Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3005]

Johannes Haller
an Bullinger
[Augsburg]
9. September 1547

Autograph: Zürich ZB, Ms A 43, 353-358 (Siegelabdruck) Ungedruckt

[J]Haller möchte mit vorliegendem Brief den er Andreas [Gessner]anvertraut, ausführlicher über die Ereignisse in Augsburg berichten und so sein kürzlich [mit Brief Nr. 2999]gegebenes Versprechen wenigstens teilweise einlösen, da es ihm nicht möglich ist, jedes einzelne Detail wie in einem vertraulichen Gespräch darzulegen. Dabei wird er aber die für Zürich interessanten Angelegenheiten berücksichtigen. Ailes Weitere wird er bald, so Gott will, mündlich erzählen. Den Brief verfasst er auf Deutsch, damit Bulliger ihn den Freunden. mitteilen kann. Es ist ihm nämlich nicht möglich, allen zu schreiben. -[2]Kaiser Karl V. hat am 1. September alle Fürsten und Kurfürsten zu sich in seine Unterkunft bestellt, weil er sich noch zu schwach zum Ausreiten fühlte. Durch den jungen König Maximilian, Erzherzog von Österreich, hat er den Kurfürsten und den Reichsständen seine Gründe für die Ausschreibung des Reichtages darlegen lassen. Diese seien nämlich seiner Aufforderung nicht nachgekommen, auf den Reichstagen in Worms und Regensburg zu erscheinen, um eine Lösung der strittigen Reichsangelegenheiten zu finden. Sein Ziel sei nach wie vor eine friedliche Einigung in allen strittigen Fragen, besonders in der Religionsangelegenheit. Nach einigen rhetorischen Floskeln, die Haller der Kürze wegen beiseitelässt, gab Maximilian bekannt, dass auf dem gegenwärtigen Reichstag folgende Punkte zur Debatte stünden: -[3]1. Festlegung der Maßnahmen, die zur Einigung in der Religionsangelegenheit führen.. -[4]2. Wahrung des ewigen Landfriedens [von 1495]. Die Reichsstände mögen ggf Verbesserungsvorschläge bezüglich des Landfriedens vorbringen. -[5]3. Neubesetzung des Reichskammergerichtes und Bestimmung von zehn zusätzlichen Personen zur Unterstützung und Vertretung der Richter, um lange Wartezeiten bei der Behandlung der Rechtsfälle zu vermeiden. -[6]4. Die Rückerstattung aller [unrechtmäßig] in Besitz genommenen Güter und Ländereien. -[7]5. Vertagung der Frage der Türkenabwehr bis zur Ankunft König Ferdinands. -[8] 6. Beitritt aller Reichsstände zu einem einzigen Bündnis, um den Frieden zu gewährleisten. -[9]7. Festlegung einer für das ganze Reich verbindlichen Währungseinheit. -[10] 8. Aufforderung an jeden Stand, seine Ansprüche und Rechte darzulegen, damit eine Lösung für die während der Reichstage entstandenen Streitigkeiten um die Sitzordnung der Abgeordneten gefunden werden kann. -[11] 9. Allgemeines Verbot von Geheimen Räten, um künftig Parteibildungen und Machenschaften zu unterbinden. - [12] Maximilian hat zuhanden der Abgeordneten diese neun Punkte vorgetragen. -[13] Demnach wird nun über die Religionsangelegenheit verhandelt. Der allmächtige Gott möge seiner eigenen Sache zu Hilfe kommen. Sonst ist alles verloren! Es ist kaum zu glauben, mit welch übertriebenem Hochmut die Bischöfe sich aufführen. Sie wollen nichts mehr von [dem nach Bologna verlegten]Konzil oder von anderen Ausgleichsversuchen hören, sondern nach dem Gutdünken des Kaisers urteilen und den Beschlüssen des Tridentinischen Konzils

C Darunter von einer anderen Hand: De coena cum decumbentibus. Item de rebus bellicis. Descripta Bull[ingero].
1 Der Ort ergibt sich aus dem Briefinhalt.


