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Autograph: Zürich StA, E II 338, 1419f (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 612-614, Nr. 1427
[1]Bullinger möge das vorliegende flüchtige Schreiben verzeihen. Blarer leidet nämlich seit
zwei Tagen an Durchfall und liegt im Bett. — [2] Mit den [süddeutschen] Städten steht es so,
wie Bullinger es schreibt [nicht erhalten]. Möge Gott sich ihrer erbarmen und sie wieder
aufrichten! Bullinger soll beten, dass die Konstanzer nicht der Versuchung erliegen.
— [3]Aus den letzten Briefen vom Straßburger Rat und von Martin Bucer geht hervor, dass
sich die Stadt unterdessen ergeben haben wird. Bucer ist darüber sehr verstimmt. Mit einigen
anderen hat er sich energisch, aber vergebens dagegen gewehrt. Die Stadt soll allerdings von
allen Städten die besten Friedensbedingungen erhalten haben. Wolfgang Rehlinger hat dabei
stark intrigiert. Vor einigen Wochen hatte er auch den Konstanzern angeboten, sich für sie in
Ulm einzusetzen, worauf aber der Rat nicht einging. —[4]Blarer dankt für Bullingers Urteil in
den Eheangelegenheiten. Er teilt völlig dessen Meinung, ihm wird aber von den anderenBriefe_Vol_19-450 arpa
widersprüchen. —[5]Bullingers Angebot in der Angelegenheit betreffend [Hans] Widenhuber
ist unnötig. Blarer ist zufriedengestellt. —[6]Momentan kann er nichts Sicheres über Landgraf
Philipp von Hessen berichten. Er glaubt aber nicht, dass dieser gegen [die Schmalkaldener]
handle, auch wenn erneut berichtet wird, dass er untätig sei und täglich bei Kassel mit dem
jungen [Karl Viktor] von Braunschweig jage. Aus verschiedenen Orten, u.a. aus Augsburg,
wird gemeldet, dass er Martin von Rossem und den Grafen [Otto] von Rietberg (die beide in
der Nähe von Bremen von den Hansestädten geschlagen worden sein sollen) erlaubt, Braunschweig
und Westfalen im Namen des Kaisers einzunehmen. Das kann aber kaum stimmen,
denn sonst stünde es wirklich schlimm um ihn! —[7]Blarer hat die zwei Briefbündel empfangen.
Sebastian Schertlin (der noch in Konstanz weilt) befördert sie derzeit nach Augsburg.
Beiliegend erneut ein Brief der nach Basel an Bernardino Ochino übermittelt werden muss.
—[8] Blarer hat noch nicht erfahren, was der Zürcher Rat dem Konstanzer Rat mitgeteilt hat.
Jedenfalls hat man auch in Konstanz von den zwei Schlachten [bei Rochlitz]gehört, in denen
Herzog Moritz von Sachsen einer Gefangennahme knapp entkommen sei. König Ferdinand I.
sei auch beinahe in die Hände [des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen]gefallen, wäre
der Angriff ein wenig später erfolgt. Bischof Julius Pflug, Markgraf Albrecht Alcibiades von
Brandenburg, Landgraf [Christoph] von Leuchtenberg, Graf [Georg] von Helfenstein und
andere wurden festgenommen. Der Kurfürst soll immer noch über 30'000 Söldner und 5'000
Kavalleristen verfügen. Möge der Herr ihm Kraft verleihen und ihn stärken. Im Lager des
Kurfürsten fiel nur ein namhafter Mann, nämlich der Herr Wolf Dietrich von Pfirt, welcher
jedoch ein armer Mensch war! Die Schlacht soll acht Stunden gedauert haben. Vielleicht weiß
Bullinger bereits davon und wird dies auch im oben erwähnten Brief der Zürcher ausgeführt
sein. Den Inhalt des Schreibens wird aber Blarer erst später zur Kenntnis nehmen können,
wenn er nicht den Boten [...] verpassen will, der den vorliegenden Brief übermitteln soll.
