[2983]
Autograph: Zürich StA, E II 351, 51 (Siegelspur) Druck: Vadian BW VI 641f, Nr. 1552
[1]Die folgenden Mitteilungen stammen aus einem Brief den Vadian von einem bedeutenden
Mann [...] aus Augsburg erhielt. Dieser bat ihn, sie an die zuständigen Stellen weiterzuleiten:
Abgesehen von dem eidgenössischen Boten []2 ist in Augsburg ein Bote [...] aus Zug und ein
weiterer [...] aus Solothurn erschienen! Beide Boten übermittelten Briefe und blieben nahezu
drei Tage im Haus von Nicolas de Perrenot, Herrn von Granvelle. Man versucht also offensichtlich,
die Eidgenossen gegeneinander aufzuhetzen, um sie umso leichter in die Fänge [des
habsburgischen Adlers] zu treiben. Der [verderbliche Einfluss] des Geldes sowie die große
Anzahl der Personen im Bündnerland, die Kaiser Karl V. anhängen, sind besonders bedenklich.
Vadian konnte nicht herausfinden, ob auch der Bischof von Chur, Lucius Iter, kaiserlich
gesinnt ist. Die vielen Anhänger des Kaisers im Bündnerland sollte man am besten absetzen!
Warum Zug und Solothurn Boten nach Augsburg sandten, ließ sich nicht ermitteln. Vielleicht
steckt nichts Böses dahinter, doch wäre dies einer gründlichen Nachforschung wert.
-[2]Aus Augsburg wird von üblen Schändungen der Frauen und Kinder berichtet. Der Kaiser
unterzieht sich angeblich einer Holzkur. 3 Vermutlich aber hat er sich nur ins spanische Lügen-Holz
gelegt. Denn durch das Vortäuschen einer Krankheit hat er am ehesten Ruhe vor Besuchern
und sonstigen Geschäften, um mit seinen Beratern den künftigen Reichstag ungestört
vorbereiten zu können! -[3]Sobald Itelhans Thumysen und die Bürgermeister Johannes Haab
und Hans Rudolf Lavater wieder in Zürich sind, 4 soll Bullinger sie über die hier mitgeteilte
Nachricht informieren, allerdings Vadians Namen dabei verschweigen. Gerüchten zufolge
muss immer noch mit einem Angriff auf die Eidgenossenschaft gerechnet werden. 5
-[4]Angesehene Augsburger Bürger sollen aus völlig nichtigen Gründen erstochen worden
sein. 6 Es genügt, nur einen dieser ausländischen Söldner schief anzusehen, um schon bestraft
zu werden! - [5] Die verratenen und völlig ausgebluteten Reichsstädte 7 setzen ihre letzte
Hoffnung auf den Erhalt der Freiheiten und des Wohlstandes der Eidgenossenschaft, um von
dort binnen zweier Generationen ihre Befreiung von jeglicher Tyrannei erwarten zu können.
Man ist der Meinung, dass die Reichsstädte ein Opfer der unter ihnen herrschenden Uneinigkeit
wie auch des Verrats durch habgierige und egoistische Personen wurden. Sogar die
Kaiserlichen sind dieser Ansicht. -[6]Beiliegend ein Büchlein voller Prahlereien über dieBriefe_Vol_20-402 arpa
Unterwerfung des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und des Landgrafen Philipp von
Hessen, 8 der verdächtigt wird, durch die Preisgabe von Geheimnissen den christlichen
[Schmalkaldischen] Bund verraten zu haben. Vadian legt zudem dein vorliegenden Brief ein
Pasquill bei, das aus Bibelstellen besteht, die eigentlich keine sind, sondern durch Umschreibung
den päpstlichen Lehren angepasst wurden. 9 Die Ironie dieser Spottschrift gegen die
papistischen Irrtümer lässt auf einen frommen Autor schließen, vielleicht Philipp Melanchthon
10 -[7]Gruß. Bullinger soll das Bächlein mit den Dokumenten über den Landgrafen
zurückschicken.