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Folge leisten. -[14]Haller hat sechs Kurfürsten gesehen, die an den Reichsversammlungen teilnehmen: Sebastian von Heusenstamm, den Erzbischof von Mainz; Adolf III. von Schaumburg, den Erzbischof von Köln; Johann V. von Isenburg, den Erzbischof von Trier; Pfalzgraf Friedrich II. den Weisen; Herzog Moritz von Sachsen; den jungen Kurfürsten [Johann Georg] von Brandenburg und einige weitere Fürsten und Bischöfe. Es ist nicht zu fassen, wie prunkvoll die drei Erzbischöfe auftreten! Die Kurfürsten lassen die Abgeordneten der Reichsstädte nicht an ihren Beratungen teilnehmen, obwohl bedeutende Gesandte, namentlich die Bürgermeister von nahezu allen Reichsstädten, anwesend sind. Erst nach ihren Beratungen legen sie ihre Beschlüsse den Reichsstädten dar. So viel zum Reichstag. -[15]König Ferdinand ist noch nicht in Augsburg eingetroffen, da er gegen die aufrührerischen Stände in Böhmen vorgeht, und zwar grausam. Er soll aus Städten Dörfer machen, indem er die Stadttore und Stadtmauern niederreißt. Die böhmischen Edelleute, die er gefangen genommen hat, werden geköpft oder zum lebenslangen Tragen von Halsstricken gezwungen. Von diesem Elend wird mehr erzählt, als Haller an dieser Stelle berichten kann. Sie werden ihrer Religion, ihrer Freiheiten und weiteren Rechte beraubt, die sie von Zeiten des Jan Hus an gehabt haben. Zudem mussten sie alle Waffen abgeben. Hier geht man davon aus, dass den Predigern in Augsburg nach Ankunft des Königs zumindest das Predigen untersagt werden wird: So wütend ist dieser auf das Evangelium! - [16] Herzog Ulrich von Württemberg kommt nicht nach Augsburg, weil er krank ist. - [17] Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, Bischof von Augsburg, hält wacker Messe im Dom. Er hat weniger Zulauf als erwartet. Seine Beauftragten schenken jede Woche den Armen, die es wollen, einen Taler, wenn diese mit ihrer Familie zur Messe kommen. Derjenige, der bei einem Leichenzug eine Kerze trägt, erhält einen Batzen. Dadurch wird deutlich, dass sie dem Antichristen angehören. -[18]Als im Dom ein Landsknecht [...]getraut werden sollte und zuvor noch zur Beichte gebeten wurde, fing dieser heftig an, über die Pfaffen zu fluchen, und verließ die Kirche mit seiner Braut [...]. - [19] Dem Pfarrer zu St. Ulrich, Johann Heinrich Held von Tiefenau, wurde der an seinem Haus angrenzende Garten zu einer Grabstätte für Ausländer geweiht. -[20] Der Bischof von Augsburg soll den Kaiser darum gebeten haben, das Predigen während des Reichstages zu verbieten; daraus entstünde viel Unheil. Der Kaiser soll nichts darauf geantwortet haben. -[21]Am 28. August haben sich einige ausländische Reiterknechte vor Predigtbeginn in der Kirche St. Ulrich versammelt und das Psalmensingen mit ausgelassenen Liedern unterbrochen. Einer von ihnen hat sich erdreistet, auf der Kanzel ein Kartenspiel zu mischen, als hätte er vor, daraus zu predigen. Die Leute mussten ohne Predigt wieder abziehen. Als sich einer der Bürger [...] der Sache annehmen wollte, wurde er erstochen. Der Kaiser habe sich darüber geärgert; allerdings blieb die Tat ungestraft. - [22]Bullinger hat bestimmt von der schrecklichen Meuterei der Landsknechte gehört, die sich am 23. August ereignete und dem Kaiser ungeheure Schande einbrachte. Grund dafür war, dass die Landsknechte nach einer Truppenmusterung nicht den ausstehenden Sold von drei Monaten, sondern nur von einem Monat erhielten. Im Zuge des darauffolgenden Tumults zogen die Landsknechte bis vor die Unterkunft des Kaisers und forderten lauthals ihr Recht. Die erschrockenen spanischen Soldaten schlossen in Windeseile sämtliche Tore der Stadt, eilten alle bewaffnet zur Unterkunft des Kaisers hin, während die Augsburger zu ihren Waffen griffen, ohne Partei zu nehmen. Während zwei Stunden befürchtete man, dass die deutschen Landsknechte und die ausländischen Streitkräfte aufeinander losgehen würden. Wäre es dazu gekommen, hätten die Stadtbürger nicht eingegriffen. Den gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen hat man heimlich zum Kaiser weggeschafft. Schließlich konnten die Landsknechte mit schönen Verheißungen beschwichtigt werden. Allerdings wurde ein Leibwächter des Kaisers dabei erstochen. Gleich am nächsten Tag wurden die Landsknechte ausbezahlt und einige von ihnen entlassen. Doch bald darauf wurden die Anführer festgenommen. Zwei wurden am Fischmarkt an den Galgen gehängt und einen ganzen Tag dort gelassen. Zwei weitere wurden geköpft, und zur Abschreckung ließ man die kopflosen Leichen dort liegen. Einige andere wurden außerhalb der Stadt ertränkt. -[23] In Günzburg ist der Augustinermönch Johannes Hoffmeister jämmerlich gestorben. Auf dein Weg nach Augsburg erkrankte er plötzlich. Vor seinem Tod rief er voller Verzweiflung: "Oh weh, ich armselige Kreatur! Was habe ich bloß getan? Ich habe Gott


