Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2685]

Johannes Haller
an Bullinger
Augsburg,
20. November 1546

Autograph: Zürich StA, E II 370, 27f (Siegelspur) Ungedruckt

[1]Haller hat (am 15. November mit Nr. 2677]ausführlich über Verschiedenes berichtet, ganz besonders aber über einen ausgesprochenen Lutheraner [Georg Caesar] und über [Rudolf] Schwyzer. Den Brief hatte er [Hans]Vogler [d.J.] anvertraut, der ihn dem an jenem Tag nach St. Gallen abreisenden Diener [...] des [Hieronymus] Sailer hätte mitgeben sollen. Doch Vogler verlegte das Schreiben! Nun ist zu befürchten, dass der detailreiche Brief (der kaum wieder auftauchen wird) in die falschen Hände gerät. Hier also nochmals, jedoch in Kürze, der Inhalt des verlorenen Briefes. [2] Am Sonntag, 14. November, befanden sich auf dem Marktplatz ein junger und ziemlich belesener Wittenberger Magister namens Georg Caesar (der als Pfarrer in der Nähe von Neuburg [a.d. Donau]gewirkt hatte) und seine Gefährten, die wie er wegen des Krieges nach Augsburg flüchten mussten. Da kam der Augsburger Pfarrer Leonhard Bächlin vorbei. Caesar fragte ihn, wohin er denn ginge. Bächlin antwortete, zu den beiden Schweizer Pfarrern [Lorenz Meyer (Agricola) und Rudolf Schwyzer] (die nämlich in der Nähe wohnten), um sich mit diesen zur Predigt zu begeben. Ganz aufgebracht fragte Caesar, ob man denn keine Prediger mehr in Schwaben fände, dass man nun zwinglische Schwärmer aus der Schweiz holen müsse. Bächlin antwortete, dass Helvetien doch das Land Kanaan sei. Caesar erwiderte, das es vielmehr das Land Belials sei, in dem der verfluchte Samen des Zwinglianismus keime! Bächlin solle ihm einen [Schweizer Pfarrer] zeigen, der richtig über das Abendmahl lehre. Darauf meinte Bächlin, dass Haller dies doch tue. Caesar sagte aber, dass dieser ein Schwärmer sei, der schon vier andere nach sich gezogen habe. Da fragte ihn Bächlin, was er denn von Zwingli halte. Caesar gab als Antwort, dass Zwingli und seine Anhänger Auswurf und Abschaum wären. [3]Bächlin informierte Haller davon, dieser dann [Georg] Frölich, [Michael] Keller und [Wolfgang] Musculus. Daraufhin unterhielten sich die Zürcher Pfarrer mit Caesar allein und warfen diesem seine Aussagen vor, die gegen die brüderliche Liebe und die Augsburger Kirche (die ihn doch als Flüchtling aufgenommen hat) verstoßen. Doch statt Abbitte zu leisten, sagte Caesar den Zürchern noch Schlimmeres ins Gesicht. Angesichts dieser hartnäckigen Bösartigkeit nahmen die Zürcher Musculus mit sich (damit die Angelegenheit nicht als privat, sondern als öffentliches Anliegen der Augsburger Kirche angesehen würde) und gingen zum Bürgermeister [...], dem sie alles eröffneten. Dieser zeigte sich sehr entrüstet und besprach sich darüber mit den anderen Bürgermeistern. Haller erfuhr heute von Musculus, dass Caesar und seine Gefährten den Befehl erhielten, die Stadt zu verlassen. Dank dieses Vorfalls genießen nun die Zürcher Pfarrer eine größere Rückendeckung. [4]Schwyzer kennt keine Zurückhaltung und ist wirklich unvorsichtig. In Gegenwart von Musculus (mit dem man sonst gut auskommt, solange man ihn anständig behandelt) sagte er, dass er Caesar erstochen hätte, wäre er diesem vor dem [Stadt]tor begegnet. Musculus entgegnete, dass Schwyzer nicht wüsste, wes Geistes Kind er wäre, und fügte als Spitze hinzu, dass dies typisch helvetisch wäre. Zudem sprach Schwyzer in einer am 15. November gehaltenen Predigt auf äußerst unvorsichtige Weise den Zwischenfall an, ohne dabei die gegenwärtigen schwierigen Umstände zu berücksichtigen. Er griff ferner die erdichtete Präsenz Christi im Abendmahl ausführlich und rückhaltlos an. Das missfiel auch Lorenz [Meyer], der sich umso bescheidener verhält, als er gelehrter als Schwyzer ist. Dieser ist nun wirklich eine große Last für Haller! Verteidigt er ihn, fällt er ganz ungelegen lästig. Lässt er Schwyzer gewähren, wird man ihm vorwerfen, das gemeinsam [mit Zürich]geteilte Anliegen preiszugeben. Haller weiß wohl, was Schwyzer in Zürich und auf der Reise [dorthin] über ihn behauptete, auch wenn er daraus keine große Sache machte, zumal man bei Menschen wie Schwyzer viel mehr durch Schweigen als durch Streit erreicht. Haller erfüllt seine Pflicht und


