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Autograph: Zürich StA, E II 357, 230-232 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 620f, Nr. 1435
[J] Blarer ist in Eile. Er hat gar keine Lust mehr zum Briefeschreiben, weil derzeit so viele
falsche Gerüchte in Umlauf sind. Jeder erzählt das, was er gerne hören würde, und bald
darauf entpuppt es sich als falsch! Gäbe es etwas Verbürgtes zu melden, würde Blarer es
umgehend mitteilen. Bullinger soll also keinen Anstoß daran nehmen, wenn er nun weniger oft
schreibt. Es ist anders gar nicht möglich! Derzeit treffen gleichzeitig völlig widersprüchliche
Nachrichten aus Augsburg, Ulm oder Nürnberg ein! -[2]Bullinger möge sich dringend um
Hans Schöners Angelegenheit kümmern. Blarer legte diesem seine Meinung brieflich dar und
hat ihn, diese auch Bullinger zu eröffnen. Im Großen und Ganzen findet er, dass man Schöner
zu sehr verunglimpft, auch wenn alle zugeben, dass er ein frommer Mann sei. Sie verurteilen
jedoch seine Handlungsweise und machen seinen hitzigen und unbesonnenen Charakter dafür
verantwortlich (nicht etwa eine böse Absicht). Doch wenn er versöhnt werden will, muss er
sich demütigen und unterwerfen, da diese Leute durchaus nicht den Eindruck erwecken wollen,
unrecht gehandelt zu haben. -[3]Beiliegend Briefe aus Augsburg [HBBW XIX, Nr. 2867 und
evtl. auch Nr. 2858 von Haller]. Blarer schickt sie erst jetzt, weil er sonst einen zu entgeltenden
Boten dafür hätte abfertigen müssen. Sie werden nun von Augsburger Studenten übermittelt,
die zum Studium nach Basel gehen. -[4]Die Konstanzer Kirche sei den Zürchern ans
Herz gelegt. Die Hauptleute [Sebastian Schertlin und Marcell Dietrich von Schankwitz] sind
immer noch da. - [5] Wie kommt es, dass Vadian die Aufzeichnungen [über die letzte Tagsatzung
von Baden] noch immer nicht geschickt hat? Bullinger soll künftig Mitteilungen, die
auch für Vadian bestimmt sind, zuerst an Blarer adressieren, der sie diesem innerhalb von zwei
Tagen weiterleiten wird. - [6] Er soll auch die höchst vertrauliche Schrift zurücksenden.
- [7] Die Memminger Gesandten, die bei Kaiser Karl V. die Ermäßigung der auferlegten
Geldbuße von 80'000 Florin erwirken sollten, sind unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Sie
erzählten, dass der Kaiser sich mit König Ferdinand und Herzog Moritz getroffen hätte und
Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg, König Christian von Dänemark und Maximilian
von Egmont, Graf von Büren, sich beim Kaiser für einen Frieden einsetzen, dieser aber sich
von seinen harten Friedensbedingungen nicht abbringen lässt. Sie berichteten auch, dass
4'000 Spanier ein sächsisches Städtchen namens Lauw" oder "Leuwe"[Glauchau]überfielen
und alle Einwohner umbrächten. Gleich danach sollen die Truppen des Kurfürsten Johann
Friedrich von Sachsen gekommen sein und zur Strafe das Städtchen mitsamt den noch darin
befindlichen Spaniern niedergebrannt haben. - [8]Beiliegend ein Brief Martin Frechts aus
Ulm. [Aus Zeitmangel] konnte ihn Blarer nicht abschreiben. Bullinger soll ihn sofort zurücksenden,
damit Blarer ihn beantworten kann. -[9] Der Ammann [Hans Schnell] von Tettnang
im Dienste des Grafen Hugo von Montfort-Tettnang hat letztens gegenüber einem Konstanzer