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im Himmel angelogen und die von mir erkannte Wahrheit wissentlich bekämpft. Deshalb bin ich verdammt und von einer Unzahl von Teufeln umzingelt!" So schrie er eine ganze Weile, SO dass Leute aus Neugier zu ihm kamen. Ein pfalzgräflicher Sekretär [Joachim Rutland?]forderte ihn auf Gott um Gnade zu bitten. Doch dazu konnte niemand ihn bewegen. So ist er in Verzweiflung gestorben. Nicht einmal die Pfaffen bestreiten dies. -[24] In Neapel hat sich Schlimmes ereignet. Der Vizekönig Pedro Alvarez de Toledo hat eine Rotte Kriegsknechte zusammengezogen und die Neapolitaner besiegt. Letztere wurden entwaffnet und beinahe 1'300 von ihnen getötet. -[25]Aus Frankreich und England sind keine Neuigkeiten eingetroffen. Landgraf Philipp von Hessen befindet sich noch in Donauwörth. Herzog Moritz ist sowohl bei den Deutschen als auch bei den Ausländern verhasst. -[26] Die Prädikanten in Wittenberg und Philipp Melanchthon sind neuerdings alle moritzisch" gesinnt. Diese Nachricht ist verbürgt. -[27]Die Augsburger Ratsherren hatten einige Pfarreien auf dein Land, die dem Spital angehörten. König Ferdinand und der Bischof von Augsburg vertrieben aber alle Pfarrer von dort, und die Augsburger Obrigkeit wird bis zum Ende des Reichstags nichts dagegen unternehmen können. Ansonsten geschehen täglich Fälle von Totschlag und andere Untaten, wovon Haller nicht berichten will. Die Predigttätigkeit wird tapfer fortgesetzt. Gott möge diese noch lange gewähren! -[28] In eigener Sache wurde Hailer bei den Ratsherren noch nicht vorstellig, denn wenn möglich, will er bis zum Ende seines zweijährigen Vertrages in Augsburg ausharren. Er will auf keinen Fall Anstoß erregen. -[29]Bullinger darf Hallers Brief wem auch immer mitteilen. Weitere Neuigkeiten würde Haller durch einen sicheren Boten übermitteln. Grüße, auch an alle Amtskollegen, besonders an Bullingers Familie und Rudolf Gwalther. Sebastian Lepusculus, Sixt Birck und Georg Frölich (der sich von einer Art Geschwür erholt) lassen grüßen. -[30]Der Kaiser soll erneut Kriegsknechte anwerben. Wofür, ist unklar. Er besitzt noch drei Regimenter aus Spaniern und zwei aus deutschen Landsknechten, wovon eines in Augsburg und das andere in Ulm stationiert ist. Haller und auch viele andere fürchten, dass ein Angriff auf Konstanz und die Eidgenossenschaft geplant wird (Gott verhindere so etwas!). Haller weiß aber nicht, ob das stimmt, sonst würde er die Zürcher Obrigkeit davon in Kenntnis setzen.

S. P. Promisi in proximis literis 2 me per hunc Andraeum 3 , civem illum Tigurinum, prolixius scripturum de his, quae apud nos fiunt Id nunc ex parte praestabo. Sed quoniam non possibile est tam familiariter singula sigillatim scribere, quam si colloquio liceret exponere familiari, ea tamen, quae, maxime vos scire scio desiderare, exponam. Et quae supersunt, deo dante brevi exponam coram. Scribam autem Germanice, ut possis communicare etiam aliis amicis nostris, quibus non vacat omnibus omnia scribere.

Uff den ersten tag septembers hatt die K[eiserliche] M[a]i[es]t[at]4 aile churfürsten und fürsten zu ir laßen berüffen in ir herberg 5 , diewyl er so schwach noch, das er nitt us hatt wellen ryten, und aida durch den jungen künig Maximilian, ertzhertzogen in Österrych, 6 den churfürsten und stenden deß rychs laßen fürtragen, worumb er disen rychstag ußgeschriben, das er nammlich vor 7 , etlich mai, als 8 zil Wurms und Regenspurg, 9 habe die fürsten

2 Brief Nr. 2999 vom 26. August.
3 Andreas Gessner d.J.; vgl. Nr. 2894,2; Nr. 2999,2-4.
4 Kaiser Karl V. -Er war bettlägerig; s. die Verweise in Nr. 2983, Anm. 3.
5 Der Kaiser wohnte im Fugger-Haus; s. Nr. 2970,13f.
6 Der damals 20jährige, künftige Kaiser Maximilian II., Sohn König Ferdinands I.
7 das er nammlich vor: da er nämlich in der Vergangenheit.
8 wie.


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und stend berufft, mitt inen die stritigen hendel tütscher nation zu verrichten 10 , si aber da litt erschinen, 11 deßhalb er bewegt, die selbigen herzuzüfüren, wie dann vor augen 12 . Deßhalb, wie vor sin fürnemmen alweg gsin 13 , alle spän 14 , insonderheit der gezweiten 15 religion halb, fridlich zu verrichten, also sye ir mjt. noch deß gesinnet, mitt anderem vilfaltigen gschwetz und gepreng 16 , das ich von vile wegen 17 zu schriben underlass. Und in summa proponiert 18 dise artickel, uff gegenwirtigen rychstag 19 zu handlen: 20

Zum ersten, die religion, mitt was mittel und wäg seliche theilung 21 möge in ein einikeit gebracht werden.

