Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2733]

John Burcher an
Bullinger
Straßburg,
31. Dezember 1546

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 344 (Siegelspur)

Gedruckt und Übersetzung ins Englische: Epistolae Tigurinae 414, Nr. 295

bzw. Original Letters II 638f, Nr. 295, und LP XXI/2, Nr. 644

[1] Nachdem sich alles so schnell zum Schlechten gewendet hat, kann Burcher nicht länger schweigen und will Bullinger mitteilen, was für ein Unheil der Kirche Deutschlands bevorsteht. Heute traf nämlich in Straßburg [Christopher Mont], 1 der Gesandte des englischen Königs [Heinrich VIII.], ein. Dieser hatte am Tag zuvor den Kaiser [Karl V.] und dessen Lager bei Heilbronn (in Württemberg) verlassen. 2 Er erzählte, dass der Kaiser durch seinen Sieg ganz aufgemuntert und glücklich sei. Er habe auch gehört, wie dieser den Ratsherren der sich ergebenden Städte gesagt habe: "Auch wenn ihr ,Aufrührer' seid, werde ich beweisen,

b Textverlust bei Entfernung des Siegels.
C Über Cons[tantz] Blarers Empfangsvermerk: 1. ianuarii 1547.
36 Zwick.
37 Georg Müller.
38 sehr.
39 Müller.
40 Zwick.
41 daruff werde nieman nut gedencken: dabei wird sich niemand etwas denken.
42 denn.
43 Der Brief ist im Natalstil datiert.
44 Lavater und Hub.
1 Dessen diplomatische Tätigkeit in Deutschland für König Heinrich VIII. ist für die damalige Zeit belegt; s. LP XXI/2, Nr. 558, 624 (Berichte Monts an Heinrich VIII. vom 15. und 27. Dezember 1546 über die Kriegslage in Deutschland); Esther Hildebrandt, Christopher Mont, Anglo-German Diplomat, in: Sixteenth Century Journal XV/3, 1984, 281— 292.
2 Vgl. Nr. 2722, Anm. 45.


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wie großmütig ich bin!" Die Religionsangelegenheit aber hat er nicht angesprochen und den Städten lediglich eine Geldstrafe auferlegt, was ganz geschickt ist und seinem Wesen entspricht. Sollte er ganz Deutschland unterwerfen, wird seine Schlauheit allen offenbar. Unterdessen fürchtet sich die ganze Region rund um Straßburg vor ihm, weil eine Belagerung der Stadt allen wahrscheinlich erscheint. Auch [Maximilian von Egmont], Graf von Büren, hat eine kleine Stadt bei Frankfurt namens Bermstat [richtig: Darmstadt] besetzt. 3 [2] Aus England hingegen übermittelte [Mont]Nachrichten, die in dem Maße erfreulich sind, wie die vorhergehenden traurig sind. [Thomas Howard], Duke of Norfolk, ein erbitterter Gegner des Wortes Gottes, und sein Sohn [Henry Howard, Earl of Surrey], wurden eingesperrt, 4 weil sie versucht haben, das Papsttum und das Mönchswesen wieder herzustellen. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass auch [Stephen Gardiner, Bischof] von Winchester, festgenommen wird. Denn nur danach könnte das Evangelium wieder aufgerichtet werden. Der Herr möge seine unterdrückte Kirche behüten! [3]Aus Straßburg wird sich Burcher direkt in Richtung (Nord]see begeben. 5 Seiner Frau [Adelheit Knüpli]6 hat er geschrieben. Bullinger soll dieser während Burchers Abwesenheit beistehen. [4] Richard [Hilles] und dessen Frau (Anna, geb. Lacey] lassen Bullinger und seine Gattin (Anna, geb. Adlischwyler]grüßen. Vor etwa sechs Wochen wurde ihnen eine Tochter 7 geboren. Die Mutter hat sich bereits wieder erholt.
3 Siehe Nr. 2706, Anm. 21.
4 Am 12. Dezember 1546, im Tower von London.
5 Burcher hatte vor, mit seiner Ware (u.a. vermutlich das von ihm erworbene Holz; s. Nr. 2708, Anm. 4) auf dem Rhein und der Waal via Köln nach Dordrecht zu fahren; s. Richard Hilles an Bullinger, 25. Februar 1547 (Original Letters I 259). Im April 1547 war er wieder nach Zürich gelangt; s. Richard Hilles an Bullinger, 19. Mai 1547 (Epistolae Tigurinae 171; Original Letters I 261). — Wohl um diese Reise teilweise finanzieren zu können, wird Burcher (als "Johan Burckhart uß Engeland" bezeichnet) "vor wienacht imm 46. jar" ein "18 eln"(also ein etwa 8 m) langes "Blaw duch" an den Tuchhändler Heinrich Falkner für 69 Pfund, 2
Schillinge und 4 Heller verkauft und diesen vom Käufer nicht sogleich ausgezahlten Betrag von der Stadt Zürich als Vorschuss erhalten haben, da Falkner den Betrag nicht an Burcher, sondern (zwischen dem 27. Januar und dem 1. Februar 1547) an die Stadt zurückzahlte; s. Zürich StA, F III 32, Seckelamtsrechnungen 1546/47, S. 94 der Abteilung "Usgeben allerley gelts".
6 Eine Zürcherin; s. HBBW XV 109, Anm. 3. —Dass mit ihrem Ehemann "Hans Burkart" tatsächlich John Burcher gemeint ist, geht nun anhand der oben in Anm. 5 angeführten Quelle deutlich hervor.
7 Unbekannt. — Sie ist vermutlich früh gestorben, da sie sonst nicht mehr im Briefwechsel Bullingers und auch nicht in Richard Hilles' Testament erwähnt wird.