Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1510]

Johannes Zwick an
Bullinger
[Konstanz,
ca. 30. April 1541]

Autograph: Zürich StA, E II 350, 465-467 (Siegel) Ungedruckt

Leitet Nachrichten weiter, die ihm zugeschickt wurden: In Regensburg wird in den Herbergen der Fürsten evangelisch gepredigt. Die Türken sollen die Belagerung von Pest aufgegeben haben. [Sultan Suleiman I.] soll im Anmarsch sein. Luther soll in einem Brief davor gewarnt haben, den Ernst der Verhandlungen in Regensburg zu unterschätzen. Teilt ein Gedicht mit, das Philipp [Melanchthon] Jakob Sturm geschickt hat. Berichtet über die Ernennung der Teilnehmer, Beisitzer und Präsidenten des Religionsgesprächs und über das den protestantischen Kolloquenten erteilte Mandat; die Gegenseite wollte mit dem Artikel vom Sakrament beginnen, wohl um die Protestanten gegeneinander auszuspielen. Kaiser [Karl V.] hat die Abgeordneten empfangen; am 25. April haben die Verhandlungen begonnen. [Johannes]Fabri soll noch am Leben sein. Bullinger soll diese Nachrichten weitergeben, besonders an Leo [Jud].

S. Wie man mir schribt, 2 also will ich uch och 3 schriben.

Die prediger unsers tails predigend ains um das ander zu Regenspurg in der fursten a herbergen.

Vor Baest 4 soll der Turck etlich sturm verloren haben und ir oberster umkomen sin; 5 daruf syend sy abzogen.

a Vor fursten gestrichenes herre.
1 Etwa gleichzeitig mit dem inhaltlich parallelen Schreiben an Vadian vom 30. April (Vadian BW VI 20, Nr. 1165).
2 Über Zwicks Quelle ist nichts bekannt. — Eine ähnliche, etwa einen Monat früher zu datierende Zusammenstellung von Nachrichten aus Regensburg von Zwicks Hand, allerdings nicht in Briefform, findet sich in Zürich StA, E II 350, 401.
3 euch auch.
4 Pest (vgl. oben Nr. 1487, Anm. 2).
5 Das Gerücht vom Tod des türkischen Statthalters von Belgrad (vgl. PC III 180; MO IV 186) war falsch; beim gefallenen Truppenführer handelte es sich laut Giovio um einen Hauptmann namens Ahmed (s. Paulo Giovio, Historiae sui temporis II/2, Rom 1985. —Opera V, S. 25).


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Des Turcken 6 persönliche ankunft soll gwiss und uberus gwaltig sin.

Luther soll gen Regenspurg gschriben haben, sy mainind vilicht, quod agunt comaediam inter homines, sed tractare eos tragaediam inter deum et satanam, 7 darum gelts uffsechens 8 .

Philippus 9 hat die vergangnen tag Jacob Sturmen ain guldins crutzle gschickt uss ainer ertzgrub und disse carmina damit:

Exiguam tibi mitto crucem, facunde lacobe,
Alterius signum, sed crucis esse puta.
Ipse patris summi gnatus nos morte redemit
Et mortis vetuit nos timuisse minas.

Das colloquium ist uffgehept 10 , doch so sind etliche personen von baiden thailen verordnet, 11 die von ainer verglichung redind, namlich:

||466 uff der bepstischen syten: 1. Doctor Eck, den kennt ir wol, 2. Jo[hannes] Groperus, ist ein Cölner, sol ain fin 12 man sin, 3. und her Julius Pflug; diss ist gar ain redlich mann, by dem ich Bononiae by 3 jaren in ainem hus gwesen, ist ain thaimher 13 zu Mentz; uff unser syten: 1. Philippus 14 , 2. Bucerus und 3. Pistorius, ist ain hessischer prediger.

Item zu zugen 15 sind gnomen uff der andern syten: 1. ain cölnischer radt 16 , 2. der mentzisch cantzler 17 , 3. des pfalzgrafen cantzler 18 ; uff unser syten: 1. der saxisch cantzler 19 2. der hessisch , cantzler 20 , 3. Jacob Sturm.

zu präsidenten sind verordnet der pfalzgraf Friderich und des kaiser cantzler, der von Granvela 21 .

Die dry verordneten unsers thails sind durch die unsern vermanet, 22 und ist ynen befolen worden:

6 Sultan Suleiman I.
7 Luthers Kritik im Brief an Melanchthon vom 4. April richtete sich vor allem gegen Landgraf Philipp von Hessen und Bucer; s. WA Briefwechsel IX 358.
8 deshalb sei Wachsamkeit vonnöten.
9 Philipp Melanchthon.
10 suspendiert. — Während die Protestanten anfänglich das in Worms abgebrochene Gespräch (vgl. oben Nr. 1459, Anm. 2) fortsetzen wollten, bestand der Kaiser auf einem Neubeginn (vgl. bes. MO IV 161f, Nr. 2184).
11 Am 20. April benannte der Kaiser je drei Theologen beider Parteien, die zusammen über die Überwindung der Glaubensspaltung beraten sollten (s. MO IV 178f, Nr.
2199; zum Datum vgl. MBW 2677 [Anm.]).
12 kluger, gebildeter.
13 Domherr.
14 Philipp Melanchthon.
15 Zeugen. — Die Ernennung von Beisitzern erfolgte auf Wunsch der Protestanten; vgl. MO IV 180f. 189.
16 Graf Dietrich von Manderscheid.
17 Hofmeister Eberhard Rüdt von Collenberg.
18 Heinrich Hase, kurpfälzischer Kanzleiverwalter.
19 Franz Burchart.
20 Johann Feige.
21 Nicolas Perrenot, Herr von Granvelle.
22 Vgl. ARG III 36.


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|| 467 1. das sy nichts bewilligind, das nit verantwurtlich, 2. das sy nichts verduncklind, 3. das sy in den articklen die ordnung haltind der confession; dann der gegenthail wolt am artikel vom sacrament anfachen und zu letst von der justification 23 ; mainend vilicht, es solt ain spaltung under den unsern selbs geben bym sacrament. Der tufel danck inen dissen truw. 24

Die gedachten sechs verordneten sind vom kaiser bschickt worden; 25 der hat inen die verordnung anzaigt, und das sy allain gottes eer ansechen söllind.

Uff 25. aprilis habend sy die sach angfangen. 26

Wyter wais ich uff diß mal nit.

Der Faber 27 soll noch leben.

Tuus Io. Zwick.

Haec communica caeteris, cum primis Leoni 28 . Salutabis autem omnes fratres meo nomine.

[Adresse auf der Rückseite:] Domino Hainricho Bullingero, Tigurinae ecclesiae pastori, candidissimo fratri suo. Zurch.