Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3156]

Bullinger
an Oswald Myconius
Zürich,
Donnerstag, 8. März 1548

Autograph: Zürich StA, E II 342, 190 (Siegelabdruck) a Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 1019, Nr. 1134

[1]Als Dank für Myconius' Brief [Nr. 3152 vom 29. Februar 1548]schickt Bullinger ihm nun seine Schrift ["Series et digestio temporum"], die er zum besseren Verständnis der Briefe des Neuen Testaments verfasst hat. Möge das Büchlein doch vielen behilflich sein und Christus zur Ehre gereichen! -[2] Sonst hat Bullinger nichts mitzuteilen. Er hat L Konrad] Wedenschwiler [den Wunsch von dessen Frau [NN]nach einer gemeinsamen Unterkunft]ausgerichtet. Dieser will sich bald darum kümmern. -[3] ber Kaiser Karl V. wird Verschiedenes berichtet. Jetzt behauptet man schon, seine Freundschaft mit Papst Paul III. sei wiederhergestellt. Der Herr beschütze seine Kirche! -[4]Bullinger empfiehlt den jungen Briefüberbringer [Konrad Forrer?], der als Zürcher Stipendiat zum Studium nach Basel kommt. Myconius möge diesem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ansonsten soll er sich aber nicht mit ihm belasten. -[5]Grüße.

Salve. Literas tuas 1 , colende mi Myconi, recepi et pro us mitto iam librum 2 . Conscripsi illum ad iuvanda studia legentium literas sacras novi testamenti. 3 Utinam

a Ohne Schnitt- oder Nadelstichspuren.
24 bleiben.
25 Kopf und Napf sind Bezeichnungen für Gefäße. Die Redewendung konnte nicht nachgewiesen werden, erschließt sich aber aus dem nachfolgenden Satzteil.
26 Der Überbringer des vorliegenden sowie des beiliegenden, nicht erhaltenen Briefes von Hans Schöner (s. oben Z. 8) war ein Mann namens Fischer, der bei Junker Jakob Rordorf als Hauslehrer angestellt war; s. Nr. 3157,30f mit Anm. 16.
1 Myconius' Brief vom 29. Februar 1548 (Nr. 3152).
2 Bullingers Werk "Series et digestio temporum" (HBBibl I 176; VD16 B9689 ), dessen Druck spätestens am 10. Februar 1548 abgeschlossen war; s. Nr. 3121, Anm. 1. -Vermutlich hatte dem Brief ebenfalls Rudolf Gwalthers Schrift grec sive servus ecclesiasticus" (VD16 W1127; BZD C391) beigelegen; vgl. hierzu Nr. 3179,9f.
3 Siehe hierzu auch den im Werk gedruckten


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prosit pluribus et illustret gloriam domini nostri Jesu Christi.

Praeterea nunc non habeo, quod tibi scribam. Quae voluisti, diligenter exposui Wedenschwylero 4 . Js respondit se brevi omnia probe curaturum.

De caesore 5 varia afferuntur. Jam etiam hoc addunt sartam tectam esse amicitiam inter ipsum et antichristum 6 . Dominus servet suam ecclesiam!

Qui 7 hasce tibi offert, iuvenis Tigurinus est et stipendiarius venit Basileam studiorum gratia. Eum tibi commendo. Sicubi tuo indiguerit consilio et patrocinio,

