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Abgeschickte Ausfertigung: Zürich ZB, Ms A 51, f. 33r.—34v., Nr. 23 (Siegel) b ; [Beilage:] 42r.—45v., Nr. 28; Erste Ausfertigung: c Marburg Hessisches Staatsarchiv, 3, 1797 (PA 1797), 54
Druck: Lenz, Bericht 10f (Nr. E). 41 (Brief und Beilage)
[1]Der Landgraf [Philipp von Hessen] hat Bullingers Schreiben vom 25. September [HBBW
XVII, Nr. 2597]erhalten und dessen Bedenken zur Kenntnis genommen. Er bedankt sich auch
für den von Bullinger bekundeten guten Willen und für dessen guten Wünsche. — [2] Das
Stillsitzen der [Vier] Orte ist nun wirklich nicht die richtige Haltung. Würde nämlich der
Feind von mehreren Seiten angegriffen, müsste er seine Streitkräfte aufteilen und wäre umso
leichter besiegbar. Man beachte auch, dass, falls Papst [Paul III.], Kaiser [Karl V.]und König
[Ferdinand I.]siegten, sie die Vier Orte angreifen würden, ob diese in den Krieg gezogen sind
oder nicht. Man denke zudem an den vom Herzog [Karl III.] von Savoyen auf Bern ausgeübten
Druck [wegen der Besetzung der Waadt im Jahre 1536]. Dies alles ist gut in Erwägung zu
ziehen! —[3]Man befand sich etliche Male ganz in der Nähe des Feindes, doch kam es nicht
zu einer Schlacht, weil Letzterer dies vermied. Über die Ereignisse bei Ingolstadt wurde schon
berichtet [mit HBBW XVII, Nr. 2581]. In vorliegender Beilage findet Bullinger nun Aufzeichnungen
über die jüngsten Ereignisse. —(4] Die (Schmalkaldener] achten natürlich stets darauf
nie völlig ihre vorteilhafte Position preiszugeben. Auch jetzt befinden sie sich in einem nur
schwer einzunehmenden Lager. Will man aber zur Kampfhandlung kommen, muss man den
Feind noch stärker herausfordern. — [5] Dies als freundschaftliche Mitteilung. — [6] [Beilage:]
Als die [Schmalkaldener] am 3. Oktober gegen 14 Uhr erfuhren, dass der Feind nach
Nördlingen zog, um diese Stadt einzunehmen, eilten sie ihm mit dem gesamten Heer nach. Da
aber die Nacht anbrach, kam es nicht zum Angriff -[7]Am 4. Oktober hatten die [Schmalkaldener]
als Ziel, die Stadt Nördlingen vor einem Angriff der Kaiserlichen zu schützen. AmBriefe_Vol_18-110 arpa
frühen Morgen aber wandte sich der Feind gegen den Nachzug des Obersten [Friedrich von
Reifenberg], wohl mit der Absicht, die [Schmalkaldener] davon abzuhalten, eine Anhöhe bei
Nördlingen einzunehmen, die er möglicherweise zuvor besetzen wollte. Deshalb ließ der Landgraf
der den Mittelzug führte, den Kurfürsten mit dem Vorzug weiterziehen, damit diese Höhe
besetzt werden konnte. Währenddessen zog der Mittelzug nur langsam nach, und der Nachzug
wurde aufgefordert, näher an den Mittelzug zu ziehen. —[8] Nachdem der Vorzug den [Forellen]bach
überquert hatte, lagerten die landgräflichen Truppen des Mittelzuges auf einer
Anhöhe, von wo aus sowohl der Nachzug als auch der Vorzug beobachtet werden konnte.
—[9] Es sah so aus, als hätte das kaiserliche Heer vorgehabt, den Mittelzug und den Nachzug
anzugreifen. Deshalb entsandte der Landgraf dem Nachzug einige starke Reitergeschwader zu
Hilfe und postierte sich mit den Kanonen in einer breiten Schlachtordnung (hätte der Mittelzug
auch den [Forellenbach] überquert, um sich dem Vorzug anzuschließen, hätte der Nachzug
wohl Schaden erlitten). Der Kurfürst, der über die Lage informiert wurde, schickte auch
etliche Reitergeschwader zurück und zog auch mit seinen Truppen in Richtung Mittelzug.
— [10] Als der Feind sah, dass die [Schmalkaldener] sich in Schlachtordnung befanden,
zögerte er vorzurücken. Doch kam es trotzdem den ganzen Tag zu Gefechten, bei denen die
Kaiserlichen ziemlich große Verluste erlitten, die [Schmalkaldener] aber nur zwei Kavalleristen
und vier oder fünf Infanteristen verloren. Danach zog der Feind wieder ab, währenddem
die [Schmalkaldener] in Position blieben und sich erst gegen Abend ins Lager begaben.
