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Autograph: Zürich ZB, Ms F 62, 380 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 993f, Nr. 1109
[1]Myconius empfing am 2. Oktober den via Hartmann von Hallwyl übersandten Brief Bullingers
[Nr. 3020] aus der Hand des Homburger Vogts [Martin Hagenbach]. —[2]Die Propositionen
Kaiser Karis V. [für den Augsburger Reichstag]missfallen Myconius. Daran merkt
man nämlich, wie übermäßig ehrgeizig der Kaiser ist, und wie sehr er das Gute hasst. Kein
Wunder: Er interessiert sich nicht für Wissen und Gelehrsamkeit; zudem vernachlässigt er
Gott, auch wenn er dessen Namen oft im Munde führt. Den Eidgenossen wird es also bald an
den Kragen gehen, wenn Gott sie nicht davor beschützt! —[3]Angeblich zieht Maximilian von
Egmont, Graf von Büren, mit einem neuen Heer aus den Niederlanden heran. Herzog Heinrich
von Braunschweig-Wolfenbüttel soll von den Braunschweigern erneut vertrieben worden sein.
— [4] Bei den Engländern gedeiht das Evangelium. Deshalb segnet sie Gott, auch in der
Außenpolitik. Es scheint nämlich, als ob König Heinrich II. von Frankreich ihnen nicht den
Krieg erklären wird und die Schotten den ihnen von den Engländern angebotenen Frieden
annehmen werden. Dies sei verbürgt. —[5]Eingeweihte behaupten immer lauter, dass König
Ferdinand der nächste Papst sein wird, und dass der Kaiser ungeduldig sei, weil er baldmöglichstBriefe_Vol_20-530 arpa
Augsburg verlassen will, um nach Straßburg, oder gegen die Eidgenossen, oder
auch nach Italien zu ziehen, und dies nicht um der Religion willen, sondern um Herrscher über
ganz Europa zu werden! - [6] Als Herzog Christoph von Württemberg, Graf Georg von
Württemberg-Mömpelgard, Hans von Heideck und andere Adlige zusammen mit einem Augsburger
Buchhalter [...] und den beiden Basler Oberstzunftmeistern [Marx Heidelin und Blasius
Schölli]bei Tisch saßen und sich über Verschiedenes unterhielten, sagte der Augsburger:
"Nun wird der siegreiche Kaiser euch, unsere benachbarten Schweizer, angreifen!"Einer der
Oberstzunftmeister erwiderte: "Was sagt ihr denn von den Schweizern? Wie seltsam, dass sie
euch so sehr beschäftigen! Lasst es euch aber gesagt sein, dass, falls der Kaiser sie angreift,
dieser bald erfahren muss, dass sie noch rüstig sind und sich nicht wie die [deutschen Protestanten]
verhalten werden! Sollte er siegen (Gott verhüte es!), würde er dennoch schwere
Verluste hinnehmen müssen!"Daraufhin trat am ganzen Tisch Schweigen ein, bis jemand ein
neues Thema anschnitt. Es sind also nicht alle Basler ängstlich! -[7] Unterdessen traf auch
Ludwig, der Sohn des Zürcher Bürgermeisters Hans Rudolf Lavater, in Basel ein. Myconius
erzählte ihm, was er über Paris weiß, auch von der dort grassierenden Pest, die, wenn sie
andauert, gewiss zu einer Unterbrechung des Unterrichts führen würde. Das berichteten letzte
Woche einige aus Frankreich zurückkehrende Studenten. Ludwig ließ sich davon nicht beeindrucken
und behauptete, die Pest noch nie gefürchtet zu haben: Er wolle abreisen, sobald
er einen Reisegefährten gefunden habe. -[8]Inzwischen hat Myconius Bullingers Brief [Nr.
3032]mit den beigelegten Schreiben [Nr. 3023 und Nr. 3017]gelesen. Die Nachricht in Brief
[Nr. 3023] über die Jagd des Kaisers ist lustig. Was dort über die [niederländischen, für den
Kaiser bestimmten]Reiter steht, passt zu dem, was Myconius oben über den Grafen von Büren
schrieb. Die Nachricht in dem Brief von Johannes Hailer [Nr. 3017] über die erzwungene
Teilnahme der [protestantischen] Fürsten an der katholischen Messe missfiel Myconius, genauso
wie auch schon Haller; und wie Letzterer kann er dem Kaiser nicht trauen, denn dieser
hört die Messe, duldet die Bischöfe, lässt seine Soldaten ungestraft wüten, vor allein gegen das
Evangelium. Graf Georg erfuhr aus Augsburg, dass dort die Pfaffen die ärmeren Bürger
bestechen, damit diese die Messe besuchen. Als sie zu einem Schuster kamen und ihm einen
Taler gaben, versprach dieser, während 14 Tagen zur Messe zu gehen. Doch als er nach Hause
kam, starb er plötzlich! -[9] Johannes Gast beteuert, die Ausgabe der Satiren des Persius
einem bärtigen Mann namens Michael [Martin Stella](einem Drucker oder Setzer) mitgegeben
zu haben. -[10]Philipp Melanchthon ist in Wittenberg, wo er bleiben will, wenn die
Universität wiedereröffnet wird. Ansonsten wird er dem Rat guter Leute folgen und von dort
wegziehen. Dies hat er [an Bucer]geschrieben. -[11]Grüße an Theodor Bibliander; Rudolf
Gwalther und an alle Kollegen. Bullinger weiß ja, dass man beten muss. Im gegenwärtigen
Elend verlieren sogar die Guten Gottes Geist, weil sie so sehr um ihr Leben, ihre Frauen und
ihre Kinder fürchten. Der Herr spende Trost!
