Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2453]

Georg Frölich
an Bullinger
[Augsburg],
3. Juni 1546

Autograph: Zürich StA, E II 345, 347 (ohne Siegel) Ungedruckt

Frölich entschuldigt sich für seine späte Antwort auf Bullingers Brief [nicht erhalten]. Um sich zu schonen, soll Bullinger nicht mehr so viele und so lange Briefe an Frölich und seinesgleichen schreiben. Die unerschütterliche Freundschaft zwischen Bullinger und Frölich wird ja über den Tod hinaus Bestand haben. Denn Bullingers Schrift Resurrectio" hat Frölichs Furcht vor dem Tod verringert und ihn mit der Zuversicht erfüllt, dass er einst alle Erlösten wieder antreffen wird. Durch die hervorragende Tätigkeit Johannes Hallers in Augsburg wächst die Sympathie des augsburgischen Rates für Bullinger täglich. Frölich hat für Thomas Naogeorg, den gelehrten Autor des "Pammachius", eine Stelle in Augsburg erlangen können. Dieser verträgt sich nämlich nicht mit den Lutheranern in Kahla. [Wolfgang]Musculus kommt langsam zur Vernunft, da er feststellen musste, dass [Johannes] Cochläus und auch andere Leser die Stelle über das Abendmahl in seinem Matthäuskommentar irrtümlich als der päpstlichen Lehre entsprechend verstanden haben. Die von Kaiser [Karl V.] und König [Ferdinand 1.] verordnete Aufhebung des Prozesses gegen den Brudermörder Alfonso Diaz und dessen Komplizen [Juan Prieto] ist deutlicher Ausdruck der bösen Absichten der Gegner. Diese sammeln bereits Truppen in [Spanien] und Niederdeutschland. Der Krieg wird wohl schon in diesem Jahr ausbrechen. Sollte es dazu kommen, werden die [Augsburger] die Eidgenossen um Hilfe bitten. Noch immer bestehen einige Fürsten und "Theologaster", die wie [Judas] Iskariot bereit sind, die Wahrheit zu verraten, auf einem [Religions]gespräch! Frölichs Familie und seine Gattin [Anna, geb. Lochner] möchten ihre Sympathie für Bullingers Frau [Anna, geb. Adlischwyler] und Kinder bekunden und demnächst noch deutlicher zum Ausdruck bringen. Frölich geht es etwas besser. Amtsgeschäfte und die Sommerhitze hindern ihn an der geplanten Reise in die Bäder [von Baden]. Er wäre aber bereit, einen Besuch Bullingers und Rudolf Gwalthers bei ihm in die Wege zu leiten. Gern würde er eine Abschrift von Bullingers Brief an Melanchthon [HBBW XVI, Nr. 2404] sehen. Neulich hat auch er mit einem Brief an diesen für die Beilegung der [innerprotestantischen]Streitigkeiten plädiert. Eine etwaige Antwort würde er mitteilen. Gut, dass (Theodor Bibliander] von seinem gefährlichen Reiseplan Abstand genommen hat. Er soll ihn gänzlich begraben! Hätten die Fürsten ihr Fernbleiben vom Reichstag zu Regensburg durchgesetzt, hätten sie mehr zum Frieden des Vaterlandes beigetragen. Leider lassen sie sich durch Intrigen anwerben. So wird der bereits in Regensburg eingetroffene Moritz von Sachsen, Schwiegersohn des Landgrafen [Philipp von Hessen], dazu gebracht, sich eifrig für die Freilassung des Herzogs

b Textverlust durch Entfernung des Verschlussbandes.


