Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2537]

Georg Frölich
an Bullinger
[Augsburg],
17. August 1546

Autograph: Zürich StA, E II 346, 204 (Siegelspur) Ungedruckt

Frölich erhielt Bullingers Briefe vom 3. und 7. August [nicht erhalten]unversehrt, zusammen mit der Schrift [der Zürcher]betreffend die Ablehnung des Konzils von Trient. Die Augsburger schätzen sehr die ihnen von Bullinger und den anderen Helvetiern entgegengebrachte Zuneigung. [Ambrosius] Blarer machte Frölich Hoffnung auf deren Eintracht. Das Städtchen Rain, das der Kaiser [Karl V.] von 500 bayerischen Soldaten und 200 Reitern schützen ließ, wurde durch Ergebung und ohne Blutvergießen eingenommen. Nun begibt sich das Heer nach Ingolstadt. Es ist noch offen, ob die [Schmalkaldener] diese starke bayerische Festung belagern werden. Der Kaiser, der sich mit seinen Truppen einige Zeit in Landshut versteckt hat, ist wieder in Regensburg. Er verfügt über 12'000 Knabenschänder und Sodomiten. [Maximilian von Egmont]Graf [von Büren], Gouverneur von Friesland, wird sich ihm mit seinem großen Heer anschließen. Hoffentlich wird er am Rhein entweder aufgehalten oder bekämpft! Der Bote hat es eilig, deshalb hier nur dies. Der Abt von St. Gallen [Diethelm Blarer von Wartensee]gibt dem Kaiser schon seit längerem Geld für den Zug gegen die Protestanten. Frölich, der dies brieflich erfahren hat, weiß aber nicht, wem und wann der Abt das Geld übergab, noch kennt er die Höhe des Betrags. Sollte er dies erfahren, wird er es mitteilen. Der junge, aber geistig reife [Johannes] Haller ist den Augsburgern ganz verbunden. Der Herr möge ihn bewahren! Grüße an die Bürgermeister [Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater], an die Pfarrkollegen, an alle Gelehrten und vor allem an [Rudolf]Gwalther, dessen "Stute von Einsiedeln" Frölich veröffentlichen will. P.S.: Das [schmalkaldische] Heer ist bestens ausgerüstet und sehr groß. Es fordert den Feind heraus. Dieser sucht aber den Kampf hinauszuzögern.

S. Literas tuas 1 acceptabiles supra modum, ornatissime frater, 3. et 7. huius mensis datas, cum recusatione consilii malignantium Tridentini 2 , integras accepi, proque cura et pietatis in nos ferventi studio tibi gratias ago immortales. Plurimum profecto totam Augustam tuus ceterorumque Helvetioruma a propensus in nos animus iuvat. Dominus conservet etiam vos faustos et concordes, quemadmodum Blaurerus noster bonam unanimitatis vestre spem mihi iniecit. 3

Nostri occupaverunt oppidum Rhain citra sanguinem. 4 Nam etsi illud presidio caesaris 5 , nempe 500 militibus atque Bavarorum 200 equitibus, custoditum sit, tamen ultro se nostris dedidit. Nunc exercitus noster Ingolstadium versus contendit, 6 quod forti presidio caesaris firmatur. An autem nostri

a Helvetiorum am Rande nachgetragen.
1 Nicht erhalten.
2 Die "Antwort der Predigeren zu Zürich uff des Papsts Laden in das Concilium zu Trient" vom 1. August 1546; s. dazu Nr. 2530, Anm. 27.
3 Anspielung auf die Meinungsverschiedenheit zwischen den protestantischen
Stadtkantonen und den Neun Orten; s. zuletzt Nr. 2533 und Anm. 28. —Ein entsprechender Brief Blarers an Frölich ist nicht bekannt.
4 Am 10. oder 11. August; s. Nr. 2533, Anm. 16.
5 Karl V.


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civitatem eam, quae totius Bavarie munitissima est, oppugnaturi sint, adhuc nescitur.

Caesar, qui cum suis copiis ad Landshut aliquantisper delituit, jam Ratisbonam redit. 7 Habet enim pedicarios 8 et zodomitas 9 12'000, in quos robur omne ponit. Quidam comes 10 , gubernator Frisiorum, 11 magno cum exercitu 12 jam approperat caesari manus iuncturus. Spero autem nostros, qui ad Rhenum illum expectant, ipsum aut remoraturos aut cum eo conflicturos. Dominus donet nobis non iuxta meritum nostrum, sed pro sua gloria! Plura propter accelerationem tabellarii 13 non potui.

Abbas Sangallensis 14 pecunias contra nos jamdudum atque etiam hoc anno caesari contribuit. 15 Hoc pro certo mihi scriptum est, sed cui et quantum aut quo tempore dederit, hactenus experiri non potui. Si fieri potent, expiscabor et tibi significabo.

Hallerus totus noster est, vir ut iuvenis etate 16 ita grandevus mente. Dominus hunc servet communi huic reipubliace christianae!

Vale. Saluta dominos consules 17 , symmistas et eruditos omnes, Gvaltherum praecipue, cuius equam Heremitanam, imo monachorum turpitudinem, 18 divuigabo. 19 17. augusti 1546.

Tuus ex animo Georgius Laetus, etc.

Exercitum habemus optime instructum et copiosissimum. Hostem ad pugnam provocamus, sed ipse remoram quaerit.

[Adresse auf der Rückseite:] Herrn Henrichen Bullinger, vorgeern 21 der kilchen Zurch, mynem lieben herrn und brudern, ze hannden.

6 Die Schmalkaldener begannen am 16. August mit der Belagerung Ingolstadts, fanden aber bald einen Kompromiss mit der Stadt, um schon am 19. August über Beilngries und Hemau weiter nach Regensburg gegen den Kaiser ziehen zu können; s. Zürich StA, A 177, Nr. 27 (Konstanzer Rat an den Zürcher Rat, 23. August 1546); Herberger, Schertlin 137— 151; Nr. 2548,20-29; Schüz, Donaufeldzug 31f; Paulus, Schertlin 64. Siehe Nr. 2533, Anm. 22.
8 =pedicatores; s. Thesaurus Linguae Latinae, Bd. Xii, Berlin/New York 1982— 1997, Sp. 974f. = sodomitas.
10 Der kaiserliche Feldherr Maximilian von Egmont, Graf von Büren.
11 Egmont war Statthalter von Friesland.
12 Siehe dazu Nr. 2512, Anm. 15.
13 Unbekannt.
14 Diethelm Blarer von Wartensee.
15 Siehe dazu schon Nr. 2523,48-50. Auf der Tagsatzung zu Baden vom 9. August wurde dieser beschuldigt, dem Kaiser 10.000 Gulden für den Krieg beigesteuert zu haben; s. EA IV/1d 661 u.3.
16 Haller (geb. am 18. Januar 1523) war damals 23 Jahre alt.
17 Hans Haab und Hans Rudolf Lavater.
18 Gemeint ist Gwalthers Gedicht "Prognosticon vel Chria Monachis Mariae Eremitanae oblata"; s. Nr. 2529, Anm. 29.
19 Ein entsprechender Druck konnte nicht ermittelt werden.
20 Zur Truppenstärke der Schmalkaldener s. die Verweise in Nr. 2533, Anm. Il.
21 Antistes.
22 Der Brief wurde via Konstanz versandt; s. Nr. 2546,33-35; Nr. 2574,17f.