Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Gerhard thorn Carnph 1
an Bullinger
Emden,
Sonntag, 26. Februar 1548

Autograph: Zürich StA, E II 345, 374 (Siegelabdruck) a Ungedruckt

[1] Wie oft hat thorn Camph (vor allem in diesen unglückseligen Zeiten) an Bullingers Worte gedacht, dass die Bündnisse mit Fürsten und mächtigen Städten [das Christliche Burgrecht]für die Zürcher nie gut ausgegangen sind, dass jedoch das Evangelium nach Beendigung des Bündnisses aufblühte und den Zürchern seither kein Unglück mehr widerfahren ist. -[2]Demzufolge hatten sich die Zürcher also zu sehr auf ihre eigene Macht und auf dieses Bündnis verlassen statt allein Gott zu vertrauen, der sie geschützt hätte. Da sie aber der Heiligen Schrift nicht [folgten], brach Gott ihre Macht als mahnendes Exempel [durch die Niederlage im Zweiten Kappelerkrieg]. So kamen sie rechtzeitig zur Einsicht. -[3]Nichts hat den Fürsten [des Schmalkaldischen Bundes] mehr geschadet als ihre allzugroße Macht und Selbstüberschätzung! Deshalb hat Gott zum Ruhm seiner Kirche und zur Demütigung, aber auch zur Rettung der übermütigen Fürsten [Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen] den schmalkaldischen Bund vernichtet. Durch ihre Entmachtung hat er sie beispielhaft für alle zum Gespött gemacht. So kann er sie aus dieser Erniedrigung wieder emporheben. Sie sollen hierdurch künftig nicht mehr ihren menschlichen Kräften, sondern allein auf den lebendigen Gott vertrauen, der im Stande ist, die Gläubigen vor der Macht des Teufels und der Welt zu bewahren. So sollen sie zudem künftig nichts mehr aufgrund ihres Erfolges beurteilen. -[4]Hätte Luther die [Niederlage der Schmalkalder]vorausgesehen, wäre sein Urteil über die Zürcher und ihre Sache nicht so abschätzig ausgefallen. Er starb jedoch rechtzeitig, damit niemand sein Glaubensbekenntnis mit dieser Niederlage in Verbindung brachte. Ansonsten hätte Gott [diesen Krieg als]Strafe schon zu Luthers Lebzeiten beginnen lassen. Es sind aber die Sünden [der Evangelischen], die diese Züchtigung verdient haben! Doch Gott pflegt von der Bestrafung abzulassen, nachdem die Gläubigen Reue bekundet haben. Durch diese Warnungen sollen die [Evangelischen]veranlasst werden, sich nicht auf menschliche

a Ohne Schnitt- oder Nadelstichspuren.
1 Der Ostfriese thorn Carnph, dessen letzter erhaltener Brief an Bullinger vorn 7. April 1546 (Nr. 2415) datiert, lebte seit Anfang 1548 in Emden und hoffte, wie die Abschrift seines Briefes an Konrad Pellikan vorn 20. Februar 1548 (Zürich ZB, Ms S 66, 78) in der Briefsarnrnlung Johann Jakob Simlers (1716-1788) darlegt, bald ein kirchliches Arnt zu erhalten. Kirchenältester und Ratsmitglied wurde er sicherlich erst nach dem 26. Februar, da er sonst Bullinger hierüber wohl informiert hätte; zu thorn Camph s. HBBW XIV,
Nr. 2006, Anm. 1. -Im genannten Brief thom Camphs an Pellikan wird ebenfalls der Tod von Hermann Aquilomontanus erwähnt, der auch zu Bullingers Korrespondenten gehörte. Aufgrund des Abfassungsdatums des genannten Briefes kann das bisher bekannte Sterbedatum, der 26. Februar 1548, korrigiert werden: Aquilomontanus kann nicht nach dem 20. Februar verstorben sein; s. HBBW IX, Nr. 1294, Anm. 1. -Thom Camphs Briefe an Bullinger und Pellikan wurden sicherlich von demselben Briefboten überbracht.