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[Heinrich] von Braunschweig einzusetzen, was zu Spannungen zwischen Moritz und dem Landgrafen führen wird. Nach Regensburg angereist sind auch Herzog Wilhelm von Bayern, Herzog Erich [II.] von Braunschweig, die Bischöfe von Würzburg [Melchior Zobel], Bamberg [Weigand von Redwitz], Eichstätt [Moritz von Hutten]und Augsburg [Kardinal Otto Truchsess von Waldburg]sowie König Ferdinand und viele [Pfaffen]. Allerdings hat der Reichstag noch nicht begonnen. Hoffentlich werden der Landgraf und der Kurfürst [Johann Friedrich] von Sachsen nicht daran teilnehmen. Am letzten [schmalkaldischen Bundestag] in Worms konnte der Bund mangels ausreichender Beteiligung nicht verlängert werden. Weil aber alle sich schriftlich dazu bereit erklärt haben, ist es, als hätte man diesen verlängert. Zudem ist gemäß den alten Beschlüssen jeder Verbündete dazu verpflichtet, sich bis zum Schluss an der Beilegung der noch andauernden Konflikte zu beteiligen. Da aber die Angelegenheiten des Braunschweiger Handels, des Reichskammergerichts und eines allgemeinen Konzils noch offen sind, kann der Bund nicht aufgelöst werden. Die Verlängerung des Bundes wird aber aus triftigen Gründen nicht während des bevorstehenden [Regensburger] Reichstags behandelt werden, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. [Oberst] Sebastian Schertlin hat nun einen Pfarrer [Hans Hilbert), mit dem er die [Einführung der Reformation in Burtenbach]mutig umsetzt. Einige Adlige aus der Markgrafschaft Burgau tun es ihm gleich, auch wenn deshalb Repressalien von Kaiser und König zu erwarten sind. Hans Wilpert Zollers gutes Verhalten gefällt allen, auch Schertlin. Grüße an die Bürgermeister [Hans Rudolf Lavater und Johannes Haab], an den Stadtschreiber [Hans Escher vom Luchs] und an alle Gelehrten. Frölich hat den schön gebundenen Sammelband [mit Schriften Bullingers], den er von diesem erhalten hat, Hans Jakob Fugger gegeben, wo das Buch von Nutzen sein wird. Bullinger soll daher die drei in [Augsburg] nicht erhältlichen Texte gegen Bezahlung nochmals senden.

S. Tarditatem atque socordiam in respondendo ad tuas amicissimas literas 1 , Bullingere, magna vitae meae pars, fateor atque culpam meam deprecor. Facile credo circa enarrandam dominicam passionem ante festa Pasche et in celebranda domini cena te a fuisse occupatissimum, nec mirum, si etiam corpusculurn tuum exhaurias atque debilites laboribus. 2 Consulo igitur atque hortor, ne perscribendis tot et tam copiosis ad me et mei similes literis te molestes et emaceres nimium. Verum, si omnino placuerit Laetum salutare, ut id quam brevissimis adeoque per laconismum 3 facias.

Stabit, ut scribis, immobilis et perpetua semel inita nostra amicitia. Stabit utique, nec mors ipsa dissociabit nos. Imo mors haec naturalis supernaturale nobis amititie vinculum exhibitura est in celesti patria! Quam magnificam spem et consolationem antea parum mihi cognitam iam demum ex tuo de resurrectione Christi ac vita eterna precioso libello 4 hausi atque plene percepi! Hinc adeo animus mihi erectus est, ut mortem minus extimescam non

a te über der Zeile nachgetragen.
1 Nicht erhalten. Der Brief ist bereits bezeugt in HBBW XVI 399,12.
2 Demnach hatte Frölich Ähnliches über Bullingers Erschöpfung erfahren wie Johannes Haller; vgl. HBBW XVI 399,3f.
3 per laconismum: durch eine kurze Art zu reden; vgl. König 641.
4 Bullingers "Resurrectio" von Herbst
1545 (HBBibl 1148; BW C345; HBBW XV 292, Anm. 26), von deren 1544 erschienenen deutschen Fassung "Hoffnung der Glöubigen" (HBBibI I 147; BZD C336; HBBW XIV 330f) Haller am 9. Mai 1546 einige Exemplare bestellt hatte; s. HBBW XVI 402 und Anm. 36.


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solum, sed etiam cum Christo atque electis suis esse, quandocunque vocor, jucundissimum erit, ubi alter alterum de facie visurus est.

Amplissimi senatus nostri propensus in te animus nunquam decrescet, sed in dies magis atque magis augetur. Habemus enim exemplar atque imaginem tuam, Ioannem Hallerum, quottidie ob oculos; egregium nempe virum. Is atque divina tua in nos collata offitia nunquam sinent nos oblivisci Bullingeri lingen nostri.

Scripsit ad me his diebus Thomas Naogeorgus 5 , author Pamachii, vir Grece et Latine doctus, theologus perspicax et facundus, sibi curn Lutheranis, inter 6 quos Cale nunc episcopum agit, nihil convenire; propterea migrationem hinc 7 ad nos omnino instituisse. Quo audito mox ei locum a magistratu nostro impetravi; quem si nacti fuerimus, papatui et Lutheranismo facilius resistemus.

