Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Berchtold Haller an
Bullinger
[Bern],
25. Juli [1532]1

Autograph: Zürich StA, E II 343,103. Leicht beschädigt, Siegelspur Teildruck: Johann Heinrich Ott, Annales Anabaptistici, Zürich 1672, S. 57

Entschuldigt sich wegen der Kürze seines Briefes, lobt die ihm zugesandten Schriften Bullingers, vor allem den Kommentar zum Hebräerbrief, freut sich über den angekündigten Besuch Bullingers und berichtet vom Täufergespräch in Zofingen, dessen Akten in Zürich unter Bullingers und Juds Aufsicht gedruckt werden sollen.

Gratiam et pacem a domino.

Longas a me exigis chartas 2 . Longiores praestassem, ubi per ocium licuisset, hoc saltem nuncio 3 , qui a senatu amandatus quam ocissime iter arripuit. Hunc remorari non licebat. Toto vero mane et contioni et consistorio cum interessem, non potui praestare, quod animus meus summe desiderabat.

Omnia placent, quae Bucero respondisti 4 , similiter et magistratui de turcica expeditione 5 .

c in fidelitatem am Rande nachgetragen.
d in der Vorlage tragedia.
e in der Vorlage Salutat.
4 Wohl Bullingers Vater, Dekan Heinrich Bullinger.
5 Ob damit Hans Ulrich (1501-1545) oder Simon Zehender (1504-1566) gemeint ist, bleibt unklar; vgl. Merz, aaO.
6 Bullinger folgte der Einladung nicht, s. unten S. 179,33f.
7 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
1 Aufgrund des Inhalts läßt sich der Brief einwandfrei ins Jahr 1532 einordnen.
2 Nicht erhalten.
3 Unbekannt, ein amtlicher Berner Bote.
4 Siehe oben Nr. 110.


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In eandem sententiam nobiscum egit Megander pro contione. Super omnia vero placent, quae in Haebreos congeris 6 . Perge et age, ut habeam quotidie, quae excud[untur]a . Nam hactenus nunquam ausus fui pro suggestu illam plebi proponere epistolam, nunc autem, cum omnia tam clara reddas tantamque cogitandi ansam ministres, tentabo sequenti septimana.

Caeterum quae pollic[itus]b es, nempe te mihi futurum hospitem Bernae, hoc praestare matura, ut vicissim consolemur 7 .

Quae cum anabaptistis Zofingae per 9 dies egimus 8 , iam in ordinem rediguntur, ut imprimantur 9 ; scribo nunc denuo Christofero 10 : 1. egimus de statu disputationis, fide et caritate, 2. de catabaptistarum missione, 3. de ecclesia, 4. de excommunicatione et illius executione, num per ecclesiam aut delegatos nomine ecclesiae, num perpetuo standum huic verbo: «Sit tibi ethnicus» etc. [Mt 18,17], an in aliam mutari possit mulctam etc., 5. de magistratu, 6. de iure iurando, 7. de censibus, 8. de missione et victu nostro, 9. de pedobaptismo. Megander et Se[basti]anus c Oeconomus 11 actores tragediae 12 fuere, a catabaptistis Linggius 13 , homo doctus, versipellis, e[lo]quens d et mirus hipocrita, ad imponendum aptissimus, alter Ioannes Hotz 14 uss

