Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2541]

[Hans Vogler
an Bullinger] [...],
[21.] August [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 271 (ohne Siegel) a Ungedruckt

Gruß von [Joachim] Vadian. Herzog [Wilhelm] von Kleve führt 400 Infanteristen mit sich; der Herzog von Pommern [Johann von Brandenburg-Küstrin] 200 Kavalleristen. Beide befinden sich in der Nähe von Nürnberg und ziehen gegen die Protestanten. Kurfürst [Johann Friedrich] von Sachsen und [Landgraf Philipp] von Hessen haben eine Gesandtschaft nach Nürnberg abgefertigt und die Stadt aufgefordert, sich dem [Schmalkaldischen] Bund anzuschließen. Was erreicht wurde, ist unbekannt. Fest steht, dass die Stadtbevölkerung dem Bund wohlgesinnt ist. Man soll sogar den Protestanten eine Wagenladung mit Geld geschickt haben. [Sebastian von Heusenstamm], Bischof von Mainz, habe eine Stadt des Landgrafen eingenommen. Man sagt aber, dass der Landgraf diese sogleich zurückeroberte. Derselbe Bischof

c Textverlust durch Entfernung des Siegels. — a Siehe dazu unten Anm. 40.
26 Bernhard (1517-1553), Sohn von Markgraf Ernst I. von Baden-Durlach.
27 Rudolf Garb, Abt der Benediktinerabtei Schuttern (Ortenaukreis, Baden-Württemberg) von 1535 bis 1550; s. Eugen Hillenbrand, Paulus Volzius Offenburgensis - Benediktinermönch zwischen Reform und Reformation, in: Freiburger Diözesan-Archiv 116, 1996, 20.
28 Der Abt.
29 Unbekannt. 30 nur.
1 Wahrscheinlich St. Gallen; s. unten Anm. b.
2 Das Jahr geht aus dem Inhalt des Briefes, besonders aus Z. 32f, hervor, während das genaue Datum aus der fehlerhaften Angabe unten Z. I (,,Sampstag, dem 20. augusti") abgeleitet werden kann: Im Jahre 1546 fiel der 20. August auf einen Freitag, und Vogler wird sich eher (vgl. Nr. 2531, Anm. k, Anm. s und Anm. y) bei der Zahlenangabe als bei der Tagesbezeichnung geirrt haben.


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wollte 1 '000 Kavalleristen des [kaiserlichen Maximilian von Egmont, Grafen] von Büren, in Mainz einlassen. Die Bevölkerung konnte dies verhindern und tötete dabei einige Pferde. Die Truppen des Landgrafen, die das auf der anderen Seite des Rheins gelegene [Mainz-Kastell eingenommen hatten, sollen daraufhin in Mainz eingedrungen sein und so den Bischof und seine Pfaffen gezwungen haben, sich im Bischofsschloss zu verschanzen. Viele, u.a. Herzog Moritz [von Sachsen], Pfalzgraf [Friedrich Il.] und [die Städte] Frankfurt und Straßburg, widersetzen sich dem [Grafen von] Büren, welcher dem Kaiser [Karl V.] zu Hilfe kommt. Herzog Moritz hat alle Grenzübergänge zu den Territorien des böhmischen [Königs Ferdinand mit Truppen]besetzt. Der Kaiser soll noch in Landshut sein und vorhaben, sein Lager bei Regensburg aufzuschlagen. Es heißt, dass er alle Schiffe [auf der Donau]beschlagnahmt habe. Die [Schmalkaldener] haben eine Gesandtschaft nach Leutkirch und Wangen [im Allgäu] abgefertigt. Beide Ortschaften gelobten [den Schmalkaldenern] Treue und stellen Truppen zur Verfügung. Diese werden angeblich schon in der kommenden Nacht Weingarten erreichen. Am 14. August hat der Kaiser [den Schmalkaldenern] den Krieg erklärt. Am 15. habe er Landshut in Richtung Regensburg verlassen. Er soll auch [Herzog Wilhelm] von Bayern eine Gesandtschaft nach München geschickt haben.

Sampstag, de 20. augusti, 3 uß [...]berg b .

Her Vadianus gruß.

Item der hertzog von Cleff, 4 400 fussknecht. Item der hertzog von Pomernn, 5 200 pfart. Diße sind by Nürmberg hinzogen und uff 6 der protestierenden siten zu.

Item der churfürst 7 und Hessen 8 haben ir potschaft zu Nürmberg 9 ghept und begert, in punt zu gon und halten, 10 etc. Was aida phandelt, ist verborgen, die gmain 11 aber gantz willig. 12 Daruff sol man c am wagen mitt gelt 13 uß der stat den protestierenden zugfurt haben, etc. Gantz still alda. 14

