Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2920]

Georg Frölich
an Bullinger
[Augsburg],
1. Juni 1547

Autograph: Zürich StA, E II 346, 225 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Frölich dankt für Bullingers Brief [nicht erhalten], in dem dieser über seine Badekur in Urdorf die daraus erfolgte Arbeitsanhäufung und die Rückberufung von Johannes Haller [und Thoman Ruman] nach Zurich schrieb. Letzteres erfreute Frölich nicht, da er der Ansicht ist, dass dies Anstoß erregen werde. Kaum jemand wird nämlich diese Rückberufung für so unverdächtig halten, wie sie es eigentlich ist. Die meisten werden darin eine Missbilligung der

Bl. 8r./v.; 13; u.ö. Dieses Haus ist dem Haus "Zum Engel" (Kirchgasse 24), in dem Hooper damals wohnte (s. Nr. 2872,21-27 und Anm. 23), unmittelbar benachbart.
6 Heinrich II.
7 Siehe dazu Nr. 2996, Anm. 30.
8 Johann Philipp von Salm-Dhaun-Neufville (1520-1566); s. Gervase Phillips, In the Shadow of Flodden: Tactics, Technology and Scottish Military Effectiveness, 1513-1550, in: Scottish Historical Review, Bd. 77, 1998, S. 163. -Bereits 1546 ist er als Hauptmann im Dienste Frankreichs und Anfang 1547 als Gesandter Franz' I. zu den deutschen Protestanten nachgewiesen; s. PC IV/1 255.
284. 328. 645; Johann Philipp Roos, Einige Nachrichten von dem Wild- und Rheingrafen Philipp Frantzen von Dhaun, Frankfurt a.M. 1784, S. 12. 15.
9 Zu den für Heinrich II. Ende Mai angeheuerten Landsknechten s. Nr. 2923,2; Nr. 2924, Anm. 12. -Diese Landsknechte werden auch später noch erwähnt; s. Nr. 2971,32-34; Nr. 2994,19f.
10 21 bis 25 km.
11 Wohl (s. oben Anm. 2) die Tage zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten, die 1547 auf den 19. bzw. 29. Mai fielen.
12 Karl V.
13 Der englische Geschäftsmann John Butler, der damals in Konstanz lebte.


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Politik des Augsburger Rates erkennen, zumal Haller einen enormen Zulauf [zu seinen Gottesdiensten] hat. Zudem könnte dies der Kirche sehr schaden. Hoffentlich wird der Zürcher Rat der Bitte des Augsburger Rates [vom 24. Mai]entgegenkommen! Bullinger soll sich dafür einsetzen. Den beiden Zürchern wird kein Leid zustoßen, und falls sie in Augsburg nicht mehr sicher wären, würde rechtzeitig für sie vorgesorgt. Frölich verbürgt sich persönlich dafür. - [2] Er hat schon länger nicht mehr geschrieben. Dies ist allein den schwierigen Zeiten geschuldet. Er bleibt Bullinger zutiefst verbunden. Nichts könnte ihn je von ihm und von Gott trennen. Bis zum letzten Atemzug will er standhaft bleiben. -[3]In Augsburg ist gerüchtweise von einem Kriegsplan Kaiser Karls V. gegen die Eidgenossen die Rede. Frölich glaubt es zwar nicht, doch kann er nicht ausschließen, dass der Kaiser es wagen könnte, da man ja weiß, was so viele unerwartete Siege bei den Menschen anrichten können: Ein Übermaß an Glück wird ihnen oft zum Verhängnis. -[4] Es steht fest, dass Kaiser und Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen ein Abkommen geschlossen haben. Die Augsburger kennen aber dessen Inhalt nicht. Vermutlich wird Herzog Moritz von Sachsen bald die Kurwürde erhalten. Landgraf Philipp von Hessen und Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel sollen beim Kaiser zu guten Friedensabkommen gelangt sein. Wie beschämend! - [5] Grüße, auch an die Bürgermeister Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater, an Rudolf Gwalther und aile Amtskollegen.

S. Literae tuae 1 , quibus lotionem tuam aliquot diebus Urdorffii 2 et per absentiam negotiorum cumulationem, tum etiam revocationem fratris Hallen, 3 etc., in patriam 4 significas, fuerunt mihi per omnia gratae, excepta tamen revocatione, quae ut nunc temporis intempestiva ita quoque mihi offensionis caussa esse videtur. Quis enim in tanta hominum frequentia 5 et in his motibus, dum omnia sinistre praesertim contra magistratus accipiuntur, facile craedet Hallen revocationem ita esse integram, ut est, quin potius major pars suspicabitur senatum nostrum occasionem revocationi dedisse? Qua ex suspitione evangelio Christi magna offensio facile oriri possit! Propterea spero optimum senatum Tigurinum in preces nostri magistratus 6 condescensurum. Quod, ut tu etiam satagas, obtestor. Nulla bonis illis vins 7 inferetur aut vis aut iniuria. Sed quamprimum senserimus locum illis amplius non patere, prospitiemus ipsis in tempore. Laetus autem videat, quomodo ex istis laqueis sese extricet! 8

Raro longo hucusque tempore tibi scripsi. 9 Id oro temporum iniuriae et periculis inde manantibus 10 adscribas. Ego tuus sum atque manebo totus, nec extat in terris homo, qui maiorem mei partem possideat ac tu solus, mi

