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Autograph: Zürich StA, E II 357a, 634-636 (Siegelabdruck) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 488-490, Nr. 1329
Der Briefüberbringer [Hans Schöner] ist ein ehrenwerter Mann aus einer angesehenen Augsburger
Familie, dem aber vor einigen Jahren durch einflussreiche Verwandte Unrecht widerfuhr.
Bullinger möge ihm eine günstige Unterkunft verschaffen, da er durch diesen Rechtsstreit
viel Geld verloren hat und sich bisher nicht rehabilitieren konnte. Blarer hat sich selbst schon
in Augsburg für ihn eingesetzt, konnte aber nichts ausrichten und verfolgt nun einen anderen
Plan, wie Schöner berichten wird. Da dieser sich aus Angst vor seinen Feinden nicht gerne in
den Reichsstädten aufhält, ist er der Meinung, dass es für ihn besser wäre, wenn er bis zu
Kriegsende in [Zürich] weilt. Schöners Frau [Dietburg, geb. Schellenberger] und Kinder
[Anna und Maria]befinden sich in Straßburg. Bullinger wird in dieser Angelegenheit wohl
auch an [Hans] Welser [Jakob] Herbrot und [Georg] Frölich schreiben, die für Schöners
Unglück zwar nicht verantwortlich sind, diesem aber wegen seiner Schrift [,,Warhafftige anzaigung"]
eher kritisch gegenüberstehen. Ein Teil derer, die an Schöners Elend schuld sind,
befindet sich nicht mehr in Augsburg; so z.B. der damalige Bürgermeister Wolfgang Rehlinger,
der nach [Straßburg]ausgewichen ist. — Blarer legt einen an sich gerichteten Brief Welsers
bei, damit Bullinger selbst feststellen mag, warum er im Gegensatz zu Frölich an Welser nichts
auszusetzen hat. Dieser war es, der in seinem ersten Jahr als Bürgermeister [1537 die Reformation
in Augsburg eingeführt] hat und deswegen auch sehr geschätzt wurde, was Blarer
während seines Aufenthalts in Augsburg [1539] selbst feststellen konnte. Welsers christlicher
und uneigennütziger Briefwechsel mit Blarer ist ein weiterer Beweis für seine Aufrichtigkeit.
—Ansonsten gibt es wenig Neues zu melden. Man wartet immer noch auf Nachrichten [über
den Kriegsverlauf an der Donau] und auf die Stellungnahme Herzog [Wilhelms] von Bayern
[gegenüber den Schmalkaldenern]. Sollte er diesen keinen Durchzug [durch seine Gebiete]
gewähren, wird es für sie schwierig werden, da in den letzten Jahren Ingolstadt gegen die
Türken stark befestigt wurde und die Einnahme der Stadt dementsprechend längere Zeit beanspruchen
würde, die sich Kaiser [Karl V.]für Rüstungen zunutze machen könnte. — Der
Augsburger Ratsherr Hans Zangmeister schreibt, dass der Kaiser das noch stark besetzte
Regensburg verlassen habe und nach Landshut gezogen sei, um dort sein Lager aufzuschlagen
und sich mit den päpstlichen Truppen zu vereinigen. Das kaiserliche Heer umfasst schon an
die 40'000 Soldaten, doch aus Österreich und Böhmen haben sich bisher nicht einmal 1'000
Söldner verpflichtet. Angeblich würde sich das Land [Böhmen oder Österreich und Böhmen?]
gern ergeben, wenn dies auf angemessene Weise geschehen könnte. Bayern ist von den kaiserlichen
Truppen überlaufen. —In Frölichs Brief der einen Tag vor Zangmeisters Schreiben
verfasst wurde, wird der Aufbruch des Kaisers [nach Landshut]noch nicht erwähnt. Dort wird
allein auf die noch ausstehende Antwort des [Herzogs] von Bayern hingewiesen. Frölich
übersandte ferner damit das dem vorliegenden Brief beigelegte Lied. — Gott erbarme sich
unser! Der Ausgang des Krieges ist unsicher und liegt in Gottes Hand. Bestimmt nimmt er sich
der Seinen an, auch wenn diese sterben müssten, zumal sie dann das vergängliche irdische
gegen das ewige Leben eintauschen dürften. —König [Ferdinand]verhält sich noch ruhig und
wirbt keine Truppen in Böhmen und Österreich an. Die Schmalkaldener bemühen sich ihrerseits,
ihn sich nicht zum Feinde zu machen, um ihn nicht zu einem Angriff in Schwaben, im
Sundgau, Breisgau oder Elsass zu reizen, denn dies würde sie zu einer Aufteilung ihres HeeresBriefe_Vol_17-307 arpa
zwingen. Daher haben sie auch dem König mitgeteilt, dass sie die Klause [Ehrenberg] nur
vorübergehend und aus reiner Notwendigkeit eingenommen haben, um den Durchzug der
Feinde zu verhindern. —[Die Schmalkaldener] haben sehr hohe Ausgaben, die sie langfristig
nicht tragen können. Bisher haben die Konstanzer 16'000 Gulden bezahlt. Nun wird nochmals
der gleiche Betrag fällig. —[P.S.:]Bullinger möge dafür sorgen, dass [Hans Schöner] kostengünstig
unterkommt. Der Krieg wird wohl bald beendet sein. Dann sollte sich auch Schöners
Schicksal zum Besseren wenden, wofür sich Blarer auch tatkräftig einsetzen wird.