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Bündnisse und auf ihre Macht, sondern allein auf Gott und sein Wort zu verlassen und dabei sowohl für den Fall eines Erfolgs und als auch für den eines Misserfolgs gewappnet zu sein. -[5] Was hat denn alle Gemeinwesen verdorben? Was war denn dem Volk Gottes stets nützlich? Das Vertrauen auf Gott! In diesem Krieg war nur das richtige Verhalten gegenüber Gott und den Menschen wirkungsvoll. Bremen hat sich von allen sächsischen Städten am meisten der wahren Religion und der Frömmigkeit verschrieben und erhielt daher auch die größte Unterstützung von Gott. Die Stadt Konstanz nahe der Eidgenossenschaft ist ebenso standhaft geblieben und wird zweifellos Gottes Hilfe erfahren, wenn sie ausharrt. -[6] Vor [etwa]fünfzehn jahren litten die [zwinglisch ausgerichteten]Kirchen von Zürich und Ostfriesland [unter ihrer Bedrängung]. Nun trifft es die [lutherischen] Kirchen, die einst so hochmütig waren. Während des [Schmalkaldischen]Krieges wurde die ostfriesische Kirche hingegen in Ruhe gelassen. Ihre Zukunft legen sie in Gottes Hand! Er verlässt die Seinen nicht, auch wenn er sie auf die Probe stellt. -[7] Thom Champh hat Bullinger nicht geschrieben, um ihn zu belehren, sondern um ihm seine Ansichten über diese Niederlagen mitzuteilen. -[8] Über alles weitere, die Lage der Evangelischen in Emden und über die Ereignisse in Ostfriesland wird [Konrad]Pellikan berichten. -[9]Nur noch dies: Johannes a Lasco lebt und ist wohlauf konnte aber wegen seiner sehr vielen Verpflichtungen nicht an Bullinger schreiben, zumal er fürchtete, dass seine Briefe diesem nicht überbracht würden. Er hätte Bullinger auch dessen Schrift ["De sacramentis"] zurückgeschickt, wenn eine sichere Übermittlung möglich gewesen wäre. -[10]Die Emdener werden später mehr berichten und erbitten, sollte dies möglich sein, Nachrichten aus der Eidgenossenschaft, da sie den Zürchern sehr verbunden sind. -[11]Die Zürcher sollen für sie beten, wie auch die Emdener ihrer gedenken. Jesus möge der heimgesuchten Kirche zur Seite stehen! -[12]Grüße, insbesondere an Bullingers Kollegen, Kinder und Frau [Anna geb. Adlischwyler]. -[13]Thom Camphs Kollegen und seine Frau [NN]lassen grüßen. Bullinger möge seine Freimütigkeit entschuldigen. -[14][P.S.:] Weder Thom Camph noch die anderen Emdener kennen [Gerhard Westerburg und Jan Maczynski], die Bullinger in seinem letzten Brief [nicht erhalten]grüßen ließ. Es wird sich bei ihnen wohl um Davidianer handeln, die gern einmal falsche Namen verwenden und sich [wie Jakob]für Esau ausgeben. Bullinger soll im Umgang mit solchen Menschen vorsichtig sein! Denn Lug und Trug ist bei ihnen kein Vergehen, und im Gespräch über den Glauben geben sie ihre [tatsächliche]Meinung erst dann preis, wenn sie sich sicher sind, ihren Gesprächspartner für sich gewinnen zu können. Diese Leute werden zum neuen Antichristen, durch den Gott die Welt aufgrund ihrer Undankbarkeit strafen wird! Thom Camph würde mehr schreiben, wenn es seine Zeit zuließe. -[15]Erneuter Gruß.

Gratiam, pacem cum perseverantia in agnita veritate in omnibus periculis, quae tibi incumbere possint Christi et evangelii nomine.

Quoties tuorum verborum memor fui, mi doctissime et humanissime Bullingere, his praesertim calamitosissimis temporibus, cum diceres nunquam (nunquam!) b vobis bene cessisse interea, dum foedus cum principibus et civitatibus potentibus

b Klammern ergänzt.


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haberetis! 2 Interea vero, dum hoc reliquistis, evangelium crevisse et vobis nihil triste accidisse.

Quod hinc factum colligo, quod nimium fidebatis vestris viribus et huic foederi tanquam brachio humano 3 et non itidem deo, qui potens fuit vos conservare, si illi soli fisi fuissetis. Et ut vos exemplo admoneret (cum scripturam 4 non audiretis), confudit c vestram potentiam, 5 ut ita in tempore adhuc sapere inciperetis.