Zum 2., das der alt landsfriden 22 , so gemeine stend deß rychs mitt ein anderen habend, sölle in krefften bliben. So aber die stend etwas daran wüssind zu verbesseren, mögend si selichs fürbringen. Welle er gnediklich darzu verholffen sin 23 .

Zum 3., so sye er auch gedacht 24 , das camergricht zu besetzen und, damitt nieman ufzogen werd 25 , alweg 26 10 man nebend den verordneten camerrichteren zu haben, die inen behulffen 27 , und, so si nitt vermüglich 28 , an ir statt gebrucht werdind.

9 Der Reichstag von Worms war am 15. Dezember 1544, der von Regensburg am 5. Juni 1546 eröffnet worden; s. HBBW XV 78, Anm. 33; XVI 97, Anm. 3.
10 regeln.
11 Im Wormser Reichsabschied vom 4. August 1545 wurde zu Protokoll gegeben, dass angesichts der mangelnden Teilnahme der Fürsten am Reichstag keine annehmbare Einigung zustande gekommen sei, so dass die Verhandlungen in Religionsangelegenheiten auf einen künftigen Reichstag in Regensburg verschoben werden mussten (s. HBBW XV 24f, 434, Anm. 24), wo allerdings wegen des sich anbahnenden Krieges auch nichts geregelt wurde.
12 wie dann vor augen: wie dies nun geschieht.
13 fürnemmen alweg gsin: Absicht stets gewesen ist.
14 Streitigkeiten; s. SI X 279.
15 entzweiten.
16 gschwetz und gepreng: Schmeichelreden (s. SI IX 2248) und schöne Floskeln (s. SI V 689).
17 von vile wegen: wegen des großen Ausmaßes (dieser Ausführungen).
18 schlägt er vor; s. Grimm. XIII 2168.
19 Siehe dazu Nr. 2952, Anm. 6.
20 Zu einer ausführlichen Fassung dieser Tagesordnungspunkte (Proposition) s. RTA-JR XVIIIII 216-222, Nr. 33b. - In Zürich ZB, Ms A 43 (aus Bullingers Nachlass), sind zwei Abschriften einer ausführlicheren Fassung dieser "Propositiones" als der von Haller mitgeteilten erhalten: Auf S. 363-374 eine von einer unbekannten Hand erstellte Abschrift, die als Brief aus Basel nach Zürich übermittelt wurde, wie es aus ihren Fait- und Siegelspuren sowie aus dein Wasserzeichen hervorgeht; auf 5. 375-378 eine heute nicht mehr vollständig erhaltene und von Bullingers Hand erstellte Abschrift der zuvor erwähnten Kopie.
21 seuche theilung: solcher Zwiespalt.
22 Der während des Wormser Reichstags 1495 beschlossene "Ewige Landfriede", in dem u.a. das Austragen von Fehden verboten wurde; s. HBBW XVIII 391, Anm. 43.
23 verholffen sin: behilflich sein; s. SI II 1194.
24 bedacht.
25 ufzogen werd: hingehalten werden muss; s. DRW I 971.
26 stets.
27 behilflich (sind).
28 verfügbar (sind).


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Zum 4., die restitution, das iederman dem anderen widerumb zustelle, was imm endtnommen. 29

Zum 5., Türggenwere: Das well er lassen stan, bis ir mjt. brüder 30 ankomm.

Zum 6., das sich gmeine stend mitt einander umb frid und raw willen tütscher nation in einen punnt begebind. 31

Zum 7)., mitt was mittel ein müntz imm rych möcht gebrucht und gehalten werden. 32 Zum 8., diewyl bishar under den stenden vil zanck der session 33 halb gsin, das ein jeder sine jura 34 fürlegg, damitt man auch in dem ein verglichung mach 35 .

Zum 9., das auch keine ständ fürhin besonder und heimlich rät habind, sonder ein jeder sin stimm inn offnen räten sage, damitt parthyischen anfengen 36 und practiken 37 geweret werde. 38

|| 354 Dise 9 artickel hatt er inen zu handten fürtreit 39 . Uff das selbig 40 handlet man jetz imm ersten der Religion halb. Der allmechtig gott komme siner eignen sach zu hilff, dann sonst ist es alles verloren! Die bischoff jubilierend, tribend selchen hochmut, das nitt zu glauben. Meinend, si habinds jetz in henden. Wellend schier weder vom concili 41 noch anderer verglichung hören sagen, sonder uff deß keisers glück 42 hin

