Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2548]

Johannes Haller
an Bullinger
[Augsburg],
24. August [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 370a, 575f (Siegelspur) Ungedruckt

Haller hat einige Wochen lang nicht geschrieben, da ja der Ammann Hans Vogler [d.Ä. / als Begleiter der Augsburger [Alt]bürgermeister [Jakob Herbrot und Hans Welser] das ganze Heer sah und bei seiner Rückkehr nach Zürich die Einzelheiten genauer erzählt haben wird, als Haller sie beschreiben könnte. Hier in Kürze weitere Nachrichten. Das von den Kaiserlichen gehaltene und von den [Schmalkaldenern]belagerte bayerische Städtchen Rain nahe Donauwörth hat sich mittels einer klaren Antwort des lange unentschlossenen Herzogs [Wilhelm] von Bayern ergeben. Der freie Durchzug und auch nachfolgende Proviantzüge durch sein Territorium wurden [den Schmalkaldenern]gestattet. Dabei verblieb die Stadt [dem bayrischen] Herzog, aber doch so, dass darin den [Schmalkaldenern] die Stationierung eines Fähnleins zur Überwachung der Übergänge über den Lech und die Donau möglich wurde. Die kaiserlichen Truppen ließ man ungestraft und ohne jede eidliche Verpflichtung aus Rain ziehen. Durch diese Milde wollte man den übrigen kaiserlichen Landsknechten zeigen, dass man nicht nach dem Blut der Deutschen dürste, sondern nach der Freiheit. Danach zog das [schmalkaldische] Heer in Richtung des vom Kaiser [Karl V. ] besetzten bayerischen Ingolstadt, belagerte die Stadt, sorgte für einen freien Übergang über die Donau und zog schnellstmöglich weiter nach Regensburg, um zum Kaiser durchzudringen. Das Heer zog auf der linken Seite der Donau [Richtung Nordosten]. Es folgte der Proviantzug der Ulmer, Württemberger usw. Ungefähr 30 Bäcker aus Augsburg, die Lebensmittel transportierten, wurden bei Ingolstadt von Spaniern ausgeplündert, aber doch am Leben gelassen. Danach zog der Proviantzug am rechten Donauufer Richtung Regensburg. Wegen dieses geringen Verlustes wollten die

9 Falsche Meldung, die wohl auf die Nachricht über den Abzug der Truppen Schertlins aus Füssen zurückzuführen ist; s. Nr. 2529, Anm. 13.
10 Siehe dazu Nr. 2533, Anm. 16; Nr. 2537,8-10.
11 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
1 Das Jahr ergibt sich aus dem Inhalt.


