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Autograph: Zürich StA, E II 342, 168 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 949f, Nr. 1063
[1]Die Straßburger scheinen sich durch Kaiser Karl V. verführt haben zu lassen! Sollte Gast
Verbürgtes dazu wissen, möge er es berichten. —[2]Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen
hat am 2. März die Kaiserlichen besiegt, etwa 1'000 Pferde und zahlreiche Fußsoldaten
getötet und die sechs übriggebliebenen Fähnlein schwören lassen, ein halbes Jahr lang nicht
gegen ihn zu ziehen. Aus Konstanz wird gemeldet, dass u.a. Markgraf Albrecht Alcibiades von
Brandenburg-Kulmbach, Landgraf [Christoph] von Leuchtenberg, Graf [Georg] von Helfenstein
sowie Graf [Johann] Georg von Mansfeld-[Vorderort] gefangen genommen und nach
Dänemark verschleppt wurden. Der Kurfürst soll auch seine Frau [Sibylle, geb. von Jülich-Kleve-Berg]
und seine Kinder dorthin in Sicherheit gebracht haben lassen, da er nun gegen
den Kaiser ziehen will. Als Letzterer in Nördlingen (auf dem Weg nach Nürnberg) von der
Niederlage erfuhr, hat er sich zurück in Richtung Ulm aufgemacht. Den Augsburger Bischof
Otto Truchsess von Waldburg sandte er zur Anwerbung neuer Truppen nach Rom. —[3] Gast
soll dies auch Myconius, Francisco de Enzinas, Johannes Oporin, Johann Herwagen und
Nikolaus Episcopius mitteilen. Grüße. Bullinger kommt leider nicht dazu, auch an Myconius zu
schreiben. —[4][P.S.:]Papst Paul III. hat mit dem englischen Kardinal Reginald Pole ein
Heer gegen England entsandt, doch dabei sein Ziel verpasst, da Eduard VI. am 20. Februar
gekrönt wurde und das ganze Königreich ihm bereits gehuldigt hat. in Hamburg haben der
englische, der französische (Franz I.), der dänische (Christian Iii.) und der polnische König
[Sigismund II. August oder Sigismund I.]sowie der Kurfürst von Sachsen mit den Hansestädten
einen Bund geschlossen. Bullinger, der hier abbrechen muss, hat dies aus Augsburg erfahren.Briefe_Vol_19-427 arpa
Gnad und frid. Ich fürcht, Straßburg habe sich lassen mitt glatten 1 worten under den keyser 2 bringen. Habend ir gewüsses, so schrybend. 3
2. martii hat der churfürst 4 den keyserischen huffen geschlagen und gar zertrent, in 5 1'000 pferd erlegt, vil füßvolcks umbbracht, 6 fenli überig zwungen ze schweren 6 , in 6 monaten wider den churfürsten nitt ze kriegen. Da ist, inn und nach der schlacht, vil adels gfangen und insonders ettlich herren, alls margraff Albraecht von Brandenburg 7 , lantgraff von Lüchtenberg 8 , der graff von Hälffenstein 9 , graff Jorg von Manßfeld 10 10 , etc. Diß all sind gfürt in Denmarck. 11 Es hat ouch der churfürst sin eigen wyb 12 und kind 13 dahin gefertigt zü merer sichrung a (es wirt mir zügeschrieben von Constanz) a , dann er sich gar in lermen gerüst 14 . Wil dem keyser wyter under ougen ziehen. Der keyser was uff dem wag uff Nürenberg. 15 Alls imm aber zü Nörlingen 16 der fürsten niderlag angezeigt, nickt er wider uff Ulm. 17 Den bischoff von Augspurg 18 schickt er mitt 50 pferden ylendts gen Rom umb ein frischen italischen zug.
Diß zeigend an d. Myconio, d. Dryandro 19 , d. Oporino, d. Hervagio 20 et Episcopio 21 , etc. Die grüssend mir, etc. Libenter scripsissem d. Myconio. Nihil possum. 19. martii 1547.
H.B. a-a Am Rande gegenüber dem ganzen Abschnitt nachgetragen. Klammern ergänzt. Siehe dazu
Nr. 2849, Anm. 2. 1 schmeichlerischen. 2 Karl V. —Der Fußfall der Straßburger vor
dem Kaiser stand damals unmittelbar bevor;
s. Nr. 2822, Anm. 16. 3 Gast hatte darüber in Brief Nr. 2848,32—
35, vom 17. März geschrieben, was Bullinger
offenbar noch nicht wusste. 4 Johann Friedrich Ï. von Sachsen. — Zu
dessen Sieg bei Rochlitz am 2. März s.
Nr. 2832, Anm. 35.
5 etwa. 6 schwören. 7 Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach.
Vgl. zu dieser Stelle Nr.
2849,17-21; Nr. 2851,[21. Bullinger bezog
sich hier auf Blarers Brief Nr. 2849
sowie auf einen verschollenen Brief von
Konstanz an Zürich (s. Nr. 2849, Anm.
2). —Erst später erhielt er von einem Unbekannten
die von Georg von Reckerode
angefertigte Abschrift eines Berichts über
die Kampfhandlungen bei Rochlitz (Zürich
StA, E II 441, 282-284). in dem die
Gefangennahme des Markgrafen Albrecht
und des Landgrafen Christoph von
Leuchtenberg erwähnt ist, nicht aber die
der anderen unten erwähnten Grafen. 8 Christoph von Leuchtenberg; s. Nr. 2849,
Anm. 20. 9 Georg II. von Helfenstein-Wiesensteig; s.
Nr. 2849, Anm. 21. 10 Johann (Hans) Georg I. von Mansfeld-Vorderort
zu Eisleben, geb. 1515, gest.
14. August 1579 in Dresden (s. Ludwig
Ferdinand Riemann, Geschichte der Grafen
von Mansfeld, Aschersleben 1834, S.
153f), der aufseiten der Kaiserlichen
auch in Moritz von Sachsen PK III 882
(Reg.) nachgewiesen ist. 11 Ein falsches Gerücht. Markgraf Albrecht
wurde vom Kurfürsten schon in der
Nacht nach seiner Gefangennahme nach
Wittenberg, dann auf die Leuchtenburg
bei Kahla (Thüringen) und anschließend
nach Gotha in Verwahrung gebracht; s.
Voigt, Albrecht I 156; MBW-T XVI 68,
Nr. 4641. 12 Sibylle von Jülich-Kleve-Berg. 13 Zu deren Namen s. Nr. 2849, Anm. 25. 14 er sich gar in lermen gerüst: er stark aufgerüstet
und [sein Land] in Alarmbereitschaft
(lermen; s. Fischer IV 996) versetzt
hat. 15 Siehe Nr. 2838,16-18 und Anm. 8.
|| v Papa 22 misit exercitum sub duce Reginaldo Polo 23 , Anglo cardinale, ut Angliam vexet; sed frustra, nam 20. februarii coronatus et receptus est 24 a toto regno. Deinde foedus Hamburgi pepigerunt Anglus, Gallus 25 , Danus 26 , Polonus 27 et Saxo cum urbibus maritimis 28 , etc. Plura non possum. Haec iam accipio ex Augusta. 29 [Adresse darunter:] Sinem lieben herren und brüder d. Myconio 30 und Ioanni Gastio, predicanten zü Basel. |