Quid putas nostris principibus 6 in hoc bello magis obfuisse quam nimiam potentiam et fiduciam sui? Quare deus, ut sibi conservatae ecclesiae gloria maneret ac elatos illos sub manu sua humiliaret, ut tandem servarentur, hoc foedus ipse solus rupit non humanis quoque viribus! Et omnem potentiam horum, quibus nitebantur, ita fregit, ut exemplo omnibus facti sint et in derisum, ut ita humiliati sub potenti manu sua illos rursum extollat, ne tum deinceps fidant humanis viribus, sed soli deo viventi, qui potens est in se confidentes contra diaboli ac mundi potentiam conservare. Et propterea quoque, ne in posterum tam male iudicent estimantes causam ex rerum successu.

Quod si haec vidisset Lutherus, non tam sinistre de vobis iudicasset sive de vestra causa. Sed dominus illum in tempore abstulit, ut omnes viderent malum successum non accidisse propter professionem religionis, alioqui ab illo incepisset 7 . Sed peccata nostra in culpa sunt, quae hanc castigationem meruerunt. Sed solet post poenitentiam suorum invisere flagellum ac igni tradere. Nos autem his exemplis

c In der Vorlage consudit. Offenbar vergaß thorn Carnph hier den für sein f typischen Querstrich anzubringen.
2 Die unter dem Begriff "Christliches Burgrecht" bekannten Bündnisse, mit denen die evangelischen Orte der Eidgenossenschaft zwischen 1529 und 1531 versucht hatten, die Reformation zu schützen und auszuweiten, hatten sich in der Auseinandersetzung mit den altgläubigen Orten nicht bewährt und wurden nach der Niederlage im Zweiten Kappelerkrieg durch den am 20. November 1531 geschlossenen Zweiten Kappeler Landfrieden aufgelöst; s. HBBW 1V Nr. 446, Anm. 8; Wilhelm Bender, Zwinglis Reformationsbündnisse, Zürich u.a. 1970, S. 164-168. 172-175; Pestalozzi 91-93; Meyer, Kappel 255-3 14; Gottfried W. Locher, Die Zwinglische Reformation im Rahmen der europäischen Kirchengeschichte, Göttingen 1979, S. 530-536 - Zu Bullingers Haltung gegenüber Bündnissen mit fremden Mächten siehe zuletzt Nr. 3137,64-67. 3 brachio humano: Gemeint ist der menschliche
Arm im Gegensatz zu dem in der Bibel des Öfteren erwähnten "kräftigen Arm Gottes".
4 die Bibel.
5 Zu den Folgen des für Zürich nachteiligen Zweiten Kappeler Landfriedens s. oben Anm. 2.
6 Zu den sich in kaiserlicher Haft befindlichen Anführern des schmalkaldischen Bundes, Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich I von Sachsen, s. zuletzt Nr. 3148,17.
7 Gemeint ist: sonst hätte Gott seine Strafe schon zu Lebzeiten Luthers verhängt. -Dieser starb am 18. Februar 1546 und somit wenige Monate vor der Einnahme der Stadt Füssen am 9. Juli des gleichen Jahres durch die Schmalkalder, die den Beginn der militärischen Auseinandersetzung des schmalkaldischen Bundes mit Kaiser Karl V. markiert; s. HBBW XVII, Nr. 2499, Anm. 10.


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edocti diffidamus nobis et omnibus humanis foederibus et viribus, solo deo nostro et illius verbo nitamur et in utrumque eventum parati simus!

Quid perdidit omnes respublicas? Quid semper profuit populo dei? Fiducia in deum summum. Video in hoc bello nulli quicquam profuisse nisi pietatem erga deum et hommes. Inter omnes Saxoniae civitates 8 nulla magis dedita vere religioni fuit et studio pietatis quam Brema. Quare deus hanc quoque maxime iuvit. Deinde apud vos quoque Constantia: Quare perstitit quoque, et si persistant, videbunt procul dubio auxilium domini.

Vestrae ecclesiae et nostrae quoque ante quindecim annos crucem perferebant, 9 nunc autem caeteri 10 , qui tum gloriabantur. Nos contra sub hoc tumultu usi sumus tranquillitate. 11 Quid porro nobis expectandum, committemus domino. Solum hoc studeamus, ut in illum confidamus, et ab eo auxilium expectemus! hie non deserit suos, etiamsi tentet.

Haec tecum de his calamitatibus agere libuit, non quod haec ignorabas, sed ut meam quoque sententiam haberes.