Gnad und frid, sonders vertrauwter, lieber herr und bruder. Zöger 2 ist gar ein
guter, frommer mann, ains guten ehrlichen herkommens und geschlechts zu
Augspurg 3 , dem aber verruckter jar gar unbillichs allda begegnet usß uffsatz
4 ettlicher seiner schwäger 5 , die aber domals gantz gwaltig 6 in Augspurg
gewesen, ouch ettlich noch sind, etc., wie er euch seiner handlung 7 , so ir
zeyt haben mögt, wol berichten wirdt. Bitt euch gantz fruntlich, inn gunstiglich
und christelich für bevolchen ze haben, ob er by euch etwan zu ainem
wirt oder sunst underkomen möchte, da 8 er nit kostlich 9 zeren müst. Er hat
ye nitt uberigs. Ist durch disen handel um ettlich tausend guldin kommen.
Hat allerlay versucht, aber nichts bys anher usrichten mögen. Ich hab selb
von seinen wegen gen Augspurg den burgermaistern 10 und ettlich andern des
raths geschriben. 11 Die haben sich vyl gegen mir empotten, ouch demnach
gegen im, aber es will kain nachtruck sein 12 . Hab ich yetz ain ander fürnemmen
13 seinen halb, wa 14 es gott fügte, das diser doppel glucklich hinuberBriefe_Vol_17-308 arpa
keme, wie er euch wol anzögen wirt. Mittler zeyt hellt er sich nitt gern in
den rychstetten. Sorgt immer, im möchte etwas beschwerlichs durch seine
myssgunstigen 15 zugericht werden. Hat gedacht, im am lydelichsten und
thainlichesten ze sein 16 mitt meinem rath, so er sich ettlich wochen by euch
hielt, byß sich die kriegsübung 17 wol und glucklich endete. Derhalb wellt ain
werck christelicher lieb an im beweysen und im beholffen sein allain mit
underbringen an ain kommeliche herberg 18 , dann es ja ain sonder gut werck
und grosß almusen ist, sölichen alten betrübten leuten hilflich und trostlich
ze sein. Er hat gar ain ehrlichs weyb 19 und liebe kindle 20 zu Strasburg. Ist
alles ain guts gottseligs volck. Darum thaind 21 das best. Wann ir mitt der
zeyt sein sachen recht erlernen, werden ir von seinen wegen dem Welser 22 ,
Herbrot 23 , Leto 24 , etc., ouch schreiben mögen. Si wellen im wol nitt gern
glympfen, 25 wiewol es durch sy nitt beschechen. Aber sein offen ausschreiben
26 hat sy etwas ubel verdrossen. Wellen im in etlichem nitt war lassen.
Aber in summa ich waiß vast 27 wol das im in der hoptsach ungütlich beschechen.
Die aber daran am schuldigesten gewesen, sind ains tails nitt
mehr zu Augspurg, alls 28 der Wolff Rechlinger 29 , welcher domals burgermaister
gewesen, darnach aber ausß forcht und sorg ettlicher sachen, davon
nitt ze schriben, hinweg kommen. Gott wirts sy all noch zu seiner zyt finden
und inen ir untrüw und misshandlung widergelten. Amen, amen!
||635 Ich schick euch hiemitt ain schriben 30 Ist mir vergangens sontags 31 zukomen von dem Welser 32 . Ich kan inn warlich nitt für falsch oder ungerecht
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urtailen, wiewol Laetus a maint, der grund seye kain nutz. 33 Er hat sich im ersten jar seins ampts 34 sehr und treffelich wol gehalten, grosß müh und arbait gehapt, sich dermassen dapffer bewysen, das im alle fromen, alls ich zu Augspurg gewesen, 35 im rath und usserhalb, gut lob verjechen 36 haben. Dann domals sind die pfaffen noch in der statt gewesen, und ist under im mess, götzen und anders abgeschaffen worden, 37 allso das ettlich mitt uffsatz 38 das ampt ab inen uff inn geschoben habend. So schribt er mir gar vyl für und für gantz christelich brieff, 39 da ich nitt gedencken köndt, warum ers thät, so im nitt ernst were. Dann er hat ye nichts von mir, weder ehren noch guts, zu gewarten. Wurde söliche arbait wol sparen und nach dem bruch 40 der reychen diser wellt eh müssig gehn, dann vergeblich arbaiten. Hab ich euch alles nitt verhalten können usß ursachen 41 .