—[11]Am 5. Oktober provozierte der Feind heftige Gefechte, bei denen er 50 bis 60 Soldaten
verlor. Auch aufseiten [der Schmalkaldener]gab es etliche Verluste. Dem [Prinzen]Albrecht
von Braunschweig-[Grubenhagen] wurde eine Wange durchbohrt; hoffentlich genest er wieder
(er ist unterdessen gestorben). Graf Johann von Waldeck wurde nur angeschossen, ein polnischer
Diener [...] am Arm getroffen, Philipp Schenk an einem Bein, Andreas Finck an einem
Schenkel (dieser verstarb dann). Johann Awerswalt wurde in den Rücken geschossen (auch er
verstarb mittlerweile). Zudem fiel [Henning] von Burtfeld. Die [Schmalkaldener] selbst erschossen
versehentlich einen der Ihren, den Adligen Stenilz.
Philips, vonn gots gnadenn lanndgrave zu Hessenn, grave zu Catzenelnnpogen, etc. Unnsernn gnedigenn grus zuvor. Hochgelerter, lieber, besonnder, ewer widerschreybenn, welchs gegebenn ist denn 25. septembris, 2 habenn wir seines inhalts verlesen unnd ewer bedencken allenthalben gnediglich vermerckt, d unnd bedanncken uns ewers guten willenns unnd wunschung, das unns gott sieg gebe. d
Wir e lassenn uns aber nit beduncken, 3 das solchs der recht weg sey, f das die christlichen ort 4 stil sitzenn unnd itzo (dieweill es die ausrottung der
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religionn betrifft) g nit mehr dartzu thuen f . 5 Dann h wann der vheind an mehrerm dan einem ende angegriffen wurde, so must er seinn macht theilen, unnd 6 were als dann mit ime desto ehr nacher zu kommen 7 . Ir durffet nit anders dencken (es sitzen gleich die vier ortter, so unnserer religion seinn, still oder nit): Wo der vheinndt gegen unns oblege (welchs gott gnedigliche verhuete), das allsdann ||33v. doch nichts desto minder dieselbenn vier ortt 10 vom babst 18 , kayser 9 unnd könig unangefochten nicht pleybenn wurdenn! Dartzu wisset ir, wie Bern j gegen dem hertzogenn vonn Sophey 11 stehet, 12 k_ das noch unvergessenn ist. k Dem ir weiter habt mit vleis nachtzudenckenn! 1
So viel aber sonstet die kriegssachen betrifft, seint wir dem vheindt numehr zu etzlichenn malen unnder augen getzogen. Er hat aber nie schlagenn wollen. Was sich bey Ingelstat zugetragen, 13 das haben wir euch hiebevor 14 berichtet. Was aber newlicher tag bescheen, das fienndet ir beyliegenndt zu sehenn. 15
Nun gedencken wir auch nicht altzeit unsern vortheyl 16 gentzlich zu übergeben. Haben unns derwegen in ein solch lager gelegt, darinne er 17 unns schwerlich schlagen unnd abbrechen 18 kan. Soll aber geschlagen unnd etzwas ausgerichtet, werden wir inen, denn vheindt, noch besser suchen mussen. 19 Dartzu unns gott sein gnade verleihen wolle. m Dann uns nit duncken will, das er zu uns lusten, zu schlagen tm hett.
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||34r. welchs wir euch hinwider 20 gnediger meynung nit wolten pergen 21 , dem wir mit sondern gonnsten geneigt sein. Datum inn unnserm veltlager bey Nortlingen 22 denn 8. octobris anno, etc., 46.
Philips l[andgrave] z[u] Hessen s[ub]scr[ipsit].
P[ro] c[ancella]r[io]
S. Bing s[ecretarius] s[ub]scr[ipsit].
[Adresse auf f. 34v.:] Dem hochgelartenn, unnserm lieben besondern Heinrico Bullingero n , der hayligenn geschrift lehrern zu Zurich.
[Beilage:]o
||45v 1546. Was sich zugetragen mit den veinden 3., 4., 5. P octobris. q
||42r. Alls wir am drittenn octobris gleichwol etzwas spadt, ethwo umb zwo uhren 23 nachmittagk, erfaren, das der veindt nach der stadt Nordtlingen zohe 24 , darselbst seinen vortheil, auch die stadt, einzunemen, seindt wir inn eil mit allem kriegsvolck zu roß unnd fueß uffgewesen unnd nach dem veinde getzogen. Es fiel aber die nacht ein, das wir den dritten octobris zu abents nichts sonnders mit einander handeln 25 mochten. 26
Denn viertenn octobris aber war unnser enntlich vorsatz 27 , die stadt Nordtlingen, 28 da sich der feindt darumb angenommen 29 (dan ehr sie uffgefordert 30 ) r mit macht zu entsetzen 31 . Gleich gegen dem tag macht sich der veindt an unnser obersten einen 32 , welcher den dritten octobris der nacht halber im nachzug hinder unns plieben war und derowegen den viertenn octobris auch nachziehen must. Nuhn dachten wir, der veindt wolt uns gern verhindern, uff das wir eine hohyn unnd berg 33 hier bei Nordtlingen nit erlangenn, sonndern das der veindt die zuvor uns einbekommen mochte.