Briefe_Vol_17-341arpa

[Schmalkaldener]nicht das Heer nach Ingolstadt zurückführen und Vergeltung üben. Die acht Fähnlein Schweizer, die durch Augsburg gekommen waren, wurden aber dem Proviantzug als Begleiter zur Verfügung gestellt. Das Heer kam also nach Regensburg, wo sich der Kaiser noch befindet. Beide Kriegsparteien haben ihre Feldlager gegenüberliegend, und beide sind kriegswütig. Zu jeder Zeit kann es zum Kampf kommen. Die [Schmalkaldener] werden als Kelchdiebe, Kirchenräuber, Ketzer und Aufrührer gegen den Kaiser beschimpft. Der Herr gewähre den Sieg zum Ruhme seines Namens! Einige geflohene wohlhabende Bürger sind nach Augsburg zurückgekehrt. Dort wird gebetet. In der Stadt gibt es kein Handwerk mehr. Haller kann sich kaum den Studien widmen. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich im Gebet. Nur dadurch und durch Fasten können Dämonen solcher Art vertrieben werden! Sobald er Sicheres erfährt, wird er es mitteilen. Zoller wurde von einem seiner Kameraden verwundet. Man hatte ihn schon für tot gehalten, doch befindet er sich bereits wieder beim allgemeinen Heer. Gott sei Dank! Von den Zürchern traf Haller folgende an: Heini Hermann, [Hans?] Rüttimann, J[akob] Götthart, Jakob Reinhart, Wilhelm Stutz, Galli Schnider, einen Sohn [...] von [Johannes?] Bosshart, [...]Herrliberger, einen Bruder [...] von [Johann] Felix Renner, den [...] Stetter zur Wiegen, und etliche andere aus der Landschaft Zürich, vor allem aus Bülach und Illnau. Vogler schrieb aus Lindau, er hätte dort den Magister Jakob [Reinhart?] sowie die Brüder Jakob und Wilhelm Wirz angetroffen. Heute wurde gemeldet, dass außer den Helvetiern, die sich schon früher mustern ließen, neu etwa 4 '000 weitere nach Donauwörth gekommen wären. Zweifellos befinden sich die von Vogler in Lindau gesehenen Zürcher darunter. Bullinger soll genauer mitteilen, wer [aus Zürich in den Krieg] gezogen ist. Unter den [Schmalkaldenern]gibt es auch viele Söldner aus den Fünf Orten, die nicht bereit sind, den von ihren Behörden erlassenen Befehl zur Rückkehr zu befolgen. Das für den Kaiser bestimmte Heer aus den Niederlanden, 2'000 Pferde und 12 '000 Fußsoldaten, ist bis nach Worms gelangt. Angeführt wird es von [Maximilian von Egmont, Graf] von Büren. Der Durchzug durch das Territorium des Kölner Erzbischofs [Hermann von Wied] wurde dem Heer verweigert. Daher zog es durch Luxemburg und durch das Gebiet des Trierer Bischofs [Johann IV. Ludwig von Hagen]. Die [Schmalkaldener] sandten Truppen, um [das kaiserliche Heer] von den Rheinübergängen fernzuhalten. An der Sperre beteiligen sich Straßburg, der Pfalzgraf [Friedrich II.], der Kölner [Erzbischof], der Bischof von Münster [Franz von Waldeck] sowie die zurückgelassenen hessischen Truppenteile. Würden die Schweizer doch nur verstehen, was Deutschland bevorsteht, und die vier [vorder]österreichischen [Wald]städte [Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldshut]besetzen, desgleichen ihre Kornkammer, den Sundgau, während die Bündner das Tirol einnehmen, um den Italienern die Alpenpässe zu verwehren! Aber Haller schreibt dies nicht, um zu den Waffen zu rufen, sondern nur, um sein Blatt zu füllen ... Bullinger möge ihm verzeihen! Haller weiß, was die [protestantischen Eidgenossen] zurückhält, und leidet mit ihnen. Die [Schmalkaldener]kämpfen wie Verzweifelte, denn es geht nicht um irgendwelche Nichtigkeiten, sondern um das Wort Gottes und um die bedrohte Freiheit Deutschlands. Bis jetzt wartet man noch täglich auf Nachrichten über die Verhandlungen von [den Tagsatzungen] zu Baden und zu Zürich. Die Entweihung der Kirche in Einsiedeln durch den Hengst und die Stute wird bald ein Ende haben und öffentlich bestraft werden müssen. Auch wird man bald erfahren, worauf jenes Unglück in Solothurn vorausdeutet! Der Augsburger Pfarrer [Johann] Flinner wurde mit [Sebastian] Schertlin nach Füssen geschickt. Dort befindet er sich noch. Er hat den dortigen simplen Pfarrern und Mönchen die fehlerhafte Augsburger Kirchenordnung aufgedrängt. Nach dem Krieg wird dies erneut zu Spannungen [unter den Protestanten]führen. Die Befürworter dieser Kirchenordnung wollen zwar spirituell erscheinen, drücken sich aber [über das Abendmahl] so fleischlich aus, dass dabei die menschliche Natur Christi auf blasphemische Weise zugrunde geht! Haller berät sich oft mit [Georg]Frölich, wie dieses Kompendium am besten ersetzt werden könnte. Leider ist es bereits gedruckt, und die [Augsburger] Obrigkeit hasst jegliche Neuerung. Keiner kann jedoch Haller davon abhalten, es bei der Verwendung richtig auszulegen. Man wird den Rat der Zürcher brauchen, um diese Kirchenordnung, die von jenem Straßburger "Sinon" [d.h. Bucer] als "trojanisches Pferd" in die Stadt gebracht wurde, wieder loszuwerden! Sofern Haller dabei behilflich sein kann, wird er gerne die Rolle eines "Laokoon" spielen. Bullinger


