Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2512]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
24. Juli 1546

Autograph: Zürich StA, E II 336a, 238 (neu: 256)(Siegelspur) Ungedruckt

Die Nachricht über [Sebastian]Schertlin und das Gold des Papstes [Paul Ill. ] erwies sich als falsch. Der Adlige [Hans Ludwig] von Mülinen hat sich mit Pferden und einem Diener [...] (die ihm sein Verwandter [Ludwig] von Reischach zur Verfügung gestellt hatte) auf den Weg nach Kempten begeben. Er wurde aber dort nicht eingelassen. Als er zum Kloster Salem kam,

i-i Später mit einer anderen Tinte angebracht.
90 geben.
91 Schläge; s. Fischer IV 206.
92 drob halt: darauf achtet [dass dies nicht geschieht]; s. Fischer II 79. — Zu den immer wieder bezeugten Spannungen zwischen Deutschen und Eidgenossen s. Nr. 2509,14-23; Nr. 2516,7-9.
93 Diese falsche Einschätzung erklärt sich wohl aus Z. 134-136.
94 Johannes Haller d.J.; s. Nr. 2462, Anm. 21.
95 1Thess 5, 17.
96 Vgl. Röm 12, 12.
97 2Chr 32, 8; Neh 4, 14 (Vulg. 20).
98 Siehe dazu Nr. 2498,53-59.
99 Siehe Nr. 2498,51-53.


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stieß er auf etwa 200 zechende Soldaten und junge Mönche, und traf auch Adlige an, die ihm bekannt waren. Letztere bemerkten, dass sie lieber mit Kaiser [Karl V.]nach Ungarn ziehen würden als gegen die [Schmalkaldener], vor denen sie Angst hätten. Man erwäge die Bedeutung dieser Worte! Das Verhalten der Fünf Orte ist ärgerlich. Sie sollen in Beckenried versammelt sein. Wenn ihnen nur das widerfahren würde, was Myconius ihnen schon früher wünschte! Bullinger soll weiter berichten. Aus Straßburg meldet man das Vorrücken eines Heereszugs von 25'000 Mann aus Belgien gegen die [Schmalkaldener]. Hoffentlich hat [Landgraf Philipp von] Hessen sein Territorium für einen Angriff gut befestigt, ehe er es verließ! In [Basel]befindet sich ein Mömpelgarder [...], der in der Umgebung (nicht aber in Basel selbst) mustert. Die Söldner werden nach Straßburg geschickt, wohl zu Graf [Georg von Württemberg], dem Bruder Herzog [Ulrichs] von Württemberg. Graf Wilhelm von Fürstenberg leidet an Melancholie. Bullinger soll den Überbringer [...]des vorliegenden Briefes an Konrad Gessner empfehlen. Dieser soll sein Versprechen halten. Myconius lässt ihn grüßen. Das Zögern der [protestantischen Eidgenossen] könnte üble Folgen haben. Myconius schreibt [Briefe], müsste aber arbeiten!

S. Quqe dixi 1 de Schertlio et occupato auro pape 2 , vanum esse intelligo; quod mihi dolet.

Hoc certum: Fuit nobilis de Mülinen 3 in itinere ad Campidunum 4 , cui ut cognato dominus de Rischach 5 et equos et famulum 6 dederat. lllo tamen penetrare non poterat. 7 Venit ergo ad monasterium Salmerschwilam 8 . Repent milites ad ducentos egregie bibentes et monachos iuvenes fortiter et fundentes 9 et potantes. Adiit ibi nobiles, quos norat, qui omnes uno ore hoc modo fatebantur: "Wenn uns der keyser 10 in Ungarn furte, werend wir allsamen frutig 11 und frölich. Wenn wir aber gedenckenn, wider wän er uns füren wil, ist uns hertz und mut empfallen." Expende, quid haec verba significent! Oremus nos, ut sit mens sana in corpore sano 12 ac forti.

De Quinquepagicis equidem vehementer ringor. Vellem, quod olim volui, 13 si foret occasio. Aiunt eos simul esse in Beggenried 14 . Si quid rescieris, exponito.

1 In Nr. 2509,30-40.
2 Paul III.
3 Wohl Hans Ludwig IV. von Mülinen zu Wildenstein (geb. 1525, gest. vor 1572), dessen Mutter Elisabeth von Reischach hieß (s. Berchtold von Mülinen, Familien-Geschichte und Genealogie der Grafen von Mülinen, Berlin 1844, S. 27f. 30; Urs Martin Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs. Studien zur spätmittelalterlichen Selbstdarstellung im oberdeutschen und schweizerischen Raume, Bern 1986, S. 418), und der später die im Hause Ludwigs von Reischach wohnende Stieftochter, Ursula von Bärenfels, heiratete. Reischach hatte nämlich nach 1543 deren Mutter Katharina Nagel von Königsbach,
die Witwe Jakobs von Bärenfels (gest. 1543) geheiratet; s. AK VII 327, Anm. 3.
4 Kempten.
5 Ludwig von Reischach.
6 Unbekannt.
7 Vgl. Nr. 2492,28-30. — Ludwig von Reischach war ein Anhänger des Kaisers; s. HBBW XIII 271,14f; und oben Nr. 2470,7-9.
8 Die Reichsabtei Salem (Salmansweiler) am Bodensee, von wo sich die kaiserlichen Truppen kurz zuvor zurückgezogen hatten; vgl. Nr. 2505, Anm. 84.
9 Wein einschenkend.
10 Karl V.
11 munter.
12 Vgl. Juvenal, Satiren, 10, 356.
13 Vgl. Nr. 2508,14-19.


