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Autograph: Zürich StA, E II 346, 95r.-96v. (Siegelspur) Teildruck: Blarer BW I 515f, Anm. 1
Teilt für Bullinger allein Besonderes aus Ambrosius [Blarers]Brief an den Herzog [Ulrich][und einem
Brief Blarers an Zwick] mit: 1. Blarers Befremden über [Erhard]Schnepfs Schroffheit, der ihm, weil
Konstanz das Augsburgische Bekenntnis unterzeichnet habe und vom Kurfürsten [Johann von Sachsen]
in den [Schmalkaldischen]Bund aufgenommen worden sei, nicht ein fleischliches, schrift widriges Abendmahlsverständnis
aufdrängen dürfe. 2. Blarers einfaches Abendmahlsbekenntnis. 3. Seine Mahnung, in
Württemberg das Gleiche wie in den umliegenden Städten lehren zu lassen zur Vermeidung von Zerrüttung
und um genügend Pfarrer zu finden. [4.] Seine Bitte um Privataudienz, in welcher er dann die
[Marburger Formel von 1529]als Grundlage einer Übereinkunft vorschlug. Schnepf nahm sie zu [Ulrichs]
Freude an. [Württemberger oder Stuttgarter Konkordie]. [5.]Blarers Klage über die Hofleute und
die Verzögerung seiner Berufung durch den Kanzler [Johannes Knoder]. [6.]Herzog [Ulrich]sei Melanchthon
nicht gewogen wegen seiner Verunglimpfung in der Sprichwörtersammlung des [Johann Agricola]
von Eisleben. Aus andern Nachrichten erwähnt Zwick [Leonhard]Ecks Aufenthalt in Stuttgart,
die reichsrechtliche Selbständigkeit des Herzogs [Ulrich], Gerüchte von Berufungen [Andreas]Osianders
und Philipp [Melanchthons]nach Tübingen, weil die Basler [Simon]Grynäus nicht ziehen lassen wollen.
Bittet um Rat, wie man mit einem Arianer [Claude d'Aliod]handeln soll, und um Ausleihung von
Pellikans Repertorium, falls es [Gregor]Mangolt nicht abschreibe.Briefe_Vol_04_0276 arpa
Lieber Maister Hainrich. Ich mus uch nebend der epistel 2 , die ir och anderen zaigen mögend, etwas bsünders und aigens zuschriben; doch lassends by uch beliben 3 ; dann wie mengerlay gen Zurch gschriben würt, also würt och mengerlay von Zurch schriben. So ist sünst das spruchwort gwiss: Silentium tutum praemium 4 . Noch 5 mag ich uchs nit verschwigen. Wann irs glesen hond, so zerrisend 6 den brieff, und was ir glich wol aim guten frund sagen weltend, so denckend 7 doch mines namens nit. Und mit dem geding 8 so wissend, das M. Am[brosius]9 ille noster dem fursten 10 ain brieff 11 zugschikt hat, als er schon gen Stutgarden komen 12 , und gar ernstlich darin gegen im ghandlet 13 des sacrament halb.
1. Erstlich, das in doch gantz befrombde, das in der Schnepff 14 so gantz
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grell 15 ersucht 16 habe, diewil doch die unseren der sächsischen confession 17 uff dem richstag zu Ougspurg 18 zughalten 19 und underschriben 20 habind, und der churfurst 21 mit sampt den sinen nit allain der underschribung, sunder och der erlüterung in dem artikel vom sacrament wol zufriden gwesen sye 22 und sich daruff mit den unseren in christenlich verstentnus 23 ingelassen hab. Hette also vermaint 24 , Schnepfius hette in 25 by dem selbigen bliben lassen, welche bekantnus nit anderst lutet, dann das der lib Christi ym nachtmal warhafftiklichen dargeraicht werde etc. 26 Diewil er in aber daby nit hab wellen lassen bliben, sunder yn uff ain vil gröbere und flaischlichere wys und wider die art der schrifft (hec verba sunt illius nostri 27 ), och änlichait des [gloubens]a , desglichen wider [das] furgeben 28 der eltesten, furnemsten lerer der kilchen, ersucht habe, und das ouch wyter dann wir nie syind ersucht worden, achte er, sin f[urstlich]g[nad] hab wol zu ermessen, mit was fugen 29 und christenlichen glimpf 30 sollichs bscheche 31 .
2. Wyter hat er dem f[ursten] in siner schrifft anzaigt, was doch sin bekantnus sye vom sacrament, namlich das die wort Christi war syind, wie sy lütind, das Christus, so er sagt: «Nemend, essend, das ist min lib» etc. 32 , sinen
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gleubigen warlich sinen lib zu essen gebe ||95v. zu ainer spis des ewigen lebens 33 , das er in ynen und sy in ym ewigklichen bliben sollen 34 ; daby es billich bliben und usserthalb der ainfaltikait wyter nit sölte furwitzlich 35 disputirt noch flaischlich dancken 36 zugelassen werden. Das ist die summa siner bekantnus gwesen im brieff an den fursten.