Briefe_Vol_17-342arpa

soll Haller die erbetenen Bücher [Bullingers "Hoffnung der Gläubigen" und Biblianders "Relatio fidelis"] bald schicken. Der [Augsburger] Drucker [Heinrich Steiner?] wäre bereit, das von [Johannes] Fries ins Deutsche übersetzte Handbüchlein [,,Hoffnung der Gläubigen"] zu drucken. Ist Bullinger damit einverstanden? Anbei übersendet Haller ein Exemplar des Absagebriefs [,,Verwahrungsschrift" des Landgrafen Philipp von Hessen und des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen] an den Kaiser. Dieser nahm ihn nicht an, sondern drückte ihn dem überbringenden Knaben [... von Plato]gewaltsam an die Brust, zusammen mit seinem Ächtungsschreiben. In Augsburg findet die schriftliche Absage der Zürcher an das Konzil zu Trient [,,Antwort der Predigeren zu Zuerich"]Zustimmung. Auch Melanchthon hat dazu eine deutsche Schrift [,,Ursachen"]verfasst. Grüße an Familie und Kollegen sowie an Ammann Vogler, den Paten von Hallers Sohn [Johannes d.J.]. Ihm soll Bullinger den Inhalt dieses Briefes mitteilen, denn Haller kann ihm nicht auch noch schreiben. Gruße an den Schwiegervater [Ulrich Kambli], der den beiliegenden Zettel an Hallers Stiefvater [...] weiterleiten soll.

S. et pax per dominum nostrum lesum Christum, etc. Quod aliquot jam septimanis minus te reddidi de rebus nostris, imo totius ecclesiae Christi, certiorem, in causa fuit ammani Voglero praesentia, cui ad vos redeunti reliqui referenda, utpote qui certius singula procul dubio enarravit, quam ego scribere potuissem. Vidit enim exercitum omnem 2 consulibusque nostris 3 comes fuit non ingratus. Quid interim actum, nunc dabo paucis; pauca enim interim memorabilia gesta.

Oppidum Bavaricum nomine Rein non procul a Werda 4 , in quo aliquot fuerunt caesareani milites, a nostris tantisper obsessum, quoad Bavariae princeps 5 nostris apertum (diu enim suspendit negotium, in utramque claudicans partem sicut et hodie)6 reddidit responsum se nostris liberum daturum per suam ditionem transitum nec quicquam se eis intercepturum, quicquid tandem commeatus aliarumve eos sequatur rerum. 7 Hac conditione oppidum 8 suo domino 9 relictum, sic tamen ut, quia commodissimum habet transitum tam Lyci 10 quam Danubii, uno vexillo nostrorum sit firmatum caesarianis omnibus impune absque ullo etiam sacramento sive obligatione dimissis. Sic enim voluere 11 sibi magnum conciliare favorem apud reliquos caesaris milites, utpote declarantes hac clementia se non Germanorum quaerere sanguinem, sed libertatem.

His peractis exercitus 12 solvit inde Ingolstadium versus, quod similiter a caesareanis obsessum, licet Bavari sit. Nostri igitur oppido cincto accelerantes tamen Ratisponam versus tandem ea conditione Ingoistadium reliquerunt,

2 Siehe Nr. 2524,34f; Nr. 2533,1-4, und vgl. Voglers Bericht in Nr. 2531.
3 Die Altbürgermeister Jakob Herbrot und Hans Welser; s. Nr. 2464, Anm. 45.
4 Donauwörth.
5 Wilhelm IV. von Bayern.
6 Zur listigen Haltung des Herzogs von Bayern s. Nr. 2467, Anm. 4, und Nr. 2531, Anm. 41.
7 Siehe dazu Nr. 2534 und Anm. 44.
8 Gemeint ist Rain am Lech; s. dazu Nr. 2533 und Anm. 16.
9 Der Herzog von Bayern.
10 Lech.
11 Subjekt sind die Schmalkaldener.
12 das Heer der Schmalkaldener.


Briefe_Vol_17-343arpa

13 ne quis illic suis per Danubium prohiberetur transitus. Parum caute hic egerunt nostri (ut audies 14 ), sed una haec fuit causa, quod festinarunt primo tempore cor huius belli petere, ipsum videlicet caesarem 15 , nec diu occupari inter magnos sumptus huiusmodi expugnandis oppidis. Itaque relicto Ingolstadio a sinistra Danubii parte descendentes 16 exercitum duxere. Commeatus, ut fieri solet, a nostris Ulmensibus, etc., Wirtenbergensibus eos 17 secutus. Civium nostrorum circiter 30 pistores et alii vehentes panem, vinum et alia victualia, cum Ingolstadio appropinquarent, ab erumpentibus spoliati et direpti sunt Hispanis, qui in oppido remanserant; vivos tamen omnes dimiserunt. Quo facto et ipsi reliquerunt Ingoistadium et a dextra Danubii parte Ratisponam petierunt. Nostris non visum est propter tam exiguum damnum totum reducendum exercitum et his puniendis occupari, sed recta perrexere Ratisponam versus. 18 8 vexillis Helveticis, qui Augustam transierunt, commissa est interim tutela viarum.