b Der Ortsname liest sich wie Nurnberg. Dass aber der Brief in Nürnberg geschrieben wurde, ist unwahrscheinlich, zumal er mit der Übermittlung eines Grußes von Vadian beginnt und da kaum anzunehmen ist, dass Vogler am 21. August in Nürnberg weilte, wenn er bereits am 24. ganz sicher in Zürich nachgewiesen werden kann; s. Nr. 2544.
C man fehlt in der Vorlage, in der vor dem Wort sol ein nicht gestrichenes ist vorausgeht.
3 Gemeint ist der 21. August; s. oben Anm. 2.
4 Wilhelm von Kleve, ein Verbündeter des Kaisers.
5 Markgraf Johann (Hans) von Brandenburg-Küstrin (1513-1571), der 1538 dem Schmalkaldischen Bund beigetreten war, sich aber wegen der feindlichen Haltung des Bundes gegenüber seinem Schwiegervater, Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1546 der kaiserlichen Partei anschloss. Ende Juli werden 900 (bei Mameranus 700) von ihm ausgerüstete Kavalleristen erwähnt. Am 1. August verließ er Regensburg, um der Kavallerie entgegenzureiten. Am 5. musterte er diese in Straubing, etwa 45 km südöstlich von Regensburg; s. Viglius
van Zwichem 29. 53 und 58, Anm. 1; Mameranus, Exerc. 24.
6 gegen.
7 Johann Friedrich I. von Sachsen.
8 Landgraf Philipp von Hessen.
9 Zu dieser kurz vor dem 5. August abgefertigten Gesandtschaft s. Viglius van Zwichem 60, Anm. 4; Nr. 2542,9-16. — Zur wankelmütigen Haltung Nürnbergs s. Nr. 2489 und Anm. 70; Nr. 2491,64-66; Nr. 2501,3-5; Nr. 2529,26f.
10 in punt zu gon und halten: sich dem [Schmalkaldischen] Bund anzuschließen.
11 Vermutlich (vgl. unten Z. 15) ist hier die Stadtbevölkerung und nicht der Stadtrat gemeint; s. SI IV 302.
12 Vgl. Nr. 2542,15f.


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Item zu Mäntz hat der bischoff 15 dem lantgraffen ainn stat ingnomen. Haist N. Da sind 10 fenly lantgrafischen komen, die andern wider hrußgschlagen und die statt wider besetzt. 16

Item der bischoff von Mentz hat von dess von Puren 17 huffen 1'000 pfärt in die statt Mentz wellen lassen. Und alß by 40 pfärt in die statt Mantz komen, hat die gmain den gatter fallen lassen, die pfart etlich erschlagen, etlich gfangen. 18 Nachmalß sind die 10 fenly, so des lantgraffen enet Rinh 19 die statt N. 20 erobert, nachtz uberin gfallen. 21 Die haben die burger inglassen. Als nun der bischoff und pfaffen dess gwar worden, sind sy all in das schloss gwichen.

Item dess von Puren huffen, so uberin welt, dem kayser 22 zu hilff sind entgegen 23 viel, namlich hertzog Moritz 24 , pfaltzgraf Fridrich 25 Frankfurt, Strasburg, andre.

Item hertzog Moritz hat alle pass verlegt 26 gegen den Bohemer 27 , den er nit verthruwen wil.

Item kay[seriiche]m[ajesta]t sol nach dato 28 zu Landzhut ligen, 29 und uff Regenspurg, willens sich alda zu legern, darin 10 fenly lantzknecht und 2'000 pfart.

Item kay. mt. hat och alle schiff 30 dero vil sindt, verwart 31 .

13 Vgl. dazu die Angaben über die erheblichen Geldbeträge, die Nürnberg damals den Schmalkaldenern als Darlehen zugestand; s. Viglius van Zwichem, aaO; Gerber, Kriegsrechnungen I 61; Roth, Augsburg III 394. 421, Anm. 47.
14 Diese Nachrichten aus Nürnberg wurden wohl durch Matthias Claudius verbreitet, der am 31. Juli auf der Reise von Nürnberg nach St. Gallen in Lindau nachgewiesen ist; s. Vadian BW VI 552.
15 Sebastian von Heusenstamm.
16 Der erste Teil dieser Nachricht ist wohl ein Gerücht, zumal sich keine Angriffe vonseiten Mainz' auf hessische Ortschaften ermitteln ließen. Allerdings gelang es den hessischen Truppen am 9. August, das auf der anderen Seite des Rheins gegenüber der Mainzer Altstadt gelegene Mainz-Kastel einzunehmen, welches sich kampflos ergab; s. PC IV/1 297, Nr. 278; 317f, Nr. 298; Anton Brück, Stadt und Erzstift Mainz im Schmalkaldischen Krieg (nach den Protokollen des Mainzer Domkapitels), in: Hessisches Jh. für Landesgeschichte 4, 1954, 160.
17 Maximilian von Egmont, Graf von Büren. — Zu dessen Truppen s. zuletzt Nr. 2540, Anm. 10.
18 Vgl. oben Nr. 2540,12-14 und Anm. 8.
19 enet Rinh: auf der anderen Seite des Rheins.
20 d.h. Mainz-Kastel; s. oben Anm. 16. 21 Vgl. Nr. 2540,15-17 und Anm. 12.
22 Karl V.
23 sind entgegen: widersetzen sich.
24 Moritz von Sachsen.
25 Friedrich II. von der Pfalz.
26 versperrt.
27 König Ferdinand I. von Böhmen; vgl. Nr. 2519,17f; Nr. 2603,23f.
28 nach dato: noch immer.
29 Karl V. hatte jedoch Landshut bereits am 15. August in Richtung Regensburg verlassen. Vom 17. bis 21. August schlug er sein Lager vor Regensburg auf; s. Viglius van Zwichem 54f; Stälin 579. — Vogler korrigiert seine falsche Meldung unten Z. 321.
30 auf der Donau.
31 beschlagnahmt; s. SI XVI 842.


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Item Lutkirch und Wangen, 32 bed stett, zu disen hat man 33 zuvor ain potten gschickt. Es komen 34 3 fenly, 100 pfart. Sy werden hulden 35 den protestierenden d , dess sy gethon. Und achten, diser nacht zu Wingarten 36 sin.

Item kay. mt. haben uff 14. dis monatz abgsagt, 37 und uff 15. sol er wider von Lantzhut uff Regenspurg zuzogen sin.

Item der kayser hat ein potschaft zu Müchen 38 ghapt. Alda ligt Payern 39 .

[Ohne Unterschrift.]

[Ohne Adresse.]40