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Autograph: Zürich StA, E II 357a, 751f (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 618f, Nr. 1433
[1] In Konstanz treffen laufend Briefe ein, in denen von einer Einigung zwischen Herzog
Moritz von Sachsen und dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen die Rede ist. Der
Kurfürst soll sich dem Herzog gegenüber freundlich erwiesen haben. Allerdings wollte er nicht
die Räte des jungen Moritz begnadigen, weil sie diesen verführt haben. Auch die Landstände
beider Sachsen möchten zusammenhalten und keine Fremden ins Land lassen. Ähnliches wird
auch aus Nürnberg berichtet. - [2] Kurz zuvor aber sollen König Ferdinand und Herzog
Moritz 15 Fähnlein zu Kaiser Karl V. geschickt haben. Diese schlugen, ohne es zu ahnen, ihr
Nachtlager nur fünf Meilen von den kurfürstlich-sächsischen Truppen auf Letztere rückten
dann während der Nacht heran, griffen am frühen Morgen an und vernichteten 12 Fähnlein.
Doch beteiligten sich die Kavalleristen beider Seiten nicht an der Schlacht, um nicht gegen
Freunde kämpfen zu müssen. -[3] Weil der Kaiser zu keinem Proviant mehr gelangt, ist zu
befürchten, dass er wieder an die Donau zieht. - [4] Es wird berichtet, dass die Böhmen
rebelliert haben und der König die bedeutendsten Adligen hinrichten lässt, angefangen bei
dem [Grafen Hieronymus von]Schlick. Andere wiederum behaupten, dass der böhmische Adel
schließlich doch noch zum Kaiser übergelaufen ist. Diese Meldungen werden wohl falsch sein.
- [5] Es ist merkwürdig, dass man so gut wie nichts über die benachbarten katholischenBriefe_Vol_20-151 arpa
Pfaffen und ihre Verbündeten hört! - [6] Die besonders in Augsburg und Ulm zurückgelassenen
kaiserlichen Söldner sind höchst unzufrieden und desertieren, weil sie schlecht bezahlt
werden. Auch soll der Kaiser gesundheitlich, angeschlagen sein und es ihm an Geld und
Kriegsknechten fehlen. Zwar erwartet er neue Soldaten, doch wird er wohl kein Geld dafür
haben. Er konnte ja nur deshalb so lange Krieg führen, weil reiche Kaufleute ihn mit Tonnen
von Gold versehen haben. -[7] Vadian hat die Aufzeichnungen [über die Badener Tagsatzung
vom 28. März] noch immer nicht geschickt. Wie fahrlässig, zumal sich in den zwei letzten
Tagen etliche Personen von St. Gallen nach Konstanz begaben! Diese Aufzeichnungen wären
Blarer so nützlich. Hoffentlich verläuft bei der Tagsatzung von Solothurn alles gut. - [8] In
Konstanz steht es immer noch so, wie es Blarer zuletzt mitteilte. Der Herr bewahre die Seinen
vor einer trügerischen Sicherheit! - [9] Beiliegend höchst vertraulich eine Schrift, die von
einem frommen Laien [...]verfasst wurde. Blarer konnte sie nur einen halben Tag behalten,
ehe er sie weiterschicken musste. Deshalb konnte er in der Eile nur eine Abschrift davon
erstellen. Außer dein verschwiegenen und vorsichtigen Konrad Pellikan, mit dein Bullinger
sich jetzt [im Urdorfer Bad] aufhält, soll niemand etwas davon erfahren. Was meint denn
Bullinger dazu? Der Autor wäre bereit, die Schrift ausführlicher in einem Dialog zu verarbeiten.
Bullinger soll sie bei nächster Gelegenheit zurückschicken, denn Blarer hat davon nur
dieses eine Exemplar. -[10]Gruß an Pellikan. Gott lasse ihn und Bullinger gut baden, damit
sie der bedrängten Kirche besser dienen können! Blarer hätte sich gerne zu den Badenden
gesellt, doch hatte er keine guten Vorwand dafür, zumal er derzeit (Gott sei Dank!) bei guter
Gesundheit ist. Die Badenden sollen aber für Konstanz beten. - [11]Landgraf Philipp von
Hessen soll rüsten. Sebastian Schertlin und Marcell Dietrich von Schankwitz sind noch in
Konstanz. Hoffentlich wird Blarer bald gute Nachrichten übermitteln können! - [12] Er bedankt
sich für Bullingers ausführlichen Brief [Nr. 2881] und möchte unverzüglich über das
Treffen in Solothurn informiert werden. Am letzten Sonntag [17. April] überbrachte der Engländer
John Butler einen Gruß von Vadian, aber (und wie seltsam!) nicht die oben genannten
Unterlagen! -[13]Gruße an Hans Schöner. -[14] Gute Wünsche für Bullinger und Pellikan
beim Baden!