Pervenere igitur nostri Ratisponam, ubi caesar nunc ipse adest (sicut certo referunt omnes)20 suaque eis 21 opposuit extra urbem castra. Nostri ardent, similiter et ipsi. Magnis convitiis nostros lacessunt vocantes kelchdieb, ketzer, kirchenröuber, uffrürer wider kei[serliche]maj[esta]t, etc. 22 Expectatur ||575v. in dies conflictus. Dominus lesus, qui nos e potestate sathane liberavit, concedat nobis foelicem victoriam et eripiat e cruentis Hispanici huius leonis faucibus in gloriam sui nominis et evangelicae veritatis propagationem. Amen.

Preces fiunt ab ecclesiis nostris devotae. Redeunt, qui prius diffugerant, ditiores aliqui. 25 Cessant omnes artificum manus. Omnia bellum spirant. Certe et ego inhabilis prorsus sum factus ad studendum. Animum vagum intra carceres non possum continere. Hic mihi labor nunc unicus frequenter et ardenter orare, nec melius quicquam me facturum puto. Trucidabimus multo plures precibus quam aliis hastis. 26 Talia etenim daemonia eiici et

13 Die schmalkaldischen Truppen schlugen am 13. August ihr Lager in Reichertshofen, 10 km südlich von Ingolstadt, auf und verließen dieses am 17.; s. Paulus, Schertlin 63f. Nach Verhandlungen mit Ingolstadt zogen sie am 19. in Richtung Norden an Ingolstadt vorbei, um sich nach Regensburg zu begeben; s. Nr. 2537, Anm. 6.
14 Unten Z. 29-35.
15 Karl V.
16 In Richtung Nordosten, nach Regensburg. 17 Die Truppen der Schmalkaldener.
18 Vgl. dazu den Brief des Konstanzer Rats an den Zürcher Rat, 27. August (Zürich StA, Nr. 29).
19 Von Füssen kommend; s. Nr. 2529, Anm. 13.
20 Der Kaiser war aber bereits am 21. August Richtung Ingolstadt aufgebrochen; s. Nr. 2551, Anm. 13.
21 Den Schmalkaldenern.
22 Sie wurden u.a. auch als "tütsche türgken" beschimpft; s. den oben erwähnten Brief des Konstanzer Rats vom 23. August 1546.
23 Vgl. Apg 26, 18.
24 Vgl. Ps 22 (Vulg. 21), 22; 2Tim 4, 17.
25 Siehe dazu die Verweise in Nr. 2486, Anm. 24, und Nr. 2530, Anm. 19.
26 Anspielung auf Ex 17, 8-13; s. Nr. 2523 und Anm. 34.


Briefe_Vol_17-344arpa

superari nisi ieiunio et oratione non possunt. 27 Haec de his. Ubi primum certi aliquid habuero, scribam.

Zollerus a quodam suo contubernali a28 ictus, revaluit tamen iterum exercituique adest universali. Putabamus eum mortuum. Sed domino sit laus! Nihil est, bene se habent omnia.

Tigurini b , qui mecum fuerunt, praecipue sunt: Heini Hermann, Rütimann, 29 J. Göthart, 30 Jacob Reinhart, 31 Wilhelm Stutz c32 , Galli Schnider, sun Poßhart, 33 Herliberger, deß Felix Renners brüder 34 , der Stetter zur Wiegen, etc., plurimi quoque ex agro, Bülacenses 35 plurimi, ex Ilnovensi 36 etiam parochia aliquot. Fuere certe modesti, et bonum reliquere nomen.

Scripsit mihi ex Lindoa Voglerus 37 se illic invenisse m. Jacobum 38 , Wilhelmum et Jacobum Wirtzium fratres 39 , etc., qui ubi nunc sint, nescio. Audio hodie circiter 4'000 Helvetiorum 40 praeter eos, qui prius transierunt, 41 yenisse