Musculus 8 incipit paulum redire in viam. Fatetur enim Cochleum atque reliquos sua de eucharistia in Matheum scripta 9 perperam approbasse et papistice intellexisse; id quod hominem male habet, nec credo multum abesse, quin ipsum scripti istius peniteat.

Alphonsus Diasius 10 cum famulo suo 11 , fratricide, Oeniponti 12 adhuc captivi tenentur, sed ex mandatis caesaris 13 et regis 14 omne ius et iustitia contra istos sublatum est. Deliramus nimirum, imo talpa cetiores 15 sumus, si adversariorum maliciam in nos tam apertis argumentis non videmus. Atqui non videamus? lam iam colliguntur exercitus apud Celtas 16 et in Inferiori Germania, nec aliud quam rem armis expediendam hoc etiam adhuc anno censemus. Dominus fortunet! Quodsi eo afflictionum pervenerimus, Helvetiorum auxilia et implorabimus et expectabimus, nam alioqui haud satis instructi in atiem progrediemur.

Sunt adhuc principes et theologi, qui colloquium 17 (vaniloquium 18 dixerim potius) b urgent. O miseros theologastros 19 ! Metuo certe plurimum, ne isti

b Klammern ergänzt.
5 Thomas Naogeorg (alias Kirchmeyer), protestantischer Prediger und Autor, u.a. der Tragödie "Pammachius"(Wittenberg, Hans Lufft, 1538, VD16 K 1005). Er war von Michaelis (29. September) 1541 bis zum Sommer 1546 Pfarrer in Kahla. Zu ihm s. Nr. 2576, Anm. 64.
6 Kahla (Saale-Holzlandkreis, Thüringen).
7 Zu erwarten wäre "illinc" oder "huc".
8 Wolfgang Musculus.
9 Musculus' Schrift "In Evangelistam Matthaeum Commentarii" (VD16 M7284 war 1544 bei Johannes Herwagen d.Ä. in Basel erschienen.
10 Alfonso Diaz; s. dazu oben Nr. 2452, Anm. 7.
11 Juan Prieto.
12 Innsbruck.
13 Karl V.
14 Ferdinand I.
15 Vgl. Adagia 1, 3, 55 (ASD II/1 366, Nr. 255).
16 Hier wohl Spanier; s. Dasypodius, Dic. 261.
17 Ein Religionsgespräch. — Im März 1546 war das Zweite Regensburger Religionsgespräch abgebrochen worden; s. HBBW XVI 88, Anm. 17 und Reg.
18 Ein von Frölich immer wieder gebrauchtes Wort; s. HBBW XV 699,36; XVI 296,13.
19 schlechte, nur angebliche Theologen; s. Stotz V 1006.


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libenter proderent veritatem, tantummodo non desit emptor. O Iscariotas 20 pessimos! Dominus visitet illos, ut digni sunt.

||347v Uxor 21 et domus mea honestissimam tuam costam 22 atque liberos 23 ex animo diligit; id quod olim clarius testabitur uxor mea.

Adversa mea valetudo paululum desiit, 24 et incepi melius habere per medicum illum celestem 25 atque unicum. Erat mihi mens termas 26 adeundi, sed reipubhice negotia atque calor estivus iam ingruens me domi nunc detinent. Percuperem te atque Rodolphum Gvaltherum meum c hic videre. Posset sane fieri, ut per me domum deduceremini. Ineatis ergo rationem super hoc.

Quae Phillippo scripsisti olim 27 , per exemplar spero me visurum. Ego paucos ante dies etiam illi scripsi nonnihil, ipsum de componendis dissidiis admonens. Si rescripserit 28 , tibi eius mentem communicabo.

Virum quendam optimum 29 consilium de peregrinatione periculosa mutasse libentissime intellexi. Fac, ut et ilias cogitationes sepeliat. Cur enim velimus tantum ingenii thesaurum in agro inaccessibili abscondere?