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bemüht sich, die Sache des Herrn zu fördern, auch wenn ihm dies zum Nachteil gereicht. Er ist also nicht ängstlich und ist über das [Abendmahls]geschwätz [der Augsburger] genauso ungehalten wie die anderen Zürcher. Doch bemüht er sich, die alte Wunde zu heilen und nicht erneut aufzureißen! Er hat in Augsburg gelernt, was es heißt, "einfältig wie die Tauben und klug wie die Schlangen zu sein"[Mt 10, 16]. Wieviel er durch sein gutes Beispiel erreicht hat, bezeugt allein schon die Berufung der anderen [Pfarrer aus der Eidgenossenschaft] nach Augsburg. Er bemüht sich also sowohl um die Wahrheit als auch um den guten Ruf der Zürcher, und will nicht, dass Schwyzer nun all seine Bemühungen zunichtemacht. Das hier Mitgeteilte ist übrigens allein für Bullinger bestimmt. Nichts davon soll an Schwyzer oder an die Zürcher Ratsherren gelangen, solange Haller nicht darum bittet. [5] Frölich wird [mit Nr. 2684] über Vogler berichten. Anscheinend soll dieser sich, wenn niemand da ist, in die Kanzlei einschließen. Frölich befürchtet, Vogler könnte Amtsgeheimnissen nachgehen, was schlimme Folgen hätte! Falls Haller gezwungen wäre, Vogler für ein halbes Jahr bei sich zu behalten, wäre ihm das sehr beschwerlich, auch wenn er dessen Vater [Hans Vogler d.Ä.] gerne einen Gefallen tun würde. [6]Haller fehlt es an Geld, so dass kein Tropfen Wein mehr bei ihm aufzufinden ist. Wegen all der Helvetier, die bei ihm Zuflucht suchen, hat er recht viele Ausgaben! Für [Hans Wilpert] Zoller gab er 14 Gulden aus. Heinrich Hermann borgte er einen rheinischen Gulden. Und für Michael Hedinger und einen anderen [...] die ein Darlehen von 11 Gulden aufnahmen, stellte er sich als Bürge. Gerne würde er allen helfen, kann es aber nicht! Der aus Ulm entlassene [Johannes] Huser ist nun auch schon seit 14 Tagen bei ihm und will nicht nach Zürich zurück (sonst hätte Haller für ihn ein Reisegeld beim Augsburger Rat beantragt). Huser will das Ende des Krieges abwarten, weil er sich von einem Truppenführer [...] anwerben ließ, obwohl er den Zürchern verpflichtet ist! [7] Auch [Hans Thoman] Ruman hält sich mit seiner Familie bei Haller auf Morgen soll er eine Wohnung im Martinskloster beziehen. Die Ratsherren haben sich nicht gefreut, dass Meyer und Schwyzer ohne ihre Ehefrauen nach Augsburg zurückgekehrt sind. [8]Nachdem Haller seine Predigten über den zweiten Brief an Timotheus beendet hat, will er nun auf Wunsch der Ratsherren und Freunde das Johannesevangelium auslegen. Falls Bullinger Notizen hat, die über seinen Johanneskommentar [von 1543]hinausgehen, möge er sie Haller übermitteln. Bei der Erläuterung des für diese Zeit so zutreffenden Richterbuches hatte Haller großen Erfolg, und nicht zuletzt deshalb, weil er sich auf Bullingers Notizen stützen durfte. [9] Keller ist kränklich, und Bernardino [Ochino] allzu ängstlich. Haller hat sich kürzlich viel mit dem Italiener Francesco Stancaro unterhalten. Dieser hat sich in Wien zum Evangelium bekannt und musste deswegen von dort fliehen. Hat Bullinger schon von ihm gehört? Er ist in den Sprachen sehr bewandert und teilt die Ansicht [der Zürcher]. [10] Nun zu den Neuigkeiten, über die Haller bereits mit seinem letzten Schreiben [Nr. 2677]berichtet hat, das durch Voglers Schuld in falsche Hände geraten könnte. Es gibt kaum mehr Scharmützel oder Beschlagnahmungen von Proviant. Die Kaiserlichen werden durch Seuche und Pest stark dezimiert. Viele desertieren. Neulich mussten die Kaiserlichen eine schwere Niederlage hinnehmen. Man wartet stündlich auf die endgültige Schlacht, ohne die diese Angelegenheit nicht entschieden werden kann. Der Herr möge helfen, denn von den Fürsten ist kein Heil zu erwarten! [11] Leider sind die Nachrichten über Herzog Moritz [von Sachsen] nur zu wahr. Unbegreiflich, dass manche dem Herzog diese Freveltat zum Guten anrechnen! Weiteres wird Frölich berichten. [12] Haller schätzt Rumans Bescheidenheit, so dass er sich um diesen gut kümmern wird, zumal er spürt, dass Bullinger diesen auch mag. [13]Gruß, auch an [Konrad] Pellikan, Theodor [Bibliander], [Rudolf] Gwalther, [Heinrich] Buchter und an die anderen, sowie an [Anna, geb. Adlischwyler] und an die Kinder. Grüße an den Schwiegervater [Ulrich Kambli] sowohl von Haller als auch von dessen Frau [Elsbeth].

