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Autograph: Zürich StA, E TI 359, 3068r.-3069v. [Anfang] und 3065r. [Schluss] (Siegelspur) Ungedruckt
[J] Am 2. August kam endlich der erwartete [Zürcher Stadt]bote [Andreas Müller]. Die
Antwort des Zürcher Rates [vom 28. Juli], die dieser mitbrachte, war allerdings unerwartet!
Was wollen denn die Zürcher von Haller? Er war der erste Zürcher Pfarrer in Augsburg, und
als Letzter ist er immer noch da. Stets war er bemüht, sich dem Willen des Rates anzupassen,
doch zollt man ihm dafür keine Anerkennung und kümmert sich kaum um sein Heil!
-[2]Für Bullingers Bemühungen ist er aber dankbar. Thoman Ruman wird dem Zürcher Rat
Hallers Lage gut geschildert haben. Doch alles umsonst, genauso wie auch Hallers Brief [vom
24. Juli] und die Fürsprache des Schwiegervaters Ulrich Kambli und der Verwandten.
-[3] Wie Bullinger schon schrieb [in Nr. 2969], wird es Gottes Plan entsprechen, dass Haller
trotz all dieser Versuche weiterhin in Augsburg mit Worten und vielleicht sogar mit seinem Tod
Zeugnis für Christus ablegt. Gottes Wille geschehe also! Haller wäre bereit, sein Leben aufzuopfern,
wenn seiner Gemeinde die gegenwärtige Tyrannei erspart bliebe und die Wiedereinführung
der alten Irrtümer (in einem wohl noch schlimmeren Maß als früher) verhindert
werden könnte! Da er aber seiner Gemeinde nicht behilflich sein kann und die aufrichtigsten
Gemeindemitglieder ihn dazu anhalten, die Stadt rechtzeitig zu verlassen, ja sogar nicht begreifen,
warum. er dies nicht schon getan hat (wo er doch gute Grunde dazu hätte), begann er,
sich Gedanken über sein Heil zu machen, zumal er die ihm von Gott angebotenen Gelegenheiten
nicht leichtfertig verschmähen will. Und da er unter den Schutz des Zürcher Rates steht,
war er der Meinung, guten Grund zu haben, Augsburg verlassen zu dürfen. Nun aber wurde
ihm dieser Ausweg verwehrt, und er sitzt zwischen allen Stühlen! -[4]Alle anderen Pfarrer
wären schon längst abgereist, wenn sie wie er einen Zufluchtsort gehabt hätten! Er hat ausgeharrt,
und das Schlimmste dabei war, von seinen Kollegen hören zu müssen, er sei vom
Zürcher Rat verraten worden, ja dieser stecke mit dein Augsburger Rat unter einer Decke, wie
einst Pontius Pilatus und Herodes gegen Christus! -[5] Das alles hat ihn dermaßen aufgebracht
(Bullinger wird es gewiss an seinen Briefen gespürt haben!), dass er sich vorgenommen
hatte, nicht länger um seine Rückberufung zu bitten. Dann aber verdaute er seinen Ärger
wieder. Als sich in Augsburg mit dem bevorstehenden Reichstag und der Ankunft von Kaiser
Karl V. eine neue Tragödie anbahnte, vergaß er seinen Vorsatz und bat erneut um Zuflucht bei
den Zürcher Ratsherren, die ihn schon einmal zurückgestoßen, ja sogar (laut einigen Augsburgern)
verraten hatten. Und prompt wurde er nochmals abgewiesen! Was ihn am meisten in
Wut bringt, ist nicht nur, was er dabei empfindet, sondern auch, was die anderen darüber und
über ihn denken. -[6] Da aber Bullinger der Ansicht ist, dass die Zürcher Räte ihre Entscheidung
nicht aus böser Absicht getroffen haben, unterdrückt Haller seine schmerzvolle
Enttäuschung und verteidigt sogar diesen Entschluss den Verleumdern gegenüber. Es ist jedoch
offensichtlich, dass die Zürcher eine zu hohe Meinung von den Augsburgern haben.Briefe_Vol_20-383 arpa
Wüssten sie, wie es wirklich mit diesen steht, dann hätten sie anders entschieden! Erst wenn
