Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3050]

Bullinger
an Johannes Travers
Zürich,
22. Oktober 1547 Abschrift von Petrus Dominicus Rosius a Portas (1734-1806) Hand: Chur StA, Graubünden, A Sp III lia, Familienarchiv Salis-Zizers, IV. B. 7. 4, f. 204 (337)v., Nr. XI Druck: Graubünden, Korr. I 115f, Nr. 89

[1]Bullinger hat Travers' Brief [Nr. 3042] mit den Nachrichten über die Unruhen in Italien erhalten. Was dort nun geschieht, ist Gottes Vergeltung für den Krieg, den diese Fürsten [Kaiser Karl V. und Papst Paul ill.] in Deutschland geführt haben (eine Strafe, die Deutschland allerdings catch verdient hat). Nun werden diese Fürsten für das von ihnen vergossene Blut bestraft, indem Gott sie gegeneinander aufhetzt. 1 Doch ist dies erst der Anfang vom Ende! 2 - [2] Travers möchte wissen, was der Kaiser und die Fürsten auf dem Augsburger Reichstag aushecken: Der Kaiser leidet fortwährend an Fieber, doch hat dieser Kranke bei den Deutschen mehr bewirkt, als je die gesunden Herrscher vor ihm! Er hat Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen besiegt, hält diesen in Augsburg gefangen und hat dessen Kurwürde an Moritz von Sachsen übertragen. 3 Letzterer hat Melanchthon und die anderen Professoren in

a In der Vorlage videarer.
4 Nach Bern, wo er sich befindet; s. Nr. 3025, Anm. 4.
5 temporis paucitatem: Gemeint ist seine Wartezeit in Bern.
6 Unbekannt.
7 Jodocus Kilchmeyer.
8 Ist damit vielleicht Antistiti gemeint?
9 Bullinger erhielt den vorliegenden Brief erst etwa um den 10. November: s. Nr. 3056,45-47. 64-69, und Anm. 3.
1 Anspielung auf die sich damals um Parma und Piacenza abspielenden Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst. -Vgl. auch Nr. 3048,12-17.
2 Mt 24, 8 par.
3 Siehe Nr. 2920, Anm. 17.


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Wittenberg wieder in ihre Posten eingesetzt und sie mit besseren Löhnen versehen. -[3]Am 1. September stellte der Kaiser einzelne Punkte in einer "Propositio" auf Die Fürsten und Reichsstände sollten sich dazu äußern. Beiliegend eine Abschrift dieser "Propositio ". 4 möge sie pfleglich behandeln und an Johannes Comander und Johannes Blasius weiterschicken, die sie wiederum baldmöglichst zurücksenden sollen. 5 -[4]Bullinger hätte seinem Brief noch ein weiteres Dokument beigelegt, wenn er dieses nicht dem Grafen Georg von Württemberg-Mömpelgard gesandt hätte, und zwar die Antwort der Fürsten auf die "Propositio deren Ziel es ist, die Glaubensspaltung beizulegen. 7 In ihrer Antwort betonen die Fürsten, kein Urteil abgeben zu wollen, ehe der Kaiser seinen Entscheid gefällt hat, zumal dieser schon lange nach einer Lösung des Religionskonfliktes gesucht habe. Sie versprechen zudem, seinen Willen umzusetzen, insofern dies in ihrer Macht stünde. -[5] Im Gegensatz zu den Fürsten erweist sich die deutsche Bevölkerung als standhaft. Die Wahrheit wird siegen! Soviel für diesmal. -[6]Bullinger konnte bei den Zürcher Bürgermeistern Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater bewirken, dass Travers' Freund [Hans von Capol?]8 8 mit einem Ehrenwein beschenkt wurde. Danach wurde dieser zu einem Essen mit dem zweitwichtigsten Mann des Triumvirats [Georg Müller]9 und einem weiteren Zunftmeister [...]10 , denen sich auch Bullinger anschloss, eingeladen. Hoffentlich war dies ehrenvoll genug! -[7]Gruß, auch an Travers' Söhne [Johannes d.J. und Jakob]11 . -[8]Die zuckersüße "Propositio"des Kaisers zeigt, dass dieser die Herrschaft über Deutschland und die Vernichtung der Wahrheit 12 beabsichtigt. Doch wird ihn Gottes Strafe treffen.