Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2270]

Georg Frölich an
[Bullinger]
[Augsburg],
20. Oktober 1545

Autograph: Zürich StA, E II 346, 168 (Siegelfragment) Ungedruckt

Wie [Bullinger]sieht, ist Frölichs Brief [Nr. 2264] schon lange geschrieben. Endlich konnte Frölich Bullingers Rede [,,Quod nullo consilio dissidium religionis componi possit" vom 12. September 1545] lesen, die dieser gegen die Unterhändler in Religionsangelegenheiten verfasst hatte. Frölich stimmt völlig damit überein. Bullinger hat ihm großes Vertrauen entgegengebracht, indem er ihm das einzige Exemplar anvertraute. Da Frölich jetzt eine Abschrift davon besitzt, schickt er das Original zurück und bittet um Erlaubnis, die Rede unter Weglassung

a Das Original ist an dieser Stelle beschädigt.
b Darunter Empfangs- und Inhaltsnotiz von Blarers Hand: 23. octobris 1545. Foedera.
25 Die Täufer etwa verweigerten dies.
26 Welcher da uß blyben mag ...: Wer sich [eines Bündnisses] enthalten kann
27 niendart hin kummen kan: unter keinen Umständen herumkommen kann.
28 Gemeint ist: in einem Bündnis.
29 denke.
30 nitt gar just sind: nicht ganz so sind, wie sie sein sollten; s. SI III 80.
31 sehr.
32 meiden.
33 Angelegenheit.
34 gefährlich, unsicher.
35 Dieses Gutachten begleitete also einen nicht erhaltenen Brief Bullingers an Blarer.
36 Fuhrmann. —Unbekannt.


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von Bullingers Namen ins Deutsche übersetzen und veröffentlichen zu dürfen. Im beiliegenden, durch einen eigenen Boten [...]überbrachten Schreiben bittet der [Augsburger] Rat den [Zürcher] Rat um einen rechtschaffenen und frommen Theologen. Die [Augsburger] hätten auch an Bullinger und an alle [Zürcher] Kirchendiener geschrieben, wenn sie nicht überzeugt wären, dass Frölich sich schon bei ihnen dafür eingesetzt hat. Die Kirche von Kaufbeuren bedarf der Konsolidierung; doch liegt den [Augsburgern] mehr daran, einen Mann aus Augsburg nach Kaufbeuren zu schicken, als denjenigen, der aus Zürich kommen wird. Bullinger soll mit diesem Boten zurückschreiben. [P.S.:] Über den Krieg mit dem Braunschweiger Catilina" [Herzog Heinrich] we?/3 man nur, dass jener über mehr als 14'000 Mann verfügt, dass er das Territorium von Herzog [Ernst dem Bekenner] von Lüneburg und Gebiete anderer Fürsten sowie Braunschweig und Verden verwüstet und sein Herzogtum fast schon zurückerobert hat, mit Ausnahme der Festungen Wolfenbüttel und Schöningen. Herzog [Moritz] von Sachsen und Landgraf [Philipp von Hessen] sind dieser Tage im Begriff ihn anzugreifen. [Beilage:]Bernardino [Ochino] aus Siena, der einige Zeit in Genf das Papsttum bekämpfte, kam nach Augsburg in der Absicht, sich dort niederzulassen. Die [Augsburger] werden ihn nicht fortschicken, obwohl er der deutschen Sprache nicht mächtig ist und somit kein öffentliches Kirchenamt übernehmen kann.

S. Literae meae 1 iam dudum, ut cernis, scriptae sunt. Hodie vero tandem potui orationem tuam contra compositores religionis 2 legere, que alioqui mihi per omnia a tua sententia stanti tantum peperit robur et firmamentum, ut conciliatores istos merito vitem, tibi vero pro tam diligenti et prudenti opera gratias agere imperituras 3 nunquam cessabo, presertim quod credideris mihi non solum unicum exemplar tuum manu tua exaratum, verum etiam fidei mee commiseris, ne ederem eam ipsam orationem. Fides ergo tibi in hoc et alias in universum perpetuo mihi servabitur, qui tanti es apud me atque bonos omnes, quanti nemo alter mortalium. Remitto tibi exemplar tuum, quod mihips[i]a4 descripsi, orans, ut venia tua per me possit Germanice verti et sine vel adhibito nomine tuo in lucem edi. Nihil tamen citra voluntatem tuam facturus sum, mentem tamen tuam intelligam. 5