a na über der Zeile nachgetragen.
b Nach getrichenem Helvetii. —
C Wilhelm Stutz am Rande nachgetragen.
27 Mt 17, 21.
28 Unbekannt.
29 Eventuell der Sattler Hans Rüttimann; s. Nr. 2494, Anm. 65.
30 Jakob Götthart; s. Nr. 2494,77.
31 Wohl derjenige Jakob Reinhart, der seit 1531 zünftig zur Meisen war (eine Zunft, der auch Bullinger angehörte; s. Nr. 2483, Anm. 27) und zwischen Dezember 1532 und 1540 das Amt des Verwalters (Großkeller) am Großmünsterstift von Zürich innehatte; s. HBBW IV 207; VI 54; Carl Keller-Escher, Promptuarium genealogicum, Bd. 6 (Zürich ZB, Ms Z II 6), S. 441. Seine Teilnahme am Schmalkaldischen Krieg, u.a. an einem Einsatz bei der Klause Ehrenberg, ist durch Zürich StA, A 202/1, Nr. 26-29, belegt.
32 Vielleicht der im Jahre 1540 in Zürich eingebürgerte Wilhelm Stutz aus Isikon (heute Hittnau, Kt. Zürich); s. Jakob Hirschgartner, Stemmatologia Turicensis oder Chronologische Beschreibung aller zürcherischen Geschlechter, Bd. 8 (Zürich ZB, Ms V 808) s.v. Stutz.
33 Unbekannt. — Vielleicht ein Sohn des 1536 verstorbenen Johannes Bosshart, Pfarrer in Oberwinterthur; s. Pf-Zürich 211.
34 Unbekannt. — Wahrscheinlich ein Bruder von [Johann] Felix Renner, mit dem Hallers Bruder Wolfgang im Ausland studiert hatte; s. HBBW XIV 391, Anm. 13. — Am 26. Juni 1546 begab sich Felix
Renner auf Anordnung der Zürcher Behörden nach Knonau; s. den handschriftlichen Eintrag von Wolfgang Haller in seinem Exemplar von Jakob Rufs Kalender oder Laasbüchlin ... uff das M.D.XLVI. Jar, Zürich [1545] (Zürich ZB, Ms D 269/3), letztes Blatt, zu vgl. mit Zürich StA, E II 440, 331 (alt 248), Nr. 79 vom 9. Juni.
35 Bülach (Kt. Zürich).
36 lllnau (Kt. Zürich), wo Haller 1543/44 als Pfarrer tätig gewesen war; s. HBBW X 72, Anm. 9.
37 Vgl. Nr. 2499, Anm. 2.
38 Möglicherweise ist hier der oben erwähnte Jakob Reinhart gemeint.
39 Wilhelm Wirz (gest. 1565) war Amtmann im Wettingerhaus, Zwölfer zur Meisen und Amtmann zu Kappel. Sein Bruder Jakob d.Ä. (gest. 1585/6) war Eisenhändler, ebenfalls Mitglied der Zunft zur Meisen und zwischen 1574 und 1580 Vogt von Laufen-Uhwiesen (Kt. Zürich). —Lit.: Schweizerisches Geschlechterbuch VII 663; Keller-Escher, aaO, Bd. 7 (Zürich ZB, Ms Z II 6a), S. 267.
40 Dass auch damals noch immer wieder eidgenössische Söldner nach Deutschland zogen, geht aus Nr. 2512,18-20; Nr. 2515,3f, und Nr. 2547,5f, sowie aus den Briefen von Itelhans Thumysen und Johannes Haab aus Baden an den Rat von Zürich vom 10. und 13. August (Zürich StA, A 227/1, Nr. 84f) hervor. Aus dem


Briefe_Vol_17-345arpa

Werdam, inter quos procul dubio erunt. Rogo, si quae de his 42 habes certi, significato mihi, quinam discesserint. 43 Ex 5 Pagis plurimi inter nostros sunt nihili facientes prorsus suorum revocationem 44 dominorum.

Exercitus (quod tamen vos scire non dubito) ex Inferiori Germania 45 ascendit 46 usque ad Wormatiam numerosus, d 2'000 pferdt, 12'000 zu fuß d , caesari se iuncturus. Ducem huius exercitus vocant den herren von Büren 47 . Ascenderunt per ducatum Lucemburgensern (quia per Coloniensis episcopi 48 ditionem transire non potuerunt) atque Trevirensis episcopi 49 ditionem. 50 Collegerunt nostri illico copias non paucas, Rhenumque obsident, ne transire

