Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2500]

Ambrosius Blarer
an Bullinger
[Konstanz],
15. Juli 1546

Autograph: Zürich StA, E II 357, 178 (Siegelabdruck) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 472, Nr. 1312

Blarer hat dem gestrigen Schreiben [des Konstanzer Rates] an den Zürcher Rat nichts hinzuzufügen. [Georg]Frölich schrieb an Blarer, er solle im Bedarfsfall den (die?) beiliegende(n) Brief(e) an Bullinger mit eigenem Boten unverzüglich nach Zürich schicken, was er hiermit tut. Er wurde über die Verhandlungen [auf der Tagsatzung] zu Baden teilweise informiert. Sollte Bullinger etwas Neues erfahren, möge er es mitteilen, besonders, wie den Bündnern in der Frage des Durchzugs [fremder Söldner]geantwortet wurde. Es ist erbärmlich, wie man sich von den Judasküssen des Burgunders [Karls V.]blenden lässt! Der [Schmalkaldische Krieg] hat [mit der Eroberung Füssens]erfolgreich begonnen, Gott verleihe nun einen guten Fortgang! Aus Ulm schreibt man, dass dem [Schmalkaldischen Bund] sehr viel Volk zulaufe. Man sollte darauf achten, nicht zu viele [Soldaten] und zu wenig Vertrauen [in Gott] zu haben. Blarer hätte gehofft, dass die Eidgenossen die Gelegenheit zur Ausbreitung der Ehre und Macht [Gottes]nützen würden, doch scheint dies nicht der Fall zu sein. Bullinger und Blarer sollen für Christi Kirche beten. Grüße. Bullinger hat oder wird den Inhalt des am Vortag vom Konstanzer Rat an den Zürcher Rat gerichteten Briefes erfahren. In Eile: Er muss noch etliche Briefe aus Augsburg beantworten. [P.S.:] Der Konstanzer Rat will den Zürcher Rat auch weiterhin über das Kriegsgeschehen informieren, so dass Blarer nur davon schreiben wird, wenn er darüber hinausgehende Informationen hat.

vielleicht auch nur an den Bürgermeister Sebastian Gaisberg (s. HBBW XVI 101, Anm. 31) oder an den Altbürgermeister Thomas Blarer adressiert worden sein.
14 Ulrich Hochrütiner; s. Z. 3f.
15 Damit ist wohl 10 Uhr abends gemeint; vgl. oben Anm. 3. — Hochrütiner wird die Nachtreisen in Begleitung von Fischern gemacht haben. Am 13. Juli war Vollmond, und am 12. und 13. war das Wetter "hüpsch"; s. die unter diesen Tagen verzeichneten
Wettereinträge Wolfgang Hallers in seinem Exemplar von Jakob Rufs Kalender oder Laasbüchlin ... uff das M.D.XLVI. Jar, Zürich [1545] (Zürich ZB, Ms D 269/3), wo sich auch die Angabe zum Vollmond findet.
16 Herzog Wilhelm IV. von Bayern.
17 bewahren.
18 Es ist unbekannt, um welches Buch es sich hier handelt. Es ist kein Brief Bullingers an Sailer erhalten.


Briefe_Vol_17-198arpa

Geliepter herr und brüder. Ich hab nichts zu schreiben, dann was ir usß dem schreiben, so ir und ewere herren hiemitt zü empfachen hapt, 1 vernemmen werdt. Laetus 2 hat mir geschriben, 3 solle die brieff 4 , wa nitt gewissne vergebliche 5 bottschafft vorhanden, by aignem botten gen Zurich onverzogelich schicken, a das ich dann allso hiemitt gethon. a6

Was zu Baden 7 diser sachen halb 8 gehandelt werd, haben wir züm tail vernommen. Des uberigen werden wir ouch bald gewar. Wisst ir etwas, lasst mich wissen, sonderlich was man den Bündtern für antwurt geben des pass halber. 9

Der Burgundier 10 fürt Judaskuss 11 allenthalb umher, und zü erbarmen, das man sich dermasß blenden lasst.