Reliqua, quae de nostris rebus scire desideras, 12 et que apud nos gerantur, Pellicanus 13 noster referet.

Solum hoc scias dominum a Lasko 14 vivere atque valere et propter plurima negotia, et quod timebat, ut 15 litere suae ad te perferrentur d , scribere non potuisse. Remisisset tibi libellum tuum 16 , si tutum esset.

d In der Vorlage perferrerentum.
8 Bremen, Magdeburg, Braunschweig, Hildesheim, Goslar und Hannover. Thom Camph zählt die Städte in seinem oben in Anm. 1 erwähnten Brief an Pellikan vom 20. Februar 1548 auf.
9 Gemeint sind hier einerseits die Niederlagen der zwinglisch ausgerichteten Parteien Zürichs (s. oben Anm. 2) und andererseits die der Grafschaft Ostfriesland. Letztere hatten sich 1530 einer lutherisch geprägten Kirchenordnung unterordnen müssen, die Graf Enno II. von Ostfriesland auf Betreiben der lutherischen Theologen Johannes Timann und Johann Pelt hatte erstellen lassen. Martin Luther selbst empfahl die neue Kirchenordnung u.a. gegen die zwinglisch ausgerichteten Pfarrer in der Grafschaft verbreiten zu lassen und nannte Zwinglis Tod eine gerechte Strafe Gottes für dessen Irrlehre; s. Tileman Dothias Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. 2, Aurich 1792, S. 364-370; Timothy G. Fehler, Poor Relief and Protestantism. The Evolution
of Social Welfare in Sixteenth-Century Emden, Aldershot u.a. 1999, S. 73-76 und WA LIV 154.
10 Gemeint sind die Lutheraner.
11 Zur ostfriesischen Neutralität während des Schmalkaldischen Kriegs s. Wiarda, aaO, Bd. 3, Aurich 1793, S. 37.
12 Ein entsprechender Brief von Bullinger an thorn Carnph ist nicht erhalten.
13 Zum bereits genannten Brief thorn Carnphs an Pellikan s. oben Anm. 1.
14 Johannes a Lasco. -Er war, wie thorn Camph im genannten Brief an Pellikan berichtete, nach einjähriger Krankheit genesen.
15 = ne non.
16 Sicherlich Bullingers Ende 1545 verfasste, damals aber noch ungedruckte Schrift "De sacramentis". Bullinger hatte diese im Februar 1547 Johannes Calvin während dessen Aufenthalts in Zürich in Abschrift übergeben und gemäß seiner Autobibliographie hiernach auch a Lasco zugeschickt; s. HBBW XVI,


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Mittemus postea plura. Rogamus omnes, si integrum erit, ut statum rerum vestrarum nobis perscribatis. || 374v. Nam, ut vos amamus ex animo, ita vobis quoque bene esse cupimus et vestra noscere.

Oretis, quaeso, dominum pro nobis. Nos vestri memores sumus. Dominus Jesus adsit vobis suo spiritu et protegat vos suo auxilio sublevetque ecclesiam mire afflictam.

Valebis in domino et omnes tuos collegas salutabis, inprimis uxorem 17 tuam pientissimam cum omnibus liberis 18 . Embdae, raptim, 26. februarii anno 1548.

Salutant vos omnes ministri nostri et mea uxor 19 in domino. Ignoscas libertati meae. Nosti manum tui Phrysii 20 .

Scripseras jam nuper de aliquibus 21 , quos volebas per me salutatos. Illos ego non novi nec quisquam nostrum. Sed dicam, quod sentio: Puto Davidianos 22 fuisse,