a-f Rand abgeschnitten.
5 Gemeint ist Bullingers und Juds Fürtrag vom 17. Juli 1532 zum Türkenzug, Zürich StA, E II 341,3510r.—3511r.; gedruckt: ASchweizerRef IV 1772. Der Fürtrag wurde veranlaßt durch die der Tagsatzung vom 9. und 10. Juli 1532 vorgetragenen Bitten des Kaisers und des französischen Königs, die Eidgenossen möchten sie im Kampf gegen die Türken unterstützen (EA IV/1b 1368—1371). Eine Antwort sollte an der nächsten Tagsatzung gegeben werden. Im Rahmen des Meinungsbildungsprozesses rieten Bullinger und Jud im Namen der Zürcher Geistlichkeit dem Rat, mit einer Teilnahme am Türkenzug vorsichtig zu sein, die Ereignisse abzuwarten und der Kreuzzugspropaganda von Kaiser, Papst und französischem König nicht blindlings zu vertrauen.
6 Bullingers «Commentarius in epistolam ad Hebraeos», 1532 (HBBibl I 38). Das Werk erschien im August und ist Philipp von Hessen gewidmet (unten Nr. 124 und 129). Haller hatte offenbar bereits einige Druckbogen zur Lektüre erhalten, s. noch HBD 22,8f; Pestalozzi 305.
7 Zu einem Besuch Bullingers bei Haller in Bern kam es nicht.
8 Zur Disputation von Zofingen, 1. bis 9. Juli 1532, s. oben S. 127, Anm. 4.
9 Auf Wunsch des Berner Rates (AZürcherRef 1874) wurden die Disputationsakten bei Froschauer in Zürich gedruckt (Rudolphi 207; HBBibI I 701; Edition in: QGTS IV 69—256).
10 Christoph Froschauer.
11 Sebastian Hofmeister.
12 Vgl. Otto 350, Nr. 1795.
13 Martin Lingg (Wininger, Weniger, genannt Lincki) aus Thayngen, Weber, bedeutender Täuferführer von Schaffhausen. Schon 1525 nahm er als Täufer an der Disputation vom 6. bis 9. November in Zürich teil und wurde danach ausgewiesen. Er entfaltete eine rege Tätigkeit zwischen Basel, Straßburg, Bern und Solothurn, hielt sich aber zwischendurch auch in Dießenhofen und Appenzell auf. Auf ausdrücklichen Wunsch Berns nahm Lingg an der Disputation von Zofingen teil; als Wortführer der Täufer verteidigte er ihre Prinzipien mit Geschick. Im Oktober 1532 predigte er auf zürcherischem Gebiet, 1535 widerrief er seine Lehre öffentlich in Schaffhausen und Schleitheim. —Lit.: QGTS II 41, Anm. 1. IV 71, Anm. 18 und Reg.; Peachey 115; Samuel Geiser, in: ML II 658.
14 Hans Hotz, aus dem Grüninger Amt, wurde wahrscheinlich bereits 1525 von Jörg Blaurock getauft und wirkte seither als überzeugter Verteidiger des Täufertums. Als der Zürcher Rat energisch gegen die Täufer im Grüninger Amt auftrat, wurde auch Hotz 1526 in den Zürcher «Ketzerturm» gesetzt. 1527 wieder gefangengenommen, blieb er, zusammen mit anderen Täufern, anderthalb Jahre lang in Haft. 1532 konnte er wieder frei wirken: Er nahm an der Zofinger Disputation teil und ließ sich u. a. zur Frage des Predigtamtes und der Taufe vernehmen. Am Täufergespräch von Bern 1538 verteidigte er die Glaubenstaufe in einem Bekenntnis und wurde daraufhin aus dem Gebiet Berns verbannt. — Lit.: QGTS IV 71, Anm. 18 und Reg.; Peachey 117; Samuel Geiser, in: ML II 351f.


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Gruninger am[pt]e , Hottinger 15 von Zolliken, in summa illorum 23. In actis omnia videbis. Quae dum Christofer[us] f imprimenda susceperit, tuae committo limae 16 et Leonis 17 . Non potui remittere, quae misisti 18 . Transcribam per amanuensem.

Vale et perpetuo mitte in Hebreos. Pellicano scripsissem, sed expectat nuncius.

Ich mein nitt, daß mir zitt mög werden ze schriben. Vale.

25. iulii.

Tuus Hallerus.

Salvi sint omnes symmistae.

[Adresse auf der Rückseite:]Heinricho Bullingero Tiguri, fratri suo omnium longe charissimo.