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Autograph: Zürich StA, E II 357, 250-252 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 656-658, Nr. 1479
I [1]Blarers Vetter Konrad Zwick erhielt von einem gut informierten Mann [...]einen Brief mit
dein Rat, die Konstanzer sollten sich mit Kaiser Karl V. aussöhnen und sich diesbezüglich an
Nicolas de Perrenot, Herrn von Granvelle, wenden. Dieser würde sich dafür lediglich im
Namen der gutnachbarlichen Beziehungen einsetzen, ohne irgendeine Belohnung zu erwarten!
Wie merkwürdig! Denn wie passt dies zu der Nachricht, die Bullinger mitgeteilt wurde? Das
menschliche Herz ist wahrlich verdorben und voller Arglist! -[2] Im Brief an Zwick steht
auch, dass der Kaiser und König Heinrich II. von Frankreich sich einig wären, dass der
Franzose dies aber verschweige, da er viel vorsichtiger als sein Vater Franz I. sei.
-[3]Zudem sei ein fünfjähriger Friedensvertrag zwischen Sultan Suleiman und dem Kaiser
geschlossen worden. Man kann sich denken, wozu! -[4]Das Konzil von Trient soll fortgesetzt
und umgehend neu ausgeschrieben werden. Auf Einberufung des Kaisers sollen alle Obrigkeiten
zur Teilnahme verpflichtet und alle dort gefassten Beschlüsse ohne Einspruch angenommen
und eingehalten werden. Ein etwaiger Widerstand soll sofort Strafmaßnahmen zur Folge
haben, zumal kein Stand mehr so mächtig ist, um sich im Alleingang dagegen behaupten zu
können. Bald wird wohl den Obrigkeiten die öffentliche Verkündigung des Evangeliums untersagt,
und wer dagegen opponiert, wird mit seiner Hinrichtung oder Vertreibung rechnen
müssen. Viele werden sich vom Evangelium abwenden, weil sie unbeständig sind. Andere
glauben wiederum, dass Papst Paul III. das Konzil verhindern und es bei den in Trient und
Bologna gefassten Beschlüssen belassen werde. - [5] Der armselige Schlettstädter Mönch
Johannes Hoffmeister befand sich auf dem Weg nach Augsburg, um dort gegen das Evangelium
zu intrigieren. In Günzburg aber erkrankte er an der Pest, und als er im Sterben lag,
bekannte er in Anwesenheit eines pfalzgräflichen Sekretärs namens Joachim Sailus [richtig:
Rutland], als Gelehrter der Heiligen Schrift, der die Wahrheit wohl erkannt hatte, Letztere
absichtlich bekämpft zu haben. Deshalb könne er keine Barmherzigkeit von Gott erwarten und
sei ewig verdammt. Georg Frölich teilte dies mit. Er meinte u.a., dass er nicht mehr mit
"Fröhlich" unterschreiben dürfe, auch wenn er immer noch die gleichen Überzeugungen
vertritt. Alle Berichterstatter aus Augsburg schreiben von Angst und Not! -[6] Der [gefangene]
Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen bleibt dem Evangelium treu. Er wird nicht
schlecht behandelt und ist bei Leonhard Stöcklin einquartiert, weicher mit Blarer befreundet
ist. Stöcklin schrieb, dass der Kurfürst noch einen Hof mit etwa 40 Dienern, seine Kanzlei [u.a.
Erasmus von Minckwitz] und einige Hofprediger [u.a. Christoph Hoffmann] bei sich habe.
Begibt er sich aus dem Haus, soll er von 50 mit Gewehren bewaffneten Spaniern umgeben
sein, die so seine Gefangenschaft zur Schau stellen. Vielleicht wird er schon während des
Reichstages freigelassen. Landgraf Philipp von Hessen liegt noch in Donauwörth [gefangen].
Niemand weiß Genaueres über sein Befinden, außer dass er nicht gut behandelt wird. Über ihn
gibt es viele Gerüchte. -[7]Philipp Melanchthon wurde von dem neu ernannten Kurfürsten
Moritz von Sachsen wieder an die Universität Wittenberg berufen. Diese bleibt erhalten.