Vom reichstag zw Regennspurg 30 kan ich nichts guts schreiben. Der fursten ratschlag, da 31 sie willens gewesen, diesen reichstag gar nit zu besuchen, 32 het ich mir gefallen lassen unnd zweiffl nit, wa 33 sie steiff darauff verharret, wir wollten mehr friede unnd wolfart dem vatterlannd geschafft haben. Aber die practic 34 und finantz 35 auch die unbestendikait ist so groß, das sich ettlich fursten uffbringen 36 lassen. Hertzog Moritz von Saxen, des landgrafen 37 dochtermann 38 ist schon zw Regenspurg 39 unnd lasst sich dahin

c In der Vorlage folgt te.
20 Ischariotes: Beiname von Judas; s. Mt 26, 14 u.ö. 21 Anna, geb. Lochner.
22 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler. — Der Gebrauch von "costa" erklärt sich aus Gen 2, 21f.
23 Zu diesem Zeitpunkt lebten Anna (geb. 1530), Margaretha (1531), Elisabeth (1532), Heinrich (1534), Hans Rudolf (1536), Christoph (1537), Veritas (1543) und Dorothea (1545).
24 Siehe dazu HBBW XVI 190,3-5; 192,66; 193,72.
25 Christus; vgl. z.B. Ambrosius, Apologia prophetae David, 16, 75.
26 Die Bäder von Baden; s. HBBW XVI 298, Anm. 40.
27 Der am 1. April 1546 abgefasste Brief an Philipp Melanchthon (HBBW XVI, Nr. 2404).
28 Weder Frölichs Brief noch eine Antwort Melanchthons ist erhalten
29 Theodor Bibliander; s. HBBW XVI 300,85-101.
30 Der Regensburger Reichstag, der am 5. Juni eröffnet werden sollte; s. HBBW XVI 97, Anm. 3.
31 dass.
32 Siehe dazu Heidrich, Karl V. II 112-115.
33 wenn.
34 Intrige.
35 List.
36 [zum Kriegsdienst] bewegen.
37 Philipp von Hessen.
38 Schwiegersohn. —Herzog Moritz war seit 1541 mit Agnes von Hessen verheiratet.
39 Herzog Moritz war am 24. Mai in Regensburg eingetroffen; s. Simon lßleib, Philipp von Hessen, Heinrich von Braunschweig und Moritz von Sachsen 1541-1547, in: Jb. des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 2, 1903, 67.


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fueren, das er zu erledigung 40 des gefangen tyrannen von Brunschwig 41 allen fleiß anköret welchs im grund durch die widerwertigen 43 allein dahin practiciert ist, den landgrafen unnd hertzog Moritzen unainigig ze machen unnd inn ainander zu hetzen.

Hertzog Wilhelm von Bairn, hertzog Erich von Brunschwig» die bischofe von Wirtzburg 45 , Bamberg , Fistel 47 , Augspurg 48 und des geschwurmbs viel ist auch da ankumen, 50 des gleichen der kunig Ferdinandus. Aber der reichtag unnd hanndlung ist noch nit angefangen. Ich kan nit annders erachten, dann das aller unfride daraus werde. Meins verhoffens wurdt sich der landgraf unnd churfürst von Saxen 51 uff bemelten tag nit bewegen lassen. 52 Geschiet es aber, so ists nit gut.

Zw Wormbs 53 jungst synnd der stennde so wenig erschynnen, das man die erstreckung des bunds nit thun konnen. 54 Yederman hat aber zugeschriben 55 , unnd ist 56 bei mir nit weniger, dann wen alle ding volzogen. Unnd ob glich kain weittere ainigung sollt geschehen, so vermögen doch die alten brieff unnd sigl, das ain yeder stannd bei seinen eren unnd aiden soll schuldig sein, die angefanngen sachen helffen zum ennde ze pringen, nit minder noch annders, dann als ob der pundt noch weret 57 . So haben wir den brunschwigischen krieg, 58 die recusation des chamergerichts, 59 der concilien und die gantz religion, 60 deren kains erortert ist. Ergo so konnen wir ainander nit lasßen. 348r. || Wir werden uff disem reichstag von erstreckung der bundtnus uß beweglichen 61 ursachen nit hanndlen, sonnder bald hernach ain besondern tag darumb halten. 62

40 Freilassung.
41 Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel.
42 fleiß anköret: Fleiß anwendet; s. Fischer I 225.
43 Die Feinde (Kaiserlichen).
44 Erich II. (,,der Jüngere") zu Braunschweig-Lüneburg.
45 Melchior Zobel. 46 Weigand von Redwitz.
47 Moritz von Hutten, Bischof von Eichstätt.
48 Otto Truchsess von Waldburg.
47 [Pfaffen]gewimmel; s. HBBW XV 638 und Anm. 47.
50 Vgl. PC IV/1 110, Nr. 80.
51 Johann Friedrich I. von Sachsen.
52 Philipp von Hessen ließ sich von Kanzler Tilemann Günterode und Sekretär Sebastian Aitinger vertreten (s. RTA-JR XVII
525; PA I 539-543, Nr. 856). Der Kurfürst ließ sich nicht einmal vertreten.
53 Am schmalkaldischen Bundestag vom Il. bis 22. April 1546; s. HBBW XVI 152, Anm. 67.
54 Siehe HBBW XVI 29.
55 schriftlich zugesagt. 56 gilt
57 währt.
58 Siehe dazu Nr. 2452, Anm. 2.
59 Zum Streit über die Neubesetzung und Finanzierung des Reichskammergerichts in Speyer s. zuletzt HBBW XVI 90 und Anm. 46; 152 und Anm. 65.
60 Gemeint ist die Forderung der Protestanten nach einem unparteiischen Konzil zur Klärung des Religionsstreits.
61 triftigen.
62 Dazu sollte es nie kommen.