— [9] Herzog Ulrich von Württemberg hat erneut durch seinen Hofrat [Johannes] Knoder
einen Boten [...] an Blarer gesandt. Er wollte wissen, wie es ihn die Ergebung von Konstanz
stehe, zumal er gehört habe, dass der Kaiser der Stadt einen guten Frieden gewährt hätte. Er
bat auch, über die Eidgenossen und deren gegenwärtige Tagsatzung informiert zu werden. Am
letzten Donnerstag [24. März] beantwortete Blarer diese Fragen brieflich. —[10] Die jetzige
schwierige und unstabile Lage ist rätselhaft! Das Volk ist unzufrieden und könnte bald gewalttätig
werden, besonders wenn im Bedarfsfall der Kaiser seine Besatzungstruppen abziehen
würde (es gelingt ihm nämlich kaum, neue Landsknechte anzuwerben). Peter Scher d.Ä. von
Schwarzenburg schrieb Blarer, dass diese Truppen eine Epidemie eingeschleppt haben, und
dass um den Hohenasperg und an anderen ihrer Stationierungsorte viele Menschen an einer
Kopferkrankung sterben. —[11] Blarer bedauert die Unzufriedenheit, die die Zürcher Geheimen
nach der Rückkehr ihres Gesandten Georg Müller aus Konstanz überkam. Den Grund
dafür kennt er nicht. Er wird versuchen, ihn von seinem Bruder [Thomas] und seinem Vetter
[Konrad Zwick] zu erfahren. Es wäre höchst bedauerlich, wenn der Konstanzer Rat sich einem
guten Plan widersetzt hätte. Gott möge die Obrigkeiten zum Guten leiten, damit sie nicht von
seinem Weg abkommen! —[12]Blarer bedankt sich für die Auskünfte über die beiden [Pfarrer
Joachim Gachnang und Johannes Gisling]. Der Herr bewahre seine Kirche vor solchen Wölfen!
—[13]Bullinger soll für Konstanz beten. Grüße. Blarers Frau [Katharina, geb. Ryff] lässt
Bullingers Gattin [Anna, geb. Adlischwyler]grüßen. Blarer war immer noch nicht bei seinem
Bruder oder seinem Vetter. In Eile.
Alles gütz mir möglich. Ich bin zwen tag inngelegen 1 und ain harten bauchflusß 2 gehapt, derhalb ich nitt wol auff. Wellt mein ylend schreiben zü güt haben, etc.
Die sachen haltend sich mitt den stetten, wie ir davon schreibend. 3 Gott well sich iren erbarmen und, was gefallen, widerum auffrichten, was noch
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auffrecht steht, mitt seiner hand vätterlich erhalten, damitt es nitt ouch falle! Bittend mitt ernst und glouben für unß, das wir nitt ouch in anfechtung gangind. 4
Straussburg halber achten wir nach dem letsten schreiben, so meinen herren, ouch mir von dem Bucer kommen, 5 es werde nunmehr mitt inen hinüber sein. 6 Der Bucer gehept 7 sich sehr ubel. Hat mitt andern, sovyl möglich, das best thon, aber nitt erhalten mögen, wiewol die conditiones lydlicher und mylter sein sollen dann aller andrer usgesönten. Wolf Rechlinger 8 hat sehr practiciert 9 , sich auch unserthalb vor ettlichen wochen selbst angeworffen 10 gegen ainem 11 zü Ulm, aber meine herren habend sich gar nichts angenommen.
Umb ewern beschaid im ehhandel sag ich euch fleyssigen danck. 12 Gefalt mir ewer urtail sehr wol, dann es ouch y[e]a vorhein 13 mein urtail gewesen, aber von andern anderst geben ist worden. Ich waiß im 14 ye nitt anderst ze thain 15 .
Des Widenhubers 16 halber hat es nitt not. Bin wol züfriden. Von dem landtgrauffen 7 kan ich euch stracks 18 gar nichts gewisses schreiben, sonderlich diewyl ich nitt gloub, das er ubel an den unsern faren 19 und handlen sollt. Es wirt wol von newem geschriben, er seye sicher und rübig 20 , jage teglich zü Cassel mitt dem jungen von Braunschwig 21 . Er lasse auch den Marte von Rosshaim 22 und den grauffen von Rytberg 23 , die dann yetz
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nitt weyt von Prem 24 durch die Seestett geschlagen sein sollend, das land Braunschwyg und Westval in des kaisers 25 nammen innemen. 26 Das schreibt man mehr dann von ainem ort. Und ist erst uff dunstag nechst 27 her ouch von Augspurg dermassen geschriben worden. 28 Wann es ain sach werd, die ich gern gloubte, so wurd ichs gantz für war halten, aber ich kans nitt glouben, byß ich es müsß thain. Dann ists war, wirts im 29 wirß 30 dann all andern ergohn! Die zway paccetle brieff sind mir zükommen. Hoff, seyen schon underwegen auff Augspurg durch den herrn Schärtlin 31 . Der ist noch ymmerdaren hie by unß. ||1419v. Item so schick ich euch abermals 32 ain brieff an den frommen Bernhardinum 33 . Wellt une uff Basel züschaffen.