Einige behaupten aber, er habe seinem Glauben abgeschworen: Eine pure Lüge! -[8]Bullinger
wird inzwischen erfahren haben, was mit Pier Luigi Farnese, dem Sohn des Papstes, in
Piacenza passiert ist. Man sagt, dass der Kaiser den derzeitigen Papst vertreiben und einen
anderen nach seinem Belieben einsetzen werde. Allerdings könnte solch ein Papst noch
schlimmer als der jetzige sein. -[9] Ein aus Donauwörth kommender Mann [...] berichtet
gerade, dass der Landgraf guten Mutes sei. - [10] In der vergangenen Woche sandte der
Augsburger Bürgermeister, Jakob Herbrot, einen Boten [...] an Blarern; dem er ein BeglaubigungsschreibenBriefe_Vol_20-493 arpa
mitgab. Der Bote teilte mit, dass alles auf einen Angriff gegen Konstanz
hindeute und der Kaiser vorhabe, Konstanz beispielhaft zu strafen. Deswegen sei den Konstanzern
geraten, schnellstmöglich eine Aussöhnung mit König Ferdinand und dem Kaiser
anzustreben. Dieser habe einige tausend Pferde aus den Niederlanden kommen. lassen und
wolle sein Kriegsvolk auch über den Winter behalten. Aufgrund seines Friedens mit den
Türken und mit Frankreich muss er sich vor keinen Unruhen im Reich fürchten, so dass er frei
gegen die Stadt Konstanz und ihre Nachbarn, die Eidgenossen, vorgehen kann. Blarer hat
Bullinger letztens (wie auch schon früher) in einem Brief [nicht erhalten] über die Verhandlungen
der Konstanzer Obrigkeit informiert. Man bleibt aber über die Gesinnung und die
Pläne des Kaisers völlig im Unklaren. -[11]Der Ausschuss der Reichsstädte auf dem Augsburger
Reichstag hat das Konzil von Trient abgelehnt und, wie schon früher, vom Kaiser die
Abhaltung eines freien, christlichen Konzils in Deutschland verlangt. Es ist fraglich, ob dies
den Städten zugestanden wird. - [12] Wann hat denn Hans Schöner Zürich verlassen und
wohin hat er sich begeben? -[13]Man bitte den unendlich barmherzigen Gott, dass er doch
seine standhafte, unbezwingbare und auf festen. Felsen gegründete Kirche der Welt offenbaren
möge! Derweil sollte man in den Predigten zur wahrhaften und raschen Buße aufrufen, damit
Deutschland der Verwüstung entkomme! Möge die Kirche sich verbessern und die Obrigkeit
eine strengere Zensur ausüben! Der Herr erbarme sich der Seinen! -[14]Bullinger sei dafür
gedankt, sich so gewissenhaft bei Johannes Wolf für die jungen Konstanzer eingesetzt zu
haben. Schon bald wird der junge [Josua Boschar]mit seinem jüngeren Bruder [Joseph]nach
Zurich kommen. Bullinger darf Wolf versichern, dass die beiden Jungen gelehrig und keine
Störenfriede sind und dass sie kein schlechtes Beispiel für die anderen Kostgänger abgeben
werden. Blarer verbürgt sich dafür. Sein Verwandter, Gregor von Ulm, wird nämlich vorerst
die [ihm anvertrauten Walter und Heinrich oder Achior von Ulm]nicht nach Zürich senden.
Deshalb kommt es wohl gelegen, wenn Wolf nun die Brüder [Boschar] aufnimmt. Wolf sei
gegrüßt! - [15] Ist Graf Georg von Württemberg noch in Zürich? - [16] Gruß.
-[17] [P.S..] So viel für diesmal, denn Blarer erfuhr erst spät, dass die Briefübermittlerin
[Barbara Winzürn?] nach Zürich reist. Zudem hat er derzeit sehr viel zu tun.