1 Ein nicht erhaltener Brief Bullingers, der in Anbetracht der darauffolgenden Angabe etwa vom 17. Mai war; vgl. Nr. 2903, Anm. 10, und Nr. 2908,1-3.
2 Siehe dazu Nr. 2886, Anm. 39.
3 Siehe Nr. 2903,15f, und Nr. 2908.
4 Nach Zürich.
5 Gemeint ist der große Zulauf zu Hallers Gottesdiensten.
6 Die Bitte der Augsburger vom 24. Mai, Haller und Ruman noch länger in Augsburg zu behalten; s. Nr. 2908, Anm. 3. Der am 30. Mai gefasste Beschluss des
Zürcher Rats (s. dazu Nr. 2908, Anm. 19) entsprach dem erst einen Tag danach im vorliegenden Brief geäußerten Wunsch Frölichs, und dies, obwohl Bullinger sich für die Rückberufung der beiden Pfarrer starkgemacht hatte; s. Nr. 2917,1-7.
7 Johannes Haller und (Hans) Thoman Ruman (Römer).
8 Vgl. Nr. 2899, Anm. 6.
9 Zuletzt hatte Frölich am 12. April an Bullinger geschrieben (Nr. 2880).
10 den unablässigen Gefahren.


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venerande Bullingere, nec me hec vel atrocior intempestas a te, multo minus a veritate, quae deus ipse est, 11 unquam avulsura est. Sed Laetum audies et videbis esse et fore constantem usque ad extremum halitum et in aeternam beatitudinem, quam dominus tibi atque nobis perpetuo fruendam largiturus est! Vale a .

Rumor hincinde spargitur bellum esse movendum contra Helvetios, 12 quod etsi non craedam, tamen haud inscius sum, quam titillantes animos insperatae et nimiae faciant victoriae, 13 adeo ut etiam fortune abundantia aliquando seipsam vincat.

Inter caesarem 14 et principem Saxonic electorem 15 certo pactum est. 16 Quibus autem condicionibus, nescitur apud nos. Craedo autem ducem Mauritium electoratum adepturum. 17 Langrafius 18 cum duce Henrico Brunsvicensi 19 iam 20 sunt in castris caesaris bonis conditionibus, ut fertur, gratiam impetraturi. 21 Pudet me plura!

a Hier war vermutlich Amen geplant.
11 Vgl. Ps 31 (Vuig. 30), 6; Jes 65, 16; Joh 14, 6.
IS Anspielung auf die Siege des Kaisers während und nach dem Donaufeldzug wie auch bei Mühlberg.
14 Karl V.
15 Johann Friedrich I. von Sachsen.
16 Durch die Wittenberger Kapitulation; s. Nr. 2913, Anm. 23.
17 Die Übertragung der Kurwürde auf Moritz wurde am 4. Juni 1547 verkündet; s. Moritz von Sachsen PK III 29.
18 Philipp von Hessen.
19 Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1489-1568), der seit dem 21. Oktober 1545 vom Landgrafen gefangen gehalten wurde; s. HBBW XV 26 und Anm. 107.
20 Falsch. - Erst am 4. Juni wurde der Landgraf von Kurfürst Joachim von Brandenburg und Herzog (bzw. Kurfürst) Moritz von Sachsen brieflich gebeten, sich zusammen mit Herzog Heinrich und dessen Sohn (Karl Viktor) beim Kaiser einzufinden. Dazu kam es am 18. Juni, und zwar in Halle (bis zum 7. Juni befand sich der Kaiser in Wittenberg; s. Stälin 580). Darauf erfolgte die Freilassung Heinrichs und seines Sohnes; s. Moritz
von Sachsen PK III 426, Nr. 606; 440, Nr. 631; 442, Nr. 634; 461, Nr. 669.
21 Der Landgraf war sich bis zum 7. Juni unschlüssig, ob er kapitulieren sollte. Im Mai hatte er mehrere Gesandtschaften nach Frankreich mit der Bitte um Hilfe abgefertigt. Auf Wunsch von Kurfürst Joachim von Brandenburg und Herzog Moritz begab er sich dann doch nach Leipzig, um mit Kaiserlichen zu verhandeln (27.-31. Mai), jedoch erfolglos. Auf der Heimreise am 1. Juni entschloss er sich zu neuen Zugeständnissen. Darauf wurde ihm ein neuer, vom Kaiser genehmigter Entwurf der Kapitulation zugesandt, den er am 6. Juni in Kassel empfing. Er nahm diesen (mit Änderungswünschen, von denen der Kaiser nur wenige übernahm) an, unterschrieb die Kapitulation und begab sich auf Wunsch von Moritz und Joachim nach Halle, wo er am Abend des 19. Juni den Fußfall vor dem Kaiser vollzog; s. Hans Glagau, Landgraf Philipp von Hessen im Ausgang des Schmalkaldischen Krieges, in: Historische Vierteljahrschrift S, 1905, 44-56; Moritz von Sachsen PK III 418, Nr. 590; 420, Nr. 596; 426f, Nr. 407f; 433f, Nr. 618; 441f, Nr. 634; Hessische Landtagsabschiede 1526-1603, hg. und eingeleitet y. Günter Hollenberg, Marburg 1994, S. 164, Anm. 23.


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Vale iterum atque iterum. Dic salutem dominis consulibus 22 , meo Gvalthero atque toti collegio optimorum virorum. 1. iunii 1547.

Tuus G. Laetus, etc.

[Adresse auf der Rückseite:] Herren Hennrichen Bullinger, etc., Zurch. Mynem insonnders gunnstigem herren ze hannden. Zurch.