Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3009]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
10. September 1547

Autograph: Zürich ZB, Ms F 62, 389 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 987, Nr. 1102

[1] Myconius erfuhr, dass, wenn die Eidgenossen und König Heinrich II. von Frankreich die Straßburger in Schutz nähmen, Letztere Kaiser Karl V. kein Winterquartier gewähren würden, da sie sich der Lebensgefahr, die mit einer solchen Aufnahme verbunden ist, sehr wohl bewusst sind. Myconius hat sich darüber vertraulich mit den Basler Geheimen Räten unterhalten. Diese sind der Auffassung, dass die Straßburger den König bitten sollten, die Eidgenossen zu einem Bündnis mit Straßburg anzuhalten. Denn würden die [protestantischen] Städte der Eidgenossenschaft dies bei den übrigen Neun Orten beantragen, würden sie von diesen wie schon so oft in der Vergangenheit verdächtigt, nur an ihrem eigenen Vorteil und nicht an das Allgemeinwohl zu denken. Bullinger soll dies nur mit solchen Ratsherren besprechen, die Geheimnisse für sich behalten können, und sonst lieber schweigen. Es gilt herauszufinden, ob bei den Eidgenossen ein in Partnerschaft mit Frankreich eingegangenes Schutzbündnis zugunsten von Straßburg denkbar wäre, und dies beizeiten zu melden. Sollte der Kaiser sich ins [Straßburger] Nest legen, kann man davon ausgehen, dass er den Eidgenossen Schwierigkeiten

10 Vgl. schon HBBW XIX, Nr. 2760,[6].
11 Die durch ihre Bereitschaft, Kaiser Karl V. zu huldigen, Bullinger sehr enttäuscht hatten; s. HBBW XIX 14f. 22f.
12 Arnhem, Prov. Gelderland, Niederlande - Das frühere Herzogtum Geldern war 1543 an die spanischen Niederlande gefallen.
13 Vgl. Nr. 2985, Anm. 10.
14 Seit Mai 1547 Prediger am Bremer Dom; s. HBBW XIV 368, Anm. 1; Wim Janse,
Albert Hardenberg als Theologe, Leiden 1994, S. 30f. 510.
15 Es ist kein Brief von Bullinger an Medmann erhalten geblieben. Zudem ist vorliegender Brief der letzte bekannte Brief Medmanns an Bullinger.
16 Nämlich mit HBBW XVI, Nr. 2419. 2448; XVIII, Nr. 2665; XIX, Nr. 2760. 2793.
17 Siehe oben Anm. 6.


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machen, ja sie sogar vernichten wird. Dies vertraulich. -[2] Der Adlige [Heinrich von] Ostheim erzählte nach seiner Rückkehr aus Zürich, dass die Fünf Orte zornig über die Listen des Kaisers seien. Stimmt das? -[3] Ein, aus Antwerpen heimgekehrter Basler Bürger [...] versichert, dass Maximilian von Egmont, Graf von Büren, bezwungen worden sei, und dass man sage, er sei von einer Kugel getötet worden. -[4]Sogar in Augsburg beschweren sich die Landsknechte, ungenügend bezahlt zu werden. Johannes Haller schrieb dieser Tage einen kurzen, aber inhaltsreichen Brief Daraus geht hervor, dass, wo der Kaiser ist, die Hölle los ist. In Augsburg benehmen sich seine Truppen (um nichts von den Pfaffen zu sagen) noch ärger als die Einwohner von Sodom! Wollen die Eidgenossen verschont bleiben, sind Gottesfurcht und Vorsicht geboten. Die Freundschaftsbekundungen des Kaisers ihnen gegenüber dienen nur der Täuschung. Einmal beruhigt, wird der Kaiser sie überfallen, genauso wie er es mit den Schwaben während der letzten kalten Jahreszeit getan hat. Mit Lug und Trug verfolgt er sein Ziel. Man hüte sich vor ihm! -[5]In Basel ist die Pest ausgebrochen. Bullinger möge beten! -[6]Gruß.

