, in: Archiv für Reformationsgeschichte, 38. Jg., 1941, 90-132; Staedtke 172f. — Zwinglis Antwort ist nicht erhalten.