Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2985]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
11. August 1547

Autograph: Zürich StA, E II 336a, 276 (neu: 291)(Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 981, Nr. 1096

[1] Gott lasse das [Zürcher]Schützenfest gelingen! Bullinger wird am Datum des beigelegten Briefes [Nr. 2971] sehen, wann er geschrieben wurde. Myconius fand keinen Boten dafür. Eiweiß schon nicht mehr, was darin steht. Bullinger möge bei Gelegenheit etwaige Fragen beantworten. - [2] Der [abgesetzte] Kölner [Erzbischof Hermann von Wied] sieht sich gezwungen, in Straßburg und von dort (wenn möglich) in Basel Zuflucht zu suchen.. Dazu wird es wohl nicht kommen, denn als Myconius sich heimlich dafür bei den obersten Ratsherren

35 Johann Friedrich I. von Sachsen. - Siehe Nr. 2953, Anm. 19; Nr. 2970,121-131.
36 Hier sind Schützen gemeint.
37 Landgraf Philipp von Hessen. -Vgl. Nr. 2970,132-136.
38 Donauwörth.
39 Vgl. Nr. 2983, Anm. 3.
40 Zur Absicht des Kaisers, den Schwäbischen Bund wieder zu errichten, s. Nr. 2960, Anm. 25. Zu dem hier angesprochenen Bündnis kam es allerdings nicht; s. dazu Rabe, Reichsbund 174f.
41 Siehe dazu Nr. 2952, Anm. 6.
42 Subjekt ist der Kaiser. -Ironisches Wortspiel mit reformaturus.
43 Otto Truchsess von Waldburg.
44 Siehe Nr. 2970,17f.
45 Vgl. Nr. 2951,19f, und Nr. 2972,37f.
36 Dom. - Vgl. Nr. 2970,67f, und Nr. 2973,1-5.
47 Wilhelm IV. von Bayern. - Vgl. Nr. 2973,9f.
48 Eine Übertreibung. - Vgl. Nr. 2973,10- 14.
49 Siehe dazu Nr. 2972 und Nr. 2978.
50 multa scribere.
51 Francisco de Enzinas.
52 Dieser Brief wurde vom Zürcher Boten Andreas Müller übermittelt; s. oben Anm. 28.


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einsetzte, wurde ihm keinerlei Hoffnung gemacht. Dies vertraulich. -[3] Dein Bürgermeister Adelberg Meyer wurde brieflich mitgeteilt, dass Kaiser Karl V. in Straßburg überwintern und den Reichstag nach Speyer verlegen, werde. Wenn das stimmt, dann ist dies als Drohung gegen die Eidgenossen aufzufassen. Hätte Myconius sich nicht dem Herrn anvertraut, würde ihn dies sehr beunruhigen. Er traut nämlich den Fünf Orten nicht so richtig, da stets gemunkelt wird, sie steckten mit dem Kaiser unter einer Decke. Zudem wünscht sich dieser nichts so sehr, ais sich die Eidgenossen zu unterwerfen. Wie traut denn Bullinger den Verbündeten? -[4] Die Hansestädte lehnen einem Friedensschluss mit dem Kaiser ab. Die Bremer sollen sich unter Graf Christoph von Oldenburg tapfer halten. Doch auch auf der Gegenseite sind Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und andere nicht unachtsam. Die Böhmen sollen der Willkür König Ferdinands ausgeliefert sein, was Myconius nie für möglich gehalten hätte. - [5]Angeblich hat der türkische Sultan Suleiman eine Burg des Bischofs von Gran [Pal Várdai] erobert. Andere sagen, dass Pressburg eingenommen und somit Wien verloren sei, ja dass man den Türken mit eiligst in Österreich und Bayern gemusterten Truppen entgegenstrebe. Da aber der König sich weiterhin dem [Adel] Böhmens widersetzt und der Kaiser von seinem Plan nicht abrückt, werden sich wohl beide mit dem Türken verständigt haben. -[6]Man fürchtet, dass der Antichrist [Papst Paul III.]den französischen König Heinrich II. beauftragt hat, England anzugreifen. -[7]Dies als Ergänzung zum vorigen Brief [Nr. 2971]. Grüße, auch an Theodor Bibliander und Rudolf Gwalther.