Der krieg hat mitt gott ain güten anfang. 12 Gott well, das es on blüt zugang und des herren schreck 13 die find verjage! Die unsern schreiben von Ulm 14 , es louffe den unsern so vyl volck zü allenthalb her, das unseglich. 15 Aber zü sorgen, man werd mehr leut, dann güt seye, und minder vertrauwen, dann von nöten seye, haben. 16 Aber der herr well nitt unß, sonder seines namens preyß ansechen, 17 die ehr seines Christi reddten und sein reych erweyteren. 18 Utinam in tempore saperent Helvetii vestri, quibus nunc summa occasio augendae glorie et ditionis mirabiliter affulget! Atque o terque quaterque felices, si intelligant! 19 Aber ich sorgen, es well nitt so vyl gluk dabey sein.

a-a Dieser Satz wurde vermutlich später nachgetragen; vgl. nämlich oben Z. 2, wo Blarer noch der Meinung war, dass der Brief des Konstanzer Rats "hiemitt ... empfachen" werden würde, und die Angabe unten Z. 25f, die zeigt, dass Blarer kurz danach erfuhr, dass der Brief des Konstanzer Rats bereits abgegangen war.
1 Das Schreiben des Konstanzer Rates an den Zürcher Rat vom 14. Juli (Zürich StA, A 177, Nr. 10) mit einer dort erwähnten Beilage (vielleicht aaO, A 177, Nr. 8), das zusammen mit dem vorliegenden Brief übersandt wurde.
2 Georg Frölich.
3 Nicht in Blarer BW.
4 Wohl Frölichs Brief an Bullinger vom 11. Juli (Nr. 2495) und vielleicht auch Hallers Brief vom 12. und 13. Juli, von dem wir lediglich wissen, dass er über Ulm gesandt wurde; s. Nr. 2498,160.
5 kostenlose.
6 Der Überbringer des Briefes ist unbekannt.
7 Die Tagsatzung zu Baden, die am 5. Juli begonnen hatte; s. Nr. 2474, Anm. 6.
8 Gemeint ist die an die Eidgenossen gerichtete Bitte des Schmalkaldischen Bundes um Unterstützung.
9 Zur Haltung der Bündner in Bezug auf den Durchzug fremder Söldner s. Nr.
2484, Anm. 13, und zu ihrer Bitte um Unterstützung im Angriffsfall s. Nr. 2491, Anm. 17. Im Brief von Itelhans Thumysen und Johannes Haab an den Zürcher Rat vom 13. Juli 1546 (Zürich StA, A 227/1, Nr. 79) wird erwähnt, dass Zürich und Bern den Bündnern die gewünschte Hilfe zugesagt haben und Letztere sich im Gegenzug verpflichteten, keine fremden Söldner durchziehen zu lassen.
10 Kaiser Karl V.
11 Lk 22, 47f.
12 Anspielung auf die Eroberung von Füssen, s. Nr. 2499,6-14.
13 Vgl. z.B. Gen 35, 5; 1Sam 14, 15.
14 Nicht in Blarer BW.
15 Vgl. auch Nr. 2489,105-107.
16 Anspielung auf Ri 7, 1-8.
17 Ps 115 (Vulg. 113), 1. 18 Vgl. Apk 11. 15; 12, 10.
19 Vgl. Vergil, Aeneis, 1, 94.


Briefe_Vol_17-199arpa

Amemus mutuum, 20 mi Bullingere, et pacificatorem Christum 21 pro ecclesia sua diligenter et sedulo interpellemus! Salveant fratres et amici.

Datum 15. iulii 1546, summo diluculo.

Meine herren habend den ewern uff gestert all sachen zügeschriben, wie ir vernemmen werdt oder schon vernomen habt. 22 Datum in yl. Muß widerum ouch uff Augspurg schreiben, von dannen ich etliche schreiben empfangen. 23

Am. Bl.

Meine herren seind gewillet, den ewern yeder zeyt, was sich in diser kriegsübung zütragt, onverzogelich züzeschreiben, von denen irs allweg 24 erlernen mögt. Wirt nitt von nöten, das ich ouch allweg davon schribe. Ich hette dann etwas sonders, das sy nitt schribind, will ich geflissen sein und nichts versummen.

[Adresse auf der Rückseite:] Bullingero suo. Tiguri. 25