Senatus noster hoc cum nunctio proprio"b6 scribit magistratui vestro 7 enixe rogans, ut nobis ex vestra ecclesia theologus dexter et pius mittatur. Scripsisset

a Textverlust durch Papierverlust.
b proprio über der Zeile nachgetragen.
1 Oben Nr. 2264 vom 8. Oktober.
2 Zu Bullingers Rede vom 12. September 1545 s. oben Nr. 2078, Anm. 23; 2256, Anm. 14; 2264, Anm. 29.
3 gratias ... imperituras: unvergänglichen Dank.
4 =mihi ipsi.
5 Zu einer etwaigen Veröffentlichung konnte nichts gefunden werden. Eine solche wäre als Gegenstück zu Bucers Schriften "Ein Christlich ongefährlich bedencken wie ein leidlicher anefang Christlicher vergleichung in der Religion zg machen sein möchte" (s. oben Nr. 2128, Anm. 9), "Wie leicht unnd füglich Christliche ver-
gleichung der Religion und des gantzen kirchendiensts Reformation bey unß Teutschen zufinden und in das werck zu bringen" (s. oben Nr. 2131, Anm. 35) und "Von den einigen rechten wegen und mitten Deutsche nation inn christlicher religion zu vergleichen" (s. oben Nr. 2071, Anm. 26; 2221 und Anm. 10) zu verstehen bzw. verstanden worden. —Zu Bullingers Meinung über Bucers Einheitsbemühungen s. HBBW XIV 460, 38-40, und oben Nr. 2235, 31-33: 2246, 19f.
6 Unbekannt.
7 Der auf Pergament geschriebene Brief des Augsburger Rats (Zürich StA, A 202/1, Nr. 6) datiert ebenfalls vom 20. Oktober 1545.


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quoque et tibi et toti coetui vestro ecclesiastico. nisi persuasum habuissent me diligenter ea de causa apud vos institisse c . Quapropter ego te atque totum collegium Tigurinum per Christum oro, ne preces nostras incassum labi sinatis. Kaufbeurensis ecclesia bene est instituta neque eget magna edificatione amplius, sed tantummodo conservatione; cui aliquem bonum virum preficere nostra maximi referret, quanquam pro persona ratione velimus agere. Nempe si quis ex vestro collegio nobis contingeret, mallemus ipsum Auguste retinere et Kauffbeurensibus aliquem ex nostris dare, quam idoneum et bonum virum ex Tigurina officina progressum alio legare. 8

Vale et cum hoc tabellario rescribe. Boni autem consule hanc nostram barbariem. 20. octobris 1545. Properanter.

Tuus Georgius Letus, etc.

De bello cum Cathilina Brunsvicensi 9 . sacrificulorum capitaneo, nihildum certi habemus, quam quod ipse amplius 14 milia armatorum congregarit, agrum Lunenburgensis ducis 10 , civitatis Brunsvicensis 11 , Verdensis 12 et aliorum principum circumquaque late vastet. Ducatum suum recuperavit fere exceptis munitissimis arcibus Wolfenbeutl 13 et Scheningen 14 Dux Saxonie 15 et langrafius 16 fortibus copiis euro his diebus aggressuri sunt. Dominus concedat victoriam nomen suum venerantibus.

[Ohne Adresse.]17

[Beilage:]d De Bernhartino Senensi 18 qui aliquot annos Genephae 19 Christum predicavit et papatum viriliter expungnavit, vir et doctrina et vita venerabilis,

c In der Vorlage instisse.
d Ein heute auff 168v. aufgeklebter Zettel. In Anbetracht der noch sichtbaren Faltung und des nachlässigen Stils scheint die Nachricht auf diesem Zettel zusammen mit dem vorliegenden Brief vom 20. Oktober verfasst worden zu sein, zumal dieser flüchtiger als derjenige vom 8. Oktober geschrieben wurde.
8 Die Augsburger waren damals bemüht, Kaufbeuren zu reformieren; s. Litz, 236f. — Bullinger und Frölich werden wohl während ihres Treffens in Zürich die Möglichkeit erwogen haben, den gewünschten Zürcher Prediger nach Kaufbeuren zu schicken.
9 Mit dem Braunschweiger "Catilina"(Anspielung auf den skrupellosen römischen Verschwörer Lucius Sergius Catilina) ist Herzog Heinrich gemeint.
10 Herzog Ernst der Bekenner.
11 Braunschweig.
12 Verden an der Aller (Niedersachsen).
13 Wolfenbüttel.
14 Schöningen (Lkr. Helmstedt, Niedersachsen).
15 Wohl Herzog Moritz von Sachsen; s. oben Nr. 2266.
16 Landgraf Philipp von Hessen.
17 Weil vorliegender Brief gleichzeitig in bzw. mit dem Brief vom 8. Oktober (Nr. 2264) übersandt wurde (s. oben Z. 1). Beide Briefe wurden durch den Augsburger Boten und mit dem für den Zürcher Rat bestimmten Brief (s. oben Anm. 7) nach Zürich befördert, wo sie kaum vordem 24. Oktober eintrafen; s. oben Nr. 2264, Anm. 36; unten Nr. 2272 und Anm. 34.
18 Bernardino Ochino.
19 Genf.


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iam Augustam venit eius animi, ut sedem sibi hic firmam faciat. Nos etiam virum hunc non dimittemus, quamquam propter Germane lingue imperitiam non potent publica onera ecclesie e e ferre. 20 °Vale.