S. Scripseram nuper 1 ad te integris tribus fouis copiosissime de rebus variis et maxime necessariis, praecipue de quodam negotio, quod nobis fuit cum

1 Mit Brief Nr. 2677 vom 15. November.


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quodam plusquam Lutherano 2 , adhaec quaedam de Svitzero 3 rebusque aliis quum novis tum veteribus. Quas 4 ego dum Voglero 5 nostro tradidi, ut per domini sui Saileri 6 famulum 7 ad S. Gallum mitteret, qui eo die 8 discessurus erat, ille pro consueta sua incuria eas amisit, antequam nuncio traderet. Qua re me supra modum commovit. Vereor enim, ne ipsas forte habeant aut invenerint, qui nobis alias non sunt benevoli. Diligentius enim in iis multa descripsi quam in ullis antehac unquam, nec spes est eas inveniendas iterum. Nunc ergo, quae illic copiose, 9 nunc constringam in pauca.

Die solis, 14. novembris, stetit quidam in foro (m. Georgius Caesar, vir iuvenis et in literis aliquantum versatus -prout magistris illis Wittenbergensibus commune est -, qui hactenus prope Neoburgum 10 in pago 11 parochum egit et nunc in his turbis exul ad nos cum 4 aliis comministris 12 perfugit) cum suis sociis. Tum venit Leonhardus Rivulus 13 , nostrae ecclesiae minister quoque, quem ille Caesar, quo abeat, interrogans, "Ad duos dominos"inquit "Tigurinos"4 (nam prope ipsorum factum est contubernium 15 ), "cum illis, si velint, accessurus concionem." — Tum ille: "Botz seicken! 16 Kan man den kein prediger mee imm Schwabenland finden, das man nun muß die zwinglische schwermer 17 uß Schweitz bschicken?" — Ad quae ille: "Oh, tamen Helvetia est terra Canaan!" — Tum is: "Terra Belial 18 est, quae non nisi damnata producit Zvinglianorum semina. Ostende mihi" ait "unum, qui sane doceat de sacramento altaris!" — Ad quae Leonhardus: "Hallerus tibi ostendo." Ipse rursum: "Scimus, qualis ille sit schwermerus, qui vix integrum iam hic egit annum et 4 alios 19 peperit iam! Quid porro futurum cum hac ecclesia?" —Ille etiam, quid de Zvinglio sentiret, interrogavit. —Qui damnatum 20 eum esse, katharma greck greck exclamavit cum omnibus ei adhaerentibus. Caeteraque his similia multa blasphema evomuit.