29 Vgl. dazu HBBW XIX 72,24-26; 107,50f; 110,108f.
30 König Ferdinand I., der erst am 20. Oktober 1547 in Augsburg eintraf; s. Nr. 2970. Anm. 18.
31 Zum geplanten Schwäbischen Bund siehe die Verweise in Nr. 2989, Anm. 1.
32 Die Bemühungen um eine Vereinheitlichung des Münzwesens blieben erfolglos; s. Rabe, Reichsbund 352-360; RTA-JR XVIIL/I 204.
33 Sitzplätze der Standesabgeordneten auf den Reichstagen. - In der damaligen Ständegesellschaft, in der die Standeshierarchie von grundlegender Bedeutung war und ein großes "Instrumentarium von Gesten und Handlungsweisen" implizierte, kam es deshalb des Öfteren zu Konflikten; s. RTA-JR XVIII/1 221; Thomas Felix Hartmann, Die Reichstage unter Karl V. Verfahren und Verfahrensentwicklung 1521-1555, Göttingen 2017, S. 259-263.
34 Rechte.
35 ein verglichung mach: einen Vergleich erziele; s. SI II 601.
36 parthyischen anfengen: Parteibildungen.
37 Machenschaften.
38 Die heimlichen Räte, die separat und nicht in den öffentlichen Sitzungen des Rats tagten, waren damals zuständig für sensible Angelegenheiten. unter anderem in Kriegsfragen.
39 vorgetragen.
40 Uff das selbig: Demnach.
41 Gemeint ist das von Papst Paul III. nach Bologna verlegte Trienter Konzil; s. Nr. 2908, Anm. 7. - Viele deutsche Katholiken waren über die Verlegung des Konzils von Trient nach Bologna entrüstet und entmutigt; s. z.B. Nikolaus Paulus, Der Augustinermönch Johannes Hoffmeister. Ein Lebensbild aus der Reformationszeit, Freiburg i. Br. 1891, S. 24f. Der Kaiser und die deutsche katholische Geistlichkeit waren bestrebt, "alles zu tun, um den Papst zur Rückverlegung des Konzils nach Trient zu veranlassen"; s. Pastor V 617; Nr. 3057, Anm. 16; Nr. 3076,[3]. Das Konzil wurde aber erst im Jahr 1551 wieder nach Trient verlegt; s. Nr. 3021, Anm. 18.
42 Gutdünken; s. FNHDW VI 2447.


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urtheilen, und dem Trientischen bschluß nachkommen. Aber wir hoffend, gott werde umb ein ander mittel sehen 43 .

Uff hütt datum sind die 6 churfürsten all imm rat gsin, die ich gsehen vom rathuß ryten: Mentz, Cöln, Trier 44 (ist unsaglich, was hoffart si ußtoßend) a , item pfaltzgraf Fridrich 45 , hertzog Moritz 46 , das fromm kind 47 , und der jung churfürst von Brandenburg 48 , mitt anderen meer fürsten und bischöfen. Die stett 49 laßend si nitt zu inen in die consilia, die doch vil eerlicher 50 bottschafften da habend (die burgermeister schier von allen stetten). Wenn si etwas beschloßen, wirt mans dann erst den stetten fürhalten 51 . Also stat es deß rychstags halb.

Ferdinandus ist noch nitt hie, dann 52 er (wie man sagt) in Behem 53 gar grusamm handlet. Bricht thor und muren von etlichen stetten; macht dörffer darus. Hatt ein große anzal behemischer herren gfangen, deren er etlich köpft, etlich sonst gestrafft, das si ir läbenlang strick an hälsen 54 tragen söllend (von welchem jamer man mee sagt, dann 55 zu schriben sye) b. Ir religion, fryheit und anders, das si von zyten an deß Hussen 56 ghept, ist inn als 57 endtnommen. Habend auch alle waffen von in 58 geben mußen. Man achtet auch nitt anders, dann, so bald er harkommen werde, werde uns zum wenigsten alles predigen abgstrickt 59 werden. Also wütig ist er wider das evangelium!

a Dieses und das nächste Klammerpaar ergänzt. -
b Dieses und das nächste Klammerpaar ergänzt.
43 sorgen.
44 Sebastian von Heusenstamm, Erzbischof von Mainz; Adolf III. von Schaumburg, Erzbischof von Köln; und Johann V. von Isenburg, Erzbischof von Trier.
45 Friedrich II. der Weise, der am 5. September in Augsburg eingetroffen war; s. RTA-JR XVIII/1 318, Anm. 4.
46 Moritz von Sachsen.
47 Wohl ironische Bezeichnung für den damals 26jährigen Herzog Moritz, Sohn Heinrichs des Frommen. In einem zeitgenössischen Lied zu seiner Ehre wird er als der "frome fürst" bezeichnet; s. Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, hg. y. Rochus von Liliencron, Bd. 4, Leipzig 1869, S. 410, Strophe 39.
48 Der 22jährige Johann Georg (1525- 1598), der seinen Vater, Kurfürst Joachim II., in Augsburg vertrat, bis dieser am 29. Oktober dort eintraf; s. RTA-JR XVIII/1 159 und Anm. 1.
49 Gemeint sind die Reichsstädte. -Vgl. PC IV/2 761, Anm. 1.
50 ehrenhafte.
51 darlegen. -Siehe dazu Harry Gerber, Die Bedeutung des Augsburger Reichstags von 1547/48 für das Ringen der Reichsstädte um Stimme, Stand und Session, in: Elsass-Lothringisches Jahrbuch 9, 1930, S. 168-208.
52 weil.
53 Böhmen. - Siehe Nr. 2929, Anm. 7; Nr. 2935, Anm. 33; Nr. 2990, Anm. 3.
54 Bereits im mittelalterlichen Klosterleben war der Halsstrick als Strafe gebräuchlich. Ein roter oder schwarzer Faden um den Hals konnte dabei eine erlassene Enthauptung symbolisieren; s. Otto Holzäpfel, Zur Phänomenologie des Ringbrauchtums, in: Zeitschrift für Volkskunde 64, 1968, S. 47.
55 als.
56 von zyten an deß Hussen: von der Zeit des Jan Hus an.
57 inn als: ihnen alles.
58 von in: von sich.
59 verboten.


