Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3143]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
Samstag, 18. Februar 1548

Autograph: Zürich ZB, Ms F 62, 388 (Siegelabdruck) a Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 1017, Nr. 1131

[1]Hätte Myconius gewusst, dass Bullinger aufgrund seiner Beschäftigungen vom Antworten abgehalten wurde, hätte er sein Schweigen nicht so oft erwähnt. Obwohl er dessen Verpflichtungen ja kennt, befürchtete er trotzdem einen anderen Grund für die ausgebliebenen Antworten auf seine drei letzten Briefe [HBBW XX, Nr. 3100; Nr. 3115. Nr. 3130]. Doch nach Bullingers Schreiben [Nr. 3137] ist Myconius nun völlig zufrieden und dankbar! -[2]Sehr erfreulich ist insbesondere die von Bullinger erwähnte Eintracht der Eidgenossen während der letzten Tagsatzung [vom 23. Januar 1548]. Wenn dies so bleibt, wird wohl niemand, weder aus Ruhmsucht noch aus Kriegslust, der Eidgenossenschaft schaden können. Das ist auch der Grund, weshalb der blutrünstige Kaiser Karl V Zwietracht unter den Eidgenossen säen will. Und Bullinger weiß ja, wie lange er das schon versucht! Möge Gott die Eidgenossenschaft wie bisher schützen! -[3]Bullingers Nachricht über Jodocus von Meggen und die Luzerner, die ausgerechnet in den gegenwärtigen Wirren den Bitten von Papst Paul III. nachkommen, [die Schweizergarde wieder ins Leben zu rufen], erstaunt Myconius. Kann denn Karl V. daraus nicht entnehmen, was für eine Stimmung gegen ihn herrscht? Außer er habe sich mit dem Papst zum Untergang der Eidgenossen verschworen... Myconius versteht nicht, wie [die Söldner]nach Italien gelangen wollen, ohne venezianisches Gebiet zu durchqueren. Könnte er sie doch nur zur Vorsicht ermahnen! -[4]Heute hat er gehört, dass zwölf ihm unbekannte Basler [N.N.]ohne Erlaubnis des Rats [zu Meggens Truppe]aufgebrochen sind. Müssten ihnen doch nur alle verbliebenen Basler Papisten folgen! Die Basler hätten es nämlich einfacher, wenn es [bei einem Angriff des Kaisers] zu einem Konflikt [zwischen den Konfessionen]käme. Aber diesen möge Gott ihnen in seiner Milde ersparen! -[5]Ein Schreiben von jemandem bestätigt (ohne Namen zu nennen) die Befürchtungen von Myconius: König Heinrich II. von Frankreich wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, sich mit dem Kaiser verbünden, sofern die Eidgenossen [die Verlängerung des Soldbündnisses] ausschlagen sollten. Falls dies geschieht, wird [Karl V]die Eidgenossenschaft leicht erobern. Er muss sie ja nur vom Salz abschneiden! Wäre im Schwabenkrieg nicht König Ludwig XII. von Frankreich gewesen, wären die Eidgenossen aufgrund von Salzmangel besiegt worden. Was meint Bullinger zu diesen doch eher menschlichen Überlegungen? -[6]Grüße, auch an Bullingers Familie und seine Kollegen.

S. Non toties meminissem silentii tui, si certo cognovissem occupationibus impeditum te nihil respondisse. Non quod ignorem tuas curas et labores. 1 Timui aliud

a Mit Schnittspuren.
1 Zu Bullingers vielen Beschäftigungen vgl. Nr. 3137,4-7.


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quiddarn subesse, quod ad ternas 2 meas tu ne gry quidem. 3 Verum nunc, bone deus, quam abunde satisfecisti! 4 Nihil desydero et ago gratias maximas.

Gratum est illud inprirnis, quod scribis de concordia in nuperis comitiis 5 . Mihi narnque videtur ea manente neminem posse nobis nocere quantumvis gloriosum et ferocem. Que causa est etiam, quod cesor 6 , sanguinolentus ille, nihil querit inter nos 7 aliud quam discordiarn. Tu nosti, quam a longo jarn tempore earn ipsam desyderarit et tentaverit! Dorninus ut hactenus et deinceps nos tueatur, quesurnus.