3. Zum dritten hat er den fursten gar ernstlich vermanet, das er umsichtig sin welle in dem handel 37 und erwegen, was darus volgen möchte, vorus zu was ergernus und zerrüttung raichen möchte, wo er sin furstenthüm anderst dann by den umligenden stenden und stetten 38 glert und ghalten werd. Item hat er ym anzaigt, wo man uff solliche flaischliche und grobe wys vom sacrament solt glert und geredt werden, das man nit so vil truwer diener des wort gottes finden wurd, als er in sinem land bedörffen werd, sunder müste allerlay her gloffner lüt anstellen 39 etc.
[4.] Uber disse schrifftliche vermanung hat er vom f[ursten] wyter begert, das er in ad privatum colloquium admittiere. Das ist gschechen 40 etc. Da hat er die vorgenden puncten on zwifel ernstlicher gworben. In colloquio hat er in frylich och underricht, wie er mit dem Sch[nepfio] möcht überkomen 41 . Item so er mit im also uberkeme, und er anneme, das och Luther vom Ecolampadio angnomen 42 , das dann er, der f[urst], von ynen baiden die handschrifft
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43 erforderte; dann Am[brosiusj waist 44 wol inconstantiam illorum 45 etc. Uss dem verstond ir die epistel 46 am basten. Item, do der Sch[nepf] die bekantnus mit dem Am[brosio] angnomen 47 , hat der furst gsagt: «Das walt gott; es soll ain gute stund sin, daby sols bliben. Es soll, ob gott will, zu vil dingen nutz sin. Ich wais anschleg und pratica, die dadurch gwisslich sollen zu nünten werden, so min land sich mit den stetten verglichen 48 mag» 49 etc.
[5.] Item inter caetera scribit 50 : «In principe nichil desydero, in aulicis multa.» 51 || 96r. Och sind argwön vorhanden, das etlich davor gsin sind, damit Ambro[sius] wol ains monats später ist berüfft worden, dann vom fursten befolchen 52 . «Omnes b etc. Suppressisse quidam putant literas cancellarium 53 , quod princeps postea cognoscens ex bono viro indigne tulit.» 54 - Omnia haec, mi frater, mortuo scripsim c 55 .
[6.] Item, der f[urst] hat sich och hofflich 56 vernemen lassen, das er dem
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Melanthoni nit als gnedig sye «propter Islebii 57 proverbia 58 , in quibus Philippo autore nonnichil sibi maculae aspersit» 59 .
Item, D. Eck 60 ist dry tag zu Stugarten gwesen 61 , schribt mir ain gut gsell 62 ; hat man yn von hoff gspiset 63 etc.
Item, wissend, das der hertzog das land inhat mero imperio et potentia, das er niemants lehen tragt, dann vom rych 64 . Der künig mus den passion singen 65 , schribt mir ain guter frund 66 . Doch ist im die gnad bschechen, das die fursten verwilliget conditiones pacis in silentio ston 67 , es begebe sich dann, das inen nit welte ghalten werden; sed sigillis et fideiussoribus omnia sunt roborata 68 - . Omnia mortuo scripserim.
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Item, ich vernim, das vil pratiken 69 vorhanden syind, damit luterisch predigen in das land komind. Etlich sagend und mainend, Osiander 70 und Philippus d 71 komind gen Tübingen; dann die von Basel habind Gryneum 72 nit wellen lassen. Bitten gott gar ernstlich; dann ich gloub, M. Ambrosius werd sich müssen liden 73 .
Item, ir möchten mich wissen lassen, wie ir doch vermaintind, das man mit aim Arrianer 74 handlen mocht 75 , nachdem nichts an im hulffe. Soll man
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richten, so ists ergerlich, diewils den glouben antrifft; soll man verwysen, so tut er wyter schaden; soll man gfangen halten, so bruchts lang zyt und wil, wiewol es mich schier das best dunckte 76 .
||96v. Lieber, getrüwer her und bruder, lassend diss min schriben by uch bliben, und bittend gott.
Item, schickend mir by dem Mangold oder sünst das repertorium, so Pellicanüs gmachet hat 77 , wo es der Mangold nit möchte abschriben. Ich wils uch in ain monet verzug 78 wider zuschicken.
Damit sye der almechtig gott mit uch.
Haeae[!]literae tuae sunt, Bullingere, quas solus leges lecta priore epistola 79 .
[Ohne Adresse.]