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Hertzog Urich von Wirtenberg kumpt nitt, dann 60 er ist krank. 61

Unser bischoff 62 halt dapfer maß imm thum 63 . Hatt aber von gotts gnaden unserer burger nitt vil kunden 64 , wiewol etlich dahin lauffend, doch weniger, dann man geacht hette. Er hatt aber etlich bestelte 65 , die allen armen, dies 66 begerend, all wuchen ein taler 67 schenckt, so si mitt irem husgsind zur mäß gond, ja welcher nun mitt eir 68 todten lych gat, die man vergraben wil, und ein kertzen treit 69 , wer er sye, dem gebend si ein batzen 70 , damitt man dest bas 71 bkenne, das si dem Endtchrist zugehörend.

Es hatt auch diß wuchen ein landsknecht 72 bi men wellen zkilchen gon mitt eir brut 73 . Do hatt man wellen, das er vorhin bichte. Das hatt er nitt wellen thun, und jemerlich über die pfaffen gschworen und mitt der brut wider zur kilchen usgloffen. 357

|| Man hatt auch, uns allen zu leid, dem Heldio, pfarrer bi S. Urich, 74 ein garten genommen an sim hus und inn zur grebtnuß 75 der frömden gewyhet.

Man sagt auch, das der bischoff an den keiser suppliciert habe, das er welle das predigen abstellen (es gebere vil unradts) allein den rychstag us 76 . Aber der keiser sol imm nüt darüber geantwort haben.

Am 28. c Augusti habend sich etlich wälsch rüterbuben vor der predig in der kilch bi S. Urich versammlet, und als die lüt anghept 77 , hmm zgan 78 und Psalmen zu singen, habend die angfangen, sonst üppige 79 lieder zu singen. Und einer 80 uff die kantzel gangen und ein kartenspil gemischt, als welt er drus predigen. Habend sich auch also gestellt, das iederman on predig wider heim hatt müßen, das 81 man nüt können vor inn schaffen 82 . Und als sichs einer von burgeren beladen 83 , ist er von den Walchen 84 uff den tod gstochen worden, wiewol man sagt, das der keiser selb darüber zürnt hab; aber es blipt ongestrafft.

c Die Lesung der letzten Zahl ist unsicher. Haller hat vielleicht über eine urspünglich nicht mehr zu bestimmende Zahl eine neue verzeichnet, die als 8 oder 6 gedeutet werden kann.
60 denn.
61 Siehe dazu HBBW XIX 13, Anm. 6.
62 Kardinal Otto Truchsess von Waldburg. 63 Dom.
64 Gottesdienstbesucher.
65 Beauftragte.
66 die es.
67 Auch Reichsguldiner genannt, der etwa 1,25 Pfund wert war. — Eine ähnliche Nachricht wird in Martin Frechts Brief an Vadian vom 4. September (Vadian BW VI 649) wie auch in Nr. 3010,[4]; Nr. 3035,43-46, übermittelt.
68 einer.
69 trägt.
70 12 Batzen = 1 Pfund.
71 dest bas: umso besser.
72 Unbekannt.
72 Unbekannt.
74 Johann Heinrich Held von Tiefenau.
75 Begräbnisstätte.
76 allein den rychstag us: nur während des Reichstages.
77 begonnen (haben).
78 zu gehen.
79 schamlose.
80 Unbekannt.
81 weil.
82 nüt können vor inn schaffen: nichts gegen sie ausrichten konnte.
83 der Sache angenommen hat; s. SI III 1061. —Der Bürger konnte nicht ermittelt werden.
84 Ausländern.