S. Dominus ludum istum tormentarium 1 bene vertat. Vides ex dato aliarum literarum 2 , quando eas scrip[se]a rim Interea non licuit invenire, qui ferret. Ignoro, quid significarim. Si quid est igitur, ad quod est respondendum, quaeso respondeas, dum fuerit ocium.

Coloniensis 3 urgetur ad Argentinenses et inde ad nos usque, si posset habere locum. Timeo, ut non inveniat. Equidem egi apud capita nostra clam et responsum inveni, ex quo nihil adfulsit spei. hec in aurem tibi, ut scias.

Dixit mihi consul foster Meierus 4 perscriptum esse caesarem 5 hyematurum Argentinae et comitia translata Spiram. 6 Quod, si verum est, pro minis interpretor contra nos. 7 Hic, nisi me domino devovissem, valde essem anxius. Nescio enim, qui flat, cur de 5 Pagicis bene sperare nequeam. Et murmuratur perpetuo, quadamtenus eos colludere cum caesare, qui hodie nihil magis habet in votis, quam ut sub iugum mittat nostram patriam. Vellem audire ex te, quidnam spei, post dominum, habeas de Confoederatis. 8

a Textverlust am linken Briefrand. Das in Zürich für den 14. August geplante Schützenfest; s. Nr. 2958, Anm. 22; Nr. 2992.
2 Gemeint ist Myconius' Brief vom 30. Juli (Nr. 2971). Der im Januar 1547 abgesetzte Kölner Erzbischof Hermann von Wied; s. HBBW XIX 259, Anm. 3. Myconius hatte gerade aus einem Brief Bucers vom 4. August (Zürich ZB, Ms F 80, 161f; Zusammenfassung in: Henrich, Myconius BW 978f, Nr. 1094 - s. ferner aaO, S. 980, Nr. 1095) von der beabsichtigten Reise des Bischofs nach Straßburg erfahren und
wurde dabei gebeten, sich nach einer bei Basel gelegenen Bleibe für den Bischof umzusehen. Dazu kam es aber nicht; s. HBBW XIX 259, Anm. 5.
4 Adelberg Meyer zum Pfeil, der am Sonntag 19. Juni erneut zum Basler Bürgermeister ernannt worden war.
5 Karl V.
6 Falsche Gerüchte, die Myconius in Nr. 2994,7-10; Nr. 2997,2-4, wiederholt. - Siehe ferner Vadian BW VI 672.
7 Vgl. Nr. 2997,29-31.
8 Myconius' bezieht sich hier auf die Vorbehalte, die er bereits in Nr. 2967,12-20,


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Civitates maritima 9 constanter abnuunt pacem cum caesare. 10 Bremenses 11 duce Oldendorpio 12 dicuntur facere fortiter; contra Brunsvicensem 13 et alios officum suum non negligere. Boemi dicuntur esse in arbitrio regis 14 quod non putassem.

Turca 15 fertur arcem occupasse, quae fuit Stridonensis episcopi 16 Addunt alii et Bresburgam 17 captam, atque ideo actum de Vienna, obiici Turcis