Es wirt bestendigklich hergeschriben, daß hertzog Morytz 3 mitt dem churfursten vertragen seye und er 5 inn ganz freuntlich gehalten, seine räth aber, als die 6 das jung blut 7 verfürt haben, nitt begnaden wellen. Es habind sich ouch die zwo landtschafften 8 Sachsen und des hertzog Mauritzen, zusamen verpflicht, das sy lyb und güt zusamen setzen und nieman frömbdern in jr land lassen wellen. 9 Diß wirt auch für und für 10 von Nürnberg geschriben.
Letstlich und allererst vorm vertrag habend der könig" und hertzog Mauritz dem kaiser 12 15 fendlin knecht zugeschickt. Sind auff ain nacht funff myl 13 wegs von den sachsischen gelegen. Habend sich nichten args versechen . Seind aber die sechsischen die ganzen nacht gezogen. Habend sy
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unversechendes 15 morgens uberfallen und 12 fendlin erlegt. 16 Die raisigen 17 aber baiderseyts habend da gehalten unnd zugesechen, ainander litt angreyffen wellen, diewyl sy durch ainander befründt seind gewesen.
Dem kaiser soll kam profiandt sollen mögen zugohn, das man besorgt, er werd widerum hinder sich zuruck und an die Thainow 18 zyechen.
Die Behem 19 sollend noch ganz handtuch 20 seyn und mitt macht zusamen gezogen 21 (wiewol ain gassengschray entstanden, der behemsch adel seye gleych 22 zu dem kaiser gefallen) a , und lasß der kunig yetzund die fürnemsten in Behem rychten; hab 23 an dem Schlicken 24 angefangen. Aber nach den gloubwirdigen schreiben ze rechnen kan es nitt war sein, ouch ausß andern gloubwirdigen ursachen.
Das gschray ist gar nitt laut um unsere pfaffen 25 und ire verwandten 26 . Nitt waiß ich, wes die schuld ist.
Die knecht in den besatzungen der stett werdend ubel bezalt. Derhalb ettlich hinwegziechend und ubel zufriden in Augspurg und Ulm. So soll der kaiser an lyb, güt und volck ganz schwach sein, aber frisch volck gewertig 27 . Des gelts halb, maint man, werde es im hart lygen 28 , dann 29 wann im vormals ettlich reych kouffleut nitt thunnen gold fürgestreckt, 30 hetten er und die seinen den krieg so lang kinswegs beharren mögen.
Die acta 31 sind mir noch vom d. Vadiano nitt zukommen, welchs mir doch ganz laid, das er als farlesig ist. Dann diß baid tag leut von S. Gallen hie
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gewesen und ich ausß ursachen die gar gern haben weht. Gott verlieh, das zu Solenthurn 32 alles wol gehandelt.
Um unß steht es noch aller ding, wie euch vormals 33 anzögt worden. Gott well unß im frid gnedigklich erhalten und doch vor aller böser sicherhait bewaren, 34 etc.
||752 Hiemitt schick ich euch ain schrifft 35 ains guten frommen mans 36 . Ist mir nun 37 ain halben tag zu hand gewesen. Hab sy glych hinweg schicken
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müssen 38 und derhalb in der yl abgeschriben und euch allso in höchstem vertrauwen ouch wellen lesen lassen. Doch per amiciciae nostrae fidem te obtestor, ne cuiquam quicquam de hoc indices, nisi forte, qui tecum nunc est, Pellicano, 39 quem scio prudentem et tacendi gnarum virum. Scribes vero tuam sententiam, quidve tibi in hocce iudicio videatur. Es ist mir in hochstein vertrauwen zugeschickt von ainem layen, der willens, die summ diß arguments 40 in ain dialogum ze stellen und weytlöfiger ausszeziech[en]b 41 Aberc by allernechster bottschafft sollt ir mirs widerschicken und litt underlassen, 42 dann ich sonst kam exemplum hab. 43
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Pientissimo viro d. Pellicano dices meis verbis plurimam cumulatissimamque in domino salutem. Is faxit, ut feliciter lavetis, quo deinde afflictae suae ecclesiæ diu etiamnum commodare possitis. Cuperem totis animis me contubernio vestro, si ullo honesto praetextu liceret, adiungere. Verum interim gratiae mihi agenda sunt servatori Christo, quod sano meo corpori hoc quidem tempore istoc remedio nihil est opus. Commendate nos et ecclesiam nostram domino valde diligenter!
Der landtgrauf 44 soll in etwas 45 ansechlicher rustung sin. Die hoptleut Schertlin 46 und Marcell 47 sind noch hie. Hoff zu gott, welle euch bald abenturig zytung 48 schreiben. Gott wells alles mitt gnaden fügen!
Bedanck mich ewers fleyssigen schribens 49 mitt pitt, mich furderlich 50 zu berichten, was ir ab 51 dem tag zu Solenthurn vernemmen werdtt. Vadianus hat mir auff sontag nechst 52 ain grütz by unserm Engellender zuempotten (Buttlerus 53 ist zu S. Gallen gewesen) d . Befrömbdt mich, das er mir die acta nitt geschickt hat.
Den Schönerum 54 bapt für bevolchen.
Gott lasß euch und den fromen Pellicanum wol und glucklich baden, wunsch ich von hertzen. Datum den 20. Aprilis.
[Ohne Unterschrift.] |
[Ohne Adresse.]