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Am 23. Augusti gschach ein uflauf von den landsknechten, 85 von dem ir on zwyfel gehört, dann es warlich ein erschrocklicher lerman 86 gsin und glich wyt kon, dann 87 dem keiser in aller zyt siner regierung nie größere schmach begegnet ist. Man hatt das regiment knechten, so er mitt imm bracht, gmusteret, und ob 88 man inen schon dry monet schuldig, hatt man inn doch nun 89 einen bezallt; welchs si so übel verdroßen, das si lerman gschlagen, zu den fennlinen gloffen und mitt einer ordnung für 90 deß keisers hof gezogen und gschrüwen: "Gält oder blut!" Darus ist ein selcher jamer 91 92 worden under den Spangeren , das man ylends alle thor zugschlagen, als wälsch volk linden zu des keisers hof gloffen, iederman in hüseren sich in die harnesch und zu den weeren 93 gethon. Doch hatt sich nieman der burgeren zu einichem 94 theil gschlagen. Das hatt zwo stund gewärt, das man gmeint, die tütschen 95 und wälschen werdind einander schlahen. So hettind die burger zugsehen. Den gfangnen churfürsten 96 hatt man ylends zum keiser gflöchnet 97 . Den knechten hatt man gute wort gen 98 , bis man si abtädinget 99 . Ist doch deß keisers trabanten 100 einer erstochen. Morndeß 101 hatt man si bsalt 102 102 und etlich geurlobet, bald aber etlich gfangen, die schuldig sond sin 103 , und zwen amm fischmerckt an galgen ghenckt iederman an die augen und ein gantzen tag laßen hangen, auch zwen köpft und die cörpel lassen uff dem marckt liggen zum schrecken 104 . Also ist dise rumor gestillet. Sonst etlich hatt man hinusgfürt für 105 die statt und in ein Waßer gworffen.

Zü Gintzburg ist der Hofmeister 106 , münch von Colmar, gstorben jemerlich. Dann als er uff dem wäg gen Augspurg gsin, ist er einsmals 107 kranck worden und gen Gintzburg kan 108 und vor sin end in seuche verzwiflung

85 Vgl. Nr. 3001,11. Weitere zeitgenössische Quellen, die diese Meuterei beschreiben, sind bei Roth, Augsburg IV 68, Anm. 22, verzeichnet. - Achilles Pirmin Gasser, Der Heiligen Reichstatt Augspurg in Schwaben Chronica, hg. y. Wolfgang Hartmann, Bd. 3, Basel 1596 (VD16 G507), S. 65, datiert die Meuterei auf den 24. August.
86 Tumult.
87 glich wyt kon, dann: (es ist) soweit gekommen, dass.
88 obgleich. 89 nur.
90 ordnung für: Aufstellung vor.
91 Notzustand.
92 Spaniern.
93 Waffen.
94 einem (der beiden).
95 Landsknechte.
96 Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen. - Zu dessen Aufenthaltsstätte s. Nr. 2953. Anm. 19.
97 heimlich weggeschafft; s. SI 11161.
98 güte wort gen: beschwichtigt.
99 zum Abzug bewegte; s. SI XII 447.
100 Leibwächtern.
101 Am folgenden Tag; s. SI XIII 1105.
102 ausbezahlt.
103 sond sin: gewesen sein sollen.
104 Abschreckung.
105 vor.
106 Johannes Hoffmeister. - Er starb am 21. August; s. Paulus, aaO (wie oben in Anm. 41), S. 250. - Zu weiteren verleumderischen Berichten über Hoffmeisters Tod s. Nr. 3003, Anm. 17; Nr. 3010; Nr. 3021,34-40; MBW-T XVII 178f, Nr. 4895a; Vadian BW VI 649. 658; Zürich ZB, Ms A 43, 349-352 (zu diesem aus Ulm stammenden Dokument s. Nr. 3003, Anm. 14; Nr. 3076, Anm. 9); Paulus, aaO, S. 251-256.
107 plötzlich.
108 gekommen.


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kommen, das er gschrüwen: || 358 "O wee mir verdammten creatur! Was hab ich thon? Ich han gott imm himmel glogen und betrogen, die wüßenlich 109 warheit mitt wüßen und gedancken 110 widerfochten. Ideo lata est sententia meae condemnationis! Cingor multis myriadibus diabolorum!" Selichs hatt er ein güt wyl 111 getriben, das vil lut vons wunders wegen 112 zu imm kan. Auch ein pfaltzgrefischer secretari 113 imm zugschrüwen, er söll doch sagen: "Deus propitius esto mihi peccatori!"114 , aber das wort hatt nieman können in inn bringen. 115 Ist also in sinen verzwyflen dahin gangen: Welchs eigenlich 116 war ist; es laugnends 117 auch die pfaffen selbs nitt.

In Neapols ists übel gangen. Der viceroy 118 hatt ein huffen knecht zusammenbracht und die Neapolitaner gschlagen, bis in 1'300 erwürgt 119 und inen alle waffen gnon 120 und si also under das joch thon.

Uß Franckrych und Engelland hörend wir nüt. Landgraf 121 ligt noch zu Werd 122 . Hertzog Moritz wirt von Tütschen und Wälschen über die maß gehaßet.

Die predicanten zu Wittenberg und Philippus 123 selb sind all gut montzisch worden; deß man gute kuntschafft 124 hatt.