2 Georg Caesar.
3 Rudolf Schwyzer d.Ä
4 Quas literas.
5 Hans Vogler d.J.
6 Hieronymus Sailer.
7 Unbekannt. — Vielleicht Matthias Claudius.
8 Also am 15. November; s. oben Anm. 1.
9 Haller bezieht sich hier auf seine ausführlichen Mitteilungen über Georg Caesar und Rudolf Schwyzer in Nr. 2677,46-126 bzw. Z. 127-158.
10 Neuburg ad. Donau.
11 Unbekannt.
12 Unbekannt.
13 Leonhard Bächlin.
14 Gemeint sind Rudolf Schwyzer und Lorenz Meyer (Agricola); s. Nr. 2663, Anm. 7.
15 Hier als Wohnstätte zu verstehen. — Ihre Herberge befand sich in der Nähe von einem der Stadttore, wo das Gespräch mit Caesar stattgefunden hatte; s. Nr. 2677, Anm. 42.
16 Botz seicken! = Potz Seich! —ein Ausruf der Verachtung, Beschimpfung etc.; s. Fischer I 1328f s.v. potz; V 1319 s.v. Seich; SI IV 1996-1999 s.v. Botz; VII 138 s.v. Seich.
17 Siehe dazu Nr. 2677, Anm. 46.
18 des Teufels; vgl. 2Kor 6, 15.
19 Nämlich Meyer, Schwyzer, (Hans) Thoman Ruman und Sebastian Lepusculus. — Zu Ruman sterner unten Z. 93f.
20 katharma greck greck Abschaum und Auswurf.


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Leonhardus nobis rem aperit; nos Laeto 21 , Cellario 22 et Musculo 23 . Solum eum 24 accedimus dicentes eum haec dixisse, sed contra charitatem, contra conditionem suam, contra totam ecclesiam Augustanam, cuius nos simus membra, egisse, quod dicat neminem ex nobis sane docere. Nos eum promovisse ut exulem, ut aleretur a nostra ecclesia; has eum indignas nobis referre gratias! Sperabamus ita eum deprecaturum; sed nihil minus, imo longe turpius, quam prius a Leon-|| 27v. hardo acceperamus, nobis in faciem locutus est! Hanc ergo obstinatam eius videntes malitiam, assumentes nobiscum Musculum prudenter (ne negotium videretur privatum, sed publicum ecclesiae) a , consuli 25 rem aperuimus. Is valde indignatus caeteris consulibus rem indicavit, iussique sunt 26 (ut Musculus hodie mihi dixit) urbe secedere. Quod negotium fecit nobis aditum ad maiorem libertatem, ne scilicet amplius liberum sit his nebulonibus ita publice nobis maledicere. Haec prius 27 aliis pluribusque scripseram verbis.

Svitzeri immodestiam et imprudentiam reprimere non valeo. Dicebat enim in Musculi (qui vir optimus est et facilis, si arte tractetur) praesentia: "O! Hett ich inn 28 vor dem thor ghept, ich welt imm ein dolchen in lyb gstossen han!"Quam eius vocem Musculus sicut Christus discipulorum temerariam vindictae cupiditatem elusit dicens: "Nescitis, cuius spiritus filii sitis," "29 addens et hunc colophonem: "Hoc nimis esset Helveticum", etc. Adhaec statim sequente die 30 pro publica concione omnia exscreavit 31 inepte et praeter rationem causae et temporis, multa disserens de ementita Christi in cena praesentia, ubi licet vere dixerit, imprudenter tamen et sine fructu maxime hoc negotio iam praesente 32 Displicuit etiam Laurentio 33 valde hoc, qui ut illo doctior, ita modestior. Magnum profecto, Bullingere, per hunc hominem mihi imposuistis onus. Aut enim, dum ipsius importunitatem defendere et extenuare pro honestate volo, importunitatis vitium incurrarn, aut, dum ipsum suo capiti relinquere volo, communem causam (quod absit iongissime) ipsi deseruisse videbor. Scio, quae contra me verba Tiguri et in itinere 34 dixerit, quae ego sicuti et ipsum non magni facio. Et scio satius esse tales homines tacendo lenire quam contendendo exacerbare. Faciam ego