Miror autern, quod significas de lodoco a Meggen et de meis 8 , quod pape consentiunt petitis in his presertirn tumultibus. 9 Annon cesar intelligere potest inde, quonam sint animo erga se, nisi forte colludant papa et ipse in perniciem nostri. Nescio vero, quanam in Italiam sint perventuri, nisi per Venetorum ditionem 10 . Possem eos monere, ut sibi caverent!

Hodie audio ex urbe nostra 12 11 profectos absque tarnen senatus permissione, quorum nullurn ego novi. Utinam ornnes papiste, quos adhuc habemus, cogerentur sequi. Felicius habituri essemus, si quid adflictionum incidat, id quod dominus clernenter avertere dignetur.

De Gallo 12 est, quod timeo, videlicet, ne, si inter nos et ipsum non conveniat, inclinaturus sit ad cesarem. Scribit enim quidam 13 nomine subpresso hec verba:

2 Gemeint sind die drei Briefe HBBW XX, Nr. 3100, Nr. 3115 und Nr. 3130, die Myconius am 28. Dezember 1547, 20. Januar sowie am 3. Februar 1548 an Bullinger gerichtet hatte. Myconius' Brief vom 14. Februar 1548 (Nr. 3138) sollte Bullinger zeitgleich mit dem vorliegenden Brief erhalten; s. Nr. 3148,1. - Angesichts der etwa dreitägigen Reisezeit von Basel nach Zürich und des Antwortschreibens von Bullinger vom 25. Februar 1548 (Nr. 3148) werden die Briefe frühstens am 21. und spätestens am 25. Februar in Zürich eingetroffen sein.
3 Vgl. Adagia 1, 8, 3 (ASD 11/2 234, Nr. 703).
4 Bullinger hatte Myconius schließlich am 11. Februar 1548 einen Antwortbrief (Nr. 3137) geschrieben.
5 in nuperis comitiis: bei der letzten Tagsatzung, die am 23. Januar 1548 begonnen hatte; s. EA IV/1d 904-919, Nr. 416. -Bullinger hatte in seinem letzten Schreiben versucht, Myconius von dessen Sorgen vor einer Spaltung der Eidgenossenschaft zu befreien; s. Nr. 3137, 33-36.
6 Totschläger. -Gemeint ist Karl V. -Das Wortspiel caesar-caesor, das im Briefwechsel von
Bullinger und Myconius des Öfteren verwendet wird, findet sich zuletzt in Nr. 3137,27.
7 den Eidgenossen.
0 de meis: von den Luzernern. - Myconius stammte ursprünglich aus Luzern; s. HBBW I Nr. 45, Anm. 15.
9 Zum Bericht über Jost von Meggens Vorhaben, mit mehr als 200 Söldnern nach Rom zu ziehen, um dort Papst Paul III. als Schweizergarde zu dienen, s. Nr. 3137,24-27.
10 per Venetorum ditionem: durch das Hoheitsgebiet der Republik Venedig.
11 Unbekannt.
12 Heinrich II., der die Erhaltung des Soldbündnisses verfolgte, das sein Vater Franz I mit den Eidgenossen abgeschlossen hatte. Bullinger sprach sich im Gegensatz zu Myconius gegen das Bündnis aus; s. Nr. 3130, Anm. 10. -Da die Eidgenossen sich in dieser Frage uneins zeigten, wurden die Verhandlungen über das Bündnis mit Frankreich vertagt; s. EA IV/1d 907f n.
13 Unbekannt. -Da der Schreiber die Eidgenossen mit vos anspricht, wird es sich nicht um einen der ihren handeln.


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"Cui magnæ occasiones pacis et necessitudinis 14 offeruntur, non repudiet tandem, si vos amicitiam repudiabitis eius."Quod si flat, expugnabit 15 nos facile. Tantum sal prohibeat. In hello Suevico 16 si Gallus 17 non fuisset, ob salis inopiam fuissemus victi. Die, quaeso, per ocium, quid tibi videatur. b [Omni]a, que ego 18 secun[d]um hominem sunt. b

Vale in Christo cum tuis. Resalutabis in domino fratres sanctissimos omnes. Basilee, 18. februarii anno 1548. Tuus Os. Myc.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero doctissimo, fratri ac domino in Christo observandissimo suo.