Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2772]

Richard Hilles
an Bullinger
Straßburg,
26. Januar 1547

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 354 (Siegelspur) Druck und englische Ubersetzung: Epistolae Tigurinae 169f bzw. Original Letters I 255f, Nr. 117 Englische Zusammenfassung: LP XXI/2, Nr. 752

[1] Gelobt sei Gott! Und möge Bullinger sich als ausdauernd im Herrn erweisen! —[2] Hilles antwortet erst jetzt auf Bullingers Briefe vom 28. Oktober und 4. Dezember 1546 [nicht erhalten]. Herzlichen Dank für das ehrenvolle Geschenk des von Bullinger verfassten Lukaskommentars 2 , welchen er, wie schon die vorhergehenden Kommentare zu den übrigen Evangelien und zu den Briefen der Apostel, 3 dankbar empfangen hat. Gott schenke ihm die Kraft, sich gemäß Bullingers Aufforderung regelmäßig und fleißig darin zu vertiefen und den besten Teil seines Lebens der Frömmigkeit und den guten Werken zu widmen. [3]Hilles hat Ludwig Lavater mitgeteilt, was Bullinger von diesem erwartet, und er zweifelt nicht daran, dass der Jugendliche während seines Straßburger Studiums eifrig sein wird. [4] Wie Bullinger befürchtet auch Hilles, dass die schreckliche Kriegszeit angebrochen ist, in der Gott die Seinen dem Feind zur Bestrafung und Züchtigung ausliefert. [5] Maximilian von Egmont, Graf von Büren, versucht angeblich, in einigen Kirchen Frankfurts die Messe wieder einzuführen. Allerdings soll er vorläufig die Predigt des Evangeliums noch gestatten. [6] John Burcher wird wohl die in England eingetretenen Änderungen schon mitgeteilt haben. 4 Bestimmt wird es noch zu größeren Umwälzungen kommen. König Heinrich VIII. ließ den schon seit längerer Zeit einflussreichsten Herzog Englands, [Thomas Howard, Duke] von Norfolk, und dessen [ältesten] Sohn [Henry Howard, Earl von Surrey]einsperren. Da man allgemein der Meinung ist, dass Heinrich VIII. bald sterben wird, sollen beide geplant haben, das Papsttum in England wieder einzuführen. Man erzählt (doch wurde dies brieflich nicht bestätigt), dass Vater und Sohn geköpft wurden. 5 Man sagt auch, dass dieser Bischof von Winchester [Stephen Gardiner], der sich für den Heiligen Geist hält, vielmehr aber den päpstlichen Geist verkörpert, an ihrer Stelle in den Londoner Tower gesteckt wurde. Viele sind der Meinung, dass dies zu Gottes Ehre gereichen und der Verbreitung des Evangeliums dienen wird. Dies könnte wohl zutreffen, zumal England von Gott bereits heimgesucht wurde und die jetzige Königin [Catherine Parr] sowie der Earl von Hertford [Edward Seymour], der Onkel des Königssohns, des Prinzen [Eduards VI.], die richtige Lehre begünstigen und die päpstlichen Erdichtungen hassen. [7] Grüße an Theodor Bibliander, Konrad Pellikan, Rudolf Gwalther und an all die anderen, die Hilles kennt, besonders an Bullingers Gattin Anna [geb. Adlischwyler], die Hilles' Frau [Anna, geb. Lacey]ebenfalls grüßen lässt.

1 Dieser Brief wurde wohl dem auch in Nr. 2773,1f, erwähnten Reisenden mitgegeben. Dass der Brief einer bestimmten Person für eine direkte Übergabe anvertraut wurde, geht aus der Formulierung der Adresse hervor: "Bullinger. minem besunder gutten herren und fründen, z{1 handen".
2 Erschienen Ende August 1546.
3 Bullingers Kommentare zu allen Briefen
der Apostel und zum Matthäus-, Johannes-und Markusevangelium waren 1537 (mit Neuauflagen in den Jahren 1539 und 1544), bzw. 1542 (Neuauflage 1546), 1543 und 1545 erschienen.
4 Mit HBBW XVIII, Nr. 2733.
5 Nur Henry Howard wurde am 19. Januar geköpft. Durch den am 28. Januar erfolgten Tod des Königs konnte der Vater der Hinrichtung entgehen.