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Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 213 (Siegelspur)
Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 548f, Nr. 1382
[1] [Johannes] von Ulm wird gemäß Blarers Rat handeln. Blarer soll sich aber ebenfalls
behilflich zeigen, da Johannes beim Kauf [der von Johannes Fries angebotenen Bücher]
wirklich ein gutes Geschäft macht. Blarers Plan scheint geeignet. Bullinger befürchtet nur,
dass ein anderer ihm beim Kauf zuvorkommen könnte. —[2]Regula [Mayer]beklagt sich über
[Konrad]Hofherr und ist der Meinung, dass dieser sie betrügt. Bullinger will sich der Sache
nicht mehr annehmen. Soviel zu Blarers erstem Schreiben [Nr. 2716, 2-38]. —[3]Bullinger
hat Blarer nicht wirklich der Nachlässigkeit [in der Nachrichtenübermittlung] bezichtigt!
Doch stimmt es, dass er sich wegen der furchterregenden Verhältnisse stets [nach Blarers
Briefen] sehnt, allein schon deshalb, weil er auf einen guten Ausgang der Lage hofft. Wenn
also Blarer länger nicht schreibt, wird Bullinger nervös. Blarer macht es aber schon richtig.
Er soll nur so fortfahren. Unterdessen wird er [Bullingers] nächstes Schreiben [nicht erhalten]
empfangen haben; zudem auch Biblianders Brief und zwar durch den nach St. Gallen
entsandten Zürcher Boten [Heinrich Tischmacher]. —[4]Blarer möge helfen, beraten, schreiben,
soviel er kann! Wenn Ulm nur nicht aus dem [Schmalkaldischen] Bund austritt! Sollte
aber der Teufel die Stadt dazu bringen, darf man sich von ihr trotz allem nicht trennen, denn es
käme nur noch schlimmer! Lässt man sich vom Gesang der Sirenen einschläfern, bricht schon
das Verderben ein! Der Nachricht vom Tod des Kaisers [Karls V.]soll man ja keinen Glauben
schenken! Sie ist nur eine List, damit [die Schmalkaldener]nachlässig werden. Der Kaiser ist
genauso tot wie die Katze in Aesops Fabel! Er ist der "im Betrügen erfahrene König"[Dan 8,
23], der echte Sohn des Antichristen! Man darf ihm keineswegs vertrauen! —[5]Anbei [Georg]
Frölichs Brief [an Blarer], den Bullinger dankend zurückschickt. — [6] Wenn HerzogBriefe_Vol_18-413 arpa
Ulrich von Württemberg es wollte, wäre ein Sieg schon halb gewiss. Lässt er sich aber vom
Kaiser betören, so geschähe dies zum großen Schaden der Städte! Der schirmende Gott (der
schon ein solcher war, als Württemberg sich noch unter Ferdinand I. befand) lebt immer noch!
— [7] Am Mittwoch [15. Dezember] haben der Kleine und der Große Rat mehrheitlich beschlossen,
dass die Militärbeamten das Geschütz und die Wagen mit Artillerie ab sofort bereitstellen
sollen. Außerdem wurde beschlossen, Abgeordnete von Haus zu Haus zu schicken,
um zu kontrollieren, dass jeder seinen Harnisch und seine Waffen parat hält. Wer nicht bereit
ist, soll dies bis zur nächsten Inspektion nachholen, sonst muss er mit einer Strafe rechnen.
Ferner soll sich jeder mit Geld, Kleidern und Schuhen angemessen ausstatten. Sobald die Lage
es erfordert, werden Hauptleute, Bannerherren und Fähnriche einberufen, während die anderen,
Jung und Alt, sich rüsten. Alle haben sich mit diesen Maßnahmen einverstanden erklärt.
Gott verleihe Gnade! —[8]Grüße an [Thomas] Blarer und (Konrad Zwick].
Gnad und frid. Hans von Ulm wirt die sach an die hand nemmen, wie ir geradten. 1 Ir söllend ouch das best darzu thun, dann er warlich an dem kouff vii gewint, 2 und ist imm 3 uß der maassen wol ze than 4 . Fürcht nun 5 , der lang verzug mache, das ein ander in den kouff schlieffe 6 .
Des Curions 7 halb beklaget sich die gut Regula 8 übel. Sagt, sy werde verforteylt 9 von Curio, etc. Deß wil ich mich wyter nitt beladen. So vil uff uwer erst schryben 10
Ich hab üch noch nitt alls 11 übel geschulten 12 der farlessikeit halb, alls ir es verstand und rächnend. 13 Mich belangt seer übel 14 ! Und sagt man so grewlich ding, das mir angst ist, alein das 15 ich die sach gern gut säch. Wenn ir dann so lang nitt schribend, wirt ich ettwan undultig 16 . Aber ir thund genug. Farend nun für! Ich acht, ir habind nunmeer aber 17 ein schryben 18 empfangen; gäben noch 19 Buchmans 20 brieff, und 21 üch durch unser löuffern einen 22 zügestellt, der durch Sangallen zu üch geloffen.
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Hälffend, radtend, schribend, werbend, thund, was ir mögend 23 ; alein das sich Ulm nitt 24 vomm pundt trenne! 25 Ob 26 sy aber der tüfel betruge, so trennend üch doch nitt 27 . Warlich, ir werdents hernach erger haben und mee kostens erlyden müessen! Lassend ir üch von der Syrenen xang 28 entschläffen 29 , ir werdint flux 30 daruff geweckt werden zu üwerm verderben. Gloubend der red nitt von des keyssers 31 todt! Es ist ein list und betrug, alein üch sumselig 32 33 ze machen, das ir üch niergend versähind! Er ist grad todt wie die katz imm Aesopo. 34 Rex est intelligens propositiones et aenigmata 35 , magni antichristi germanus filius. Trüwend imm nut, so betrügt er üch nut!
Hie schick ich üch mitt danck Laeti 36 brieff.
Wo 37 hertzog Ulrych wol wil, ist die sach wol halb gewunnen. 38 Last er sich betören, so ists den stetten ein grosser schad. Aber der läpt noch, der uns schirmpt 39 , do 40 Wirtemberg noch ferdinandisch was.
Mittwoch 41 ist das meer 42 in rat und burgern 43 worden, den [zeu]gmeistern a 44 ze gebieten, das sy das geschütz [und wag]en artalary , etc., rüstind, alls ob 213v. man morn [ußz]iehen wöllt; das lüt, die darzu verord-|| net, in statt und land von huß zu huß gangind, besähind harnisch und gwar 45 ; wer nitt gefast 46 , das er sich der nächsten volgenden tagen rüst, und, so man wider
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kummen wirt, gerüst sye oder miner herren straaff und ungnad erwarte; das jederman mitt gällt, kleydern und schuhen frutig 47 und eerlich gerüst sye; sobald es dann die notturfft erhöusch 48 , das man houptlüt, panerherren und fendrichen näme und jederman darzwüschen 49 , jung und allt, gerüst sye. Und ist von den gnaden gotts jederman willig und einig. Gott verlich uns allen sind gnad!
Grüssend mir üwern lieben bruder 50 und vettern 51 , mine günstige herren, und versähend üch zu uns alle zyt aller trüw und rechter liebe. Decembris 18., 1546.
Bullinger.
[Adresse darunter:] Sinem lieben herren und brüder m. Ambrosien Blaureren, predicanten zu Constantz b .