Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2593]

Johannes Comander
an Bullinger
Chur,
20. September 1546

Autograph: Zürich StA, E II 365, 53 (Siegelspur) Druck: Graubünden, Korr. I 99f, Nr. 74

Jeder, der von Zürich nach Chur kommt, beschwert sich über die [angebliche]Fahrlässigkeit der Churer, weil diese keinen Gesandten auf die Tagsatzung der [Vier protestantischen Stadtkantone vom 29. August in Aarau]' abgefertigt haben. Doch wurde bereits mitgeteilt, dass der Rat der Drei Bünde sich zwar willig erklärt hatte, jemanden [nach Aarau] zu senden, falls die Churer darauf beharrten, dass er jedoch keinen anderen schicken wollte als denjenigen [vermutlich Hans von Marmels, Herr zu Razüns]2 , der sich daraufhin [zur Tagsatzung] nach Baden 3 hätte begeben sollen. Da dieser aber ein Heuchler und ein Feind der Frömmigkeit ist, beschloss der Churer Rat, dass es besser sei, gar niemanden abzuordnen als jenen Bösewicht. Bullinger möge die Gemüter beruhigen. Noch Folgendes: Ein Mann [...], der eine Frau [...] heiratete, mit deren Schwester [...] er früher heimlich geschlafen hatte, befindet sich in einer großen Gewissensnot, seitdem er diesbezüglich über Gottes Verbot gehört hat [Lev 18, 6. 18]. Da Comander selbst nicht weiß, was zu tun sei, wendet er sich an Bullinger. Behält der Mann seine Frau, plagt ihn sein Gewissen; schickt er sie von sich weg, wird dies Anlass zu einem

20 Hans Schöner.
21 Sabina Schöner, wohl eine ehemalige Nonne; s. Blarer BW II 661. Während des Aufenthalts ihres Bruders in Zürich schickte sie ihm des öfteren Briefe und Geld durch Blarer. Dabei schien sie sich in Augsburg aufzuhalten; s. Blarer BW II 669. 701. Im Oktober 1547 sandte ihr Bullinger einen heute nicht mehr erhaltenen Brief; s. Blarer BW II 669. Sie starb Ende 1553/Anfang 1554; s. Blarer BW III 240. — Lit.: Blarer BW II und III Reg.
22 Da Blarer bereits am 14. September Rudolf Gwalthers "Endtchrist" erhalten hatte
(s. Blarer BW 508, Nr. 1347; Nr. 2589,27-29), ist hier vermutlich Johannes Honterus' Schrift "Rudimenta cosmographica" gemeint (s. dazu Nr. 2459, Anm. 37), die Ende August erschienen war; vgl. Nr. 2561,47f.
23 Dieser Brief wurde dem Boten anvertraut, den Sabina Schöner mit der Übermittlung ihres Briefes und eines Geldbetrages für ihren Bruder Hans in Zürich beauftragt hatte; s. Nr. 2595,1f.
1 Siehe Nr. 2544, Anm. 4.
2 Vgl. Nr. 2488, Anm. 1.
3 Siehe dazu Nr. 2564, Anm. 31.


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großen Skandal. Der Mann würde am liebsten beruhigt werden und seine Frau behalten. Aus Italien hört man, dass dem Kaiser [Karl V.]noch viele Söldner [nach]geschickt werden sollen. Dem Herzogtum Mailand soll ferner eine enorme Steuer auferlegt worden sein. Der Krieg ist anscheinend schrecklich. Gott helfe! Bullinger soll Neuigkeiten mitteilen. Grüße an alle Kollegen. Johannes Blasius und Bürgermeister [Luzi] Heim lassen grüßen.