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Autograph: Zürich StA, E II 357a, 847f (Siegelspur) Druck: Blarer BW II 630f, Nr. 1445
[J] Die Nachrichten sind derzeit so widersprüchlich, dass Blarer ganz ungern schreibt. Er
kann sie sich kaum mehr anhören. -[2]Jetzt berichten die Augsburger Gesandten [aus dem
kaiserlichen Lager], dass es noch keinen Friedensschluss zwischen Kaiser Karl V. und Kurfürst
Johann Friedrich von Sachsen gebe! Man habe dem Kurfürsten (der in einem offenen Zelt
von einem spanischen Militärrichter überwacht wird) einen roten Hut aufgesetzt. Der Kurfürst
zeigt sich tapfer. Er will weder die Kurwürde noch seine wichtigsten Festungen abtreten. Der
junge Johann Friedrich II. der Mittlere von Sachsen und seine Verbündeten stehen in Wittenberg
in Rüstung. Landgraf Philipp von Hessen, Graf Albrecht von Mansfeld und Wilhelm von
Thumshirn sollen ihre Heere vereinigt haben. Es wird noch rau zugehen! -[3]Verbürgt ist,
dass die Ravensburger Gesandten ihrer Obrigkeit aus Nürnberg geschrieben haben: Sie könnten
nicht zum Kaiser gelangen, weil die Wege versperrt seien. -[4] Freunde aus Ulm undBriefe_Vol_20-228 arpa
Augsburg zeigen an, dass der Kaiser vorhabe, Kavalleristen und Fußsoldaten gegen Konstanz
zu schicken. Er habe von der Hegauer [Ritterschaft] Hunderte von Pferden verlangt. Der
Vorstoß soll dazu dienen, die Reaktion der Eidgenossen zu testen. Falls diese den Konstanzern
zu Hilfe eilen würden, hätte er einen guten Grund, sie anzugreifen und sie zu unterjochen.
-[5] In Venedig trafen Nachrichten aus Konstantinopel ein, die mit einem Brief vom 23. Mai
durch die öffentliche Post nach Augsburg befördert wurden. Sultan Suleiman rüste ein großes
Heer, das ohne ihn bald [gegen das Reich]aufbrechen werde. -[6] Diesen Zettel soll [Thomas
Blarer oder Konrad Zwick] dem Augustin [...]für Bullinger in Zürich mitgeben. Blarer
kann ihm jetzt nicht schreiben.
Zytungen 3 mag ich äben 4 gar litt schreiben - so wunderbarlich unglich 5 ding wirt geschriben! Weht schier, das ich gar nichts horte.
Man schribt yetz von Augspurg, das ire gesandten 6 geschriben habind, der churfürst 7 seye noch nitt vertragen; 8 er werde in amer offnen zellt durch ain spangischen 9 parasell (das ist profosen 10 ) a verwart. Habind im ain rots hutlin uffgesetzt. 11 Könn inn yederman sechen, aber er seye gantz handtuch 12 . Well litt annemmen, das man im zumutet, das er sollt der chur 13 abtretten und dem kaiser 14 die besten vestinen ingeben 15 , etc. Ouch seye der jung churfürst , und die by im zu Wittenberg sind, gantz handtuch. Wellind sich nitt ergeben. Es seyen ouch der landtgrauff 17 und grauff Albrecht von Mansfeldt 18 und der Tumshirn 19 mitt iren hufen zusamen kommen. Und maint 20 man, es werde noch ruch zugohn.
Es schriben die gesandten von Ravenspurg iren herren widerum hinder sich von Nürenberg. Si konnind nitt weyter kommen und den kaiser nitt erraichen, 21 dann 22 die Sechsischen habind die pesß 23 und strassen allenthalb
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dermassen verlegt, das nieman weder zu noch vom kaiser heruß konne kommen. Diß ist gewisß, das denen von Ravenspurg von irenn, die sy zum kaiser geschickt haben, geschriben wirt. Nitt waiß ich, wie es ain ding wirt. 24
||848 So kommend warnungen von Ulm und Augspurg von guten leuten, die uns guts gunnend 25 , wie 26 der kaiser ettlich reütter heruff 27 ordnen welle mitt ettlichen fendlin knechten. Habe ouch den Hegöwern angemuet 28 , das sy ouch ettlich hundert pferd rustind, etc. Und will man gentzlich achten, er welle Costentz uberzucken 29 und sechen, ob sich die Aidgnossen iren an wellind nemmen oder nitt. Dann werdind sy sych unser annemen, so habe er ain gut ansprach an sy 30 , und werde sy allsdann auch understehn 31 underzetrucken.
So ist auß Constantinopel uff Venedig und von dannen gen Augspurg uff der post 32 geschriben uff 23. mau, das der Türck 33 entlich mitt grosser rüstung anziechen soll, wiewol selbs nitt in aigner person usß ettlichen treffelichen 34 ursachen.
Disen zedel 35 gib dem Augustin 36 ouch, das er inn mitt imme gen Zürich nemen und dem Bullinger uberantwurten könne, dann ich so gar uberillt byn, das ich ime äben nitt ain wort schreiben kan.
[Ohne Unterschrift.] |
[Ohne Adresse.]