Newer zeytung habend wir gar nichts sonders. Wartend all stund, wie sich die sach angehept 42 hab, und was der hertzog von Payer 43 zu antwort geben. 44 Soll er den pass haben abgeschlagen, wurde es müh und arbait, dann Ingelstadt ist gantz vest von ym yetzund vyl jar her gemacht 45 wider den Turcken 46 . Müsstend sy ain wyl ze schaffen haben. Mittler zyt wurde sich der kaiser 47 ouch baß 48 verfasst machen 49 .
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In diser stund schribt man mir von Augspurg, 50 das der kaiser von Regenspurg verrückt und gen Lantzhut zogen seye. 51 Da welle er das leger schlachen 52 . Hat doch Regenspurg starck besetzt. Des papsts 53 volck soll er ouch beschaiden 54 uff Lantzhut. Man acht, er seye yetzund in 40'000 starck on das, so im noch zuziechen soll. Ausß gantzem Osterreych und Becham 55 hat er noch nitt 1'000 mann, dann nieman will sich bestellen lassen. 56 Und sagt man, das land ergeb sich gern 57 , wann nun gott gnad gebe, das sy es mit fugen thain 58 köndten. Das Payerland ist verderbt mitt des kaisers volck, 59 gang welchen weg es welle. Sovyl schribt mir der Zangmaister 60 . b Diß schreibt mir Hans Zangmaister, ain rathsherr zu Augspurg und gantz frommer mann.
Aber Letus schribt nichts von des kaisers verucken 61 . Sain brieff ist aber ain tags elter dann des Zangmaisters. Ob vyllicht diß zytung erst hernach kommen und durch den Zangmaister kommen seye? b Lotus schreibt gar nichts news, dann das sy all stund warten zu vernemen des Payers antwurt. Hat mir ouch biligend carmina geschickt. 62 Wolt ich euch ouch mittailen.
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Ach, min Bullingere! Supplices domino esse non cessemus tantisper, dum nostri misereatur. Anceps etiamnum bellum est, si, utrinque quod fit, humanis rationibus estimes. Sed scio capilli capitis nostri non periturum absque celestis et optimi patris voluntate, 63 qui etiam, quod sua causa pent, olim 64 cum magni foenoris gloria restituet in resurrectione iustorum . Caducum, fluxum et plusquam evanidum est, quod hic vivitur, ut non magnopere dolendum, imo vero gaudendum sit, si hanc plenam quotidiana morte vitam cum perpetua solidaque vita commutemus. 65
||636 Der könig 66 sitzt noch allenthalb still, das er auss seinen landen nieman uffmanet 67 allso ouch die Bechern unnd Österreycher nitt, dann was selbs loufft 68 ; deren nitt vyl. 69 Dann die unsern thaind noch nitt dergleichen, alls ob sy den könig ouch für ain find habind, damitt er ouch still sytz unnd unnß hie oben 70 niemen kain gegenführ 71 mache in der landtvogtey Schwaben, item im Sungkgöw, Breysgöw, Elses, 72 etc. Derhalb ouch die unsern der Cluß 73 halb antwurt geben dem konig, sy habind sy eingenommen, nitt das sy die behalten wellten, sonder allain ausß unvermidelicher not, damitt der find dadurche nitt pasß möge haben, etc., so 74 sy doch ursach gnug wider inn 75 habend. Aber sy gedenckend all ding ze richten, damitt der konig nitt etwa ouch aine unru mach, und man unsern hauffen 76 taeien musse. Gibt aber gott gluck uff unser seyten, wirt man darnach yedermann wol um seinen pfennig finden 77 .
Es loufft uff unser seyten ain ungeschwungelicher kost 78 uff, den nieman erdulden möcht 79 , sollt es ain weyl wären. Mine herren habend je: erlegt Sechzechentusend c guldin und jez musend si noch so vil. Verum ista cave cuiquam alii.
Commenda nos domino diligenter. 13. augusti.
[Ohne Unterschrift.]
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Laßt euch zögern 80 um gottes und christlicher lieb, ouch minen willen gantz und getrulich bevolchen sein, ob er etwa by ainem völckle 81 uffs geringest zeren 82 möchte. Es ist doch, hoff ich, um ain kurtzes ze thain 83 , das wir sechen werden, ob wir bischoff oder bader 84 werden müssend. Allsdann, hoff ich zu gott, soll sin sach besser werden. Will yedermann anrüffen, damitt er d doch nitt alls gar verschulten werde, der gut allt ehrenmann.
[Adresse auf der Rückseite:]Incomparabili lesu Christi servo, d. Heinricho Bullingero, venerando et charissimo fratri. Tiguri.