Prediger [...]mit Großtuerei behauptet, der Kaiser hätte sich mit Landgraf Philipp von Hessen
und dem Kurfürsten versöhnt und werde nun Konstanz belagern, um noch in diesem Sommer
gegen die Eidgenossen zu ziehen. Er wolle die Schweizer völlig ausrotten! -[10] Die Welser
und andere [Augsburger], die nach Arbon geflüchtet waren, haben die Heimführung ihres Hab
und Guts veranlasst und waren dabei völlig unbekümmert, zumal [Augsburg] mit dem. Kaiser
versöhnt ist. Zwischen Lindau und Wangen überfielen Spanier oder Italiener den Wagen mit
dem "kostbaren Plunder", töteten den Fuhrmann [...] und brachten den Wagen nach Lindau
zu Pfäfferlis Wirtshaus. Dort schlitzten sie die Warenballen auf und brachten den Inhalt samt
den Pferden ins Landesinnere. Nur den Wagen ließen sie zurück. - [11] in Frankfurt geschehen
schreckliche Dinge. Es werden etliche Menschen gevierteilt und viele entsetzlich
gefoltert. - [12] Mehr kann Blarer nicht schreiben. Gruße an Konrad Pellikan und an dieBriefe_Vol_20-167 arpa
anderen Amtskollegen. Bitte tun Gebet. Gruß von Thomas Blarer und Konrad Zwick.
-[13]Bullinger soll Informationen über den Tag zu Solothurn schicken. -[14] Bestimmt hat
Bullinger Blarers Brief vom 19. April [Nr. 2886 vom "20."]mit der [oben erwähnten]Schrift
und den Brief vom 24. April [nicht erhalten] bekommen. Dies ist also sein dritter Brief
In höchster yl. Wiewol vyl zeytung 1 umgetragen, wirt doch nichts bestendigs und gruntlichs angezögt, sonder dermassen alles grundloß, das ich warlich ganz und gar unlustig 2 byn, ychtzit 3 in tanta mortalium vanitate ze schreiben. Ich nymm mir ye mehr und mehr führ, nichts mehr hin und wyder 4 ze schriben, dieweyl es alles allenthalb fällt 5 und ich kamen zeytungen gewisslich truwen darff. Wann ich aber warhafftig grundtlich zeytungen hab, soll euch allweg 6 by erster bottschafft, so ich gehaben mag, mittgetailt werden. Es ist die ganz wellt ain schalck 7 und bringt yeder uff 8 , was er gern wellte, das war were, in den stetten und sonst. 9 Darum sollt irs nitt achten 10 , ob 11 ich fürohin langsamer und seltner von den löffen 12 schreib. Es wills nitt mehr geben. 13 Dorffend wol ausß Augspurg, Ulm und Nurenberg yeder in sonderhait 14 auff ain stund 15 widerwertig 16 und strittend zytungen geschriben werden!
Des Schöners 17 halber sind auffs fleyssigst gebetten. Trachtend, wie sein sach anzegreyffen. Hab imm mein mainung geschriben mitt pitt, wells 18 euch anzögen. Ich find by allem 19 , das man im unglympfft. Ob sy wol all sagen, er seye ain güter, frommer mann, gebend sy doch dem modo seiner handlung unrecht. Schreibends zu seiner hytzigen ainfalt, mehr dann 20 fürsetzlicher boshait. Er wirt sich nun demütigen und uffs tieffest undergeben müssen, will er etwas erlangen. Dann 21 diß leut wellend nitt darfür, das sy yeman unrecht thuen, angesechen sein, wie ir wol wisst!
Schick euch hiemitt brieff von Augspurg, 22 die ich euch warlich nitt eh hab zufertigen können, dann ich nitt bottschafft vergeblich 23 gehaben mögen. Ettlich knaben von Augspurg, 24 studiosi, habend iren weg auff Basel genommen, allda ze studieren, und dise brieff 25 mittgebracht.
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Lasst euch unser kirchen on uffhören bevolchen sein. Unsere hoptleut 26 sind all noch hie.