man selbst eine Zeit lang mit den vornehmsten Leuten der Stadt zu tun gehabt hat, weiß man,
wie übel es in diesem "Sumpf von Lerna"zugeht! -[7]Haller schweigt also besser zur Lage,
jetzt, wo der schmutzige Abschaum aller Völkerschaften in der Stadt zusammenfließt und die
Spanier, die schlimmsten unter allen Menschen, das Sagen haben. Ein ganzer Tag würde nicht
reichen, um zu beschreiben, wie gewalttätig diese gegen die Bürger vorgehen, wie sie diese
aus ihren Häusern vertreiben, aus ihren Betten werfen und ihnen alles rauben! Fast jeden
Morgen werden Leichname Ermordeter aufgefunden. Es gibt viele Meuchelmörder, die für nur
wenig Geld Menschen umbringen. Der Kaiser weiß nichts davon, und der Augsburger Rat
erweist sich schwächer als eine Fliege! - [8]Einiges darüber wird Bullinger aus Hallers
letzten hier beigelegten Briefen [Nr. 2970, Nr. 2972 und Nr. 2973]entnehmen können. Haller
wollte sie nicht [zu einem Brief]umschreiben, da sie sehr ausführlich sind. Er konnte sie nicht,
wie geplant, tiens eidgenössischen Boten [...]mitgeben, weil dieser sich immer noch in Augsburg
befindet. -[9]Entgegen dem früheren Versprechen werden die Pfarrer gezwungen, ihre
Kirchen zu verlassen und sie dem Teufel und dein Aberglauben zu überlassen. Dies führt zu
Gewissensbissen, auch wenn man sonst bereit ist, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Haller muss
an Ambrosius von Mailand denken. Denn wenn man diesen oder Christus (der die Religionshändler
vertrieben hat) nachahmen wollte, würde man nicht anderes tun [können], als jegliche
Predigt [der Gegner](auch jene, die nur für private Kreise bestimmt ist) abzuschaffen. Zwar
ist alles erlaubt, aber nicht alles erbaulich. Daher können die Pfarrer nicht offen gegen die
Gottlosigkeit vorgehen. Allerdings ermahnen sie in ihren Predigten die Leute, nicht an diesen
gottlosen Bräuchen teilzunehmen. -[10]Am 1. August begann man, den Mariendom, dessen
Vorsteher Wolfgang Musculus war, zu schmücken, besser gesagt zu verunstalten. Dabei bedient
man sich der von der Augsburger Obrigkeit aufbewahrten Götzen (in der Vergangenheit
hatten die Pfarrer vergebens sowohl persönlich als auch öffentlich dazu aufgerufen, diese
Götzen heimlich zu verbrennen)! In der Dominikanerkirche werden täglich Messen und Totenmessen
für die verstorbene Königin Anna von Böhmen abgehalten. Um deren Seele aus dem
Orkus zu retten, schreit die frevelhafte Schar der Baalsanhänger den ganzen Tag lang! Man
kann gar nicht alles aufzählen, was sonst noch dergleichen geschieht. Der Kaiser ist stets von
zwölf italienischen und spanischen Bischöfen umgeben, die wiederum ganze Scharen von
Pfaffen um sich, haben, so dass die Stadt voll von diesen Drecksleuten ist. -[11]Die Pfarrer
werden hingegen wie Abschaum behandelt und sind für die Schlachtbank bestimmt. Doch ob
tot oder lebend, gehören sie Christus an und müssen das Maß seines Leidens erfüllen. Haller
weigert sich nicht, für Christus (der sein Leben ist) zu sterben. Leider gehen die [Kaiserlichen]
nicht mit offener Gewalt, sondern mit tückischer List gegen sie vor, bis sie alles erneut unter
ihre Macht gebracht haben. Haller würde sie lieber wie früher bekämpfen dürfen, als ansehen
zu müssen, wie sie ihre alten Irrtümer wieder einschmuggeln. Doch geschehe der Wille des
Herrn! -[12]Haller weiß nicht, was in der Antwort des Augsburger Rates an den Zürcher Rat
[vom 4. August]steht. Viel wird versprochen und nichts gehalten, zumal der Rat machtlos ist.