a Dieses und das nächste Klammerpaar ergänzt.
21 Georg Frölich.
22 Michael Keller.
23 Wolfgang Musculus.
24 Gemeint ist Caesar.
25 In Nr. 2677,115-124, erweckt Hallers Schilderung den Eindruck, als ob die Angelegenheit allen Bürgermeistern gleichzeitig vorgetragen worden wäre, während hier zunächst nur von einem Bürgermeister die Rede ist, ehe sich dann Musculus auch zu den drei anderen begab. Einer der vier Bürgermeister, möglicherweise Georg Herwart (s. Nr. 2677, Anm. 68),
fühlte sich am meisten von dieser Angelegenheit angesprochen.
26 Gemeint sind Caesar und seine Gefährten.
27 Nämlich mit Nr. 2677.
28 den Georg Caesar.
29 Lk 9, 55.
30 Also am Montag, 15. November; vgl. oben Z. 11.
31 ausgespien; s. Kirsch 1136. —Subjekt ist Schwyzer.
32 Gemeint ist die damalige Kriegslage.
33 Lorenz Meyer.


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meum officium diligenter; et domini negotium, cui consecratus sum, unice spectabo et quaeram omnium etiam mearum rerum dispendio. Nec est, ut cui timidus aut pusillanimis videar (aeque impatiens sum huius pludermenti 35 atque alii) b , sed ego specto, qua ratione vulnus antiquum sanari, non quomodo refricando renovari queat. Didici profecto hoc tempore, quo servivi Augustanae ecclesiae, quid sit hoc: "Estote simplices ut columbae et prudentes sicut serpentes"36 ; video quam circumspecte agendum cum hoc populo astutissimo, contentionum partiumque studiosissimo. ||28r. Atqui quantum hoc uno anno c effecerim, vel una ipsorum 37 testabitur vocatio. Nisi enim mea fuissent moti 38 modestia, utique plures ex Tiguro non vocassent. Studeo ergo, ut veritatem omnibus faciam notam nomenque Tigurinum cunctis plausibile. Quod certe hactenus factum, non ideo dico, ut mihi hinc quid tribuere videar velle, sed ut tester, quam sollicitus sim, ne, quod a me multa gravitate et modestia edificatum est, per illius 39 levitatem et immodestiam destruatur. Caeterum haec ad te solum scribo. Nolo, ut nunc quid vel ipsi scribas de hac re vel dominis indices, nisi amplius monuero. 40

De Voglero 41 scribet tibi quaedam d. Laetus, 42 charissimus meus. Conquestus est ille 43 mihi, das er 44 so 45 nieman umb dwäg 46 sich selb inn die cantzly innbschließe. Was er thü, wüß er 47 nitt. Er bsorg aber, er 48 möcht imm über heimlikeiten kon 49 , das großen schaden darus möcht volgen. Si ad dimidium annum habere cogor, 50 erit mihi molestissimum, quamvis patri 51 libenter inservirem etiam in maioribus.

Ita enim exhaustus 52 sum, ut ne guttam quidem vini habeam in aedibus. Sumptus facio maximos Helvetiis omnibus ad me tanquam ad asylum confluentibus. Pro Zollero 53 14 exposui florenos. Heini Herman 54 mutuo dedi fl

b Klammern ergänzt.
C Über der Zeile nachgetragen.
34 Nämlich auf der Reise nach Zürich. Für den entstandenen Streit war Schwyzer gerügt worden; s. Nr. 2663,12f; Nr. 2701.161-182.
35 Geschwätz; s. SI V 30. — Gemeint sind die von einigen Prädikanten geäußerten und in der Augsburger Kirchenordnung gefundenen Aussagen zum Abendmahl.
36 Mt 10, 16.
37 der drei Schweizer Pfarrer Meyer, Schwyzer und Ruman.
38 Subjekt sind die Augsburger Ratsherren.
39 Schwyzer.
40 Vgl. schon Nr. 2677,158.
41 Hans Vogler d.J.
42 Siehe Nr. 2684,52-61.
~ Frölich.
44 Vogler.
45 wenn.
46 umb dwäg: zugegen, in der Nähe (ist); s. SI XV 810.
47 Frölich.
48 Vogler.
49 möcht imm über heimlikeiten kon: werde auf die Spur von (Amts)geheimnissen kommen.
50 Dies war nämlich eine auch von Frölich erwogene Möglichkeit; s. Nr. 2684,54f. 59f.
51 Hans Vogler d.Ä.
52 Hier finanziell zu deuten.
53 Hans Wilpert Zoller d.J., der zusammen mit Haller im November 1545 nach Augsburg gekommen war; s. HBBW XV 649, Anm. 1.
54 Heinrich Hermann aus Zürich, der im Sommer 1546 nach Augsburg und den Schmalkaldenern zugezogen war; s. HBBW XVII 174; 344.


