Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Bullinger an
Oswald Myconius
[Zürich],
22 .April 1534

Autograph: Zürich StA, E II 342, 34 (Siegelspur) Ungedruckt

Bittet Myconius, die redlichen, aber armen Gesellen, die nach Basel kommen, zu unterstützen. Diese werden beim Rat um einen Beitrag an die Summe bitten, welche sie [dem ehemaligen Schultheiß von Bremgarten, Johannes]Honegger zu erlegen haben. Zürich und Bern haben bereits je 100 Pfund beigesteuert. Honegger, den sie im Ersten Kappelerkrieg umsonst zur Rechenschaft zu ziehen versuchten, nutzt jetzt seinen Vorteil gegen diese Burschen. Der Salzherr [Jakob Goetz] und andere Basler wissen Bescheid.

Gnad und frid vonn gott.

Fürgeliepter bruder, ich bitt üch früntlich, ir wöllend üch dise arme xellen 1 bevolhen 2 haben inn üwer fürpitt gägen 3 minen herrenn vonn Basel, ann die sy ein bitt umb ein stür 4 thun werdent. Dann sy dem Honegger 5

t Darunter von späterer Hand: Myconius.
30 prüfen (SI VII 223f).
31 Wolfgang Kuchimeisters Brief an Myconius scheint nicht mehr erhalten zu sein.
32 Die Tagsatzung vom 14. April 1534 in Baden, s. EA IV/IC, 307-313.
33 Vermutlich im Streit zwischen dem Abt und der Stadt St. Gallen, EA IV/IC, 307 a. b; vgl. unten S. 145f, Anm. 4.
1 junge Männer (vgl. Grimm IV 1/2, 4033).
2 empfohlen (SI I 799).
3 gegenüber.
4 Gabe, Beisteuer (SI XI 1280-1282).
5 Johannes Honegger, geb. um 1480, bezog, nach dem Besuch der Bremgartner Schulen, im Wintersemester 1496/97 die Universität Basel (s. Basel, Matrikel I 246); nach LL X 285 erwarb er sich den
Grad eines Magisters. Ab 1516 war Honegger Schultheiß von Bremgarten. In den zwanziger Jahren wurde er zum führenden Kopf der Opposition gegen Zürich und die Reformierten. Gegen Dekan Bullinger tat er sich im Februar 1519 durch die Unterstützung des Ablaßhändlers Samson und 1529 bei des Dekans Verdrängung hervor. Er war einer der vier Präsidenten der Badener Disputation. Während des Ersten Kappelerkrieges wurde er der antizürcherischen Umtriebe bezichtigt, aus dem Rat ausgeschlossen, gefangengenommen und - unter dem Drucke Zürichs - «peinlich» verhört. Nach seiner Freilassung flüchtete er und ließ sich in Root (Kt. Luzern) nieder, unterhielt aber weiterhin Beziehungen zur katholischen Partei in seiner Vaterstadt (s. HBBW I 217f, Anm. 22). Nach dem Zweiten Kappelerkrieg machte er mit Erfolg Schadenersatzansprüche geltend, vorerst


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200 g[uld]en gäben müssend, da sy aber wenig schuldig wärend, wann sust die sachen rächt zugiengen 6 . Min herren vonn Zürych habend inen geschenckt 100 lb 7 min herren vonn Bernn 100 lb. Dann , meerteyls dero, so inn der schuld, sind redlich xellen, aber armm a . Sy hättend gernn geholfen, daß der Honegger gestraafft were, rufftennd deßhalb min herren vonn Zürych an imm ersten Cappler zug 8 . Es ward aber dem Honegger verschonet. Jetzund, so der wurff imm und sins gelychen in die hand worden 9 , trybend sy iro mutwillen mitt sömlichen 10 armen xellen. Der saltzherr 11 und andere Baßler wüssend wol vonn dem handel 12 . So könnend üch zöuger diß brieffs 13 wol berichten. Thund üwernn müglichen flyß, pitt ich. Sind gott befolhen.

22. aprilis 1534.

Heinrych Bullinger, üwer getruwer.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem wolgelerten frommen und achtbarnn herren Oswalden Myconien, prädicanten zum domstifft Basel, sinem günstigen lieben herren unnd bruder.

a nach armm gestrichen sind.
gegenüber Bremgarten für Weinverlust, den ihm schließlich Zürich und Bern vergüteten (s. ASchweizerRef IV, Nr. 1764, S. 619), sodann Forderungen, die im vorliegenden Brief angesprochen sind. - Lit.: HBRG I 16. 350. II 60f. 370; ASchweizerRef Reg.; EA IV/Ia, b und c, Reg.; Pl. Weissenbach, Die Reformation in Bremgarten, in: Argovia VI, 1871, S. 12. 14. 21. 79-88; Eugen Bürgisser, Geschichte der Stadt Bremgarten im Mittelalter. Beiträge zur Geschichte einer mittelalterlichen Stadt, Aarau 1937, S. 102f. 179. 182; HBLS IV 286.
6 Die katholischen Orte beschlossen an der Juli-Tagsatzung 1533 in Baden, denjenigen, die [1529]die Freilassung Honeggers verhindert hatten, den Prozeß zu machen (s. EA IV/IC 132 [12.]). Zu den Vorgängen im Juni 1529 in Bremgarten - Entlassung Honeggers durch den Rat nach kurzer Haft und erneute Gefangennahme durch die Reformierten - s. den Brief von Hauptmann Heinrich Huber und den Reformierten zu Bremgarten vom 13. Juni 1529 an Zürich in: ASchweizerRef II, Nr. 533, S. 212 und Bucher 109f.
7 100 Pfund entsprachen ungefähr 50 Gulden;
den; vgl. HBBW I 134f, Anm. 176, und SI V 1156.
8 Siehe die Briefe Heinrich Hubers und der «Gutwilligen» [Reformierten] zu Bremgarten vom 13. und 15. Juni 1529 an Zürich, bzw. ins Zürcher Feldlager bei Kappel, ASchweizerRef II, Nr. 533, S. 212, und Nr. 557b und c, S. 220. Honegger wurde auf Drängen Zürichs gefoltert; doch die Verhöre blieben ergebnislos, sodaß er nach einigen Tagen freigelassen werden mußte und aus der Stadt flüchten konnte (s. ASchweizerRef, aaO, und Nr. 557a, S. 220. Nr. 565, S. 223. Nr. 573a und b, S. 226. Nr. 583a, S. 229). Bullinger hatte gerade damals sein Pfarramt in Bremgarten angetreten (s. HBD 17), war also selber mitten im Geschehen gewesen und kannte die nun Gestraften zweifellos gut.
9 Jetzt, da sie ans Ruder gekommen sind (s. Grimm XIV/II 2145f).
10 solchen.
11 Jakob Goetz, ca. 1490 bis nach 1535, Ratsherr der Weinleutezunft, Anführer der Basler im Müsserkrieg; s. ABaslerRef V Reg. und HBLS III 589.
12 Angelegenheit, Sache (SI II 1397).
13 Die Überbringer des Briefes waren wohl die oben erwähnten Gesellen.