Nr. 2407, Anm. 16; XIX, Nr. 2825, Anm. 2; Zürich ZB, Ms F 98, f. [32]v. (Text in emanuscripta digital vorhanden). -Aufgrund des vorliegenden Briefes und des rund 770 Kilometer langen Weges von Zürich nach Emden, für den mit einer etwa einmonatigen Reisezeit zu rechnen ist, muss Bullinger die Schrift allerspätestens Mitte Januar 1548 einem Boten übergeben haben. - Ob die Schrift dem vorliegenden Brief zur Rücksendung beilag, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen; die ausdrückliche Erwähnung im vorliegenden Brief spricht allerdings dafür. - Bei der Schrift, die a Lasco in seinem Brief vom 10. April 1551 erwähnt (Zürich StA, E II 347, 363), muss es sich nicht zwingend, wie zuvor in HBBW XVI, Nr. 2407, Anm. 16, und XIX, Nr. 2826, Anm. 2, angegeben, um eine zweite Zusendung handeln, da sich a Lasco auch eine Abschrift angefertigt haben könnte. Gegen die zweite Zusendung spricht jedenfalls a Lascos Angabe vom 10. April 1551, die Schrift vor etwa drei Jahren erhalten zu haben. -Auf ausdrücklichen Wunsch von Erzbischof Thomas Cranmer von Canterbury wurde die Schrift "De sacramentis"(HBBibl I 183; USTC 50465 1551 in London gedruckt. Bullinger selbst veröffentlichte weite Teile der (leicht überarbeiteten) Schrift im selben Jahr in Zürich als Teil des fünften Buchs der Dekaden (5, 6f); s. HBBW XVI, Nr. 2332, Anm. 29;
XX 63; Pestalozzi 638 (Bemerkung zu S. 376); HBD 33,26-30; HBTS 111,2 875, Anm. 4.
17 Anna, geb. Adlischwyler.
18 Zu Bullingers Kindern s. Nr. 3114, Anm. 6.
19 Unbekannt. - Aus thom Camphs Brief an Pellikan vom 20. Februar 1548 (s. dazu oben Anm. 1) erfährt man, dass er seine aus einem wohlhabenden Groninger Hause stammende Frau etwa ein Jahr zuvor geheiratet hatte und sie eine Mitgift von 3000 Gulden mit in die Ehe brachte. Die Trauzeugen der Ehe waren Johannes a Lasco, Regnerus Praedinius (Reinier Veldman) und Georg Arcularius.
20 Friesen.
21 Wohl jene Männer aus Friesland, die Bullinger im Juli und August 1545 besucht hatten: Gerhard Westerburg und Jan (Johannes) Maczynski; s. HBBW XV, Nr. 2196, Anm. 3; HBD 33,7-9. - Da thom Camph schon am 17. Juni 1545 zusammen mit Samuel Pellikan nach Ostfriesland abgereist war, kann er ihnen nicht begegnet sein; s. HBBW XV, Nr. 2097, Anm. 1.
22 Gemeint sind die Anhänger der von David Joris geführten täuferischen Bewegung. Thom Camph konnte zu dieser Zeit noch nicht wissen, dass Joris mit seiner Familie bereits seit 1544 unter falschem Namen in Basel lebte, wo er sogar das Bürgerrecht erwarb; s. HBBW XIV, Nr. 1883, Anm. 17; vgl. auch XV, Nr. 2120,81 mit Anm. 31.


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quibus liberum est fingere nomina et inducere chyrotecam Esau 23 . Vide, mi domine, ut caute cum his agas! Nam simulare et fallere non est apud illos peccatum. Et ut multum agas cum illis de religione, sententiam suam non proferent, antequam scirent te teneri. De illis hominibus mea haec est sententia illum novum antichristum fore sublato vetere 24 , per quem dominus mundum puniet propter ingratitudinem. Piura scriberem, si tempus pateretur.

Vale.

[Adresse darunter:] Et pietate et eruditione eximio viro Henricho Bullingero, episcopo Tigurinae ecclesiae, suo in domino fratri observando. 25

23 inducere chyrothecam Esau: den Handschuh des Esau anziehen; s. Kirsch 512, s.v. chirotheca. Gemeint ist: sich als ein anderer ausgeben. -Zum Betrug Jakobs an seinem blinden Vater, bei dem er sich durch Verkleidung als sein Bruder Esau ausgab, s. Gen 27, 16-23. - Im Zuge der Durchsetzung der von Enno II. neucingeführten lutherischen Kirchenordnung in Ostfriesland scheint David Joris seinen Anhängern empfohlen zu haben, ihre wahre Identität und ihren Glauben in Berufung
auf das Vorgehen Jakobs zu verbergen; s. Nicolaas Meynderts van Blesdijk, Historia vitae, doctrinae, ac rerum gestarum Davidis Georgii haeresiarchae, Deventer 1642 (USTC 1026574), S. 171.
24 Gemeint ist das Papsttum.
25 Da Bullinger Anfang April Blarer die von thorn Camph mitgeteilten Neuigkeiten übermittelte, muss ihn der vorliegende Brief spätestens zu dieser Zeit erreicht haben; s. Nr. 3185,42f.