Dieser konnte nicht einmal Sebastian Lepusculus verteidigen, als Letzterer aus seinem Haus
vertrieben wurde und den Spaniern Wein und Holz überlassen musste! Wenn Haller nicht auf
Gottes Hilfe zählen könnte, hätte er Augsburg schon längst verlassen. Hans Welser versprach,
dass er innerhalb von vier oder fünf Wochen beurlaubt sein werde. Er gestand zudem ganz
offen ein, dass der Rat nicht in der Lage sei, ihm Schutz zu gewähren. Doch wer weiß, ob es
tatsächlich zu dieser Entlassung kommen wird, und ob Welser damals nicht von anderen
beauftragt war, ihm dies in Aussicht zu stellen. Haller wird ausharren, so lange er es vermag.
Er weiß, dass er (falls nicht von den Zürchern) bestimmt von Gott dafür belohnt wird.
-[13]Gruß, auch an die Kollegen, besonders an Rudolf Gwalther. Haller schreibt diesem so
selten, weil er weiß, dass Bullinger ihm alles mitteilt. Anderenfalls würde er für diesen stets
einen gesonderten Brief beilegen. Gut, dass der Sturm um ihn [und dessen "Endtchrist"]sich
gelegt hat! Wurde doch auch Hallers Lage ein so gutes Ende nehmen! -[14]Soeben kommt
Musculus und erzählt, dass gestern Abend um 6 Uhr drei berittene und mit Jagdspießen
bewaffnete [kaiserliche]Hauptleute einen Sohn [...] des Bürgermeisters Jakob Herbrot, zusammen
mit dem in Herbrots Geschäft angestellten [Georg] Feuchtweck und mit einem SekretärBriefe_Vol_20-384 arpa
[...]des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen angriffen, als diese sich auf dein Weg
in die Stadt von dein vor den Stadttoren gelegenen Garten Herbrots befanden. Der sächsische
Sekretär wurde schwer verletzt und starb schon, als man, ihn in die Stadt hineinbrachte.
Feuchtweck wurde schwer verwundet. Was mit Herbrots Sohn geschehen ist, weiß Musculus
nicht. Haller wird sich erkundigen ([Am Rande nachgetragen:] Er konnte sich in Sicherheit
bringen). Dies wurde im Beisein von Musculus geschrieben. -[15]Jederzeit muss man mit so
etwas rechnen. Man möge für die Augsburger beten! Viele Familien von gutem Ruf verlassen
die Stadt, damit ihre Kinder (besonders die Knaben) nicht geschändet werden. [Schulrektor]
Sixt Birck wurde über zwanzigmal wegen Knaben aus der Schule angesprochen, und es ist
klar, weshalb! -[16]Haller wird noch bis Ende Monat abwarten. Glauben ihm bis dann die
[Zürcher], ist es gut. Wenn nicht, wird er sich mit Gottes Beistand davonmachen, was ihm
bestimmt keiner, der die Lage in Augsburg kennt, übelnehmen wird. - [17] Gruß.
-[18][P.S.:]Bullinger soll das vorliegende Schreiben und die ihm beigelegten Briefe den
Ratsherren, den Kollegen und dein Landvogt von Kyburg, Bernhard von Chain, zeigen. Haller
kann nicht jedem schreiben. -[19]Beiliegend ein Pasquill, das am Hof des Kaisers entstanden
ist und die [Protestanten] verspottet. -[20] Ferner die Geschichte der Gefangennahme des
Kurfürsten von Sachsen. - [21] Schließlich eine Darstellung der Unterwerfung des Landgrafen.
Dieser wird immer noch in Donauwörth gefangen gehalten.
S. Venit tandem 2. augusti expectatus nuncius 2 , inexpectatum tamen Tigurini senatus afferens responsum 3 . Miror profecto, quid tandem de rne sentiant 4 aut quid me perpeti velint. Fui primus; 5 sum nunc postremus 6 Augustae, ipsorum voluntati perpetuo me attemperare studens, cuius aliam non reporto gratiam, quam quod video meam salutem ipsis parum curae esse!
