Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2589]

[Ambrosius Blarer]
an Bullinger
[Konstanz],
17. September [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 345, 335 a (Siegeifragment, von Georg Frölichs Brief an Blarer) b Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 509, Nr. 1349

Man hört, dass sich das [an der Donau gelegene Heer der Schmalkaldener] in drei Gruppen aufgeteilt habe und [Maximilian von Egmont, Graf von] Büren, zum Kampf entgegenziehe, worauf hin auch der Kaiser [Karl V. ]aufgebrochen sei, um Büren zu Hilfe zu kommen. Es wäre ja gut, wenn der Dachs aus seinem Loch gekommen wäre! Der [Konstanzer] Rat erhielt ein Schreiben, das vielleicht mehr Klarheit darüber bringt. Sollte dies der Fall sein, wird man bestimmt den Zürcher Rat davon informieren. Leider hat Blarer seit gestern weder seinen Bruder [Thomas] noch K[onrad Z[wickJ gesehen. Aus Zeitmangel legt Blarer den ganzen Brief [Georg Frölichs]mit der Bitte um Rücksendung bei. Landgraf [Philipp von Hessen] ist unzufrieden damit, dass die Befehlshaber, die etliche Klöster [in Schwaben]hätten einnehmen sollen, sich nicht an die Vorschriften gehalten haben. Sie wurden deshalb ersetzt. Der nach Ulm gesandte Konstanzer [Ludwig Kürnstaller] hat das Lager des Landgrafen bei Donauwörth besucht und seitdem einen [Boten] nach Konstanz gesandt, der Ähnliches wie [Frölich] mitteilte. Der Bote erzählte ferner vom heftigen Beschuss des kaiserlichen Lagers durch den Landgrafen. Der Feind ließ sich nicht herauslocken. Man behauptet aber, dass er sich ergeben hätte oder geflohen wäre, wenn der Angriff einen Tag länger gedauert hätte. Bullinger soll beten. Blarer erfuhr allzu spät von der Abreise des Boten [...]und sollte sich noch brieflich bei Gwalther für die Zusendung von dessen "Endtchrist" bedanken. Grüße.

Es kompt yetzund ain lautprecht 2 sag: Dieweyl unser hauff 3 sich in drey getailt hat und dem von Peuren 4 under ogen 5 zeucht, 6 allso 7 das er nitt

f Hier und unten Textverlust durch die Entfernung des Siegelbandes. Ergänzungen in Anlehnung an andere Briefe Welsers.
a Vorliegender Brief wurde auf die unbeschriebene Innenseite des Adressblattes von Georg Frölichs Brief an Blarer, 11. September 1546 (Zürich StA, E II 345, 334 gedruckt in Blarer BW II 506f Nr. 1345), geschrieben. Unter die von Frölich angebrachte Adresse vermerkte Blarer das Empfangsdatum: "15. Septembris 1546". Da Blarer Bullinger das vorliegende Schreiben mit dem an ihn gerichteten Brief Frölichs zukommen ließ (s. unten Z. 12f), wurde Blarers Schreiben wohl mit keiner eigenen Adresse versehen, zumal Blarer nicht wollte, dass man in Konstanz über seinen regen Briefwechsel mit Bullinger erfuhr (s. Nr. 2471, 37-39; Nr. 2503, 15-29; Nr. 2518, 23-32) und er deshalb sogar nachträglich seine Unterschrift unleserlich machte; s. unten Anm. d.
b Siehe dazu Anm. a.
1 Das Jahr ergibt sich aus dem Inhalt.
2 offenkundige; s. SI V 393f.
3 Das schmalkaldische Heer.
4 Maximilian von Egmont, Graf von Büren,
Anführer des niederländischen Heeres; s. Nr. 2575, Anm. 5 (Verweise zu dem anrückenden Heer) und Nr. 2572, Anm. 43 (Angaben zur Marschroute).


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schwencken 8 könne (dann die drey hauffen seyen allso verfasst 9 und verziechind'° 10 all abschwaiff 11 , das inn 12 diser find 13 nitt engehn könne) c , so seye der kaiser 14 auch uffbrochen, ziehe den unsern nach, welle den von Puren erretten, wie billich. Das were nun gut, wie der dachß usß dem loch keme! Dann diser anschlag 15 ist druff 16 gemacht. Aber ich kan nitt gruntlich hören, ob dem allso 17 seye, wiewol minen herren yetz ain post kommen. Waiß nitt, was sy bringt. Ists aber allso, 18 werdend sy es den ewern gleich zuempieten 19 . Min l[ieber] bruder 20 und v[etter] C[onrad] Z[wick] sind gestert und hutt nitt aussgangen 21 .

