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Autograph: Zürich StA, E II 343a, 344 (Siegelspur)
Gedruckt und Übersetzung ins Englische: Epistolae Tigurinae 414, Nr. 295
bzw. Original Letters II 638f, Nr. 295, und LP XXI/2, Nr. 644
[1] Nachdem sich alles so schnell zum Schlechten gewendet hat, kann Burcher nicht länger
schweigen und will Bullinger mitteilen, was für ein Unheil der Kirche Deutschlands bevorsteht.
Heute traf nämlich in Straßburg [Christopher Mont], 1 der Gesandte des englischen
Königs [Heinrich VIII.], ein. Dieser hatte am Tag zuvor den Kaiser [Karl V.] und dessen
Lager bei Heilbronn (in Württemberg) verlassen. 2 Er erzählte, dass der Kaiser durch seinen
Sieg ganz aufgemuntert und glücklich sei. Er habe auch gehört, wie dieser den Ratsherren der
sich ergebenden Städte gesagt habe: "Auch wenn ihr ,Aufrührer' seid, werde ich beweisen,Briefe_Vol_18-468 arpa
wie großmütig ich bin!" Die Religionsangelegenheit aber hat er nicht angesprochen und den
Städten lediglich eine Geldstrafe auferlegt, was ganz geschickt ist und seinem Wesen entspricht.
Sollte er ganz Deutschland unterwerfen, wird seine Schlauheit allen offenbar. Unterdessen
fürchtet sich die ganze Region rund um Straßburg vor ihm, weil eine Belagerung der
Stadt allen wahrscheinlich erscheint. Auch [Maximilian von Egmont], Graf von Büren, hat
eine kleine Stadt bei Frankfurt namens Bermstat [richtig: Darmstadt] besetzt. 3 — [2] Aus
England hingegen übermittelte [Mont]Nachrichten, die in dem Maße erfreulich sind, wie die
vorhergehenden traurig sind. [Thomas Howard], Duke of Norfolk, ein erbitterter Gegner des
Wortes Gottes, und sein Sohn [Henry Howard, Earl of Surrey], wurden eingesperrt, 4 weil sie
versucht haben, das Papsttum und das Mönchswesen wieder herzustellen. Es bleibt nur noch
zu hoffen, dass auch [Stephen Gardiner, Bischof] von Winchester, festgenommen wird. Denn
nur danach könnte das Evangelium wieder aufgerichtet werden. Der Herr möge seine unterdrückte
Kirche behüten! —[3]Aus Straßburg wird sich Burcher direkt in Richtung (Nord]see
begeben. 5 Seiner Frau [Adelheit Knüpli]6 hat er geschrieben. Bullinger soll dieser während
Burchers Abwesenheit beistehen. —[4] Richard [Hilles] und dessen Frau (Anna, geb. Lacey]
lassen Bullinger und seine Gattin (Anna, geb. Adlischwyler]grüßen. Vor etwa sechs Wochen
wurde ihnen eine Tochter 7 geboren. Die Mutter hat sich bereits wieder erholt.