d.-d Am Rande nachgetragen.
Brief vom 10. August erfährt man, dass viele Söldner (darunter zahlreiche aus der Gegend um den Zürichsee) sich via Straßburg nach Deutschland begeben wollten und dass man ihnen den Durchzug durch Baden verbot, so dass diese Söldner daraufhin wohl versucht haben könnten, durch den Thurgau und über den Bodensee nach Deutschland zu gelangen. Die Aufnahme neuer eidgenössischer Söldner zu dieser Zeit ist also gut möglich, doch ist Vorsicht gegenüber der oben angeführten Zahl 4'000 geboten. Diese könnte nämlich auch (gemäß eines von Johannes Kessler am 25. August 1546 an seine damals in Straßburg studierenden Söhne David und Josua und ihren Kameraden David Wetter gerichteten Briefes) der geschätzten Anzahl aller bis anhin an dem Krieg beteiligten Eidgenossen entsprechen: "Patria [die Eidgenossenschaft] cum reliqua Germania in hac plus quam civili discordia in discrimine pendet. Helvetia in diversas partes scinditur: Quinquepagani, quos vocant Caesari, quem [...] cum antichristo suo favent. Nostri vero, hoc est Tigurini cum reliquis evangelicae libertatis defensoribus magna constantia pro Christo principum partes agunt. Helvetiorum, qui principum castra sequuntur, sunt numero circiter 4'000, ex nostris civibus plus minus 150" (Kessler, Sabbata 635). — Fortsetzung in Nr. 2564, Anm. 21.
41 Gemeint sind die Eidgenossen, die Ende Juni und Anfang Juli ihre Dienste in Deutschland angeboten hatten; s. Nr. 2489 und Anm. 104; Nr. 2492 und Anm. 25.
42 Über die angeblich 4'000 Eidgenossen.
43 Siehe dazu Bullingers Antwort in Nr. 2564,1-6.
44 Siehe dazu Nr. 2509, Anm. 7.
45 ex Inferiori Germania: aus den Niederlanden.
46 d.h. in Richtung Süden.
47 Maximilian von Egmont, Graf von Büren.
48 Hermann von Wied, Erzbischof von Köln. — Diese Angabe stimmt nicht; s. Nr. 2540 und Anm. 20.
49 Johann IV. Ludwig von Hagen.
50 Zu diesen Truppen aus den Niederlanden s. Nr. 2512, Anm. 15: Nr. 2537,16-18; Nr. 2540,7-11; Nr. 2541,13-19, sowie den Brief des Berner Geheimen Rates an den Zürcher Geheimen Rat vom 26. August (Zürich StA, A 177, Nr. 28). Aus Letzterem geht hervor, dass man damals der Meinung war, dass diese Truppen, die bei Mainz zurückgestoßen wurden, in Richtung Straßburg unterwegs waren und vorhatten, bei Breisach den Rhein zu überqueren (was Bern sehr beunruhigte). Aus dem Brief des Konstanzer Rats an den Zürcher Rat vom 27. August (Zürich StA, aaO, Nr. 29) erfährt man aber, dass dieses "kriegsvolk zu roß und füß durch geschwinde listigkait uber Rin kummen". Die Überquerung vom linken zum rechten Ufer des Rheins hatte zwischen dem 20. und dem 25. August in der Nähe von Bingen, westlich von Mainz, stattgefunden, währenddem von Büren bei Oppenheim, südlich von Mainz, eine Überquerung vortäuschte; s. Nr. 2551,5-11; Herberger, Schertlin 153; Viglius van Zwichem 57. 82, Anm. 58; Kannengiesser 72-83.


Briefe_Vol_17-346arpa

possint. Adsunt ibi Argentoratenses, Palatinus, 51 Coloniensis et Monasteriensis 52 principes et reliquie Hassorum 53 . Expectamus illinc etiam novi aliquid.

Videtis, fratres, quid immineat Germaniae. Utinam saperent Helvetii et, quod commode fieri posset, occuparent 4 urbes Austriacas 54 , item das Sungow (ist ir kornkast) e , Rheti comitatum Tirolensem, ut clauderentur Alpes, ne pateret Italis ad nos accessus! Non enim tempus est dormiendi. lacta est alea! Ipsi petunt nos; petantur ergo et a nobis.

Scribo haec, non ut ullos ad arma temere horter suscipienda, sed ut fallendo tempus chartas etiam maculem. Ignosce! Ego, quod sentio, stulte scribo. Libenter prudentioribus accessurus consiliis. Scio, quid vos impediat. ||576r. Possum ergo compati vestris infirmitatibus. Nostri certe audaciter omnia aggrediuntur. Vident enim non de lana contendi caprina 55 aut Helena 56 reducenda, sed verbi dei libertatisque Germanicae quaeri suppressionem omniumque piorum sanguinem, ideoque velut desperabundi 57 et ad extremam ducti necessitatem audent omnia. Dominus zelum hunc, quem malum esse dicere non possum, confirmet in nobis omnibus!

Quid Badenae 58 et prius Tiguri 59 sit actum, nescio adhuc. Expectamus quotidie. Prophanatum ita templum Heremiticum 60 non puto portendere aliud quam finem f instare prophanationis 61 , et hanc revelandam ac publice puniendam, qua sanctum templum dei, veram religionem et pietatem, suis hactenus prophanarunt impudenter eque ac equus 62 iste g traditionibus et pollutionibus libidinosis g ecclesiam dico h Christi, religionem cultumque dei yerum. Quid item Solodorensis ille portendat casus, 63 mox declarabit eventus.