geäußert hatte, und auf die Bullinger am Abfassungstag des vorliegenden Briefes in Nr. 2984,12-25, einging.
9 die Hansestädte.
10 Dies trifft nur teilweise zu. Anfang Juni war die Stadt Hamburg gebeten worden, sich nicht von den anderen Seestädten abzuspalten. Doch unterwarf sie sich trotz allem (als erste) dem Kaiser am 20. Juli. Verhandlungen zugunsten der gesamten Hansestädte, die Gesandte aus Lübeck und Lüneburg beim Kaiser am 21. Juni in Halle unternahmen, blieben erfolglos, denn von kaiserlicher Seite bestand man auf Verhandlungen mit jeder einzelnen Stadt; s. Rudolf Häpke, Die Regierung Karl V. und der europäische Norden, Lübeck 1914, S. 284-286. Daraufhin stimmte die Mehrzahl der Teilnehmer an dem letzten in Braunschweig zwischen dem 4. und dem 20. Juli abgehaltenen Bundestag der ehemaligen schmalkaldischen Bundesstädte Niederdeutschlands für Einzelverhandlungen; s. Schulte, Hansestädte 224. 269. Bremen und Magdeburg hielten hingegen an ihrem Widerstand fest und lehnten einen Friedensschluss mit dem Kaiser noch lange ab. Der Versöhnungsbrief des Kaisers für Bremen datiert erst vom 15. September 1554; s. Helmut Lucke, Bremen im Schmalkaldischen Bund. 1540-1547, Bremen 1955, S. 104. Magdeburg wurde am 27. Juli 1547 vom Kaiser geächtet (s. Nr. 2934, Anm. 16) und schloss erst am 5. November 1551 einen Aussöhnungsvertrag mit Kurfürst Moritz von Sachsen; s. Friedrich Hälfte, Die Stadt Magdeburg im Kampfe für den Protestantismus während der Jahre 1547-1551, Halle a. d. Saale 1892, S. 54.
13 Von hier an bis zum Briefende stammen alle Nachrichten aus dem schon oben in Anm. 3 erwähnten Brief Bucers.
12 Richtig wäre "Oldenburgio". - Gemeint ist Graf Christoph von Oldenburg, der mit seinen Truppen zur Befreiung Bremens beigetragen hatte und am Sieg der Protestanten bei Drakenburg beteiligt gewesen war; s. Nr. 2918, Anm. 18. Als Domherr in Bremen zog er sich nach dieser Schlacht wieder nach Bremen zurück; s. Werner Storkebaum, Graf Christoph von Oldenburg (1504-1566). Ein Lebensbild im Rahmen der Reformationsgeschichte, Oldenburg 1959, S. 114. - Zum Widerstand Bremens s. ferner Nr. 2990, Anm. 20.
13 Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel. - Er war im Juli in sein Land zurückgekehrt und hatte wegen der Zerstörung Wolfenbüttels zunächst in Gandersheim seinen Wohnsitz genommen. Für die Zerstörung Wolfenbüttels forderte er 300'000 Gulden Entschädigung und versuchte mit allen Mitteln, Braunschweig in seine Gewalt zu bekommen; s. Gustav Hassebrauk, Heinrich der Jüngere und die Stadt Braunschweig 15 14-1568, in: Jb. des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 5, 1906, S. 45f.
14 Ferdinand I. - Siehe dazu Nr. 2929, Anm. 7; Nr. 2935, Anm. 33. 15 Sultan Suleiman I.
16 Richtig wäre "Strigon(i)ensis episcopi". - Erzbischof von Esztergom (Gran; lat.: Strigonium) war damals Pal Várdai (Paulus de Varda), gest. am 12. Oktober 1549; s. Pius Bonifacius Garns, Series episcoporum ecclesiae catholicae, Regensburg 1873, S. 380. - Bei dieser und der folgenden Nachricht handelt es sich um falsche Gerüchte.
17 Bratislava (Pressburg).


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copias tumultuanter collectas per Austriam et Bavariam. Quia ergo rex a Boemis non cessat et caesar a suo proposito, persto in sententia convenire istis cum 18

Anglia petitur ab antichristo Romano 19 per Gallum 20 , ut metuitur.

Haec superioribus 21 adiecta volui. Vale cum Theodoro 22 et Gvalthero in domino. Basileae, 11. augusti anno 1547.

Os. Myc. tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero in domino suo. Zü[rich].