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Autograph: Zürich StA E II 370, 62 (Siegelabdruck) Ungedruckt
[1]Bullinger schweigt, weil er über Hallers Brief [nicht erhalten] verstimmt ist. Dass dieser jedoch guten Grund zum Ärger hatte, wird jetzt deutlich. -[2] Für den 1. September wurde ein Reichstag in Augsburg angekündigt. In drei Tagen soll der Diktator, Kaiser Karl V., in der Stadt eintreffen. Für einige Fürsten wurden schon Unterkünfte bestimmt. Es sollen viele kommen, auch zahlreiche Spanier. Das Schicksal der Pfarrer ist ungewiss. Sie sind für alle zum Gespött geworden! Ottavio Farnese, Herr von Camerino, Schwiegersohn des Kaisers und Enkel des Papstes Paul Ill., ist schon seit acht Tagen hier. Bürgermeister Hans Welser, der [diesen Andrang]ahnte, ist mit seiner ganzen Familie nach Pfäfers abgereist. In seinem Haus soll Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von Alba, einquartiert werden. Die beiden Gefangenen, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, sollen auch hergebracht werden. Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel wird hingegen, als freier Mann erscheinen. Nicolas de Perrenot, Herr von Granvelle, dessen Sohn Antoine, Bischof von Aries [richtig: Arras], und einige Äbte werden Hallers Nachbarn! Vielleicht wird er sogar gezwungen, Spanier bei sich aufzunehmen. Dies ist also der Schutz, den die [Augsburger Ratsherren]versprachen! -[3] Was soll es aber! Gemäß dem Wunsch der Zürcher wird Haller in Augsburg bleiben. Mit standhaftem Glauben wird er der Zukunft ins Auge sehen und das Evangelium, das er bisher den Kaufleuten gepredigt hat, auch den Herodianern und den Pharisäern verkündigen! -[4]Gruß. Falls Bullinger schreibt, soll er sich vorsichtig äußern. Haller weiß nicht, wann er mehr schreiben kann. - [5] [P.S.:] Soeben erfährt er, dass im Kloster St. Anna, in dem Nikolaus Müller gen. Maier, Michael Keller, Sixt Birck und er selbst zusammen mit Thoman Ruman wohnen, 40 Reiter einquartiert werden. Sobald man [den Kaiserlichen] etwas sagt, geben sie einem zu verstehen, dass sie nun die Herren sind. Sie verderben Knaben und Mädchen. Daraus wird deutlich, wie gut [die Augsburger Ratsherren]für Pfarrer und Kirche sorgen, ja, sich um die Erbauung [der Bevölkerung] kümmern!
S. Quod nihil rescribis, colligo te meis nuper missis 1 offensum; sed quod non immerito scripserim cum stomacho, testatur negotium praesens.
Indicta sunt comitia ad calendas septembris in urbe nostra. 2 Expectamus intra triduum ipsum grec 3. 3 Deputantur iam hospitia singulis principibus. Erunt enim frequentissimi. Confluunt Iberi frequentes. Quid nobiscum 4 sit futurum, ignoramus. Sumus ludibrio omnibus 5 et inaestimabilibus premimur periculis. Dux Camerinus 6 , caesaris gener et nepos pontificis 7 ,
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iam 8 diebus hic fuit. Consul Welserus 8 praesentiscens illa ad Pfäfers 9 profectus est cum omni familia. In aedibus eius erit ducas 10 Albanus 11 . Adducuntur captivi elector 12 et langrafius 13 , Liber venit Heinrychus Brunsvicensis . Vicinus meus erit Granvella 15 et episcopus Arelatensis 16 et aliquot abbates. Vereor, ne et ego cogar habere Hispanos. Haec est illa, quam nobis illi 17 praestant, tutela!
Age! Vos voluistis me manere. 18 Manebo ergo et forti fide quemvis expectabo eventum! Quem hactenus coram publicanis 19 professus sum Christum, nunc coram Herodianis 20 non negabo, et pharisaeis 21 !
Vale. Si quid scribere velis, scribe caute. Nescio, quando plura possim. 14. iulii 1547.
I. Hallerus tuus perpetuo. |
||v. Postquam has scripsi, so furiert man uns in 22 , in unser kloster 23 , ubi ha[bi]tamus a , Meyerus, Cellarius, Xystus 24 et ego, 40 rüter (und hab ich doch sonst Romanum 25 zu mir gnon) b . Sobald einer' ein wort d sagt, so saa
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gend si, si syend herren. Es darff kein bürger me kauß 26 sagen. Mira, mira iam fiunt Iam pueri, nedum vi[r]gines corrumpuntur! Tam bene nobis et ecclesiae consulitur! Tam multum aedificamus !27
[Adresse darunter:] Clarissimo viro d. Bullingero, patri suo colendo. Zürich. 28