Widmungsbrief an Rudolf Gwalther (Nr. 3121). - Zu Vadians Einschätzung der Schrift s. Nr. 3154,17-20.
4 Konrad Wedenschwiler. -Er war nach einem von ihm begangenen Verbrechen von Basel nach Zürich geflüchtet; s. Nr. 3138,2-11. - Die an ihn gerichtete Bitte seiner nicht näher bekannten Frau, sich um eine gemeinsame Unterkunft für sie beide zu kümmern, hatte Myconius am 29. Februar 1548 Bullinger ausgerichtet; s. Nr. 3152,26-29.
5 Totschläger. -Gemeint ist Karl V. -Das Wortspiel caesar-caesor, das im Briefwechsel von Bullinger und Myconius des Öfteren verwendet wird, findet sich zuletzt in Nr. 3152,5.
6 Gemeint ist Papst Paul III. - Zur vermeintlichen Versöhnung zwischen diesem und dem Kaiser; s. Nr. 3145,22-25; zur Verstimmung zwischen den beiden (u.a. wegen des vertagten Konzils) s. zuletzt Nr. 3146,17.
7 Es handelt sich um denselben Zürcher Stipendiaten, der gemeinsam mit Huldrych Zwingli d.J. ebenfalls bei Curio Secondo Curione erschien und schon am Tag danach Basel verließ, um sich scheinbar nach Paris zu begeben; s. Nr. 3168,18-21. -Aus den Studentenamtsrechnungen des Jahres 1547/48 (Zürich StA, G II 39.2) geht hervor, dass damals zwischen Aschermittwoch (15. Februar 1548) und Pfingsten (20. Mai 1548) zwei Zürcher Stipendiaten namens Jakob Keller und Konrad Forrer wegzogen. Während beide am ersterwähnten Termin ihr Stipendium noch bezogen, wird zu Pfingsten über Forrer berichtet, "dieser ist hinweg" und über Keller, dass dieser noch vor "fronfasten"(d.h. noch vor dem 22. Februar 1548 -kurz nachdem er die Ausbezahlung seines Stipendiums erhalten hatte)"hinweg kommen."Johannes Blasius' Brief vom 23. April 1548 (Nr. 3192) aus Chur
lässt sich entnehmen, dass Keller sein Studium nicht in Basel, sondern in Zürich plötzlich abbrach und fluchtartig die Limmatstadt verließ. Keller kann also im vorliegenden Brief nicht gemeint sein (über Keller erfährt man Weiteres in Nr. 3192, Anm. 4). -Forrer aber, der im Gegensatz zu Keller seit Pfingsten 1548 nie mehr in den Zürcher Rechnungsbüchern unter den Stipendiaten aufgeführt wird, soll laut Bullingers Aufzeichnungen über die Zürcher Stipendiaten sein Stipendium gekündigt haben, weil er sich für ein Medizinstudium entschlossen hatte, zum Doktor promoviert, danach aber doch noch als Pfarrer in Winterthur tätig wurde; s. Zürich ZB, Ms Car C 44, 925f Nr. 55; Ms F 95/1, Nr. 53. - Da es die Jugend der damaligen Eidgenossenschaft vorzog, das Medizinstudium entweder in Frankreich oder in Italien zu absolvieren, wäre Forrers Aufbruch nach Frankreich (wenn er der hier erwähnte Stipendiat ist) keineswegs merkwürdig. Einige Monate später, vermutlich gegen Ende des Sommers bzw. im Herbst 1548 ließ er sich (als 54. von insgesamt 76 Studenten) in der Basler Matrikel unter dem Rektorat von Ulrich Iselin (1. Mai 1548 bis 31. April 1549) eintragen. Er wird Frankreich also wieder (vermutlich aus finanziellen Gründen) verlassen und das Medizinstudium in Basel aufgenommen haben. Für ein Studium in Montpellier schrieb er sich erst für den Zeitraum von 1553 bis 1555 ein (s. M-Montpellier 127, Nr. 1988). Dass er die Doktorwürde 1555 in Avignon erwarb (so die Notiz zu M-Basel 60, Nr. 54), ist keineswegs verwunderlich, da die mit diesem Titel verbundenen Feierlichkeiten (für die der Doktorand aufkommen musste) in Avignon wohl wesentlich günstiger waren als in Basel. Aus Pf-Zürich 274, Leu, Gessner 222f. 225.


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iuvato. Alioqui nob te oneratum.

Vale. Tiguri, rnartii 8., anno 1548. Tuus Bullingerus

[Adresse auf der Rückseite:] D. Osvaldo Myconio, fratri charissimo suo. Basileae. 8