Fecisti tu tuum officium, 7 pro quo tibi gratias ago maximas. Exposuit Romanus, ut arbitror, mearum rerum statum et conditionem. 8 Rogavi ego per literas; 9 rogarunt etiam mei, ut audio, socer 10 et affines", sed nihil potuimus impetrare omnes.
Age, si ita visum est domino (ut tu scribis 12 ), ut nobis omnibus reclamantibus hic Christum ore confitear et sanguine tester, flat domini voluntas, cui me immolo et consecro, quandoquidem ab omni humano video me destitutum
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auxilio! Scripsi prius aliquando, 13 quod etiam nunc scribo et ex animo scribo, me velle, imo cupere, si possibile esset, liberare ecclesiam meam sanguine meo 14 et vita ab hac tyrannide, qua video veteres errores omnes cumulatim reduci et redire spiritum illum malignum assumptis septem nequioribus et fieri postrema peiora primis. 15 Sed quoniam video nec me hac in parte succurrere posse ecclesiae nec ecclesiam mihi, imo syncerissima ecclesiae membra mihi consulere, ut ad tempus secedam, et mirari, quod non faciam, cum tantas habeam opportunitates, 16 hoc me fecit etiam cogitare de salute mea, nec me temere abdicare mediis et opportunitatibus mihi a domino concessis. Inter quae media primum fuit Tigurini senatus tutela, ad quam volui confugere, sed nunc cum etiam ab hac respuor, inter sacrum prorsus et saxum 17
Hoc scio nullum ex fratribus omnibus esse, qui non iam pridem discessisset, si, quo sibi confugiendum esset, ut ego scivi, scivisset! Sed distuli usque patiendo omnia, etiam hoc acerbissimum sustinendo, quod audire coactus sum a fratribus quibusdam, me prodi a meo magistratu Tigurino, et colludere inter se magistratus in negotiis nostris, sicut Pilatum 18 et Herodem 19 in negotio Christi. 20
||3068v. Haec licet me aliquando exacerbarint supra modum, sicuti in aliquibus tua pietas sensit proculdubio literis, ita ut statuerim nunquam amplius petere revocationem, 21 tamen illum stomachum ita denuo concoxi et digessi, ut immemor mei propositi iterum hac nova suboriente comitiorum 22 et caesaris 23 adventus tragoedia confugerim ad eos 24 , a quibus prius repulsam passus, et, ut ahi 25 interpretabantur, proditus eram. Sed nec nunc quidem impetravi aliud quam prius responsum! Unde non modo apropter id a , quod ego cogito, denuo plurimum exacerbor, sed maxime propter Id, quod cogitant et mihi exprobrant ahi 26 .
Sed quoniam etiam tuo testimonio non malevolo hoc decernunt 27 animo, ideo meos ego supprimo dolores et eos, sicuti pium est, ab his calumniis defendo. Imaginantur sibi (sat scio) nescio quae splendida; sed si pro his imaginationibus scirent, quomodo se res haberent in veritate, forsitan aliter
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rebus meis consulerent. Impossibile est, ut quis vel cogitet, quid sit Augusta et qualis Lerna malorum 28 , nisi qui aliquamdiu hic inter primores 29 versatus oculo dextro animadverterit.
Taceo ergo, quid nunc sit, ubi omnes nequitiae sordes ex omnibus nationibus tanquam in unam et huic rei congruentem confluunt sentinam, ubi nequissimi hominum Hispani omne tenent imperium. Non possem, si integrum scriberem diem, satis describere, quam exerceant violentiam, quibus miseros nostros cives afficiant iniuriis: 30 eiiciunt ex aedibus, deiiciunt et excutiunt e lectis, furantur et diripiunt, quaecunque possunt. Rarus illucescit dies, quo non inveniantur aliqua caesorum cadavera. 31 Sicariorum magna est copia, qui minima conducti pecunia trucident quemvis. Caesar haec ignorat. Magistratus foster muscae viribus impotentior est! 32 Scripsi quaedam in superioribus literis 33 , quas cum his mitto. Nolui eas mutare 34 , quia admodum copiosae, nam ille communis Helvetiorum nuncius adhuc haeret. Ex his coniicere potes alia.