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Herr Sebastian Schertlin 63 hat ainen pfarrer uberkumen 64 unnd greifft die sach 65 dapffer an. Es volgen ime auch ettlich vom adl inn der marggrafschaftd Burgaw nach. Ist furwar inn gegenwart kaiser und kunigs sorglich 66 , aber man muß gott mehr als den mennschen gehorsamen. 67

Hanns Hilpert Zoller heldt sich beschaiden, erlich, zuchtig unnd wol. Hat des 68 bei herrn Schertlin unnd menglich 69 ere unnd lob. 70 Sag furwar, das ich ain besonnder hertz mit allen freuden zw ime hab, unnd wann ich ime zu eren unnd gefallen dienen konnt, sollt mich daran nichts irren 71 . Wollennd mir die herrn Burgermaister 72 , herrn statschriber unnd alle gelerten, dern ir den allerzirlichsten waldt 74 hapt, zum freundtlichsten gruessen.

Eur buchlin 75 , das ir mir zu sonndern erpieten, schon 76 eingepunden, vereert, hat herr Hanns Jacob Fugger von mir empfangen. Darffs nit wider von ime fordern, dann es wurdt nutz bringen. Bitt euch aber, ir wollend mir die drei materien 77 wider lassen zusamen kouffen unnd herschicken. Ich kans hie nit allso bekomen. Will ichs treulich zalen.

Datum 3. iunii anno 1546.

Ewr trewer williger bruder Georg Froelich,

Laetus genant, statschreiber zw Augspurg e.

[Adresse auf der Rückseite:] Incomparabili viro domino Henricho Bullingero, ecclesiae Tigurinae anthistiti vigilantissimo, domino et fratri longe colendissimo.

d In der Vorlage marggraf. —
e In der Vorlage A.
63 Sebastian Schertlin von Burtenbach.
64 erhalten. —Als Prediger wurde Hans Hilbert ernannt. Er trat sein Amt schon am 11. April an, auch wenn er offiziell erst am 17. Mai 1546 vom Augsburger Rat ernannt wurde; s. Roth, Augsburg III 422. 542; [Christoph Siegmund von Holzschuher], Lebensbeschreibung des berühmten Ritters Sebastian Schärtlins von Burtenbach, Frankfurt aM/Leipzig 1777, S. 82.
65 Die Einführung der Reformation in Burtenbach; s. PC IV/1 64, wo (wie hier folgend) König Ferdinand, Landesfürst der Markgrafschaft Burgau, zu der Burtenbach gehörte, als hinderlich erwähnt wird. Zur Markgrafschaft Burgau, die von Schertlin zur Huldigung gezwungen wurde, s. Paulus, Schertlin 60 und Anm. 84.
66 gefährlich.
67 Apg 5, 29.
68 demzufolge.
69 jedermann.
70 Zoller stammte aus Zürich und stand seit März 1546 im Dienste des Oberst Sebastian Schertlin; s. HBBW XV und XVI, Reg.
71 hindern.
72 Hans Rudolf Lavater und Johannes Haab.
73 Hans Escher vom Luchs.
74 Das waldreiche Helikongebirge als Musensitz (s. etwa Statius, Silvae, 4, 4, 90), hier Metapher für die Zürcher Gelehrten; vgl. HBBW XV 335,43; HBBW XVI 150,89.
75 Ein Sammelband mit drei Schriften Bullingers (,,Der alt gloub", "Bericht der krancken" und "Hoffnung der Glöubigen"), die jener für Frölich binden und diesem im Juni 1545 zukommen ließ; s. HBBW XV 399,4-21 und Anm. 3-5.
76 schön.
77 Gemeint sind hier die gedruckten, ungebundenen Lagen dieser drei Texte.