Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2530]

Ambrosius Blarer
an Bullinger
[Konstanz],
9. August [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 684 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 486, Nr. 1325

Letzte Nacht kam [Konrad]Hofherr mit Briefen (davon einer an Blarer [nicht erhalten]) und mit Schriften Bullingers. Die für Augsburg bestimmten Schreiben wird Blarer bei nächster Gelegenheit weiterleiten. Der Übermittler vorliegenden Briefes [...]wird bald abreisen wollen, ehe Blarer etwas geschrieben hat. [Georg] Frölich hat sich immer wieder kritisch über [Hans] Welser geäußert. Mit seinem Kleinmut hätte er dem Kaiser [Karl V.] alles zugestanden! Wie Bartholomäus Welser brachte auch er als einer der Ersten in Augsburg seinen Besitz, seine Gattin [Barbara, geb. Adler] und seine Kinder in Sicherheit. Doch in seinen Briefen an Blarer gibt er zwar seine Angst zu, hofft aber, dass Gott ihn nicht verlassen wird. Demnach spricht Blarer ihm laufend Mut zu. Gott allein kennt Welsers wahres Wesen. Es ist daher Bullinger überlassen, ob er diesem [seinen Lukaskommentar] widmen will oder nicht. Bullingers [,,Antwort uff des Papsts Laden in das Concilium"] gefällt Blarer gut. Herzog [Wilhelm] von Bayern hätte gestern mitteilen sollen, ob er Freund oder Feind sein wolle. Die [Schmalkaldener] drohten ihm, ihn als Ersten anzugreifen, da sie durch sein Territorium ziehen müssen. Doch wurde Ingolstadt in den letzten Jahren gut befestigt ... —Da alle [schmalkaldischen] Truppen nord[östlich in Richtung Regensburg] ziehen, macht man sich um [die Bodenseeregion und um das Allgäu] Sorgen. Die [katholischen] Nachbarn könnten nämlich nun Ravensburg, Kempten, Isny wie auch andere Orte leicht überfallen. In großer Eile. -[P.S.:]Hofherr traf erst ein, nachdem Blarer den [vorgehenden]Brief [Nr. 2522]geschrieben hatte.

Necht 2 kompt Curio 3 mitt ewern andern brieffen 4 und schrifften 5 , deren ich mich zum hochsten bedanck. 6 Will die andern 7 uff Augspurg schicken by erstem 8 . Diser 9 will uff sin, das ich nichts waiß ze schriben.

Der Laetus 10 hat mich ettlich mal bericht, das es um den Welser 11 gar schwach stande. 12 Seye klainmütig 13 , stecke tieff hinder dem kaiser 14 . Hat wyb 15 und kind 16 zytlich hinwegg geflöchnet 17 , und sein güt und hab, wie auch Bartlome Welser 18 den ersten uffbruch in Augspurg gemacht. 19 Aber in seinen brieffen, die er noch für und für 20 an mich schreibt, 21 find ich gar güte

1 Das Jahr ergibt sich aus dem Inhalt.
2 Letzte Nacht.
3 Konrad Hofherr.
4 Nicht erhalten.
5 Dazu gehörte sicherlich Bullingers Entgegnung auf die päpstliche Einladung zum Trienter Konzil (s. unten Anm. 27).
6 Zu Hofherrs Rückberufung s. zuletzt Nr. 2513,38-48.
7 Aus diesem Zeitraum sind keine Briefe Bullingers nach Augsburg erhalten.
8 by erstem: bei der ersten Gelegenheit.
9 Der unbekannte Bote, der Blarers Brief nach Zürich befördern sollte.
10 Der Augsburger Stadtschreiber Georg Frölich. — In einem unbekannten Brief.
11 Hans Welser
12 Vor der politisch angespannten Lage hatte Frölich Welser ganz anders beurteilt; vgl. HBBW XVI 150,68-82.
13 Dies erklärt die aufmunternden Worte Bullingers in dessen Widmung an Welser (Nr. 2545), die er seinem Lukaskommentar voranstellte.
14 Karl V.
15 Barbara, geb. Adler.
16 Zu Welsers Kindern s. Augsburger Eliten 935.


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christliche wort. Schreibt wol, das creutz trucke inn ubel, hoffe aber, gott werd inn nitt lassen. Daruff ich im ouch vyl geschriben 22 und inn gesterckt, so vyl mir der herr gott gnad verlichen. Aber Laetus maint ye 23 , es seye kain gut fundament da, und so es an im were gestanden, er hette dem kaiser aller ding wilifaret. Ich waiß aber nitt und kans nitt urtailen. Gott kennt alle hertzen. 24 Dem seye es bevolchen! Daran thaind 25 im mitt der dedication 26 , wie euch fur gut ansicht. Kan min urtail hierinn nitt styf setzen.