C Klammern ergänzt.
f finem nach gestrichenem sicut. —
g-g Am Rande nachgetragen.
h dico über der Zeile nachgetragen.
51 Friedrich Il. von der Pfalz. Franz von Waldeck, Bischof von Münster.
~ Die vom Landgrafen Philipp in Hessen zurückgelassenen Truppen: s. dazu die Verweise in Nr. 2516, Anm. 29.
~ Gemeint sind vermutlich die vier vorderösterreichischen Waldstädte Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldshut; s. dazu HBBW XV 414, Anm. 13. Adagia 1, 3, 53 (ASI) II/I 366, Nr. 253).
56 Die Entführung von Helena durch den trojanischen Prinzen Paris löste den Trojanischen Krieg aus.
~ verzweifelte; s. Hoven s.v.
58 Auf der Badener Tagsatzung, die am 9. August begonnen hatte; s. EA IV/Id 655— 672, Nr. 307. Bei dem Treffen der Vier protestant-
schen Stadtkantone (Basel, Bern, Zürich und Schaffhausen) am 2. August; s. dazu Nr. 2515,12-14; Nr. 2525,44-47.
60 Anspielung auf Gwalthers Gedicht über Einsiedeln (,,Prognosticon vel chria monachis Mariae Eremitanae oblata"); s. Nr. 2529, Anm. 29.
61 Anspielung auf Dan 8, 13f; 9, 27; II. 3 1-35.
62 In Gwalthers Gedicht sind der Mönch und seine Komplizin, die einer sexuellen Beziehung bezichtigt wurden, als Hengst und Stute dargestellt.
63 Anspielung auf das am 26. Juli in Solothurn geschehene Unglück; s. Nr. 2519, Anm. 31 (die dort erwähnte Augsburger Publikation geht also indirekt auf Bullinger und Haller zurück).


Briefe_Vol_17-347arpa

Flinnerus 64 , unus ex symmistis nostris, Abusiacum 65 cum Schertlio missus, adhuc ibi agit. Obtrudit indoctis et miseris pfaffis et plebanis 67 formam 68 illam claudicantem Augustanam. sicque plantantur hii errores, ut non dubitem, quin omnibus pacatis nobis denuo bellum futurum sit cum illis, qui tam obscuris locutionibus recens natas volunt cibare ecclesias et, cum maxime spiritualiter intelligi velint, maxime tamen carnaliter loquuntur. Dominus det spiritum suum his ecclesiis, ut, quod hii crude nimium dicunt, spirituali tamen capiant iudicio; alioquin nunquam poterunt cavere flagitium blasphemiae humanitatis Christi. Consulto frequenter cum d. Laeto 69 , qua tamen ratione possit haec forma explodi et syncerior substitui. Sed difficile est impressam reiicere, maxime cum domini nostri 70 turbarum et novitatis sint maximi osores. Ego itaque, dum aliter non possum, tamen nonnisi ad sensum meum, imo christianum, correcta utor nemine prohibente. Vestris ergo etiam in hac re succedente tempore opus habebimus consiliis, quomodo equum illum Troianum arte Sinonis 71 illius Argentoratensis 72 in urbem nostram inductum sine damno exturbare iterum possimus. Ego, si quid ultra nequeo efficere, Laocoontem 73 agam.

Praeterea, quod in praesentiarum scribam, non habeo, nisi quod libellos 74 , de quibus tibi nuper scripsi, velim mihi mitti cito. Enchiridion de resurrectione a Frisio vulgari linguae datum noster impressurus est typographus 75 , si tua fiat pace. 76 Rescribe ergo, quid faciendum.

Mitto hic tibi exemplar deß absagsbrieffs 77 , quem principes misere caesari, quem tamen recipere noluit, sed puero 78 ferenti violenter in sinum imposuit, addito simul libello seu scripto (quod vocant) echtbrieff 79 . Dann er allthalb die echtung über uns usschribt, sicut in hoc invenies scripto.