31 mit macht zu entsetzen: mit Gewalt zu befreien; s. Grimm III 620.
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||42v. Derowegen wir, der lanndtgraf, den churfursten zu Sachsßen 34 mit dem vorzug immer zu hin nach solchem berg und hohen ziehen lasßen. Unnd wir zohen allgemach 35 hernach mit dem mittellzugk, unnd waren bedacht, unnsern nachzug vom scharmutzell abzufordernn 36 , unns nachzuziehen, etc. 37
Alls nuhn der vorzug uber ein wasßer 38 gantz getzogen unnd einen zimlichen weg furuber 39 wahret, eyltenn wir nicht zu sehr mit dem veltzug, sonndern namen einen bergk ein unnd hielten ein zeitlang daruff, also das wir den vorzug und nachzug wahren 40 khonten.
Da worden wir innen 41 , das der feindt sich mit allen heuffen herfür thet unnd, dieweil unnser vorzug einen guten weg furuber wahr, so stalte sich der veindt, alls wolte er 43r. || (achtenn auch, das seiner meinung gewesen sei) uff unnsernn mittelinzug und nachzug zihen. Und lisßen etzliche starck geschwader reutter 42 nach unnserem nachzug rennen. Nuhn war ein wasßer 43 zwischen unnserm vorzug und mittellzugk. Da wir da understannden 44 hetten, mit dem mittelzug auch uber solich wasßer zu setzen, so were dem nachzug nit moglich gewesen, ohne schaden zu uns zu khommen. Derowegen bedachten wir unns kurtz und sterckten unnsern nachzug mit etzlichen geschwader reuttern. Machten unnsere schlachtordenung, theilten die woll breit uß, ordneten unser veltgeschutz darbei. Unnd nachdem 45 unnser liber vetter und bruder, der churfürst zu Sachsßen, beim vorzug wahr, schickten wir zu seiner liebden, das sein l[iebden] unns etzliche geschwader reutter wider ||43v. zuruck schickten; welchs sein l[iebden] thaten. Und alls sein l[iebden] vernommen, das der feindt so starck wahr, da zohen sein l[iebden] wider mit den heuffen des vorzugs nach uns und dem mittellzug.
Alls nuhn die veinde sahen, das wir unns mit unnser schlachtordenung und allem dermasßen schickten, schutzten 46 sie ze stundt vortzudrucken 47 ; aber allerlei guter scharmutzell geschohen den ganntzen tag, da 48 die veinde zimtlichen grossen schaden empfangen, 49 und wir, uff unnser seiten, got lob, nit uber zwen reisigen 50 und etwo vier oder funff knecht lisßen. Darnach zohen die veindt wider ab unnd umb mehrers brangens willen 51 schossen ire
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schutzen zu roß aller lois 52 . Wir aber blieben halten bis an den abend, das die veind alle abgezogen wahren. Darnach zohen wir mit unsern heuffen auch in guter ordenung nach unserm lager. ||441.. Unnd war warlich ein feiner handell anntzusehen.
Gesternn, am funfften tag octobris, zohen die veind hart vor uns unnd fingen mit uns einen scharmutzell an, welcher hart anging also, das uff ihener 53 seiten woll bis inn funffzig oder sechzig plieben. 54 Und worden uff unnser seiten auch woll etzlich gut leuth beschedigt. Herzog Albrecht von Braunschweigk wardt mit einem spieß durchs maul gerendt. Hoffen, es soll seiner l[iebden] nit schaden s (ist seither gestorben) s . 55 Graff Johan vonn Waldeck 56 ward auch etzwas geschosßen. Es schadt ime aber nichts. Unnser diener einer t , ein Polack 57 , wardt durch ein arm, Philips Schenck 58 durch ein bein unnd Andreß Finck 59 durch ein schenckell am dicken 60 geschossen. Hoffen, es werde ime gantz nit schaden (obiit). Aber Johan Awerswalt 61 wardt inn rucken hart geschosßen (obiit). II 44v. Daruber ist einer vonn Burtfelldt thodt bliebenn. Unnd ward noch einer, genant Stenilz 63 , einer vom adell, vonn den unnsern erschossen, dan er hat gar kein veltzeichen; und meineten die unsern, er were der veinde einer.