Praeter omnia promissa eiicimur ||3069r nunc ex tempus, 36 cogimur locum dare Satanae, cedere superstitioni. Ecquis tandem haec omnia ferret, etiamsi quis corporis salutem neglexerit prorsus, sed saltem conscientiae pacem observaverit? Memini, quid aliquando fecerit Ambrosius 37 . Quod si vero illum quis modo imitari voluerit aut Christum eiicientem hos ecclesiasticos mercatores 38 , ille nihil aliud effecerit, quam ut omnis, etiam privata, tolleretur praedicatio. 39 Ideo (licet omnia liceant, sed non omnia aedificent 40 ) b non possumus huic impietati aperta vi resistere. Interim tamen in nostris concionibus monemus nostros, ne ipsi his impietatibus communicent.
1. augusti templum illud cathedrale Marianum 41 , cui praefuit Musculus 42 , coeptum est oman, imo deformari idolis ad hoc usque a dominis nostris 43
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(quicquid nos publice et privatim monuerimus, ut vel clam cremarentur) reservatis. In aede Praedicatorum 44 quotidie fiunt missae et exequialia reginae 45 . Vociferatur toto die scelesta illa turba Baalitarum 46 , ut revocent animam illam ex Orco 47 . Talia fiunt innumera, quae singula non occurrunt, et si occurrerent, scribere non possem. 12 episcopi Caesarem sequuntur perpetuo, Itali partim, partim Hispani, uque totas secum trahunt pfafforum catervas, ita ut urbs plena sit hac hominum fece.
Nos sumus peripsemata mundi, 48 et tanquam oves occisioni destinatae. 49 Age, sive vivimus, sive moriamur, domini sumus; 50 opus nos supplere in corpore nostro afflictiones Christi. 51 Non detrecto mori propter illum, qui mihi vita est, 52 sed non aperta vi hommes uif 53 agunt nobiscum. Dolo se insinuant, donec omne iterum nanciscantur dominium. Mallem ergo in posterum 54 redire et denuo eos expugnare quam nunc aspicere illos suos ita reducentes errores! Sed fiat domini voluntas. 55
Quid senatus noster rescribat senatui Tigurino, 56 nescio. Pollicentur multa, 57 sed praestant nihil! Quid vero praestarent, cum nihil possunt? Tam nihil possunt, ut Lepusculum 58 non potuerint defendere, quin sit coactus discedere ex aedibus et vinum ac ligna, quae habuit, illis Hispanis relinquere! ||3069v. Proinde nisi ego magis domini respexissem semper auxilium quam illorum, iam pridem discessissem et maxime nunc non unicam manerem horam. Promisit Welserus 59 ipsos me dimissuros intra 4 aut 5 septiman[as]c , nam ille (ut candidior) fatetur eos mihi nullam praestare posse tutelam et defensionem. Sed nescio, an fiat aut an ab aliis etiam habeat hoc mihi promittendi in commissis. Ego sustinebo adhuc, quamdiu possum sciens me, si non a Tigurinis, tamen a domino amplissimum praemium reportaturum. 60
Vale. Saluta fratres omnes, maxime Gvaltherum meum, cui ideo rarius scribo, quia scio vobis omnia esse communia; alioqui proprias haberet semper tuis iunctas. Sustinuit et ipse periculum non exiguum. 61 Deo sit gratia,
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quod illa tempestas sit sedata. 62 Utinam etiam meae res tam tranquillum sortirentur exitium!