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Renensem 55 , quem nondum reddidit. Pro Michaele Hedingero 56 et alio quodam 57 vas sive fideiussor d factus sum pro 11 fl Libenter omnibus bonis servirem, quoad meae ferrent facultates. Huserus 58 Ulmae dimissus huc venit. Iam 14 dies mecum fuit. Reverti Tigurum, quicquid suaderem, noluit. Volui ei a dominis 59 impetrare viaticum, sed vult expectare finem belli! Ascriptus est cuidam duci 60 ; wartet uff dmusterung. Ego nihil quicquam pro illo egi. Nolui enim, cum sit astrictus et obligatus dominis Tigurinis. Sed cum ille meis parere nollet consiliis, cogere non potui!

Dominus Romanus 61 etiam cum sua ad me divertit familia. Hodie hospitium ei datum in collegio Martini, 62 in quod cras migrabit. 63 Non admodum placet dominis nostris, quod reliqui duo 64 uxores Tiguri reliquerint, cum in hoc dimissi sint, ut cum suis redeant. 65 Sed quoniam ita illis videtur, so laßt mans gschehen.

Secunda 66 ad Timotheum absoluta 67 statui evangelium Ioannis explicare petentibus id et rogantibus a me et dominis et amicis plurimis. Proinde rogo, ut, si quid habes amplius quam commentaria tua 68 (quae habeo), mihi communices. In libro ludicum exponendo, tam accomodo huic saeculo, quoniam tuis pennis volo, 69 magnam mihi conciliavi gratiam.

Cellarius est valetudinarius, 70 Bernhardinus 71 subtimidus. Contuli his diebus multa cum doctissimo viro Stanggaro 72 , Italo, qui Vienne Christum professus

d sive fideiussor am Rande nachgetragen.
55 einen rheinischen Gulden.
56 Michael Hedinger, Bullingers Cousin, der am 4. September in Augsburg angekommen war; s. HBBW XVII 428.
57 Unbekannt.
58 Johannes Huser (Hauser), gest. 4. Mai 1574 in Zürich-Witikon. 1548 wurde er Diakon (Helfer) in Bülach (Kt. Zürich) und versah ab 1550 verschiedene Pfarrstellen in der Landschaft Zürich, ehe er am 19. August 1571 Pfarrer in Witikon wurde. Zeitlebens verursachte er Probleme; s. Zürich StA, G I 179, 23v. 99v.; Pf Zürich 323.
59 von den Augsburger Ratsherren.
60 Unbekannt.
61 Ruman.
62 Wie auch den beiden anderen Zürchern; vgl. Nr. 2663,21-24; Nr. 2677,161f. — Wie im Falle von Rumans Familie (s. unten Anm. 63) scheint es nicht dazu gekommen zu sein; s. Nr. 2723 und Anm. 50.
63 Sollte es zu diesem Umzug gekommen sein, wird Rumans Familie nicht lange in den Räumen des Martinsklosters untergebracht gewesen sein, zumal sie bereits
erneut am 4. Dezember bei Haller nachgewiesen ist; s. Nr. 2701,188. Die Familie scheint schließlich doch noch eine eigene Unterkunft erhalten zu haben; s. Hallers Brief an Bullinger von Anfang Mai 1547 (Zürich StA, E II 370, 520f).
64 Meyer und Schwyzer.
65 Siehe HBBW XVII 417, Anm. 21.
66 epistula.
67 Über die Briefe an Timotheus hatte Haller seit dem Frühjahr 1546 montags in der Moritzkirche gepredigt; s. HBBW XVI 250,1-5; 251,30f; 401,72. 82f.
68 Bullingers Johanneskommentar (HBBibl I 153) war am 21. August 1543 fertiggestellt (s. HBD 32, 6) und im Juli und August 1543 gedruckt worden.
69 Vgl. das Sprichwort "sich mit fremden Federn schmücken"; s. Phaedrus, Fabulae, 1, 3; TPMA III 188, Nr. 7.3. — Haller hatte im Juli 1546 über das Buch Richter zu predigen begonnen und sich dabei auf Bullingers Notizen gestützt; s. HBBW XVII 189f,54-61 mit Anm. 39.
70 Keller litt an der Gicht; s. HBBW XVI 254,77f.
71 Ochino.