Ewer antwort des concilii halber gefellt mir sehr wol. 27

Uff gestert hat der hertzog von Payer 28 sollen antwurt geben, ob er find oder freund welle sein. 29 Wirt er find sin wellen, so werden sy inn am ersten angrifen, dann 30 sy mussend ye 31 den pasß 32 haben. So ist aber Yngolstatt sehr vest buwen in kurtzen 33 jaren und nitt lichtlich ze gewynnen. 34

17 zytlich hinwegg geflöhnet: frühzeitig [wegen der drohenden Kriegsgefahr] außerhalb [von Augsburg] in Sicherheit gebracht; s. SI I 1160 s.v. flüchen.
18 Bartholomäus V. Welser d.Ä. (1484— 1561), Cousin von Hans Welser und zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Augsburger Welser-Gesellschaft.
19 Zum Verhalten der Augsburger Patrizier s. Nr. 2498,166-168; Nr. 2511,87-90.
20 für und für: weiterhin. 21 Nicht in Blarer BW.
22 Nicht in Blarer BW.
23 immer wieder; s. FNHDW VIII 337.
24 Apg 15, 8.
25 Daran thaind: Darum tut.
26 des Lukaskommentars; s. Nr. 2545, Anm. 2.
27 Die von Bullinger konzipierte "Antwort der Predigeren zu Zürich uff des Papsts Laden in das Concilium zu Trient" vom 1. August 1546. Original in Zürich StA, E I 1.5, Nr. 14a. Kopien aus Bullingers Besitz: Zürich ZB, Ms A 65, 95-100; Ms A 128, 2r.-6v. In Zürich ZB und StA befinden sich noch mindestens sieben weitere Kopien dieser Abhandlung. Druck: MiscTig. I/3, S. 26-38 (HBBibl I 733). Die Schrift wurde von Bullinger vor dem Zürcher Rat am 4. August vorgetragen; s. HBD 34. Siehe ferner EA IV/1d 651 d. 653 zu d.
28 Wilhelm IV. von Bayern.
29 Schon am 3. August 1546 hatten Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen einen Brief an Herzog Wilhelm gerichtet, um dessen Haltung auszuforschen. Dieser Brief
wurde mehrmals gedruckt (VD16 S950-S956); die Erstausgabe der Schrift wird wohl in Augsburg erschienen sein unter dem Titel: Von Gottes genaden Johannes Friderich Hertzog zu Sachssen, Philips Landtgraue zu Hessen und gemeyner Christlicher einung verordnete Kriegs Räthe an Hertzogen Wilhelmen zu Bayern. M.D.XLVI. Den III. Augusti, [Augsburg: Heinrich Steiner 1546] (VD16 S955). Zürich ZB besitzt unter der Signatur 18.1453/13 eine Nürnberger Ausgabe (VD16 S952). — Nachdem der Herzog keine deutliche Antwort gab, kam es am 7. August zu einem erneuten Schreiben, in dem der Landgraf und der Kurfürst den Herzog aufforderten, sich bis zum 9. August zu erklären. Auch dieses Ultimatum ließ der Herzog verstreichen und schickte erst am 12. August Gesandte mit Falschinformationen ins protestantische Lager; s. Herberger, Schertlin 123-125, Nr. 34; Schüz, Donaufeldzug 26-29; Zürich StA, A 227/1, Nr. 83 (Verso-Seite vom 8. August 1546); Nr. 84 (vom 10. August) und Nr. 85 (Nachricht aus Augsburg).
30 weil. 31 auf jeden Fall; s. FNHDW VIII 339.
32 Durchgang.
33 buwen in kurtzen: befestigt worden in den letzten.
34 Offensichtlich war es die Absicht des Herzogs, die schmalkaldischen wie auch die kaiserlichen Truppen nach Ingolstadt zu locken, um eine Entscheidungsschlacht zu provozieren; s. Schüz, Donaufeldzug 29.


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Wir sorgend, man mach das land hie oben 35 gar zu blooß 36 . Und wer nitt von nöten, das alles 37 hinab zucht, dann unsere nachpuren 39 möchten licht 40 ain volck machen, sy uberzucktind 41 Ravenspurg, Kempten, Ysne, etc. Es gat warlich nitt aller ding furtrechtlich 42 zu. Gott muß besser machen, dann 43 wir handlen. Den bitten trulich für unß.

Datum 9. a[ugusti]a in grosser yl.

A. Bl.

Curio ist erst komen, nachdem ich den andern brieff 44 geschriben hatt.

[Adresse auf der Rückseite:]Bullingero suo.