Vadianus hat mir noch die acta 27 nitt zugeschickt. Kan mich nitt gnug verwundern, wie es zugeh 28 . Hernach schickt mir selbs zu, was ir mir gunnen weht, und so ers ouch lesen soll, will ichs im allweg in zway tagen uffs 29 30 hengst zuschaffen kommen
Schickt mir das scriptum wider, das ir von mir mitt vertrauwen empfangen bapt. 31
||231 Yetz sind die von Meiningen vom kaiser 32 kommen, dann sy ain bottschafft 33 by im gehapt, abtrag 34 zu erlangen der 80'000 fl. halber, so inen ufgelegt sind. Habend nichts geschafft, etc. Sagend aber, das sy kaiser, könig 35 und hertzog Mauritzen byainander funden habind, etc., und das Gülch 36 , Dennmarck 37 und der von Peuren 38 selbs ernstlich handlind bym kaiser um friden, aber der kaiser well es gar hart spannen 39 und mitt bschwerlichen, unlidlichena conditionibus überladen. Si sagend ouch, das ain stettle in Sachsen haiß Lauw 40 oder Leuwe; da sye der kaiser fürzogen, hab es den Spaniern preyßgeben, und seyen gleych 4'000 Spanier hinyn gefallen, habend alles erwirgt, mann, wyb und kind, jungs und allts, aber des churfursten 41 volck seye gleich hernach kommen, und alls sy gesechen, wie sy alles erwirgt, habend sy das stettle anzündt und zu pulver verbrendt sampt den 4'000 Spaniern, die darinn gewesen sind.
So schribt mir Frechtus von Ulm, 42 wie ir hie sechen. Ich kan nichts darusß schreyben 43 . Schickt mir den prieff widerum und lasts 44 nitt; ich müß im widerschreiben!
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Der amina 45 von Dettnang 46 , des grauffen von Montfort 47 amptman, hat diser tag groß ding geudet 48 gegen aim prediger von hinnen wie der kaiser mitt landtgrauffen und churfursten vertragen seye, und werde yetz den nechsten 51 heruff den zug nemmen, Costenz belegern und das nitt von Costentz wegen, sonder mitt Costentz well ers anfachen und mitt den Aidgnossen enden. Und das müsß alles noch disen summer beschechen, das man von kainem Schwytzer mehr wissen und kamen mehr nennen werd! Hat 52 sich gar vyl erbrochen
Die Welser und ander, so zu Arba gewesen sind, habend ir wahr, hausrat und silbergschirr haimfüren 55 lassen, sich gar nichts besorgt, diewyl sy usgesönt sind. Und ist der best wagen mitt silbergschirr und derglichen zwüschen Lyndauw und Wangen 57 kommen. Alida sind ettlich Spanyer oder Italiäner kommen. Habend den wagenman 58 erstochen und den wagen gen Lyndauw gefürt in des Pfäfferlis wirtshauß 59 , all ob er iren 232 seye. Habend die ballen, darinn das kostlich genüsch 60 gestecket, uffgehowen und alles sampt den wagenrossen hinweg geschlayfft, hmm dem land zu allain den wagen stehn lassen.
Zu Frankfurt gehts ruch 61 zu. Man viertailt ettlich und piniget man vyl ubel.
Ich kan nitt mehr. Sagt alles liebs und guts Pellicano und allen guten herren und freunden. Bittend mitt truwen für unß all. Euch grussend min l[ieber]br[uder]62 und vetter 63 .
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Berichtend mich flissig, was zu Solenthurn gehandelt.
Ich acht, meine schreyben den 19. aprilis 65 cum scripto 66 und den 24. aprilis 67 seyen b euch zukommen. Diß ist das dritt. Datum meridie ultima aprilis 1547.
[Ohne Unterschrift.] |
[Adresse auf der Rückseite:] Meister Heinrich Bullinger. Zürich.