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in Austria fugere coactus est 28v. || — cuius nescio an nomen aut personam etiam noveris. Est profecto in linguis exercitatissimus nostrarumque partium studiosissimus et liberrimus defensor.

Venio nunc ad novitates, quarum quasdam nuper quoque scripseram. 73 Nescio autem, in cuius pervenerint manus vitio Vogleri. 74 Parum vel nihil interim actum, nisi quod iam rarum amplius non est scharmütz und profanntnemmen 75 . Hoc certum, quod caesareani lue et peste valde absumantur. 76 Diffugiunt multi, et magnam his diebus acceperunt 77 cladem. 78 Expectatur singulis boris conflictus acerrimus, 79 sine quo finiri posse hoc negotium non credo. Dominus servet nos causamque suam defendat, quia videmus nullam in principibus esse salutem! 80

Quae de duce Mauritio 81 feruntur, nimium vera sunt! Sed quod quidam in bonam partem interpretantur, 82 ego capere non possum! Proinde ad d. Laetum te relego.

Romanum sua apud me commendavit modestia, sed tanto magis mihi erit commendatus, quantum intelligo eum etiam tibi esse commendatum.

Vale. Salvere cupio dominos fratres et patres d. Pellicanum, d. Theodorum 83 Gvaltherum meum, Buchterum 84 et alios simulque uxorem 85 et liberos tuos 86 dulcissimos. Salutabis etiam socerum meum 87 meo uxorisque meae 88 nomine. Augustae Vindelicorum, 20. novembris anno 1546.

Tuus ex animo loan. Hallerus.

[Adresse darunter:] Praestantissimo viro d. Heinrycho Bullingero, fidelissimo ecclesiae apud Tigurum doctori, domino patrique suo venerando. Zürich, m. Heinrych Bullinger.

72 Francesco Stancaro. — Er hatte sich im Sommersemester 1545 an der Universität in Wien immatrikuliert (s. M-Wien III 75). Am 13. Oktober 1545 war ihm der Lehrstuhl für Hebräisch übertragen worden. Noch bevor ein gegen ihn angestrengter Inquisitionsprozess geschlossen wurde, ordnete König Ferdinand I. mit einem Dekret vom 30. März 1546 seine Vertreibung an. Doch schon zuvor, nämlich kurz vor dem 5. Februar 1546, traf Stancaro in Regensburg ein; s. Nr. 2677, Anm. 6; Francesco Ruffini, Studi sui riformatori italiani, hg. v. Arnaldo Bertola u.a, Turin 1955, S. 174f (das Jahr der Immatrikulation in Wien ist dort entsprechend zu korrigieren).
73 Siehe Nr. 2677,6-45.
74 Siehe dazu oben Z. 1-6.
75 Beschlagnahmung von Proviant.
76 Siehe dazu zuletzt Nr. 2677,15f.
77 die Kaiserlichen.
78 Siehe dazu schon Frölichs Mitteilung in Nr. 2684,12-16.
79 Vgl. auch Nr. 2684,16-19.
80 Vgl. Ps 146 (Vulg. 145), 3.
81 Moritz von Sachsen. — Siehe zuletzt Nr. 2684,34-38.
82 Siehe z.B. Nr. 2671,14-16; Nr. 2677,27— 30; Nr. 2683,10f.
83 Theodor Bibliander.
84 Heinrich Buchter.
85 Anna, geb. Adlischwyler.
86 Zu diesen s. Nr. 2604, Anm. 25.
87 Ulrich Kambli.
88 Elsbeth, geb. Kambli.