Was ewere herren den unsern züschreibend zeytung 34 halb, hab ich noch nitt vernomen. Man verlisst vyllicht erst yetzund im rat. Aber von den zway schlachten 35 ist vor ettlichen tagen zeytung herkommen, und das hertzog Ma[u]ritz b36 kommerlich 37 entritten, der konig 38 selbs ouch in das stettlin 39 habe sollen kommen. Der were inen ouch worden 40 , hetten sy die sach nitt zü frü angefangen. So ist Julius Pflug, der erbar bischoff 41 , ouch mitt marggrauff Albr[echt]42 und dem landtgrauffen von Lüchtenberg 43 gefangen,
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sampt dem grauffen von Helffenstain 44 und ettlich andern. Der churfürst 45 soll noch 30'000 zü füß und 5'000 pferdt bey ainander haben. Gott verlich im krafft und stercke, vyl gütz auszerichten, wie es im noch gantz gleich sicht. Der herr welle, das man das gluck nitt widerum 46 verschertz[e]! Der fromm churfürst hat gesagt, er welle all sein leyb und güt dem lieben evangelio Christi schencken! Da well inn der herr c bestätigen 47 und allweg 48 erhalten! Es ist im nieman namhaffter umkommen dann herr Wolff Dietrich von Pthiert 49 : Ist ain ellender man gewes[en]. 50 Die schlacht soll byß in acht stund geweret haben. Aber vy[l]licht wisst jr diß alles vorhin, und steht vyllicht in ewer herren schreiben an die unsern auch. Hab mitt dem schreiben nitt verziechen 51 können, byß es mir ze lesen wurde. Besorgt, ich versumpte mich des botten 52 .
Es hat hertzog Ulrich 53 ain aignen botten abermal 54 durch seinen hoffrath, doctor Knoder 55 , der im stäts allenthalb 56 beysein müß, heruff 57 geschickt. Der hat von mir ze wissen begert, wie es hie stande der auss[ö]nung halber. Dann der hertzog hab vernommen, das wir mitt gar güten conditionen angenommen worden. Item begert abermal, bericht ze werden, wie es in den Aidgnossen und auff yetzigem tag stande; darinn aber ain irrung, dann er gemaint, der tag seye angang[en]58 . Hab ich uff dunstag nechst daruff geantwort, so vyl ich g[e]wisst. 59
Kan nitt gedencken, warum sölichs alles geschicht. Es sind die sachen allenthalb schwyrig. Habend ain sandigen, ruttschenden boden, daruff sy nett lang bestehn mögen. 60 Das volck ist an allen orten ubel züfriden, und zü vermuten, es werde gar bald ruch 61 zügohn, wann das frömbd volck 62 allenthalb 63 hinweg kompt, wie 64 es dann hefftig heimzeucht und dem kaiser not ist. Dann wa 65 er u[mb]schlecht 66 , kan er doch nienen 67 knecht [an]k[o]mend
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d68 , die [zü]chen ||1420r. wellind. Ouch schreibt mir min schwager Peter Scher 69 ausß Wirtemperg, es seye durch das frembd volck, das im land gelegen, ain grosser sterbet 70 in das land komen. Um den Asperg 71 und wa sy gelegen seyen, sterbe es gantz hefftig an ainer pestilentzischen hauptsucht 72 . Allso, was dem schwert überblipt, müß der schelm 73 schlachen. Herr gott vom himel, lasß unß alles zur besserung graten!
Das jr mir schreiben in vertrauwen, das ewere gehaimen 74 etwas bedaurens 75 empfangen, nachdem m. Jörg Myller widerum anhaim kommen, etc., ist mir laid. 76 Waiß aber weder trumm 77 noch end daran. Frag disen dingen wenig nach. Were mir aber ain getruwes 78 laid, wa 79 durch meine herren was güts söllte verhyndert werden, das es nitt zü fürgang geriethe. Köndt ich etwas daran verbesseren, welk ichs mitt höchsten truwen 80 thain. Will mitt meinen l[ieben]br[üder]81 und v[etter]82 , so ich zü inen komm, etwas darausß reden 83 , ob sy mir vyllicht etwas, so vyl inen gepurt, davon sagtend. Ich bitt gott von hertzen, er welle sy und alle oberkaiten gwaltiklich in der krafft seines gaists laiten zü allem güten und das sy ausß seinen wegen in
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disen schweren anfechtungen und bitteren gegenfellen 84 nienen schreytind, sonder seinen wolgefelligen, besten willen allweg treffind und darinn wider alle hellenporten 85 bestandind und erhalten werdind.
Des bschaids der zwayer 86 halber, davon ir wisst, sag ich euch fleyssigen danck. Der herr gott welle die kirchen von sölichen wolffen 87 gnedigklich und bald erledigen 88 und sy durch treuw gottselig diener zum besten erbauwen!
Damitt dem herren gott zytlich und ewig bevolchen. Den bittend sampt den ewern on uffhören für unß. Grützt ewer lieb hausgesind mitt allen güten herren und frunden. Mein liebe h[ausfraw]89 wunscht euch und der ewern 90 alles liebs und güts. Byn noch nitt gewesen by meinem lieben brüder 91 und vetter 92 . Datum in yl, den 26. mertzens 1547, sampstag.
[Ohne Unterschrift.] |
[Adresse auf der Rückseite:] Praestantissimo viro d. Heinricho Bullingero, fratri et amico suo venerando atque charissimo. Tiguri.