64 Johann Flinner; s. Nr. 2498,110.
65 Füssen.
66 Sebastian Schertlin.
67 Dorfverwaltung, Dorfpfarrer; s. Kirsch s.v. plebanus.
68 Zur Augsburger Kirchenordnung s. HBBW XV 657f,1-9 und Anm. 1; 693,27 und Anm. 10.
69 Georg Frölich.
70 domini nostri: Der Augsburger Rat.
71 Der Grieche Sinon überredete die Trojaner, das hölzerne (,,trojanische") Pferd als Geschenk anzunehmen und in die Stadt zu ziehen.
72 Gemeint ist Bucer.
73 Laokoon, trojanischer Priester, warnte die Trojaner vor der Annahme des trojanischen Pferdes.
74 Gemeint sind Exemplare von Bullingers Schrift "Hoffnung der Gläubigen", welche von Johannes Fries ins Deutsche übersetzt wurde (s. HBBW XIV 331,
Anm. 9), sowie weitere Exemplare von Theodor Biblianders "Relatio fidelis"; s. Nr. 2524,91-94. — Haller hatte bereits im Mai 1546 um die Zusendung von Bullingers Schrift gebeten; s. HBBW XVI 402,99-103.
75 Haller denkt wahrscheinlich an Heinrich Steiner, der damals die Flugschrift über das Unwetter in Solothurn (s. oben Anm. 63) und andere zeitgenössische Quellen, Beschreibungen oder Abhandlungen druckte, die in Verbindung mit dem Schmalkaldischen Krieg standen.
76 Dazu kam es wohl nicht; zumindest ist solch ein Druck nicht bekannt.
77 Die Verwahrungsschrift der Schmalkaldener gegen den Kaiser vom 11. August 1546; s. dazu Nr. 2538, Anm. 39.
78 [...] von Plato; s. Nr. 2538, Anm. 38.
79 Die durch Kaiser Karl V. in Regensburg vorgenommene Verhängung der Reichsacht über Kurfürst Johann Friedrich von


Briefe_Vol_17-348arpa

Vidi vestra argumenta, quibus rationem redditis, cur non ad concilium veniatis Tridentinum. 80 Perplacent omnibus. Scripsit et Philippus Melanchthon hac de re apologiam Germanice, 81 quam nescio an videris.

Vale. Salutato familiam tuam ac dominos patres ac fratres perpetuo colendos, ammanum Voglerum, compatrem meum, 82 cui haec singula referas velim. Non potui enim ipsi scribere propter negotia. Saluta etiam socerum 83 meum, cui hanc obsecro tradas schedam, ut ad vitricum meum 84 mittat. Vale denuo. Augustae, die Bartolomaei.

loan. Hallerus.

[Adresse auf f. 576v.:] Clarissimo viro d. Heinrycho Bullingero, Tigurinae ecclesiae fidelissimo pastori, domino ac patri suo unice colendo. Zürich an M. Heinrich Bullinger.

Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen vom 20. Juli 1546, die wohl zum ersten Mal in Regensburg unter dem Titel "Römischer Kayserlicher Maiestat Declaration wider Hertzog Johans Friderichen Churfürsten von Sachsen unnd Landtgraff Philipsen von Hessen" gedruckt wurde (VD16 D915), ehe sie des öfteren in katholischen Städten wie auch an einigen nicht angeführten, möglicherweise protestantischen Ortschaften nachgedruckt wurde, s. aaO, D908-914 u. ZV24250. —Dem vorliegenden Brief war dieser Ächtbrief nicht beigelegt; vgl. Nr. 2576,70-72. In Zürich ZB befindet sich ein gedrucktes Exemplar (18.1453/3 — entsprechend VD16 D908), das möglicherweise in Augsburg gedruckt wurde. Bullinger erhielt auch eine Abschrift davon; s. Zürich ZB, Ms A 43, 543-562. — Edition des Ächtbriefes in RTA-JR XVII 552-562, Nr. 115.
80 Die von Bullinger konzipierte "Antwort der Predigeren zu Zürich uff des Papsts
Laden in das Concilium zu Trient" vom 1. August 1546; s. Nr. 2530, Anm. 27.
81 Gemeint ist die in Wittenberg gedruckte Schrift "Ursachen warumb die Kirchen welche reine Christliche lehr bekennen die selbige lehr angenomen und dabey ewiglich zu bleiben sich schuldig achten, und warumb sie in die parteischen Richter im Concilio zu Trident nicht willigen" (VD16 M2654f), die von Justus Jonas aus dem Lateinischen (aaO, M2650) ins Deutsche übersetzt wurde. — Die deutsche Fassung wurde in Augsburg nachgedruckt (aaO, M2651).
82 Vgl. Nr. 2525,40f; Nr. 2560,5-15.
83 Ulrich Kambli.
84 Unbekannt. —Johannes Hallers Vater, Johannes d.Ä., starb 1531 im Zweiten Kappeler Krieg. Dieser Stelle zufolge ist seine Witwe Verena Zeerer (alias Zerer), gest. 1569, eine weitere Ehe eingegangen, über die nichts Weiteres ermittelt werden konnte.