S. 2. octobris accepi, quae per Hartmannum a Hallwyl misisti 1 . Reddidit praefectus Hombergensis 2 .
Displicent proposita a caesare 3 , ut vel inde indicium accipiam, quis et qualis sit natura, nempe ambitiosus supra quam dici queat, et osor omnis
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boni et iusti! Quod inde nimirum est: Non amat literas seu literatos, deum negligit, quamvis omnipotentem saepe nominet. Et nisi dominus nos 4 protegat, videbimus mox stupenda contra nos.
Rumor est sparsus de Burensi 5 , venire ex Belgico 6 cum novo equitatu. Verum nil nisi rumorem habeo. De Heinricho 7 volat iterum fusum a Brunsvicensibus a
In Anglia (gratia domino) b res Christi magnos facit progressus indeque benedicit illis deus etiam in externis, ut nec a Gallo 8 bellum eis inferatur et Scoti pacem optatam ipsis Angus recepturi videantur. hec vera. 9
Mussitant nunc apertius rerum scn, quod pontificatus grec grec 10 sit traducendus. Festinare dicitur in omnibus caesar, ut quamprimum ab Augusta discedat vel Argentinam vel contra nos vel in Italiam, non religionis ergo, sed ut dominus flat Europae. 11
Sederunt hic in mensa simul Christophorus dux 12 , Georgius comes 13 , Heidegkius 14 aliique vin nobiles, Augustanus item quaestor 15 c et tribuni urbis nostrae duo c16 . Inter multa, quae conferebant, Augustanus ait: "Age proximi nunc Schwitzen, quos caesar victor petet!"Hic ex tribunis alter: "Was sagend ir von Schwitzeren? Sy ligend üch seltzam an! 17 Nun wil üch daß gseyt han: Kumpt der keyser, wir wend imm mit der hilf gottes selicher maß engegen gan 19 das er und die sinen müssind innen werden-, 20 das wir noch lebend!
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Und ob erd schon gsigen wurd (da gott vor sy 21 ), so wend wir imm ein solich loch in die sinen machen, das es innen als bald gerüwen müß als 22 uns! Wir werden, ob 23 gott wil, nit handlen, wie ir und üwers glichen 24 gehandlet hand 25 !" His ita dictis silentium factum est in tota mensa, donec tandem novum argumentum quis induxerat. Hoc tibi, ut videas non omnes nos timoris esse filios.
Inter haec venit filius 26 consulis Lavateri 27 . Narravi ego, quae certo novi ex Parisiis, inter alia de peste illic grassante. Si perget, uti caepit, scholam dissipabit. Ita retulerunt studiosi venientes ex Gallia superiore septimana 28 . Quicquid autem ego apud Lavaterum de peste dicerem, fortiter contempsit, adserens nunquam se illam timuisse, se paratum ad iter, tantum inveniat comitem. 29
Legi tuas 30 interim, et quas 31 adiunxisti. In alteris 32 placuit, quod est de caesaris venatione scriptum, et quod habent de equitibus (videtur consonum his, quae scripsi 33 de Burensi) e . In literis Hallen 34 displicet (quod et ipsi Hallero) de principibus missae adstare propemodum coactis, qui tamen hactenus aliud didicerunt! Cum eodem 35 sentio, dum caesari non fidit. Audit 36 missam, episcopos admittit, impune peccant milites, maxime contra evangelium!
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Quid igitur ei fidas? Ad Georgium comitem scriptum est ex Augusta pfaffos conducere civium pauperes, ut adeant missam. 37 Venisse ad sutorem quendam 38 ac dedisse coronatum 39 , ut per dies 14 sibi obsequatur. Miser accipit, venit domum et moritur subito!
Gastius iurat se misisse Persium 40 cum viro, nescio an impresore, an compositore 41 , Michaele nomine, 42 barbato.
Philippus 43 est Witenbergae. Expectat instaurationem scholae 44 - quae si instaurabitur, illic manebit; sin aliter, consilio bonorum sedem mutabit. Hec ex ipsius literis. 45
Vale in Christo cum Theodoro 46 , Rodulpho 47 , fratribus bonis omnibus. Orandum esse nobis ipse nosti. Mirum est enim in hac calamitate, ut f spiritus in bonis etiam vins propemodum extinguatur, 48 adeo vite, uxoribus et liberis suis timent. 49 Dominus nos consoletur! Amen. Basileae, 8. octobris anno 1547.
Tuus O. Myconius. |
[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero in domino suo. Tig[uri]g .