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[BULLINGER] AN
WOLFGANG JONER
UND PETER SIMLER
Kappel,
[Oktober /November?] 1524

Autographe Abschrift: Zürich ZB, Msc A 82, 52 v. 1/2 fol. S., Fragment Ungedruckt

Anfang des Widmungsbriefes zur Schrift über die göttliche Vorsehung.

Reverendissimis a dominis d. Volcatio lonero abbati et Petro Simlero priori Cappellae sit gratia et pax a deo patre et domino nostro Jesu Christo.

Quae hic de divina providentia congessimus vobis, viri ornatissimi, duximus dedicanda, partim ut currentes vos in via do [mini] — — —b .

a Darüber als Titel des ganzen Werkes, von Bullingers Hand: De dei erga nos providentia, contra impium carnis iuditium liber. Jesus Christus. «Hic est filius meus dilectus, in quo placata est anima mea; ipsum audite!» [Mt 17,5.] 1524.
b Das Ganze ist nachträglich durchgestrichen und die nachfolgenden 12 Folioblätter des Kopialbuches sind herausgeschnitten 4 .
1 Siehe oben S. 48f, Anm. 4.
2 Peter Simler, 1486-1557, Sohn des Schultheißen Hans Rudolf Simler in Rheinau (Kt. Zürich), trat früh in das Zisterzienserkloster Kappel ein, war bereits 1511 Subprior (UBZug II 1979) und nach Joners Abtwahl 1519 wahrscheinlich dessen Nachfolger als Prior. Zusammen mit dem ihm eng verbundenen Abt Joner (s. Joner an Simler, 9. Oktober 1531, ASchweizerRef III 1522) zeigte sich Simler der evangelischen Botschaft gegenüber bereits in den Anfangsjahren der Zürcher Reformation sehr aufgeschlossen und wurde darin von Bullinger in Kappel immer mehr bestärkt und belehrt. Simler heiratete im Frühjahr 1527 und wurde nach der Übergabe des Klosters an die Stadt Zürich im selben Jahr Pfarrer der neu geschaffenen Kirchgemeinde Kappel. Zugleich amtete er als Verwalter des Klostergutes und der Schule; bis 1531 galten sowohl Abt Joner als auch Simler als «predicanten und verwalter des klosters» (H BRG II 164). 1528 nahm Simler in Vertretung Joners an der Berner Disputation teil (ABernerRef I 1466). Nach dem Tode des Abtes brachte er das im Krieg 1531 ausgeplünderte ehemalige Kloster und dessen Güter wieder in Ordnung, ja zur wirtschaftlichen Blüte, so daß die Schule 1533 wieder eröffnet werden konnte. 1540 fertigte Simler ein Urbar des Klosters an (Zürich StA, F IIa 58; s. dazu Clavadetscher 22 u. ö.). Von der Verwaltung trat er 1541 zurück, das Pfarramt Kappel behielt er aber bis zu seinem Tode. Seit 1532 war er Dekan des Kapitels Freiamt; an der Synode vom 21. Oktober 1533 wurde ihm die Zensur erteilt: «Visitiert nit flyssig, ist aber mit gschäften dermass beladen, dass er es nit mag.» Er selbst betonte darauf hin, das Amt (des Dekans) wegen seiner sonstigen Belastungen nur ungern übernommen zu haben, und bat um Dispensierung; schließlich wurde beschlossen, er solle im Amt bleiben, aber für die Visitation einen Helfer zugeteilt bekommen (AZürcher Ref 1988). In Anerkennung seiner Treue und Verdienste schenkte ihm die Stadt Zürich 1534 das Bürgerrecht. Zu Bullingers «Annales sive Chronicon coenobii Capell», 1526, schrieb er eine Fortsetzung (Zürich StA, E II 437, 147r. -149av.; gedr. HBAC 451-455). Bullinger hielt Simler für seinen besten Freund in Kappel (HBD 8, 20); er widmete ihm mehrere Schriften (außer dieser s. noch unten Nr. 10 und Anhang II, 9.10) und ein gedrucktes Exemplar seiner «Vergleichung der uralten und unserer Zeiten Ketzereien»: s. Staedtke 280; HBBibl 1. Einige Werke Bullingers sind in Simlers Abschrift erhalten geblieben: Nr. 15, die «Vergleichung ...» (s. Staedtke 280) und die «Freundliche Ermahnung zur Gerechtigkeit» (s. Staedtke 281; HBBibl 2). Simler trat 1528 als Bullingers Zeuge vor dem Ehegericht in Zürich auf (s. unten S. 126, Anm. 1) und traute ihn dann mit Anna Adlischwyler am 17. August 1529 (HBD 18,17f). Bullinger wurde Taufpate von Simlers erstem Sohn Josias (1530 bis 1576, Theologe und Historiker, Schwiegersohn und erster Biograph Bullingers) und nahm diesen mit 14 Jahren zum weitern Studium in sein Haus auf. Einige Briefe von Peter


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Simler an Bullinger aus den Jahren 1530-1540 sind erhalten geblieben. — Lit.: HBD 51, 5; HBRG I 92. 94ff. 428; Pestalozzi 49; Pfarrerbuch 46.533; LL XVII 136 f; HBLS VI 372.
3 Der Widmungsbrief beginnt auf der letzten Seite von Bullingers Schreiben an Weingartner vom 15. Oktober 1524 (s. oben Nr. 2); die nächste darauf folgende Schrift ist die vom 15. November 1524 (s. unten Anhang II, Nr. 2). Demnach dürfte die Abfassung und die wohl gleichzeitig erfolgte Abschrift dieses Werkes in die Zwischenzeit fallen (s. Staedtke 269). —Allerdings ist die chronologische Ordnung des Kopialbuches nicht überall zuverlässig (ausführlicher s. Einleitung S. 26).
4 Bullinger scheint diese Arbeit aus theologischen Gründen vernichtet zu haben; die Foliierung des Bandes, die von ihm selbst stammt, geht ohne Lücke weiter. «Die Arbeit fällt in die Zeit vor der Auseinandersetzung zwischen Erasmus und Luther über den Freien Willen, an der Bullinger regen Anteil nahm und die ihn zu einer ganz eindeutigen Stellungnahme gegen Erasmus veranlaßte. Bullinger hat sich vermutlich nach der Lektüre von Luthers 'De servo arbitrio' nicht mehr zu seinem eigenen Werk bekennen wollen und darum die Arbeit vernichtet» (Staedtke 269).