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Heri intellexi ex Argentina exercitum 25'000 venire contra nos ex Belgico. 15 Quod si verum, miror, cur Hessus 16 a patria discedat tam procul, nisi forte post tergum omnia sic habeat munita, 17 ut timere nequeat.

Est hic Monbelgardensis, qui milites conscribit, 18 non Basilienses, sed extraneos. Mittit eos Argentinam, credo ad comitem fratrem 19 ducis Wirtenbergensis 20 . Gulielmus comes Furstenbergensis laborat melancholia, 21 nimirum quod nihil processerit ex animo.

Qui has reddit, 22 aditurus est d. Cunhardum Gesnerum. Ei, queso, hominem commendes. Et iube, ut fidem solvat; novit enim, quid mihi sit pollicitus. Eundem salutabis.

Timent boni, ne dilationes, quibus nostri 23 utuntur, cessure sint nobis in malum. Ego tamen spero, quia dominum habent in oculis, consiliis non aberraturos.

Vale cum tuis in domino. Ich sott studieren, so 24 tribt min anfechtung 25 zu schriben. Basileae, 24. juli anno 1546.

Tuus Os. Myco.

14 Beckenried (Kt. Nidwalden); vgl. EA IV/ld 652 1 (ohne Angabe des Treffpunktes).
15 Vgl. schon Nr. 2491,34f. —Damals grassierte die Nachricht über das Vorrücken des kaiserlichen Feldherrn Maximilian von Egmont, Graf von Büren. Sein Heer sollte aber geringer ausfallen, als man es Mitte Juli befürchtete. Im August führte er 12'000 Fußsoldaten und 4'000 Reiter mit sich; s. Nr. 2514,107-109; PC IV/I, 2481, Nr. 225 (vom 18. Juli); 255, Nr. 233 (vom 23. Juli); 276, Anm. 3; Zürich StA, A 177, Nr. 21.
16 Landgraf Philipp von Hessen, damals auf dem Vormarsch Richtung Süden; s. Karl Ebel, Kleine Beiträge zur Geschichte Hessens im Schmalkaldischen Krieg, in: Philipp der Grossmütige. Beiträge zur Geschichte seines Lebens und seiner Zeit, Marburg 1904, S. 568f.
17 Vgl. Nr. 2498,138-140; Nr. 2516,25.
18 Unbekannt.
19 Georg von Württemberg-Mömpelgard.
20 Ulrich von Württemberg.
21 Zur Depression des Grafen Wilhelm von Fürstenberg s. Wagner, Fürstenberg 2671.
22 Ein Engländer (s. Nr. 2516,27f). Warum Rudolf Steiger in seinem "Promptuarium Konrad Gessner" (Zürich ZB) hier den Arzt John Caius vermutet, bleibt schleierhaft. Caius hatte zwischen 1539 und
1544 in Italien und Basel gelebt. Seine Bekanntschaft mit Gessner ist vor 1555 bezeugt; s. Gessner, Historiae animalium liber III., Zürich 1555 (VD16 G1730), f. a6r. Zurich Letters I 31. 17 des Anhangs. Allerdings müsste man annehmen, dass Caius während der für seine Biographie schlecht belegten Zeitspanne zwischen seinem Weggang aus Cambridge im September 1545 und seiner Anstellung in London im Jahre 1547 eine Reise auf den Kontinent im Laufe des Jahres 1546 unternommen hatte; s. John Venn, The Works of John Caius ... with a Memoir of his Life, Cambridge 1912, S. 7. — Siehe ferner Nr. 2550, Anm. 3.
23 Hier sind wohl weniger die Schmalkaldener als vielmehr die protestantischen Stadtkantone der Eidgenossenschaft gemeint, die gemeinsam mit ihren verbündeten Orten dem Landgrafen, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und den schmalkaldischen Städten Süddeutschlands keine konkrete Antwort auf deren Hilfsgesuch gaben, sondern sie mit einem neutralen Verhalten und auf eine spätere Antwort vertrösteten; s. EA IV/1d 633f i.5 und 7; Zürich StA, A 227/1, Nr. 80. Die Unzufriedenheit Myconius' mit der Haltung der protestantischen Eidgenossen geht schon aus Nr. 2508 hervor.
24 jedoch.
25 Affekt, Betroffenheit; s. SI I 666.


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[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, viro doctissimo, ecclesiae Tigurinae pastori fidelissimo, fratri in domino observando suo.