Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2676]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
[Griesenberg],
14. November [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 689 (Siegelspur) Zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 531, Nr. 1369

(1] Blarer befindet sich schon einige Tage in Griesenberg bei seinem im Sterben liegenden Schwager [Heinrich von Ulm]. Die ihm dorthin übersandten Briefe Bullingers [nicht erhalten] kann er nicht beantworten, solange sein Schwager, der seit zwei Tagen mit dem Tode ringt, nicht erlöst ist. [2]Bullingers Brief an [Claudius Pius]Peutinger [nicht erhalten] sowie die deutsche Schrift [...] hat er [nach Konstanz]geschickt, allerdings zu spät, als dass Letztere nach Arbon und Augsburg weitergeleitet werden könnte. Blarer bedauert, dass die Schrift Ramus [richtig: Thoman Ruman] nicht mitgegeben werden konnte; ferner, dass es ihm nicht möglich war, [Ruman] seinen Augsburger Freunden zu empfehlen. [3] Blarer legt einen Brief für [Hans] Schöner bei. [4] Über den [Schmalkaldischen] Krieg kann er nichts mitteilen. Gruße. Er wird nun zum Schwager gerufen, der seiner letzten Stunde entgegengeht.

Griessembergi iam d[ies]a aliquot apud moribundum sororium 3 hereo, mi venerande et charissime Bullingere, quo misse mihi sunt epistole tue omnes

a Textverlust bei Entfernung des Siegels.
1 Schloss Griesenberg (Amlikon, Kt. Thurgau), Wohnsitz von Blarers Schwager.
2 Das Jahr ergibt sich aus dem Briefinhalt.
3 Heinrich von Ulm.


Briefe_Vol_18-276arpa

4 , ad quas tamen nihil prorsus respondere licet, tantisper dum sororius carnis vinculis laxatus ad caelestes sedes migrant; nam animam nunc toto fere biduo agit, firma in dominum fiducia preditus.

Eas literas, que Peutingero 5 inscripte sunt, praeterea scriptum illud Germanicum in urbem 7 remisi (quamquam sero, ut vereor, ut illinc Arbam 8 et Augustam perferantur) b . Valde dolet scriptum illud perferri non potuisse Augustam per Ramum 9 nec me potuisse illum Augustanis meis amicis cmmendare.

Mitto literas Schönero 10 missas.

Hinc nihil possum ad te earum rerum, que ad belli successum attulent. Sed, frater, vale. Nihil prorsus possum. Avocor ad sororium, qui animam iamiam efflaturus videtur. 11 14. novembris.

Tuus Ambr. Bl.

[Adresse auf der Rückseite:] Bullingero suo.

b Klammern ergänzt.
4 Nicht erhaltene Schreiben. Claudius Pius Peutinger. — Es handelte sich wohl um Bullingers Antwort auf Peutingers Brief vom 24. Oktober (Nr. 2641).
6 Vermutlich die Sendung Nr. 2675 für Theobald Thamer vom gleichen Tag wie das vorliegende Schreiben, der Gwalthers deutscher "Endtchrist" beigelegt war; vgl. Nr. 2689,47f. Stimmt diese Annahme, wird die von Bullinger als sehr wichtig betrachtete Sendung (was allein schon aus dem Inhalt des an Thamer gerichteten Briefes und aus Bullingers eigenhändiger Abschrift davon hervorgeht) Zürich in den frühen Morgenstunden des 14. November verlassen haben und einige Stunden später in dem 50 km von Zürich gelegenen Schloss Griesenberg eingetroffen sein; wohl aber zu spät, als dass Blarer hätte hoffen können, dass die Sendung noch am gleichen Tag Konstanz verlassen würde. Die im vorliegenden Schreiben ersichtliche Eile, die mit dem Versand dieses Briefes verbunden ist, erklärt sich wohl aus der Bedeutung, die Bullinger
seinem Brief zuschrieb und aus dem Wunsch, der Brief würde den sich damals im schmalkaldischen Lager aufhaltenden Empfänger noch vor Aufbruch des schmalkaldischen Heeres erreichen.
7 Konstanz.
8 Arbon (Thurgau), von wo es damals offensichtlich eine schnellere Verbindung nach Lindau bzw. Augsburg gab, als direkt von Konstanz aus.
9 Blarer meinte wohl (Hans) Thoman Ruman, der am oder kurz vor dem 19. November mit seiner Familie und seinen Sachen in Augsburg eintraf (s. Nr. 2677, Anm. 44) und demzufolge das etwa 240 km von Augsburg entfernte Zürich um den 9. November verlassen haben wird, ehe Bullinger Thamers Brief Nr. 2647 vom 28. Oktober bzw. (s. dazu oben Anm. 6) Peutingers Brief vom 24. Oktober erhalten hatte.
10 Hans Schöner; s. HBBW XVII 307 mit Anm. 3.
11 Er verstarb tatsächlich an diesem Tag; s. schon Nr. 2655, Anm. 27.