Grad wie ich d das schrib, so kumpt Musculus. Sagt mir aber 63 etwas nüws. Gester umb 6 znacht ist deß b[urgermeister] Herbrots sun 64 und einer uß siner schribstuben, der Füchtwegg 65 genannt, und mitt inen ein sachsischer secretari 66 , so dem churfürsten 67 noch zugehört, vor dem thor in des burgermeisters garten gsin, und als si heimgangen, sind inen dry hauptlüt, rytende, begegnet mitt schwynspießen 68 , die sie angschrüwen "Das sind der rechten" und si angrennt 69 . Der sachsisch secretari ist gstochen worden, das man inn bloß 70 zum thor inbracht hatt, ist gestorben. Der Füchtwegg hatt zwo tödlich 71 wunden. Deß burgermeisters sun weißt Musculus nitt, wohin er kommen. Ich wils aber auch erfaren und üch wüßen laßen. e Imm ist nüt bschehen, dann er hatt sich bi zyt packt 72 .e Haec in praesentia Musculi.
Selichs ding 73 müßend wir all stund und augenblick gwarten 74 . Dorumb bittend gott für uns. Vil biderber lüt zühend hin 75 , das si nun ire kind vor schand bhaltind 76 . Buben sind weniger sicher dann das wybßbild 77 . Gott erbarms imm himmel! Xystus 78 ist ob 79 20 malen angsprochen umb buben uß der schul, das er gmerckt, wozu man si bruchen wolt.
Ich wil noch den monet zusehen 80 . Haltend si mir 81 , ist gilt; wo nitt, wil ich gott zum ghilff nen 82 und mich dises wäsens entschütten 83 . Kein verstendiger wirt mirs für übel han. Vale denuo. 4. augusti.
Nosti manum. d Fehlt in der Vorlage. - e-e Später am Rande nachgetragen. 62 Vgl. Nr. 2958,30. 63 wieder. -Vgl. Nr. 2973,1-5. 64 Welcher von den Söhnen Jakob Herbrots
(s. zu diesem Augsburger Eliten 265f)
hier gemeint ist, konnte nicht ermittelt
werden. 65 Georg Feuchtweck, ein Diener Herbrots,
der nachweislich seit 1541 der Kaufleutestube
angehörte; s. Mark Häberlein,
Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale
Beziehungen, Normen und Konflikte in
der Augsburger Kaufmannschaft um die
Mitte des 16. Jahrhunderts, Berlin 1998,
S. 253 mit Anm. 547. 66 Unbekannt. 67 Johann Friedrich I. von Sachsen. 68 Schweinsfedern, d.h. Spieße, die als Jagdund
Kriegswaffe dienten; s. SI X 576f;
Grimm XV 2446. 69 angegriffen (haben). 70 nur mit Mühe; gerade so; s. Si V 157. 71 lebensgefährliche; vgl. SI XII 491. - Er
verstarb nicht, da er 1557 noch nachgewiesen
ist; s. Häberlein, aaO. S. 205. Siehe
ferner Nr. 2987,40-43.72 dann er hatt sich bi zyt packt: denn er hat
sich rechtzeitig davongemacht: s. Fischer
I 566. 73 Selichs ding: Solche Dinge. 74 gewärtigen. - Vgl. auch Hallers Mitteilungen
in Nr. 2972. 75 weg (aus Augsburg). 76 vor schand bhaltind: vor Schändungen
bewahren; s. Si VIII 879f. 77 dann das wybßbild: als die Frauen. 78 Sixt Birck, Schulrektor in Augsburg. 78 über. 80 abwarten; s. Grimm XXXII 820. 81 Haltend si mir: Wenn sie (die Zürcher)
mir Glauben schenken; s. Fischer III
1082f; vgl. SI 111224f. 82 nehmen. 83 mich dises wäsens entschütten: mich aus
diesem (schlimmen) Zustand freimachen;
s. SI VIII 1557f; XVI 1861f. - Vgl. Nr.
2972,55-57.
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||3065r. Ich bitt üch, ir wellend dise mine schriben 84 alle mine herren, auch die brüder alle sehen laßen, auch den herren von Kyburg 85 , dann ich hab nitt wil 86 jedem jedes zu schriben.
Mitto tibi pasquillum in nostros lusum ex aula caesaris. 87
Item historiam capti electoris. 88
Et formam deditionis Langrafii. 89 Is adhuc asservatur Werdae 90 .
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[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. m[agistro]Heinrycho Bullingero, Tigurinae ecclesiae antistiti fidelissimo, domino suo singulariter observando. M[eister]Heinrych Bullinger. 91