S. Tantum comperi, ut, si Helvetii una cum Gallo 1 reciperent Argentinenses in tutelam, non essent ad hyberna caesarem 2 admissuri. Norunt enim, quod, id si fecerint, exitiale sibi futurum sit. Clam apud nostros, qui secreta tractant, 3 negocium egi et responsum inveni valde adcommodum, nempe si illi Gallum urgerent, ut rem referret ad Confoederatos, efficatius fore. Hactenus enim, quicquid evangelicae civitates 4 eiusmodi negociorum retulerint ad reliquos 5 , suspectum fuerit, tanquam seipsos quaererent, non bonum commune. Consilium hoc ideo expono, ut rectius omnia apud tuos, quibus secreta sunt exponenda tuto, 6 queas agere. Quales quidem si non invenias, tutius erit omnino tacere. Hoc est igitur, quod volo, ut inquiras clam, si quid illius defensionis possit sperari una cum Gallo, deinde ut renuncies in tempore. Certum est, si caesar illum nidum 7 occupant, nobis facesset negocium, si non in totum deleverit. In sinum intimum hec tibi et eis, quibus tu rem concredideris.

Rediit ex nobilibus quidam a vobis domum, Ostheimerus 8 , qui narravit iram Quinquepagicorum contra caesaris dolos. Indicato, quaeso, quid rei sit.

Ex Antwerpia civium nostrorum quidam 9 domum reversus certo nunciat de fuso Burensi 10 , et addit rumorem glande periisse illum; aliter non adserit.

1 König Heinrich II. von Frankreich.
2 Karl V. - Gerüchtweise hieß es, er wolle in Straßburg überwintern; s. die Verweise in Nr. 2985, Anm. 6; und Nr. 2994,7-10; Nr. 2997,2-4. - Die Straßburger Politiker, die eine Zeitlang um den Schutz Frankreichs geworben hatten, bevorzugten es schließlich, mit dem Kaiser einen Frieden einzugehen (s. PC IV/1 599-602, Anm. 1-3; 645, Anm. 6; 670-672, Nr. 595. 597), auch wenn sie später die Anwesenheit des Kaisers in ihrer Stadt zu verhindern versuchten (s. aaO, S. 731- 736, Nr. 650).
3 Die Geheimen Räte in Basel.
4 Basel, Bern, Schaffhausen und Zürich.
5 Den übrigen Neun Orten der Eidgenossenschaft.
6 Gemeint sind vor allem die beiden Zürcher Bürgermeister Johannes Haab und Hans Rudolf Lavater, wie auch Georg Müller und Itelhans Thumysen: vgl. HBBW XIX 27 und Anm. 90.
7 Straßburg.
8 Heinrich von Ostheim, ein Basler Söldnerhauptmann; s. AK V 118, Anm. 1: VI 42, Anm. 1, u.ö.
9 Unbekannt.


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Quantaquanta pecunia est, queruntur landsknechti nihil sibi solvi; id quod fit et Auguste. 11 Scripsit Hallerus his diebus breviter copiosas 12 . Equidem video, quod ubi caesar est, ibi et infernum esse. Videtur, quod in Sodomis non ita sit a turpiter actum, 13 ut agitur Augustae a militibus omnis generis, 14 ne quid dicam de pfaffis. 15 Timore domini et magna prudentia 16 opus est itaque Helvetiis nostris, si voluerint esse incolumes. Petit cesar amiciciam, nonnisi ut fallat. 17 Differt enim ita nos et securos reddit, ut imparatos obruat et obprimat, qualiter et Suevis tempore fecit brumae. Fraude et dolo refertus est, et his illudit, usque dum voti compos efficitur. Caveamus nobis in domino!

Pestis ad nos venit. Ora pro nobis!

Vale in Christo cum tuis, etc. Basileae, 10. septembris anno 1547.

Tuus Os. Myc.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, viro praestantissimo, ministro Christi optimo, domino in Christo venerando suo. Zu[m Münste]r b Züri[c]h.