Es hat ain güter lieber mann 1 , und der allerlay sachen vyl wissends haben
mag, her geschriben meinem l[ieben]v[etter]Z[wick]2 , es werde ratsam sein
aller ding 3 , das meine herren um versünung bey kai[serlicher]m[ajesta]t 4
anhaltind by dem herrn Granvela 5 . Der werde die sachen gern zum besten
fürderen und das umb kainerlay gaben oder verehrung willen, sonder allain
ratione vicinorum. Das sind seine wort! Welchs unß doch zum höchsten
verwundert, wie sich dise ding, so euch zugeschriben werdend, 6 und das
ander, so yetz gemeldt, und vyl anders mehr zusamen rymind 7 . Es ist das
menschenkind voller arger lisst; pravum est cor hominis et imperscrutabile. 8Briefe_Vol_20-494 arpa
Diser schreibt ouch, das gewisslich und ongezweyffelt der kaiser und Frantzoß 9 treffelich und im grund wol ains seyen. Der Frantzoß aber halte seine a sachen gehaim und a gantz und gar still. Seye gar behütsam und handle vyl, gar vyl gwarsamlicher 10 , dann 11 sein vatter 12 gethon hab. Des 13 wisse er ain güten, satten grund, etc.
Es soll ouch gewiss ain funffjeriger frid zwüschen dem Turcken 14 und dem kaiser gemacht sein. Wahin 15 solichs alles diene, ist leychtlich 16 abzunemmen
Das trientisch concilium sol fürsich 17 gehn und von newem ausgeschriben werden, und dasselbig unverzogelich. 18 Will kai. mt. allen christlichen oberkaiten dahin verkunden 19 lassen. Was allda beschlossen wirt, soll on weyter wegerung 20 von mengklichem 21 angenommen und gehalten werden. Wer sich aber des widern welt 22 , da wird die execution allso bar 23 vorhanden sein, dann 24 kam stand mehr so mechtig, der sich darwider setzen dörff, diewyl die andern all wider inn sein werdend. O wie gar bald wirt es gethon sein, das kam oberkait das evangelium mehr haben oder offenlich wirt dorffen predigen lassen, und sonder 25 christen, die dabey blyben wellend, den hals darum geben oder doch verjagt und vertriben müssend werden! Es 26 schickend sich all sachen zu grosser verfolgung und grusammem blutvergiessen. Derhalb sich ouch ain grosser abfall zutragen wirt 27 by allen, die irer sach nitt ain rechten fusß gesetzt und ain güten, steyffen, velsigen grund gelegt habend. 28 Man hat aber darfür 29 , der papst 30 werde diß concilium
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hynderen 31 , dann er welle, es solle by dem beleyben, das yetz zu Trient und darnach zil Bonony 32 beschlossen seye.
Der ellend mynck zu Schlettstetten, der Hoffmaister 33 genant, ist auch uff Augspurg gezogen, allda sein sach ze practicieren 34 wider gottes wort. Alls er aber gen Gyntzburg 35 komen, ist ine die pestilentz angstossen 36 . Und alls er yetzund sterben söllen, hat er gesagt in beysein ains pfaltzgrefischen secretaris, Joachim Sailus b37 genant: "Ich bin ain glerter doctor der hailgen schrifft. Hab die warhait wol verstanden, aber wissentlich widerfochten. Darum hab ich kam barmhertzigkait ze gewarten. Muß ewig verloren sein." Diß hat mir der Laetus 38 under anderm geschriben mitt anzögung 39 , er dörffe nitt mehr Frölich schreiben, wiewol sein hertz und gemüt 40 stande und bleybe wie allweg 41 . Es schreibt yederman angst und not von Augspurg.
Der churfürst 42 wurt gantz wol gehalten. Ist hantlich an 43 gottes wort und steyff 44 . Lygt by dem herr Lienhart Stöcklin 45 zu herberg, der mir gar ain
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gunstiger, lieber herr und freund 46 ist. Schreibt, das er noch furstlich hoff hallt und byß in 40 personen der seinen lieben diener bey im habe, sampt seiner kantzley. 47 Wann er aber ausgang, so gangind allweg bys in 50 Spanyer mitt handtroren 48 vor und nach, sein fengknusß anzezögen 49 , wiewol man achtet, er werde siner fencknusß diß reychstags ledig 50 . Er hat noch seine prediger. 51 Die predigend im an der herberg, etc. Der landtgrauff 52 istc noch zu Tonawerd 53 . Hört nieman kam rechten grund 54 , wie es im gang 55 , dann 56 das er litt wol sölle gehalten werden. 57 Vyl und mancherlay wirt seinen halb aussgeben 58 .