Mine herren habend etlich pfarren 125 uff dem land ghan, dem spital zughörende. Es hatt aber der künig und der bischoff on alles recht die pfarrer all ab 126 denselben orten vertriben. 127 Könnend imm mine herren nüt thun 128 bis zu ustrag 129 deß rychstags. Sonst gschicht teglich vil todschlag und anders,

109 erkannte.
110 mitt wüßen und gedancken: wissentlich.
111 gut wyl: ziemlich lang.
112 vons wunders wegen: aus Neugier.
113 Vermutlich Joachim Rutland; s. Nr. 3021, Anm. 37.
114 Lk 18, 13.
115 Eine Angabe, die nicht der Erzählung in Nr. 3010,[5], entspricht.
116 gewiss.
117 leugnen es.
118 Pedro Alvarez de Toledo. - Siehe dazu zuletzt Nr. 2990,9-18.
119 getötet.
120 genommen.
121 Philipp von Hessen.
122 Donauwörth. - Zur Gefangenschaft des Landgrafen s. zuletzt Nr. 2984,53f.
123 Philipp Melanchthon. - Vgl. MBW-T XVII, Nr. 4833. 4838. 4906.
124 Zeugenbeweis; s. SI III 353.
125 Pfarreien.
126 von.
127 Die Einführung evangelischer Prädikanten im September 1546 in die spitalischen Orte Gabelbach (Christoph Gässel),
Grimoldsried (Ulrich Lederlin), Mittelneufnach und Lützelburg (Georg Mayr) war nicht von langer Dauer: Bereits Ende August 1547 wurden die Prädikanten der Spitalpfarreien Grimoldsried und Mittelneufnach durch den burgundischen Landvogt Friedrich von Grafenegg zur Räumung ihrer Pfarrhofe aufgefordert. Ulrich Lederlin wurde unter Androhung finanzieller Nachteile zum Abzug genötigt. Auch Christoph Gässel wurde mit ähnlichen Druckmitteln gezwungen, seine Pfarrei zu verlassen. Nur Georg Mayr konnte vorübergehend bleiben; s. dazu s. Roth, Augsburg III 543f, 469, 481, 5071, Anm. 147, sowie Dietmar Schiersner, Politik, Konfession und Kommunikation. Studien zur katholischen Konfessionalisierung der Markgrafschaft Burgau 1550-1650, Berlin 2005, S. 42f.
128 Könnend imm mine herren nut thun: Meine Obrigkeit kann nichts dagegen tun.
129 Ende; s. SI XIV 423.


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O 130 von dem allem nut zu schriben. Im predigen farend wir dapfer fur . Gott geb, das es lang wäre!

Miner sachen halb bin ich noch nitt wider bi den herren gsin. Ich wolt gern verziehen 131 , so lang mir müglich, bis ich den terminum der zwei jaren erlangete. Dann ich will, wils der herr, nüt handlen, das in einig wäg 132 ergerlich und mir oder anderen nachteilig und utheblich 133 sye.

Haec in praesentiarum dare volui, quae omnia poteris communicare, cuicumque volueris. Si quae habuero alia, per certum quemquam nuncium significabo. Tu interim vale meque habeas commendatum. Salvere iubeo omnes patres et fratres, qui sunt vobiscum, maxime etiam tuam familiam et d. Gvaltherum. Salutat te Lepusculus 134 , Xystus 135 et d. Laetus 136 , qui revalescit iterum a quodam genere apostematis 137 . 9. septembris anno 1547.

Tui perpetuo studiosus Jo. Hallerus.

||355 Man sagt auch, das der keiser uff ein nüws 138 kriegsvolk annemme. Wohin ers aber well bruchen, weißt man nitt. Er hatt auch noch 3 regiment Spanger und 2 tütsche: eins hie, das ander zu Ulm. Ich sorg, es möcht über Costentz und die Eidgnoschafft gon. Gott well es abwenden! Es gschehend große tröwungen 139 , aber das grund hab, weiß ich noch nüt. Welt es sonst minen herren nit verhalten 140 .

[Adresse auf S. 356:] Praestantissimo viro d. m. Heinrycho Bullingero, domino suo tanquam patri colendo. Zürich. M. Heinrych Bullinger. d

d Daneben von Bullingers Hand. Fürtrag des keisers uff dem rychstag zu Augspurg. Bischoffen pracht und jubel. Ferdinandi tyranni zu Behem. Ufflouff wider dem keyser zu Augspurg. Doctor Hoffmeisters todt. Der Napolitanern 1'300 erschlogen.
130 fort.
131 warten - nämlich bis November 1547, wenn Hallers zweijähriger Arbeitsvertrag mit Augsburg zu Ende kommen würde. - Haller hielt sich dort seit dem 17. oder 18. November 1545 auf. Er verließ Augsburg am 3. oder 4. Oktober 1547; s. Nr. 3017, Anm. 38.
132 einig wäg: irgendwie.
133 zum Vorwurf; s. SI II 942.
134 Sebastian Lepusculus.
135 Sixt Buck.
136 Georg Frölich.
137 Geschwür; s. Kirsch 214. - Vgl. Nr. 2999,12f; Nr. 3029,18-21.
138 uff ein nüws: erneut.
139 gschehend große tröwungen: bedrohliche Gerüchte werden verbreitet.
140 vorenthalten.