Ich schrib diß in yl. Darum schick ich euch disen brieff 22 gar 23 . Wellt mir widerum schicken.

Der landgrauff 24 ist ubel zefriden, das die bevelchsleut, die hie oben 25 ettlich kloster innemmen söllen, nitt nach irem bevelch 26 gehandellt. Hat man yetzund ettlich ander verordnet.

Miner herren gesandter 27 zu Ulm 28 ist allererst selbs by dem landtgrauffen under Thainowerd 29 gewesen, und yetz minen herren selbs ain knecht 30 geschickt. Zögt eben an, was ir in disem brieff 31 auch bapt. Dann 32 das er ouch anzögt, wie gantz graussam und beharrlich der landgrauff in des kaisers leger geschossen hab, 33 allso das ungloplich. Und ist gwisse kondtschafft,

c Klammern ergänzt.
5 unter Augen: in Sichtweite; s. SI I 133.
6 Zum Vorstoss der Schmalkaldener s. Nr. 2579,10-12; Nr. 2582,6; Nr. 2585,36-39, und den Brief des Konstanzer Rats an Zürich vom 16. September (Zürich StA, A 177, Nr. 33), der u.a. berichtete, dass die Schmalkaldener auf die Nachricht vom Aufenthalt Bürens in der Nähe von Rothenburg o.d. Tauber hin beschlossen hatten, diesem entgegenzuziehen.
7 auf solch eine Art.
8 abschwenken, ausweichen.
9 versehen, gerüstet; s. SI I 1061.
10 verzichten auf.
11 Umwege.
12 ihnen.
13 Büren und sein Heer.
14 Karl V.
15 Kriegsplan, -list.
16 auf dieses Ziel hin.
17 Der Brief scheint am Tag zuvor in Konstanz eingetroffen zu sein; vgl. unten Z. 10f.
18 Ists aber allso: Wäre es so.
19 durch Boten kundtun; s. Fischer VI/1 1299. — Dies wird den oben in Anm. 6 erwähnten Brief veranlasst haben.
20 Thomas Blarer.
21 Gemeint ist: sie sind nicht bei Blarer vorbeigekommen.
22 Frölichs Brief an Blarer vom 11. September (s. Anm. a), für dessen Abschrift Blarer keine Zeit fand.
23 als Ganzes.
24 Philipp von Hessen.
25 in Schwaben. — Siehe dazu Nr. 2538,35— 40.
26 nach irem bevelch: nach dem Befehl, den sie erhalten haben.
27 Ludwig Kürnstaller; s. PC IV/I 354, Anm. 6.
28 In Ulm tagten die Kammerräte des Schmalkaldischen Bundes.
29 Donauwörth. — Die Anwesenheit des aus Ulm kommenden Konstanzer Gesandten im Lager (ohne Erwähnung dessen Namens) wird durch Heinrich Thomanns Brief an den Zürcher Rat vom 16. September 1546 (Zürich StA, A 177, Nr. 35) bestätigt.
30 Ein von Kürnstaller nach Konstanz gesandter unbekannter Bote.
31 Der oben in Anm. 22 angeführte Brief.
32 Ferner.
33 Am 2. September; s. Nr. 2581,82-99.


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hett ers am tag lenger triben, das sich die find ergeben müssen oder schantlich geflochen sy 34 . Aber gott hats nitt gewellt. Es habend die unsern dem kaiser grossen trutz 35 botten. Sind uff den wal 36 gloffen. Habends zum hefftigesten lacessiert 37 . Aber sy 38 habend nitt herfür gewellt.

17. septembris.

Ora pro nobis dominum, ut facis scio. Sero rescivi huius 39 abitum, et Gvalthero scribendum paucis, qui sermones suos, quibus papam antichristum esse convincit, ad me dedit. 40

Salveant tui omnes. Salutant te nostri.

[Ohne Unterschrift.]d

[Ohne Adresse.]41