Philipp 59 ist wider zu Wittenberg von dem newen 60 churfursten hertzog Mauritzen bestellt. 61 Und bleypt die schul 62 in allem wesen wie vor, wiewol ettlich von im ausgebend, er habe recantiert, etc. 63 Sind aber fabl[en]d .
||251 Wie es zu Blesentz 64 des papsts sun 65 ergangen, mögt ir nunmehr wol wissen. Es sind wunderbarliche ding. Man wills entlieh 66 darfür haben, der kaiser gedenck, disen papst abzetreyben und amen anderen seines gefallens inzusetzen, der aber nia wenig, ja vyllicht vyl mehr dann der yetzig schedlich 67 sein möchte.
Vom landtgrauffen sagt yetzund amer 68 (kompt von Thonouwerd) e , er seye gantz frölich und lichtsynnig 69 . Könne nichts an im spüren, das er etwas traurig und unmütig 70 seye.
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Diß nechst wochen 71 hat der f Herbrot, burgermaister f , amen 72 by mir gehapt mitt ainem credentzbrieff 73 , das ich ime 74 glouben solle, was er mitt mir reden werd und mir durch inn anzögen lassen: Er 75 könne, usß allem, das er seche, höre und erfaren möge, litt anderst gedencken noch vermuten (er höre auch von ettlichen fürnemen leuten ausß vertrauwen), das der kaiser willens, unß ze uberziechen 76 und zu ainem sölchen exempel ze stellen, daran sich vyl ander stossen 77 söllen. Derhalb er auch ernstlich rath, man welle furderlich 78 , on allen verzug dahin trachten, wie man mitt dem kaiser und k[onig] F[erdinand] usgesündt werde. Der kaiser hab yetz ettlich tausend frischer pferd usß dem Niderland beschickt 79 . So welle er das kriegsvolck wynteren 80 und behalten. Diewyl er dann mitt Turcken 81 und Franckrich rich 82 fride habe, und kam unru mehr im reych zu besorgen, seye anders nitt dran, dann das 83 er gegen unß und unsern nachpurn 84 etwas furnemen. Wiewol nun meine herren 85 in handlung stehnd (wie ir wisst und ich euch nechermal 86 anzögt hab und davor 87 ), noch danecht 88 waist nieman, wie man es gegen unß maint und was man fürnemmen möchte.
Der ausschutz 89 der stett zu Augspurg wegert sich des conciliums zu Trient. Begert, das der kaiser ain frey christelich concilium in teutscher nation, wie allweg begert worden, ansetze. Nitt waist man, ob sy es erhalten werden oder nitt.
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Ich weht gern vernemmen, wa 90 der gut Hans Schöner 91 hin were und wann er von euch hinweg gezogen.
Precemur dominum, pulsemus g sancta pertinacia aures inexhaustae ipsius misericordiae, ut ecclesiam suam toti mundo commonstret, quod super se sit aedificata firmissima nimirum et inexpugnabili petra. 92 Urgeamus veram et tempestivam nostrorum paenitentiam, qua sine mox horrendam Germanic desolationem et vastitatem 93 videbimus! Reformetur in dignam se faciem ecclesia Christi! Permoveatur magistratus ad severiorem censuram! Ah, quid aliud extra illa quam certissimum exitium expectabimus? Dominus nos respiciat!
||252 Quod tanta fide et diligentia cum Wolphio 94 vestro egisti, gratiam habeo multo maximam. Aderit istic propediem adulescens 95 cum germano fratre iuniore natu 96 . Tu Wolphium de utriusque ingenii tractabilitate securum esse iube. Ego illi sponsor fuero. Nihil prorsus hos turbaturos. Gregorius ab Ulmis, affinis meus 97 , ob certas caussas nondum mittet suos 98 . Quare puto Wolphio non incommodum fore, si duos hosce 99 fratres recipiat, a
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quorum moribus nihil plane caeteris suis discipulis metuet. Salutabis mihi optimum virum valde quam officiose.
Fac sciam, num comes Georgius a Wirtemperg isthic etiamnum hereat 100.
Bene vale, mi charissime et optime frater. 26. septembris 1547.
[Ohne Unterschrift.] |
Non licuit plura, quod sero resciverim de muliercule istius 101 ad vos profectione et multis nunc involvar negociis.
[Adresse auf der Rückseite:] Suo incomparabili amico ac fratri d. Heinricho Bullingero, sanctissimo Tigurino[rum]h antistiti ac vigilantissimo [pastori. Tiguri] 102